Bereits seit den 1930er-Jahren, also seit den Frühzeiten des Transfusionswesens, ist aus sporadischen Berichten bekannt, dass es innerhalb weniger Stunden nach der Gabe von Blutprodukten gelegentlich zu schweren pulmonalen Komplikationen mit akuter Atemnot und der Entwicklung eines Lungenödems kommen kann. Da Personen mit Linksherzbelastung ein erhöhtes Risiko aufwiesen, ging man zunächst von einer Kreislaufüberlastung als alleiniger Ursache aus [1].
TRALI und TACO
1951 kam eine nicht-kardiogene Ursache als Alternative ins Gespräch und wurde mit der Fachbezeichnung TRALI (transfusion-related acute lung injury) belegt. Der erste dokumentierte Fall war ein Leukämiepatient, der nach einer Bluttransfusion aufgrund einer hyperallergischen Immunreaktion verstarb. 1957 wurden hohe Titer von „Leukoagglutininen“ als mögliche Auslöser dieser Erkrankung gefunden, aber es dauerte noch bis in die 1980er-Jahre, ehe die beiden Hauptursachen von transfusionsbedingtem Lungenversagen klar voneinander unterschieden werden konnten: TRALI und TACO (transfusion-associated circulatory overload).
Damals fiel auf, dass sich Frauen wesentlich seltener mit HIV infizierten als Männer – typisch für die Prävalenz einer sexuell übertragbaren Krankheit. Also bevorzugte man Blut von Spenderinnen für die Transfusion, doch dies führte zu vermehrtem Auftreten von TRALI – wesentlich häufiger bei Gabe von Erythrozytenkonzentraten (EK) und v. a. Plasmapräparaten von Spenderinnen. Damit war der Grundstein für die Aufklärung einer schweren Erkrankung gelegt, die der Medizin allerdings bis heute Rätsel aufgibt.
Vorkommen
Die Inzidenz von TRALI in Deutschland wurde 2007 mit 1 : 55.000 angegeben [2] und die Letalität – abhängig von Alter und Grundkrankheit – ist mit bis zu 20 % hoch [1]. Nach Daten aus dem Hämovigilanz-Bericht des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI) ist die Inzidenz in Deutschland rückläufig: 2012 wurden 61 TRALI-Zwischenfälle gemeldet, 2015 nur noch 46. Im Hämovigilanz- Bericht von 2020 finden sich zwar erneut 61 gemeldete Verdachtsfälle, doch nach Überprüfung der Konstellationen durch das PEI konnten nur drei davon als echte TRALI-Fälle bestätigt werden – ohne einen einzigen Todesfall.
Definition und diagnostische Kriterien
Das European Haemovigilance Network (EHN) definierte TRALI als eine klinische Entität, bestehend aus akuter Atemnot während einer Transfusion (v. a. nach plasmahaltigen Blutprodukten) oder innerhalb von sechs Stunden danach, verbunden mit neu aufgetretenen bilateralen Lungeninfiltrationen bis hin zum generalisierten Lungenödem. In der Thoraxröntgenaufnahme findet sich kein Anhalt für eine Herzinsuffizienz infolge einer Volumenüberladung [3] (Abb. 1).