Qualität ist mehr als Regelkonformität
Die labordiagnostische Versorgung in Deutschland gehört zu den am umfassendsten qualitätsgesicherten Bereichen der Medizin. Sie basiert auf einem mehrstufigen System aus gesetzlich normierten Vorgaben, ärztlicher Expertise und etablierten Standards. Ein zentrales Element ist die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili‑BÄK). Sie definiert verbindliche Anforderungen an Durchführung, Überwachung und Dokumentation. Doch Qualität endet nicht bei der Normerfüllung – sie ist untrennbar mit medizinischer Verantwortung verbunden. Ein Wort zur anhaltenden Diskussion um die Kaliumbestimmung (Rili‑BÄK, Tab. B1‑1): Die Richtlinie favorisiert Heparin‑Plasma bzw. Vollblut, weil Gerinnungsvorgänge im Serum Kalium freisetzen und Werte erhöhen können. Für eine flächendeckende, praxistaugliche Patientenversorgung – besonders in der ambulanten Regelversorgung mit heterogenen Transport‑ und Prozesszeiten – muss Serum als Alternativmaterial jedoch erhalten bleiben. Entscheidend ist eine beherrschte Präanalytik (zeitnahe Trennung, Hämolysevermeidung und Plausibilitätsprüfung), nicht das Ausschließen bewährter Wege. Der langwierige Abstimmungsprozess hat viel Energie gebunden; zugleich sind wir zuversichtlich, dass nach dem jüngsten Beschluss der Bundesärztekammer zur Verlängerung der Übergangsfrist bis Ende Mai 2028 nun die Weichen für eine sachorientierte und patientenbezogene Lösung gestellt sind.
Labormedizin ist fachärztliches Konditionalfach
Als fachärztliches Konditionalfach ist die Labormedizin in allen medizinischen Fachgebieten unverzichtbar: Sie liefert entscheidende Informationen für Diagnose, Therapieüberwachung und Medikamentenmonitoring. Qualitativ hochwertige Diagnostik beginnt mit der ärztlichen Indikationsstellung – unter Berücksichtigung aktueller Leitlinien, medizinischer Zusammenhänge und individueller Patientenmerkmale. Dazu gehören insbesondere:
- kompetente Anamnese (inkl. familiärer Risiken, zum Beispiel bei erblichen Fettstoffwechselstörungen),
- gezielte Indikationsstellung und Auswahl geeigneter Laboruntersuchungen,
- sachgerechte Probenentnahme und präanalytische Qualität,
- bewusste Methodenwahl unter Einbeziehung medizinisch‑epidemiologischer Daten,
- Kenntnisse zur IVDR‑konformen Bewertung der eingesetzten Diagnostika,
- Plausibilitätsprüfung und medizinische Interpretation der Ergebnisse im differenzialdiagnostischen Kontext.
Das Qualitätsmanagement im Labor wird durch weitere gesetzliche und normative Vorgaben flankiert – unter anderem Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), TRBA 250, Biostoffverordnung (BioStoffV), MT‑Berufe‑Gesetz (MTBG) und Medizinprodukte‑Betreiberverordnung (MPBetreibV). Sie schaffen ebenso die Rahmenbedingungen für eine hochwertige Versorgung im Alltag.
Klare politische Rückendeckung nötig
Die fachärztliche Labordiagnostik steht unter wachsendem Druck – ökonomisch, strukturell und politisch. Damit Qualität, Verlässlichkeit und Patientensicherheit auch künftig gewährleistet bleiben, braucht es eine entschlossene gesundheitspolitische Kurskorrektur. Der ALM e. V. formuliert dazu drei zentrale Erwartungen:
- Erhalt der Labormedizin als ärztliches Fachgebiet: Die medizinische Verantwortung muss dauerhaft bei Fachärztinnen und Fachärzten liegen – im Interesse der Patientensicherheit.
- Keine Aushöhlung des Arztvorbehalts: Die Verlagerung diagnostischer Leistungen an andere Heilberufe (z. B. in Apotheken) gefährdet eine differenzialdiagnostisch fundierte Versorgung.
- Verlässliche Rahmenbedingungen: Regulatorische Anforderungen müssen praktikabel und finanzierbar sein; Qualitätssicherung braucht ausreichende Ressourcen und eine angemessene Finanzierung.
Ein weiterer Aspekt: Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Berufsordnung, wonach medizinische Leistungen sachlich darzustellen sind. In der ärztlichen Labordiagnostik steht daher stets das Patientenwohl im Vordergrund; wirtschaftliche Motive treten dahinter zurück.
Qualitätssicherung in der Labormedizin ist ein stark regulierter und zugleich medizinisch verantwortungsvoller Prozess. Um die Versorgungssicherheit dauerhaft zu gewährleisten, braucht es nicht weniger ärztliche Verantwortung, sondern politische Rahmenbedingungen, die Qualität ermöglichen – statt sie zu erschweren.
Weitere Informationen, Livestream und Aufzeichnung: www.alm-ev.de/dklm