Dermato-Onkologie: vor allem Bestätigung von Bekanntem

ASCO 2018, Chicago

Die Dermato-Onkologie hat in den vergangenen Jahren eine Art Vorreiterrolle bei der Einführung der neuen immun­onkologischen Therapien gespielt. Die diesjährige Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) war nicht durch bahnbrechende neue Resultate auf diesem Gebiet gekennzeichnet, aber es gab eine ganze Reihe von Updates bereits bekannter Studien, durch die Bestehendes bestätigt und gefestigt wurde.

Schlüsselwörter: Melanom, Merkelzellkarzinom, zielgerichtete Therapie, BRAF-Inhibitoren, MEK-Inhibitoren, immun­onkologische Therapie, CTLA-4-Inhibitoren, PD-1-Inhibitoren, PD-L1-Inhibitoren


Frühes Melanom

Komplette Lymphknoten-Dissektion bei positivem Sentinel-Lymph­knoten obsolet 

Die Therapie des malignen Melanoms beginnt idealerweise, nämlich wenn es noch nicht metastasiert hat, mit der radikalen Operation. Ab einer Tumoreindringtiefe von einem Millimeter erfolgt meist zusätzlich die Darstellung und Untersuchung des Sentinel-Lymphknotens und – wenn dieser Tumorzellen enthält – die komplette Dissektion aller Lymphknoten in der Region, um möglichst alle lymphatischen Metastasen zu eradizieren. An der dahinterstehenden Idee, dass man damit das Rezidivrisiko, und so letztlich auch die Mortalität, verringern könnte, sind mittlerweile Zweifel aufgekommen. Entscheidend für das Umdenken war hier die multizentrische randomisierte DeCOG-SLT-Studie aus Deutschland, die bereits letztes Jahr publiziert wurde. Die Langzeit-Überlebensdaten dieser Studie konnte Ulrike Leiter, Tübingen, nun in Chicago vorstellen [1]:

Die 473 Patienten mit positivem Sentinel-Lymphknoten wurden randomisiert, entweder eine komplette Lymphknoten-Dissektion zu erhalten oder nur nachbeobachtet zu werden. Primärer Endpunkt war das Fernmetastasen-freie Überleben. Hier war nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von mittlerweile sechs Jahren kein Unterschied zwischen beiden Gruppen zu erkennen – weder nach fünf Jahren (64,9% im Dissektions- vs. 67,6% im Beobachtungsarm) noch nach zehn Jahren (55,5% vs. 55,8%; Hazard Ratio 1,08; p = 0,65). Ähnliches galt für die sekundären Endpunkte rezidivfreies Überleben (HR 1,01; p = 0,94) und Gesamtüberleben (HR 0,99; p = 0,94). Hingegen waren in der multivariaten Analyse Tumordicke und Tumorlast unabhängige Prognosefaktoren für diese Outcome-Parameter.

Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit denen des Multicenter Selective Lymphadenectomy Trial II, bei dem ebenfalls die komplette Lymphknoten-Dissektion randomisiert mit der alleinigen Nachbeobachtung verglichen wurde [2] und bei über 1.700 analysierten Patienten auch kein Unterschied bei den Überlebensdaten nachgewiesen werden konnte. Die Befunde stützen den schon länger gehegten Verdacht, dass die Ausbildung von Fernmetastasen direkt aus dem Primärtumor bzw. hämatogen und nicht via Absiedlung aus Lymphknoten erfolgt. Die Folgerung daraus ist, dass man in Zukunft auf die radikale Lymphknoten-Dissektion verzichten kann, weil sich die Prognose des Patienten damit nicht verbessern lässt.

Adjuvantes Nivolumab versus Ipilimumab beim komplett resezierten Melanom 

Der PD-1-Antikörper Nivolumab hat in der EU ganz aktuell die Zulassung zur adjuvanten Behandlung des vollständig resezierten metastasierten Melanoms mit hohem Rezidivrisiko erhalten. Die Zulassung basiert auf der Phase-III-Studie CheckMate-238, in der 906 solche Patienten randomisiert worden waren, für maximal ein Jahr entweder Nivolumab oder Ipilimumab zu erhalten. In der ersten Analyse nach mindestens 18-monatiger Nachbeobachtung war die Chance auf ein rezidivfreies Überleben unter Nivolumab bereits signifikant höher gewesen [3], und das setzt sich in der aktualisierten Auswertung mit zweijähriger Nachbeobachtung fort, die Jeffrey Weber, New York, nun beim ASCO-Kongress präsentierte [4]:

Die rezidivfreie Überlebensrate nach mindestens 24-monatiger Nachbeobachtung betrug im Nivolumab-Arm 62,6%, im Ipilimumab-Arm 50,2%; das Risiko für Rezidiv oder Tod war damit um ein Drittel reduziert worden (HR 0,66; p < 0,0001). Diese Überlegenheit des 

PD-1-Inhibitors war, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß, in allen untersuchten Subgruppen zu sehen – unabhängig vom klinischen Stadium, von der PD-L1-Expression und vom BRAF-Mutationsstatus (Tab. 1). Auch beim Fernmetastasen-freien Überleben war Nivolumab nach zwei Jahren noch überlegen mit einer Rate von 70,5% gegenüber 63,7% unter Ipilimumab (HR 0,76; p = 0,034). Entsprechend hatten mittlerweile 41,1% der Patienten im Ipilimumab-, aber nur 31,1% derer im Nivolumab-Arm weitere Anti-Tumor-Therapien benötigt. Diese Daten bestätigen den Nutzen der soeben zugelassenen adjuvanten Therapie mit Nivolumab, unabhängig von der Subgruppen-Zugehörigkeit.

Adjuvantes Dabrafenib/Trametinib: Lebensqualität erhalten

Bei Patienten im Stadium III mit BRAF-V600E/K-Mutationen konnte eine adjuvante Therapie mit dem BRAF-Inhibitor Dabrafenib und dem MEK-Inhibitor Trametinib , die über ein Jahr eingenommen wurden, im Vergleich zu Patienten, die Plazebo erhalten hatten, das rezidivfreie Überleben in allen Subgruppen si­gnifikant verlängern (HR 0,47 für alle Patienten; p < 0,001) und eine Verbesserung beim Gesamtüberleben erzielen (HR 0,57; p = 0,0006; [5]). In den USA ist die Kombination aufgrund dieser Daten der COMBI-AD-Studie für diese Indikation bereits zugelassen, in der EU hat das CHMP der EMA gerade eine positive Empfehlung ausgesprochen. Das Sicherheitsprofil war vergleichbar mit dem, was man von der Anwendung in der metastasierten Situation kennt, und Dirk Schadendorf, Essen, konnte nun in Chicago die Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL) vorstellen, die ein exploratorischer Endpunkt war und mithilfe des EuroQol EQ-5D-3L-Fragebogens und visuellen Analogskalen quantifiziert wurde [6]:

Es gab weder während der Therapie noch während der anschließenden Nachbeobachtungsphase klinisch relevante Veränderungen in einem der Arme. Auch Patienten, die typische Nebenwirkungen der beiden Inhibitoren verspürten, zeigten keine Einschränkungen der Lebensqualität, die sich im Gegenteil mit der Zeit verbesserte. Auch bei Patienten, die die Behandlung aufgrund von Toxizitäten abbrachen, blieb die Lebensqualität erhalten, vermutlich wegen des raschen Verschwindens der Nebenwirkungen. Lediglich beim Auftreten eines Rezidivs, egal in welchem der beiden Arme, zeigte sich ein Absinken der Lebensqualität, was die Bedeutung der Rezidivfreiheit unterstreicht. 

Melanom mit Treiber­mutationen: zielgerichtete Therapien

coBRIM: 4-Jahres-Daten für Vemurafenib + Cobimetinib

Die Kombination aus einem BRAF- und einem MEK-Inhibitor ist heute Standard in der Therapie des fortgeschrittenen Melanoms mit BRAF-V600-Mutation. Die verfügbaren Kombinationen basieren auf Phase-III-Studien, in denen sie mit der alleinigen Gabe eines BRAF-Inhibitors verglichen wurden. Für die Kombination aus Vemurafenib und Cobimetinib waren in die coBRIM-Studie 495 Patienten mit einem nicht vorbehandelten metastasierten Melanom und einer BRAF-V600-Mutation eingeschlossen worden. Brigitte Dreno, Nantes, konnte dazu nun 4-Jahres-Daten vorstellen [7]. Die Kombinationstherapie war nach wie vor überlegen, beim progressionsfreien (Median 12,6 vs. 7,2 Monate) ebenso wie beim Gesamtüberleben (22,5 vs. 17,4 Monate). In Landmark-Analysen, die jährlich durchgeführt worden waren, waren im Kombinationsarm konsistent mehr Patienten am Leben als mit der Vemurafenib-Monotherapie (Tab. 2). Allerdings beendeten mehr Patienten die Kombinations- im Vergleich zur Monotherapie aufgrund von Nebenwirkungen (19% vs. 10%). 

Encorafenib + Binimetinib: neue zielgerichtete Therapie

Neben den bereits zugelassenen Therapien mit Vemurafenib und Cobimetinib sowie Dabrafenib und Trametinib kommt nun noch eine dritte Kombination aus einem BRAF- und einem MEK-Inhibitor hinzu: In der COLUMBUS-Studie wurde eine Kombination aus 450 mg/d Encorafenib und zweimal 45 mg/d Binimetinib randomisiert mit Monotherapien aus Vemurafenib (zweimal 960 mg/d) bzw. Encorafenib (300 mg/d) verglichen. Für den primären Endpunkt progressionsfreies Überleben wurde bereits eine Überlegenheit der Kombinationstherapie berichtet (Median 14,9 vs. 7,3 Monate für Vemurafenib; HR 0,54; p < 0,001). Das Ergebnis für Vemurafenib stimmte damit genau mit dem aus der coBRIM-Studie überein. In Chicago konnte Reinhard Dummer, Zürich, nun die Daten zum Gesamtüberleben zeigen [8]:

Bei den medianen Überlebenszeiten war die Kombination mit 33,6 Monaten deutlich besser als die Monotherapien mit Encorafenib (23,5 Monate) und Vemurafenib (16,9 Monate). Das Mortalitätsrisiko wurde durch die Kombination gegenüber Vemurafenib um 39% reduziert (HR 0,61; p < 0,001). Eine Aktualisierung der Daten zum progressionsfreien Überleben brachte mit 14,9 versus 7,3 Monaten für diese beiden Arme keine wesentlichen Änderungen (HR 0,51). Die Werte für progressionsfreies und Gesamtüberleben sind allerdings die besten bisher für diese Klasse von Medikamenten berichteten und lassen Encorafenib plus Binimetinib als vielversprechende neue Option für das BRAF-mutierte Melanom erscheinen, so Dummer. Am 26. Juli 2018 hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein positives Votum zur Zulassungsempfehlung der Kombination aus Encorafenib und Binimetinib zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit inoperablem oder metastasiertem Melanom mit einer BRAF-V600-Mutation ausgesprochen.

Zielgerichtete Therapie nach Erst­linien-Immuntherapie bei BRAF-mutiertem Melanom

Die optimale Therapiesequenz bei Patienten mit BRAF-mutiertem Melanom ist nach wie vor unklar. In einigen Studien scheinen Immuntherapien nach einer zielgerichteten Therapie mit BRAF- und MEK-Inhibitor weniger wirksam zu sein, aber für die umgekehrte Sequenz – zielgerichtete nach Immuntherapie – gibt es bisher so gut wie keine Daten. Kollegen in sechs Zentren in Australien und den USA konnten immerhin retrospektiv insgesamt 79 Patienten identifizieren, deren BRAF-mutiertes Melanom zunächst mit einer oder mehreren Linien von Immuntherapien behandelt worden waren und bei denen man nach einem Versagen der letzten dieser Therapien auf eine BRAF/MEK-Inhibition gewechselt hatte [9]. 56% der Patienten hatten in der Erstlinie eine Ipilimumab-Monotherapie erhalten, 21% einen PD-1-Antikörper, 15% eine Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab und 5% PD-1-Antikörper in anderen Kombinationen. 

Die Immuntherapie hatte im Median 10,9 Wochen gedauert, und das beste Ansprechen war eine partielle Remission gewesen, aber lediglich bei 11% der Patienten. Jeder fünfte dieser Patienten hatte vor dem Einsatz der BRAF- und/oder MEK-Inhibitoren wenigstens eine weitere Therapielinie erhalten. Die mediane Dauer der Inhibitor-Behandlung lag bei 21 Wochen, und immerhin 59% der Patienten hatten darauf angesprochen, 5% mit einer Komplettremission. Das mediane progressionsfreie Überleben nach Beginn der BRAF- und/oder MEK-Inhibition lag bei 4,4 Monaten, das mediane Gesamtüberleben bei 18 Monaten; 39% der Patienten waren nach drei Jahren noch am Leben gewesen.

Die BRAF-/MEK-Inhibition zeigt also auch nach einer Immuntherapie Wirksamkeit; das Ansprechen scheint vergleichbar dem in den Erstlinien-Studien zu sein, obwohl die Krankheitscharakteristika in dieser Serie ungünstiger waren. Das progressionsfreie Überleben ist allerdings kürzer als nach einer Erstlinientherapie.

Melanom ohne 

Treibermutationen: Immuntherapien

5-Jahres-Daten zu Pembrolizumab

Die längsten Nachbeobachtungszeiten mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab überhaupt gibt es aus der Phase-Ib-Basketstudie KEYNOTE-001, in der neben Patienten mit anderen Tumorentitäten insgesamt 655 mit einem metastasierten Melanom (davon 151 noch nicht vorbehandelt) Pembrolizumab erhalten hatten. Nach im Median 55 Monaten Nachbeobachtung, so Omid Hamid, Los Angeles, errechnet sich nun eine mediane Gesamtüberlebenszeit von 23,8 Monaten für alle und von 38,6 Monaten für die therapienaiven Patienten [10]. Beim progressionsfreien Überleben waren es 8,3 bzw. 16,9 Monate. Die mediane Ansprechdauer ist noch nicht erreicht, weil 73% aller Remissionen (und 82% bei den therapienaiven Patienten) noch andauern – die längste bislang beobachtete seit mehr als 66 Monaten.

Zwei Jahre Pembrolizumab: lang­anhaltendes Ansprechen

Während in KEYNOTE-001 der Antikörper bis zur Progression oder bis zum Auftreten nicht tolerierbarer Toxizitäten gegeben wurde, war die Therapiedauer in der Phase-III-Studie KEYNOTE-006 auf maximal zwei Jahre beschränkt. Hier waren bei insgesamt 834 Ipilimumab-naiven Patienten zwei Dosierungen von Pembrolizumab (10 mg/kg alle zwei bzw. alle drei Wochen) mit dem CTLA-4-Antikörper Ipilimumab verglichen worden. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 46 Monaten, so Georgina Long, Sydney, lagen die 4-Jahres-Überlebensraten in den kombinierten Pembrolizumab-Armen bei 42% und im Ipilimumab-Arm bei 34%; wurden nur zuvor therapienaive Patienten berücksichtigt, waren es 44% bzw. 36% [11]. Von den 103 Patienten in den Pembrolizumab-Armen, die die Behandlung über die gesamten vorgesehenen zwei Jahre durchführten, hatten 28 mit einer kompletten, 65 mit einer partiellen Remission und zehn mit einer Krankheitsstabilisierung angesprochen; median etwa 20 Monate nach Ende der Therapie waren 86% von ihnen noch immer nicht progredient. Von den 14 Patienten, die wieder progredient geworden waren, wurden acht abermals mit Pembrolizumab behandelt, was bei sieben wieder zu einem Ansprechen oder einer Stabilisierung der Erkrankung führte. 

Wenn Pembrolizumab also zwei Jahre lang ohne Progression gegeben werden kann, resultieren daraus langanhaltende Remissionen oder zumindest Krankheitsstabilisierungen, und selbst im Fall einer Progression kann der Antikörper bei erneuter Gabe noch einmal wirken.

Progression unter PD-1-Antikörper: Ipilimumab hinzufügen?

In einer weiteren Phase-II-Studie wurde untersucht, ob die Kombination aus Pembrolizumab und Ipilimumab als Zweitlinientherapie nach Versagen einer gegen PD-1 gerichteten Therapie einen Nutzen bringt [12]. Von 22 solchen Patienten, so Daniel Olson, Chicago, waren 17 auswertbar, und von ihnen erreichten zwei mit dieser Kombination eine komplette, sechs eine partielle Remission (Gesamtansprechrate damit 47%) und fünf weitere eine Stabilisierung. Das progressionsfreie Überleben nach sechs Monaten lag bei 75%, und alle Remissionen dauern weiter an, so Olson. Für die Kohorte werden weitere Patienten rekrutiert, um diese Strategie mit größerer statistischer Validität evaluieren zu können.

Pembrolizumab + Epacadostat: kein Erfolg in Phase III

Die Indolamin-2,3-Dioxygenase 1 (IDO1) ist ein Tryptophan-abbauendes Enzym, das im Tumor-Mikromilieu immunsuppressiv wirkt und Tumorzellen hilft, der Verfolgung durch das Immunsystem zu entgehen. Sie galt daher als vielversprechendes neues Target in der onkologischen Therapie, und es befinden sich derzeit mehrere Inhibitoren in der klinischen Entwicklung, auch bereits in Kombination mit Checkpoint-Inhibitoren. In Chicago wurden dazu mehrere Studien vorgestellt, darunter die Phase-III-Studie ECHO-301/KEYNOTE-252, in der die Patienten mit metastasiertem Melanom vorher allenfalls eine Therapie mit BRAF/MEK-Inhibitoren erhalten haben durften. Die 706 Patienten bekamen Pembrolizumab und wurden zusätzlich auf den IDO1-Inhibitor Epacadostat oder auf Plazebo randomisiert [13].

Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben, aber hier erfüllte sich die Hoffnung, durch den IDO-Inhibitor Fortschritte zu erzielten, leider nicht: Im Verum-Arm lag der Medianwert bei 4,7, im Plazebo-Arm bei 4,9 Monaten; die Gesamtüberlebensrate nach zwölf Monaten betrug in beiden Gruppen 74%, und auch beim Ansprechen gab es keine Unterschiede. Trotz guter Verträglichkeit (21,8% Grad-3/4-Nebenwirkungen unter der Kombination vs. 17% mit Plazebo) und positiven Wirksamkeitssignalen aus Phase-I- und Phase-II-Studien konnte hier also kein Nutzen dieser neuen Kombinationsstrategie bestätigt werden. Weitere Analysen sollen nun klären, ob es Biomarker gibt, mit denen sich eventuell Patienten selektieren lassen, die profitieren könnten.

Epacadostat + Nivolumab: in Phase II vielversprechend, aber Phase III gestoppt

Eine Phase-I/II-Studie (ECHO-204) wurde zur anderen denkbaren Kombination, nämlich der von Nivolumab und Epacadostat, durchgeführt und in Chicago von Adil Daud, San Francisco, vorgestellt [14]. Die Studie war einarmig, d. h. alle 50 Patienten erhielten die Kombination aus dem Antikörper und dem IDO1-Inhibitor. Nach median 417 Tagen Nachbeobachtung lag die Ansprechrate bei 63% und die Krankheitskontrollrate bei 78%. Bei Patienten mit PD-L1-positiven Tumoren waren die Werte höher als bei denen ohne PD-L1-Expression, die progressionsfreien Überlebensraten nach sechs und zwölf Monaten mit 77% und 63% eindrucksvoll. 92% der Patienten waren nach einem Jahr noch am Leben. Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher wurden in einer Subkohorte, die Epadacostat zweimal 300 mg/d erhalten hatte, beinahe um das Vierfache häufiger registriert als mit zweimal 100 mg/d; die ursprünglich geplante Phase-III-Studie wird allerdings aufgrund der enttäuschenden Ergebnisse der ECHO-301-Studie nicht weiter verfolgt.

IDO-Inhibitor Indoximod + Checkpoint-Inhibition

Ebenfalls in einer einarmigen Phase-II-Studie wurde ein anderer IDO-Inhibitor, Indoximod, mit Checkpoint-Inhibitoren kombiniert, wobei hier der behandelnde Arzt die Wahl zwischen Ipilimumab, Nivolumab und Pembrolizumab hatte, jeweils orientiert an deren Zulassungskriterien [15]. Bei 70 Patienten kam Pembrolizumab zum Einsatz, und hier lag die Gesamtansprechrate bei 55,7% (39 von 70 Patienten) mit 13 Komplettremissionen (18,6%), die mediane progressionsfreie Überlebenszeit betrug 12,4 Monate. Für eine Subkohorte von 41 Patienten standen Daten zur PD-L1-Expression zur Verfügung, und hier zeigte sich ein deutlicher Unterschied bei den Ansprechraten zwischen PD-L1-positiven (77%) und PD-L1-negativen Patienten (42%). Gegenüber den Werten, die für Pembrolizumab bekannt sind (33% Gesamtansprechen), klingen diese Resultate vielversprechend, werden aber aus den oben genannten Gründen nicht weiter verfolgt.

Merkelzellkarzinom

Avelumab in der Zweitlinie

Das Merkelzellkarzinom ist einer der aggressivsten und am schwierigsten zu behandelnden Hauttumoren. Bis zur Einführung des PD-L1-Antikörpers Avelumab vor Kurzem gab es dafür kein zugelassenes Medikament. Historisch wurden mit einer Chemotherapie in der Zweitlinie progressionsfreie Überlebenszeiten von median drei Monaten und keine Verbesserung des Gesamtüberlebens erreicht (z. B. [16, 17]). In der Avelumab-Zulassungsstudie JAVELIN Merkel 200 war eine Kohorte von 88 Patienten mit dem Antikörper als Zweitlinientherapie behandelt worden, und für diese stellte Paul Nghiem, Seattle, beim ASCO-Kongress die Daten für ein mindestens zweijähriges Follow-up vor [18]:

Die mediane Nachbeobachtungszeit lag bei 29,2 Monaten, und etwa jeder zehnte Patient wurde immer noch mit Avelumab behandelt. Die Ansprechrate von 33% war unverändert seit den 12- und 18-Monats-Auswertungen; von diesen 29 Patienten waren 19 noch immer in Remission, die bei zwölf von ihnen seit mehr als zwei Jahren andauert. Diese dauerhaften Remissionen führten zu sehr stabilen progressionsfreien Überlebensraten von jeweils 29% nach zwölf und 18 Monaten und 26% nach zwei Jahren. Die Rate für das Gesamtüberleben war von 50% nach einem Jahr über 39% nach 18 Monaten auf nunmehr 36% gesunken; die mediane Überlebensdauer betrug 12,6 Monate. Die klinische Aktivität des Antikörpers war in allen untersuchten Subgruppen zu beobachten und war vor allem unabhängig vom PD-L1-Expressionsstatus und vom Vorliegen einer Infektion mit dem Merkelzell-Polyomavirus. Die Behandlung ist weiterhin gut verträglich, mit Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher bei zehn der 88 Patienten und immunbezogenen Nebenwirkungen bei 20 Patienten (22,7%). 

Wie bei allen Checkpoint-Inhibitoren spricht also nur ein Teil der Patienten mit Merkelzellkarzinom auf Avelumab an, aber die Ansprechrate übertrifft die mit einer Chemotherapie in der Zweitlinie, und diese Remissionen zeigen eine lange Dauer.

Pembrolizumab als Erstlinien­therapie beim fortgeschrittenen Merkelzellkarzinom

Die Zulassung von Avelumab ist unabhängig von der jeweils vorliegenden Therapielinie, weil in der Phase-II-Zulassungsstudie auch eine Kohorte von nicht vorbehandelten Patienten behandelt worden war [19]; hier war die Ansprechrate mit 62,1% fast doppelt so hoch gewesen wie in der Chemotherapie-refraktären Kohorte, und das progressionsfreie Überleben hatte bei median 9,1 Monaten gelegen. Zu Pembrolizumab wurden in Chicago Daten einer Phase-II-Studie vorgestellt, in die nur therapienaive Patienten mit Merkelzellkarzinom eingeschlossen worden waren [20]:

Mit 14,9 Monaten sind das die langfristigsten Daten zur Erstlinientherapie des Merkelzellkarzinoms mit einem PD-1-Antikörper. Im Gegensatz zum ersten Report, der lediglich 26 Patienten berücksichtigt hatte [21], umfasst die neue Analyse, die ebenfalls von Paul Nghiem präsentiert wurde, 50 Patienten, von denen 43 Fernmetastasen aufgewiesen hatten. Die Behandlungsdauer mit Pembrolizumab betrug maximal zwei Jahre, und bislang haben 56% der Patienten angesprochen, mit 24% Komplettremissionen. Zwischen Virus-positiven und -negativen Tumoren ergab sich auch hier kein Unterschied. Beim progressionsfreien Überleben ist der Medianwert mit 16,8 Monaten nun erreicht, beim Gesamtüberleben noch nicht, die 2-Jahres-Überlebensrate liegt aber mit 69% mehr als doppelt so hoch wie das, was man traditionell mit einer Chemotherapie erreicht hat. 

Ipilimumab adjuvant beim Merkelzellkarzinom enttäuschend

Auch wenn initial eine radikale Resektion möglich ist, zeigt das Merkelzellkarzinom eine hohe Rezidivrate, die innerhalb von zwei Jahren bei fast 40% liegt. Kein Wunder also, dass auch schon Adjuvanz-Studien mit Checkpoint-Inhibitoren in dieser Indikation laufen wie zum Beispiel in der deutschen Dermatologic Cooperative Oncology Group (DeCOG) bzw. der Arbeitsgemeinschaft für Dermatologische Onkologie (ADO) in der Deutschen Krebsgesellschaft [22]: In der Studie wurden 40 Patienten innerhalb von maximal zwölf Wochen nach der operativen Entfernung eines Merkelzellkarzinoms randomisiert, vier Dosen des CTLA-4-Antikörpers Ipilimumab im 3-Wochen-Abstand zu erhalten oder nur beobachtet zu werden. Leider gab es nach median 22,3 Monaten Nachbeobachtung keinen signifikanten Unterschied beim krankheitsfreien Überleben (HR 1,8; p = 0,48). Dafür litten mehr als 80% der Patienten unter Ipilimumab und damit viermal so viele wie im Kontrollarm an Nebenwirkungen, ein Unterschied, der bei höhergradigen Toxizitäten noch stärker ausgeprägt war. Aufgrund der besseren Erfahrungen bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit von Nivolumab gegenüber Ipilimumab wird aktuell der PD-1-Antikörper in der adjuvanten Situation bei diesem Tumor untersucht (Admec-O-Studie).

Autor
Prof. Dr. med. Carola Berking
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie Klinikum der Universität München (LMU)
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