Multiples Myelom: von Dreier- zu Viererkombinationen
EHA 2018, Stockholm
Die Therapie des Multiplen Myeloms hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, mit der Neuzulassung von Immunmodulatoren und Proteasom-Inhibitoren der nächsten Generation sowie erster Myelom-spezifischer monoklonaler Antikörper. Eine Herausforderung besteht derzeit darin, die optimalen Kombinationen und optimale Therapiesequenzen von Medikamenten für die verschiedenen Situationen und Therapielinien zu finden und klinisch zu testen. Beim Kongress der European Hematology Association (EHA) in Stockholm im Juni 2018 wurde dazu eine ganze Reihe interessanter Studienergebnisse präsentiert.
Schlüsselwörter: Multiples Myelom, Erstlinientherapie, Hochdosistherapie, autologe Stammzelltransplantation, Rezidivtherapie, Sequenztherapie, Immunmodulatoren, Proteasom-Inhibitoren, Myelom-spezifische Antikörper, CAR-T-Zellen
Erstlinientherapie transplantationsfähiger Patienten
Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom werden nach wie vor mit einer Hochdosistherapie und nachfolgender autologer Stammzelltransplantation behandelt, weil sich bisher keine Nicht-Transplantationstherapie als gleichwertig erwiesen hat. Vor der Hochdosistherapie steht eine Induktionstherapie. In Europa werden in der Regel Dreierkombinationen mit einem Proteasomeninhibitor in der Induktion eingesetzt; als die häufigsten Kombinationspartner wurden bislang Cyclophosphamid und Thalidomid gewählt, mehr und mehr steht nun die Kombinationstherapie aus Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason im Vordergrund. Für die italienische GIMEMA-Studiengruppe konnte Paola Tacchetti, Bologna, in Stockholm Langzeit-Überlebensdaten mit einer Follow-up-Dauer von beeindruckenden 124 Monaten zeigen [1]:
Die italienischen Kollegen hatten den 474 Patienten in ihrer randomisierten MMY-3006-Studie eine Kombinationstherapie zur Induktion vor (drei Zyklen) und zur Konsolidierung nach der Hochdosisbehandlung (zwei Zyklen) gegeben. Diese Therapie bestand für alle Patienten aus Thalidomid und Dexamethason, und im experimentellen Arm hatten sie zusätzlich Bortezomib erhalten. Bereits aus früheren Analysen war bekannt, dass die Komplettremissionsraten in jedem Stadium der Behandlung (nach Induktion, erster bzw. zweiter Transplantation und Konsolidierung) im Bortezomib-Arm signifikant höher als im Kontrollarm waren [2]. Ebenso war das progressionsfreie Überleben durch die Hinzunahme von Bortezomib um beinahe 20 Monate von median 40,7 auf 59,6 Monate verlängert worden. Mit der langen Nachbeobachtung ist nun aber erkennbar, so Tacchetti, dass der Proteasominhibitor auch beim Gesamtüberleben einen Vorteil bringt: Hatten sich die Raten nach drei Jahren mit 86% versus 84% noch kaum unterschieden, war nun nach fast zehn Jahren (median 110 Monate) der Unterschied mit 14% sehr viel stärker ausgeprägt (60% vs. 46%; Hazard Ratio 0,68; p = 0,007).
Das bedeutet, so Tacchetti, dass man mit einem solchen Vorgehen mediane Überlebenszeiten von über zehn Jahren erreichen kann, wenn man in Induktion und Konsolidierung Bortezomib einsetzt. Im Übrigen ist der Vorteil von Bortezomib nicht nur für Patienten mit niedrigem, sondern insbesondere auch für solche mit Hochrisiko erkennbar, bezogen auf genetische Veränderungen oder ISS-Stadium: Während die Überlebensrate bei Patienten mit Standardrisiko von 52% auf 67% anstieg, konnte sie durch den Proteasominhibitor bei denen mit hohem Risiko von 22% auf 42% beinahe verdoppelt werden.
Mit diesen Ergebnissen, so Tacchetti, wird ein Triplett-Regime mit Bortezomib und einem Immunmodulator als Standard in der Behandlung von Patienten mit neu diagnostiziertem Myelom bestätigt, die für eine autologe Stammzelltransplantation infrage kommen.
Immunmodulator ist von Vorteil
Der Proteasom-Inhibitor der nächsten Generation, Carfilzomib, ist derzeit aufgrund der Überlegenheit in zwei großen Phase-III-Studien im Rezidiv entweder in Kombination mit Dexamethason oder in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason zugelassen. In einer wiederum italienischen Studie wurde die Kombination von Carfilzomib mit Lenalidomid/Dexamethason (KRd) bzw. mit Cyclophosphamid/Dexamethason (KCd) als Induktionstherapie vor Hochdosistherapie evaluiert – ein Vergleich, der angesichts des Preisunterschieds zwischen Cyclophosphamid und Lenalidomid durchaus auch ökonomisch von Interesse ist.
474 Patienten wurden, wie Francesca Gay, Turin, in Stockholm berichtete, im Verhältnis 2 : 1 auf KRd bzw. KCd in jeweils vier 28-tägigen Zyklen als Induktionstherapie randomisiert [3]. Es gab noch einen dritten Studienarm, in dem die Patienten „nur“ zwölf Zyklen KRd und keine anschließende Hochdosistherapie erhielten. Bei der Präsentation in Stockholm wurden nur die Induktionsregimes verglichen, weshalb die beiden KRd-Arme zusammengefasst werden konnten.
Die Induktion mit Lenalidomid ging mit deutlich höheren Remissionsraten einher, was sowohl komplette als auch sehr gute partielle Remissionen anging (Tab. 1). Daten zum progressionsfreien und zum Gesamtüberleben gibt es noch nicht, aber eine deutlich höhere Rate an Negativität bezüglich der minimalen Resterkrankung (MRD; 53% vs. 29%) macht als Surrogat-Marker Hoffnung auf ein längeres Überleben unter der Lenalidomid-Kombination. Auch hier betrifft dieser höhere Nutzen der KRd-Therapie Patienten mit hohem ebenso wie solche mit niedrigem Risiko.

Wenn möglich auch im Alter transplantieren
Eine weitere wichtige Frage zur Erstlinienbehandlung von Myelom-Patienten ist die nach einer Altersgrenze für eine autologe Stammzelltransplantation. In der großen britischen MYELOMA-XI-Studie, die Charlotte Pawlyn, London, vorstellte, ging es konkret darum, ob die Hochdosistherapie bei über 65-jährigen Patienten einen Stellenwert hat [4].
Wie man es in Großbritannien häufiger findet, waren an dieser Studie insgesamt fast 4.000 Patienten beteiligt; 2.042 von ihnen waren für eine Hochdosistherapie geeignet (TE), bei 1.852 war vor Studieneinschluss eine Transplantation als nicht machbar eingeschätzt worden (TNE). Die Grenze zwischen beiden Gruppen war nicht durch ein festes Alter definiert, sondern durch die individuelle klinische Einschätzung des einzelnen Patienten gezogen worden. Bei einigen Patienten im TNE-Arm änderte sich diese Einschätzung nach der Induktion, aber sie wurden trotzdem nicht transplantiert. Ebenfalls war hier wie in vielen andere Studien zu sehen, dass nicht alle Patienten im TE-Arm transplantiert wurden; dafür gab es verschiedene Gründe. Diese Patienten im TE-Arm, bei denen die Einschätzung sich geändert hatte, wurden verglichen mit denen, die tatsächlich transplantiert worden waren sowie mit denen, die von vornherein nicht als transplantabel eingeschätzt worden waren. Weil diese drei Gruppen sehr unterschiedliche Charakteristika aufwiesen, wurden Patienten selektiert, die nach Alter, Fitness (ECOG-Status) etc. gematcht werden konnten.

Obwohl dadurch vergleichbare Patientengruppen entstanden, konnte man signifikante Unterschiede beim Überleben erkennen (Tab. 2): Das progressionsfreie Überleben betrug bei den Patienten, die tatsächlich transplantiert wurden, median 42,9 Monate, bei denen, die nachträglich aus der Transplantations-Indikation herausgenommen wurden, hingegen nur 15,9 Monate. Auch das mediane Gesamtüberleben unterschied sich deutlich mit 63,8 versus 46,1 Monaten – ein Unterschied von etwa eineinhalb Jahren.
Auch wenn die ursprünglichen TE- und TNE-Gruppen bezüglich des Alters unterschiedlich waren und lediglich eine Überlappung aufwiesen, wurden für diese Analyse Patienten mit gleichen Ausgangsbedingungen selektiert. Der Vergleich belegt damit überzeugend, dass auch ältere Patienten von einer Transplantation, sofern sie durchführbar ist, hinsichtlich des progressionsfreien ebenso wie des Gesamtüberlebens profitieren. Auch diese Ergebnisse bestätigen also die Hochdosistherapie bei neu diagnostiziertem Myelom als Standard, solange die Patienten dafür geeignet sind – und diese Eignung hängt primär nicht vom kalendarischen Alter des Patienten ab.
Erstlinientherapie nicht-transplantabler Patienten
ALCYONE: Daratumumab plus VMP auch bei über 75-Jährigen wirksam
Ein Multiples Myelom wird im Median im Alter von etwa 70 Jahren diagnostiziert, d. h. viele dieser Patienten sind aus verschiedenen Gründen nicht mehr für eine autologe Stammzelltransplantation geeignet. Ob man eine Standard-Erstlinientherapie für sie, wie etwa das VISTA-Regime aus Bortezomib, Melphalan und Dexamethason (VMP), durch Hinzugabe eines monoklonalen Antikörpers verbessern kann, wurde in der globalen Phase-III-Studie ALCYONE untersucht.
Das Design von ALCYONE spiegelt die derzeit überall verfolgten Anstrengungen, das Konzept der Dreierkombination von Substanzen durch die neuen, wirksamen Myelom-Medikamente zu erweitern: In der ALCYONE-Studie erhielt die Hälfte der 706 eingeschlossenen Patienten mit neu diagnostiziertem Myelom zusätzlich zu den neun Zyklen des VISTA-Protokolls (Bortezomib, Melphalan und Prednison) den CD38-Antikörper Daratumumab bis zur Progression. Bereits beim ASH-Kongress im Dezember 2017 hatte die Studiengruppe aus Europa, Nord- und Südamerika und Ostasien gezeigt, dass die Zugabe von Daratumumab zu VMP in der Erstlinie das progressionsfreie Überleben signifikant verlängert und dass dadurch vor allem der Anteil an Patienten, bei denen die minimale Resterkrankung (MRD) eradiziert werden kann, sich von 6% auf 22% beinahe vervierfacht [5]. Beim EHA-Kongress in Stockholm präsentierte Michele Cavo, Bologna, eine Subgruppenanalyse aus der ALCYONE-Studie, in der eine mögliche Altersabhängigkeit der Wirkung der Therapie untersucht wurde [6].
Knapp ein Drittel der Patienten war mindestens 75 Jahre alt. Wenn man sie mit den unter 75-Jährigen verglich, zeigte sich unter Daratumumab-VMP weder beim Ansprechen (88% vs. 92%) noch bei den Komplettremissionen (41% vs. 43%), beim progressionsfreien 18-Monats-Überleben (71% vs. 72%) oder beim Anteil der Patienten mit MRD-Negativität (24% vs. 22%) ein Unterschied zwischen den beiden Alters-Strata (Tab. 3). In allen diesen Parametern war Daratumumab-VMP der herkömmlichen Tripel-Kombination überlegen.

Die über 75-Jährigen profitieren also in exakt dem gleichen Umfang von der Hinzunahme von Daratumumab wie die jüngeren Patienten. Daratumumab-VMP ist damit auch für Ältere eine geeignete Therapie, vor allem, weil es auch bei den Nebenwirkungen keinen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Altersgruppen gab.
Daratumumab auch subkutan wirksam
Daratumumab ist ein sehr wirksames Myelom-Medikament; in der Praxis ist oft die lange Infusionsdauer problematisch. Eine Alternative ist die subkutane Gabe, die in einer europäisch-US-amerikanischen Phase-Ib/II-Studie untersucht wurde. Wie Jesus San Miguel, Pamplona, berichtete [7], wurde Daratumumab dabei zusammen mit humaner Hyaluronidase in nur drei bis fünf Minuten subkutan verabreicht. Unerwünschte Nebenwirkungen waren überwiegend hämatologischer Natur (20% Lymphopenien, je 8% Thrombozytopenien und Neutropenien), bei 16% der Patienten gab es Infusions-assoziierte Reaktionen, die aber in der Regel leicht waren und bei keinem Patienten zu einem Therapieabbruch führten.
Die Pharmakokinetik war vergleichbar mit der bei intravenöser Gabe, und die Effektivität war gut: Die Patienten, die median drei Vorbehandlungen hatten, erreichten mit dieser Daratumumab-Monotherapie eine sehr gute Ansprechrate von 52%, davon mehr als die Hälfte sehr gute partielle Remissionen (28%).
Beim MRT nach Hochdosistherapie genauer hinsehen!
International wird in verschiedenen Studiengruppen heute bevorzugt die Positronenemissions-Tomografie (PET) zur Bestimmung des Ansprechens und der Prognosevorhersage eingesetzt, weil die Kernspintomografie (MRT) im Erkrankungsverlauf als weniger aussagekräftig gilt. Diese Aussage wollte die Heidelberger Arbeitsgruppe noch einmal überprüfen: Wie Maximilian Merz in Stockholm erläuterte, wurden Patienten der GMMG-MM5-Studie ausgewählt, die eine Induktion mit Bortezomib und anschließend hochdosiertes Melphalan erhalten hatten [8]. 83 dieser Patienten waren vor Transplantation und 77 auch nach der Transplantation mit dem MRT untersucht worden. Ziel der Analyse war der Nachweis der prognostischen Bedeutung von Knochenmarksläsionen im MRT bzw. von Veränderungen dieses Signals nach der Hochdosistherapie sowie einer möglichen Korrelation initialer Patientenmerkmale im MRT mit dem Ansprechen.
Alle Patienten hatten vor der Hochdosistherapie einen diffusen oder fokalen pathologischen Knochenmarkbefund. Fokale Läsionen blieben bei 81% der Patienten auch nach der Hochdosistherapie bestehen; daraus wird in anderen Studiengruppen eine geringere Aussagekraft des MRT abgeleitet. Bei Patienten mit initial diffusem Knochenmarkmuster war dieses anschließend nur mehr bei 61% vorhanden. Diese Patienten hatten tatsächlich ein schlechteres progressionsfreies Überleben (median 26 vs. 54 Monate).
In dieser Studie spielte aber weniger eine Rolle, ob die Patienten im MRT negativ wurden; vielmehr wurde untersucht, wie sich das MRT-Signal unter der Therapie verändert.
Zunächst konnten die Heidelberger Kollegen zeigen, dass jeder vierte Patient vor der Transplantation eine extramedulläre Beteiligung aufwies. Diese Patienten hatten eine 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 59%, während sie bei denjenigen ohne extramedulläre Beteiligung 83% betrug. Das spannendste Ergebnis war aber, dass bei einem guten Drittel der Patienten (36%) zwar die fokalen Läsionen nicht verschwanden, dass hier aber in diesen residuellen Läsionen nach der Behandlung eine zystische, T2-hyperintense Signaltransformation nachweisbar war. Eine Subgruppenanalyse ergab für diese Patienten mit den zystisch transformierten fokalen Läsionen, dass sie zwar häufiger eine (nahezu) komplette Remission erreichten (75% vs. 41%; p = 0,005), dass aber bei ihnen das progressionsfreie Überleben mit median 17 Monaten signifikant kürzer und nicht einmal halb so lang war wie bei den Patienten mit nicht transformierten Läsionen (45 Monate; p = 0,014). Bei Untersuchung der zytogenetischen Parameter dieser Patienten bei Erstdiagnose fiel auf, dass sie signifikant häufiger eine Deletion 13p (62% vs. 33%; p = 0,03), eine extramedulläre Erkrankung (48% vs. 7%; p < 0,001) und im Genexpressionsprofil einen mittleren bis hohen Proliferationsindex aufwiesen (92% vs. 67%; p = 0,03). Auch in einer multivariaten Analyse blieb der negative Einfluss der zystischen T2-hyperintensen Läsionen auf das progressionsfreie Überleben erhalten (HR 2,47; p = 0,0097).
Möglicherweise handelt es sich hier also um sehr proliferationsaktive Tumoren, die zwar zunächst gut auf eine Chemotherapie ansprechen, aber wegen dieser hohen proliferativen Aktivität dann auch relativ schnell wieder nachwachsen und dadurch das progressionsfreie Überleben verkürzen. Das MRT-Signal ist also nach der Hochdosistherapie tatsächlich nicht normalisiert, aber man sollte dann doch genauer hinsehen und auf spezifische Veränderungen dieses Signals achten, die zumindest in dieser Analyse von Patienten aus der MM5-Studie in hohem Maße prognostisch waren.
Therapie im Rezidiv
Pomalidomid in Dreierkombinationen überlegen
Neue Substanzen (Antikörper, neue Proteasom-Inhibitoren etc.) sind für das rezidivierte Multiple Myelom meist in Kombination mit Lenalidomid zugelassen, das allerdings inzwischen auch in der Erstlinie verfügbar ist und hier immer mehr bei jüngeren ebenso wie bei älteren Patienten – oft bis zum Progress – gegeben wird. Wenn die Patienten rezidivieren, können sie deshalb schon refraktär gegen diesen Immunmodulator sein. Hier steht seit einiger Zeit mit Pomalidomid der dritte in der Myelomtherapie wirksame Immunmodulator zur Verfügung, der auch bei Lenalidomid-Refraktärität wirkt und bislang nur in Kombination mit niedrig dosiertem Dexamethason zugelassen ist [9]. Beim EHA-Kongress waren neue Kombinationen mit Pomalidomid ein Schwerpunkt.
OPTIMISMM: PVd als neue Option
Paul Richardson, Boston, stellte die Daten zur internationalen Phase-III-Studie OPTIMISMM vor. Darin waren – u. a. auch in Deutschland – über 550 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Myelom eingeschlossen worden, die zuvor bereits mindestens zwei Therapien einschließlich Lenalidomid und Bortezomib erhalten hatten [10]. Sie erhielten Bortezomib und Dexamethason entweder alleine oder in Kombination mit Pomalidomid. 70% der Patienten waren vor Beginn der Therapie refraktär gegen Lenalidomid gewesen.
Im Kontrollarm lag das progressionsfreie Überleben bei median 7,1 Monaten, was den Ergebnissen anderer Studien entspricht; im Pomalidomid-Arm war es mit median 11,2 Monaten um etwa vier Monate verlängert. Es gab in der Studie auch eine Subgruppe von Patienten, die lediglich eine Vortherapie erhalten hatten; diese Patienten schnitten mit einem medianen progressionsfreien Überleben von 20,7 Monaten unter der Dreierkombination gegenüber 11,6 Monaten unter Bortezomib/Dexamethason alleine noch einmal deutlich besser ab. Auch beim Gesamtansprechen war die Pomalidomid-Gruppe mit 82,2% vs. 50% bei allen Patienten und mit 90,1% vs. 54,8% bei denen mit nur einer Vortherapie deutlich überlegen; das gleiche galt für den Endpunkt sehr gute partielle Remission
(VGPR: 52,7% vs. 18,3% bei allen bzw. 61,3% vs. 22,6% bei Patienten mit nur einer Vortherapie). An Nebenwirkungen traten in erster Linie Neutropenien auf, wie sie von Pomalidomid bekannt sind.
Pomalidomid mit neuen Substanzen kombinieren?
Diese Kombination aus Substanzen, die nicht mehr zu den allerneuesten zählen, ist eine gute Basis zur Weiterentwicklung der Therapie. Man könnte anstelle einer der älteren Substanzen wie Bortezomib auch einen Antikörper dazugeben, wie in der MM-014-Studie geschehen, für die David Siegel, Hackensack, eine Interimsanalyse vorstellte [11]: Darin wurde Pomalidomid/Dexamethason bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Myelom nach Lenalidomid-Versagen um den CD38-Antikörper Daratumumab ergänzt, eine Dreierkombination, die in den USA bereits zur Behandlung von Patienten nach mindestens zwei Vortherapien, darunter Lenalidomid und Bortezomib, zugelassen ist.
Berücksichtigt man nur die 46 Patienten im ersten oder zweiten Rezidiv, die die Therapie also maximal in der Drittlinie und unmittelbar nach einem Lenalidomid-haltigen Regime erhalten hatten, so Siegel, dann lag für sie das progressionsfreie Überleben nach einem Jahr mit 77% beeindruckend hoch. Die Ansprechrate war bei Lenalidomid-Refraktärität (bei 78% aller Patienten) mit 72,2% genauso hoch wie im Gesamtkollektiv (71,7%). Es scheint also vorteilhaft zu sein, Pomalidomid in der Rezidivtherapie mit anderen, neuen Substanzen zu kombinieren – ein Konzept, das freilich noch in größeren Studien bestätigt werden sollte.
Elotuzumab-Triplett hochwirksam
Neben einer Reihe anderer Kombinationsstudien konnte Meletios Dimopoulos, Athen, in der Late-Breaking-Abstract-Sitzung in Stockholm auch die ersten Daten aus der ELOQUENT-3-Studie vorstellen [12]. In dieser randomisierten Phase-II-Studie wurde Pomalidomid/Dexamethason in der rezidivierten/refraktären Situation mit dem SLAM-F7-Antikörper Elotuzumab kombiniert. Die 117 eingeschlossenen Patienten mussten hier im Gegensatz zur MM-014-Studie mindestens zwei vorangegangene Therapien einschließlich Lenalidomid und einem Proteasominhibitor erhalten haben und gegen die letzte Therapie refraktär gewesen sein. 87% von ihnen waren refraktär gegen Lenalidomid, 80% gegenüber einem Proteasominhibitor, 70% gegen beide Substanzklassen.
Im Kontrollarm lag die mediane progressionsfreie Überlebensdauer bei 4,7 Monaten, wie wir das auch aus anderen Studien kennen, während sie im Elotuzumab-Arm mit 10,3 Monaten mehr als doppelt so lange war (HR 0,54; p = 0,0078; Abb. 1). Das mediane Follow-up ist mit neun Monaten noch relativ kurz. Auch die Ansprechrate war mit 53% gegenüber 26% verdoppelt worden, darunter 20% versus 9% sehr gute partielle Remissionen.

Sehr beeindruckend ist das Toxizitätsprofil: Wir kennen Elotuzumab in Kombination mit Lenalidomid/Dexamethason, wo es sehr wenige Nebenwirkungen verursacht, und in ELOQUENT-3 sah es so aus, als hätten die Patienten unter der Dreierkombination sogar weniger Grad-3/4-Nebenwirkungen (Neutropenie 13% vs. 27%, Anämie 10% vs. 20%), und sie mussten seltener wegen unerwünschter Ereignisse die Behandlung abbrechen (18% vs. 24%). Elotuzumab führt in der Kombination also zu keiner zusätzlichen Toxizität.
Ist eine Dreierkombination nötig?
Einen etwas anderen Ansatz haben wir in der GMMG-Studiengruppe verfolgt: Wir vermuteten, dass möglicherweise nicht alle Patienten eine Dreierkombination mit Pomalidomid brauchen, sondern nur diejenigen, die auf die Zweierkombination aus Pomalidomid und Dexamethason nicht optimal ansprechen. Deshalb haben wir in der Studie PERSPECTIVE 60 Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Myelom mit Pomalidomid/Dexamethason behandelt, und denjenigen 36, die nach drei Zyklen nicht mindestens mit einer partiellen Remission angesprochen hatten, zusätzlich Cyclophosphamid gegeben [13]. Von diesen 36 Patienten war etwa die Hälfte sogar refraktär, also unter der Pd-Therapie progredient geworden.
Diese schwer behandelbaren Patienten, die zusätzlich Cyclophosphamid erhielten, erzielten dann immerhin ein progressionsfreies Überleben ab dem Beginn der Cyclophosphamid-Gabe von im median 4,7 Monaten, entsprechend etwa dem, was man mit Pd bei nicht-selektierten Patienten im Rezidiv erreicht. Auch das mediane Gesamtüberleben war mit 18,3 Monaten beeindruckend. Insgesamt hatten 13 der 36 Patienten (35%) auf die Zugabe von Cyclophosphamid angesprochen, davon zwei mit einer kompletten und drei mit einer sehr guten partiellen Remission. Das Cyclophosphamid wurde so gut vertragen (mit vor allem hämatologischen Nebenwirkungen), dass sich im Nachhinein die Frage stellt, ob man nicht von vorneherein die Therapie mit der Dreierkombination durchführen sollte. Damit könnte man möglicherweise auch das progressionsfreie Überleben in der Gesamtkohorte, das hier bei median 6,4 Monaten gelegen hatte, verbessern.
Ja, offenbar ist sie nötig!
Andererseits gibt es auch etablierte Rezidivtherapien, wie z. B. die Kombination aus Elotuzumab und Lenalidomid/Dexamethason (ELd), bei denen sich die Frage stellt, ob alle Patienten gleich die dritte Substanz brauchen. Christoph Scheid, Köln, präsentierte eine Analyse der ELOQUENT-2-Studie, die ELd mit Ld verglichen hatte [14]. Daraus wurden die Patienten selektiert, die auf Ld hervorragend angesprochen hatten, d. h. innerhalb von drei Monaten eine partielle oder sogar eine sehr gute partielle Remission erreicht hatten. Gegenüber diesen im Kontrollarm am besten ansprechenden Patienten war allerdings das progressionsfreie Überleben in der Elotuzumab-Gruppe noch einmal signifikant länger (Tab. 4) – bei den Patienten mit mindestens einer sehr guten partiellen Remission innerhalb von drei Monaten um volle zehn Monate (HR 0,61; p = 0,0065, Abb. 2). Offenbar kann man also auf den Antikörper nicht verzichten; vielmehr scheinen diese Daten zu besagen, dass auch die für Ld sensitivsten Patienten noch von der Hinzunahme von Elotuzumab profitieren.


Carfilzomib geht auch einmal wöchentlich
Der Zweitgenerations-Proteasominhibitor Carfilzomib ist beim rezidivierten oder refraktären Multiplen Myelom für die zweimal wöchentliche Gabe zugelassen, was für den Patienten bei längerer Therapiedauer durchaus eine Belastung darstellen kann. In der ARROW-Studie, die Maria-Victoria Mateos, Salamanca, vorstellte, wurden deshalb 478 Patienten mit zwei oder drei Vortherapien für eine einmalige oder eine zweimal wöchentliche Gabe randomisiert [15]: Die Dosierung von Carfilzomib betrug entweder zweimal pro Woche 27 mg/m2 oder einmal wöchentlich 70 mg/m2, jeweils kombiniert mit niedrig-dosiertem Dexamethason.
Unter der einmal wöchentlichen Gabe, bei der die kumulative Carfilzomib-Dosis etwas höher ist, konnten sowohl die Ansprechrate (von 40,8% auf 62,9%) als auch das mediane progressionsfreie Überleben (von 7,6 auf 11,2 Monate) verbessert werden, ohne dass sich die Inzidenz von Nebenwirkungen erhöht hätte.
Bei der Interpretation dieser Daten ergeben sich allerdings Probleme: Carfilzomib wird beim zweimal wöchentlichen Regime mittlerweile – anders als zu Beginn dieser Studie – mit 56 mg/m2 und nicht mehr mit 27 mg/m2 dosiert. In einer Subgruppenanalyse der ENDEAVOR-Studie, in der Carfilzomib/Dexamethason mit Bortezomib/Dexamethason verglichen wurde, zeigte sich bei den Patienten mit zwei bis drei Vortherapien unter der höheren Carfilzomib-Dosierung ein medianes progressionsfreies Überleben von 14 Monaten, so Mateos. Allerdings wurde in die ENDEAVOER-Studie eine weniger vorbehandelte und somit prognostisch günstigere Patientengruppe eingeschlossen. Insgesamt scheint es aber für Carfilzomib eine Dosisabhängigkeit zu geben. In der ARROW-Studie ging es allerdings weniger um eine Therapieoptimierung als vielmehr darum, den Myelom-Patienten ein Regime mit einer einmal wöchentlichen Infusion anbieten zu können, mit dem sie möglicherweise über Jahre zufrieden sein können. Diese Ergebnisse sind auch bereits voll publiziert [16], und es ist zu hoffen, dass sich daraus eine Zulassungserweiterung ergeben wird, die es uns ermöglicht, zusammen mit dem Patienten die individuell beste Therapieoption zu wählen.
Gentechnisch veränderte autologe T-Lymphozyten gegen das Myelom
Eine bahnbrechende Entwicklung, zu der bereits beim ASH-Kongress 2017 in Atlanta mehrere Studien präsentiert worden waren, nutzt genetisch veränderte autologe T-Lymphozyten des Patienten: Man lässt diese Zellen einen chimären Antigenrezeptor (CAR) exprimieren, der sich gegen das Myelom-spezifische B-Cell Maturation Antigen (BCMA) richtet. Die BB2121-CAR-T-Zellen, für die Noopur Raje, Boston, in Stockholm ein Update einer Phase-I-Studie vorstellte, greifen direkt Myelom-Zellen an und sind hochgradig wirksam [17]: Die bislang 43 behandelten Patienten mit sieben bis acht vorangegangenen Therapien, die doppelt refraktär waren, hatten zunächst zur Lymphodepletion für drei Tage eine Chemotherapie mit Fludarabin und Cyclophosphamid erhalten. Die Patienten waren in der Eskalationsphase im Median 58, in der Expansionsphase sogar 65 Jahre alt, repräsentierten also durchaus die übliche Klientel von stark vorbehandelten Myelom-Patienten. Etwa 30% von ihnen waren fünffach refraktär gegen alle gängigen Therapien einschließlich Pomalidomid und Daratumumab.
Die Wirksamkeit der CAR-T-Zellen war beeindruckend: Die Patienten, die mehr als 150 x 106 Zellen erhalten hatten, sprachen zu 95,5% an, die Hälfte von ihnen zeigte eine Komplettremission. Eine gewisse Dosisabhängigkeit der Wirksamkeit suggeriert, dass man tatsächlich mindestens 150 x 106 Zellen geben sollte. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug in der Eskalationsstudie 11,8 Monate, was angesichts der Vorgeschichte dieser Patienten äußerst beeindruckend ist. Sämtliche 16 Patienten in Remission, bei denen eine MRD-Diagnostik durchgeführt wurde, waren unter der Therapie außerdem MRD-negativ geworden.
Die Neurotoxizität, die unter der Behandlung mit CAR-T-Zellen auftreten kann, war hier gut kontrollierbar, und deshalb erscheint diese Therapiemodalität gerade für solche extrem stark vorbehandelten Patienten, denen wir bislang praktisch nichts mehr anbieten können, außerordentlich vielversprechend – auch wenn es sich hier erst um Phase-I-Daten handelt.