Nach den Pandemiejahren, in denen die Leistungen der Fachärzt:innen für Laboratoriumsmedizin nicht nur von der Politik und der Bevölkerung in Deutschland, sondern auch von den Vertragspartnern im GKV- und im PKV-Bereich hochgelobt worden sind, ist jetzt wieder der honorarpolitische Alltag bei KBV und BÄK eingekehrt. So als hätte es die gewaltigen Bemühungen und Investitionen der Fachärzt:innen für Laboratoriumsmedizin und ihrer Praxisteams bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie nicht gegeben, werden die Laborkapitel in beiden Gebührenordnungen wieder benutzt, um in der GOÄ andere Haus- und Facharztgruppen besser zu vergüten beziehungsweise im EBM neue Leistungen durch Umschichtung im eigenen Kapitel kostenneutral gegenzufinanzieren.
Umsatzeinbrüche durch Reformen
Dies gilt zum einen für die sogenannte zweite Stufe der EBM-Laborreform, aber in noch viel stärkerem Maße für die geplante GOÄneu, die nach dem Willen der Bundesärztekammer möglichst zeitnah in Kraft treten soll. Beide Reformen – die mit erheblichen Umsatzeinbrüchen für die medizinischen Labore in Deutschland verbunden sind – werden zu einer Zeit auf den Weg gebracht, in der durch massive Preissteigerungen bei Geräten und Reagenzien, aber auch erheblichen Erhöhungen bei den Personalkosten die wirtschaftliche Situation der Laboratorien in Deutschland zunehmend schwieriger wird.
Die in der Vergangenheit häufig noch mögliche Fixkostendegression zur Abfederung dieser Verluste ist damit einer Fixkostenremanenz gewichen, die in der vorliegenden Form von den Laboratorien nicht mehr aufgefangen werden kann und zu einer Zerstörung der flächendeckenden, wohnortnahen Labormedizin in Deutschland führen wird.
Zweite Stufe der EBM-Reform
Bereits in Kraft gesetzt ist seit Anfang 2025 die zweite Stufe der EBM-Laborreform, mit der einige der zentralen Forderungen des BDL nach Anhebung des Laborarzthonorars und einer separaten Vergütung für die Infrastrukturleistung (Bereitstellung, Abnahmegefäße, Order Entry, Fahrdienst, EDV etc.) auf den Weg gebracht werden sollten. Nach jahrelangen Bemühungen des BDL, die durch die Pandemie allerdings deutlich verzögert wurden, sind zwar die Kernforderungen der Laborärzteschaft umgesetzt worden, aber leider nur unter der Vorgabe der Kostenneutralität. Da, wo eigentlich frisches Geld von den Kostenträgern erwartet wurde, ist jetzt auf das so häufig in der Vergangenheit im Laborkapitel angewandte Finanzierungsprinzip „rechte Tasche, linke Tasche“ wieder einmal zurückgegriffen worden. Damit ist zwar der Abrechungsmodus im Laborkapitel transparenter geworden, die wirtschaftliche Situation der Laborarztpraxen in Deutschland hat sich darunter aber wesentlich verschärft.
Spezialleistungen
Schon jetzt zeigt sich vor allen Dingen bei den eigentümerbetriebenen Speziallaboren ein deutlicher Umsatzrückgang, der sich im Laufe des Jahres noch weiter verschärfen wird. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass sich die ambulante Versorgung vor allen Dingen für Patient:innen mit schweren chronischen Erkrankungen deutlich verschlechtern wird, da die flächendeckende Versorgung mit Spezialleistungen nicht mehr möglich sein wird. Dazu kommen überproportionale Vergütungskürzungen bei den Leistungen, die gerade erst im EBM aufgenommen wurden, wie zum Beispiel die Multiplex-PCR, die insbesondere in der Kinderheilkunde einen großen diagnostischen Fortschritt gebracht hat.
Krankheitsprävention
Einen weiteren deutlichen Qualitätsverlust stellen auch die überproportional großen Abwertungen der Vergütung präventiver Leistungen im Laborkapitel dar. Obwohl gerade der GKV-Spitzenverband immer wieder die Prävention in den Mittelpunkt seiner gesundheitspolitischen Diskussion stellt, wurde auch hier die Axt angelegt, und die Vergütungen wurden mit über 20 % gekürzt.
GOÄ-Reform (GOÄneu)
Während die Neugestaltung des EBM nur wenige Jahre in Anspruch genommen hat, bevor die willkürlichen Kostenabsenkungen verkündet worden sind, laufen die Bemühungen zum Laborkapitel in der GOÄneu schon seit 2008. In Analogie zum EBM startet auch diese Reform mit einer anfänglich intensiven Zusammenarbeit mit dem BDL und der intensiven Nutzung laborärztlicher Expertise zur Neugestaltung der Legendierungen sowie der betriebswirtschaftlichen Neuberechnung der Vergütungsstruktur.
Auch die gemeinsame Verabschiedung der arzteigenen Bewertungsversion der GOÄ im Jahre 2021 erfolgte nach langen und intensiven Verhandlungen mit einem Verzicht auf Vergütung im Laborkapitel von 15 %. Auch diesem Kompromiss hat der BDL zugestimmt, um die Verabschiedung der Gesamt-GOÄneu ärztlicherseits nicht zu gefährden.
Ähnlich wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wurde der Berufsverband in der Endphase der Honorarverhandlungen aber nicht mehr beteiligt, sondern durfte lediglich am 11.09.2024 die Bekanntgabe einer rasenmäherartigen Absenkung von minus 29 % auf die bereits vereinbarte Vergütungsminderung in der arzteigenen GOÄneu von 2021 entgegennehmen.
Allen Beteiligten dürfte schon zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sein, dass ein solches Vergütungsniveau auch massive strukturelle Veränderungen in der Laborversorgung in Deutschland zur Folge haben wird. Durch den so erzeugten enormen Kostendruck wird sich nicht nur die Zahl der eigentümerbetriebenen Labore stark vermindern, sondern es wird auch zu massiven Schließungen von Standorten bei den Laborketten kommen. Damit wird das Ende der flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung der Patient:innen in Deutschland mit Laborleistungen endgültig eingeleitet. Übrig bleiben wird dadurch das weitere Vordringen von international betriebenen Investoren-MVZ, obwohl deren Existenz die Bundesärztekammer in zahlreichen Veröffentlichungen als eine unterschätzte Gefahr für das deutsche Gesundheitswesen erkannt und beschrieben hat.
Verbesserungsbedarf
Darüber hinaus sieht der BDL neben der desaströsen Vergütungsabsenkung auch im Paragrafenteil der GOÄneu weitere notwendige Verbesserungsmöglichkeiten:
- Streichung der Beziehbarkeit von laborärztlichen Leistungen MII in § 4,
- schärfere Fassung des Kriteriums der höchstpersönlichen ärztlichen Leistungserbringung,
- Rabattierungsverbot auf die robusten GOÄ-Einfachsätze künftig auch für
juristische Personen, - Abschaffung der Höchstwertregelung im Laborkapitel der GOÄneu und Einführung des Vieraugen-Prinzips bei der Durchführung von Laborleistungen
sowie - deutliche Präzisierung der Qualitätsstandards für Laborleistungen; dies geschieht am einfachsten, indem ein direkter Bezug zur Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung von laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen im Paragrafenteil hergestellt wird.
Fazit
Zusammenfassend ergibt sich leider für die Zukunft der ärztlich geprägten Laboratoriumsmedizin in Deutschland ein düsteres Bild. Dies bedeutet aber auch, dass der BDL seine Bemühungen verstärken und sich weiterhin für das gemeinsame Ziel einer ärztlich geprägten, angemessen vergüteten und qualitativ hochwertigen Labormedizin einsetzen wird. Denn damit könnte die deutsche Bevölkerung weiterhin flächendeckend und wohnortnah versorgt werden.
Ich möchte Sie auch im Namen des gesamten BDL-Vorstands bitten, mit uns auf dem DKLM gemeinsame Strategien zur Erreichung dieser Ziele zu entwickeln, um sie dann anschließend zum Wohle unserer Patient:innen umzusetzen.