Einleitung
Die Inaktivierung eines Gens und die anschließende Beobachtung der Folgen für den Organismus ist die beste Methode, um die Funktion eines Gens zu untersuchen. In verschiedenen Modellorganismen wie dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans, der Fruchtfliege Drosophila melanogaster, dem Zebrabärbling Danio rerio und der Hausmaus Mus musculus wurden eine Vielzahl von Mutationen in Genen erzeugt, mit denen grundlegende zell- und entwicklungsbiologische Mechanismen aufgeklärt werden konnten [1–4]. Oftmals haben Gene jedoch mehrere Funktionen, die sich je nach Gewebe und Alter unterscheiden. Eine universelle Inaktivierung in jeder Zelle kann dann tiefgreifende Folgen für den Organismus haben und zu Fehlbildungen oder gar zum embryonalen Ableben des Organismus führen. Die Untersuchung der weiteren Genfunktion in einem anderen Gewebe oder zu einem späteren Zeitpunkt kann so stark beeinträchtigt oder sogar unmöglich werden. Um dies zu umgehen, verwendet man die konditionale Geninaktivierung, die es erlaubt, ein Gen kontrolliert in einem bestimmten Gewebe oder zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuschalten. Für Organismen mit guter Vorwärtsgenetik wurden zu diesem Zweck temperatursensitive Allele isoliert [5, 6]. Temperatursensitive Allele tragen typischerweise sogenannte Missense-Mutationen, also eine Mutation innerhalb eines Leserasters, bei der ein Kodon so verändert wird, dass eine andere, falsche Aminosäure in das Genprodukt eingebaut wird. Während der Einbau der falschen Aminosäure bei permissiven Temperaturen keine Auswirkungen zeigt, kann es bei restriktiven Temperaturen zu einer Funktionsbeeinträchtigung oder gar einem Funktionsverlust kommen. Mit Hilfe von temperatursensitiven Allelen lassen sich somit die Zeitpunkte bestimmen, in der ein Genprodukt benötigt wird. Eine gewebespezifische Inaktivierung ist damit jedoch nicht möglich. In Säugetieren wurde dieser Ansatz nicht verbreitet angewandt, da diese zum einen gleichwarm sind und sich zum anderen nicht besonders für Vorwärtsgenetik eignen.
Das Cre/lox-System
Das Cre/lox-System stammt ursprünglich aus dem Bakteriophagen P1 und ist heutzutage die am häufigsten verwendete Technik zur konditionalen Geninaktivierung bei Säugetieren, aufbauend auf präzisen Genomveränderungen mittels homologer Rekombination in embryonalen Stammzellen [4, 7]. Die Rekombinase Cre bindet an ihre spezifische Zielsequenz, die auch als lox-Sequenz bezeichnet wird (Abb. 1A). Es gibt eine Reihe verschiedener lox-Sequenzen, die sich nur geringfügig in ihrer Basenabfolge unterscheiden. loxP ist dabei die bekannteste lox-Sequenz. In Abhängigkeit der Orientierung der lox-Sequenzen resultiert die Rekombination in einer Inversion oder einer Deletion des von den lox-Sequenzen flankierten Bereichs. Eine konditionale Geninaktivierung kann somit in einer Cre-abhängigen Weise erreicht werden, wenn das Zielgen oder zumindest ein kritisches Exon des Zielgens von lox-Sequenzen flankiert wird. Ein solches von lox-Sequenzen flankiertes Gen wird oftmals auch als „gefloxtes Allel“ bezeichnet (Abb. 1B). Eine gewebespezifische Expression der Rekombinase Cre erlaubt damit die Inaktivierung des Zielgens in dem Cre-positiven Gewebe, während in anderen Geweben das Zielgen unverändert bleibt. Liganden-induzierbare Cre-Varianten bieten eine zusätzliche zeitliche Kontrolle der Cre-vermittelten Rekombination und erlauben das gezielte Ausnutzen späterer Aspekte einer dynamischen Cre-Expression (Abb. 1C) [8].