Zecken und von Zecken übertragene Erreger sind keine Erscheinung der Neuzeit: Sie besiedeln schon seit wenigstens 50 Millionen Jahren – also lange vor Erscheinen des Homo sapiens – unseren Planeten und dürften wohl die gesamte Evolution des Menschen begleitet haben. Selbst die Forschungsthemen finden sich in ähnlicher Form, nämlich Zeckenfieber, Rückfallfieberborreliose, Babesiose oder Rickettsiosen, schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts [1, 2]. Erneute Relevanz erfährt dieser Themenkomplex durch massive anthropogene Umweltveränderungen, die Globalisierung und den Klimawandel mit noch zu klärendem Einfluss auf Zecken und von diesen übertragene Erreger. Deshalb ist das Wissen um einheimische wie auch „neue“ Zecken inklusive der von ihnen übertragenen Erreger eine entscheidende Voraussetzung für die optimale medizinische Versorgung betroffener Personen, aber auch für die Etablierung präventiver Maßnahmen durch den Öffentlichen
Gesundheitsdienst.
Humanmedizinisch bedeutsame Zecken in Deutschland
Zecken zählen zur Klasse der Spinnentiere, genauer zur Unterklasse der Milben (sind also keine Insekten!), und sind als blutsaugende Ektoparasiten landlebender Wirbeltiere mit mehr als 900 Arten auf der ganzen Welt verbreitet. Mit den beiden wichtigsten Untergruppen Leder- und Schildzecken sind sie nach den Stechmücken die wohl wichtigsten Krankheitsüberträger für Mensch und Tier. In Deutschland sind etwa 20 verschiedene Zeckenarten heimisch, wobei bei uns derzeit nur Schildzecken humanpathogene Erreger übertragen.
Ixodes ricinus
Die mit Abstand bedeutendste Zecke in Deutschland ist Ixodes (I.) ricinus – auch als Gemeiner Holzbock bekannt. Aus etwa 2.000 bis 3.000 Eiern pro Gelege schlüpfen transparente, kaum sichtbare, etwa 0,5 mm messende sechsbeinige Larven, aus denen sich nach einer Blutmahlzeit etwa 1,5 mm messende achtbeinige Nymphen entwickeln und nach einer weiteren Blutmahlzeit bis 4 mm messende (adulte weibliche Zecke) adulte Tiere, Letztere mit Blut vollgesogen bis über 1 cm. Die Speisekarte des Gemeinen Holzbocks ist dabei beachtlich und umfasst mehr als 300 verschiedene Wirtstierspezies – von der Eidechse über Vögel, Kleinnager, Hunde und Katzen bis hin zu Kühen und Hirschen.
Der bevorzugte Lebensraum sind Wälder, Waldwege, naturnahe Parkanlagen und auch innerstädtische Gärten. I. ricinus ist in praktisch allen europäischen Ländern anzutreffen – mit einer Ausbreitungstendenz nach Norden und in höhere Lagen. In Deutschland findet man diese Zeckenart bis in etwa 1.500 m Höhe.