Checkpoint-Inhibitoren – neuer Standard der Erst- und Zweitlinientherapie bei Kopf-Hals-Karzinomen
In der Behandlung von fortgeschrittenen Kopf-Hals-Karzinomen gab es in den letzten Jahren einen Wandel. Die Effektivität von Immuncheckpoint-Inhibitoren in der Zweit- und später auch Erstlinientherapie von rezidivierten bzw. metastasierten Plattenepithel-Karzinomen der Kopf-Hals-Region (R/M HNSCC) wurde in den Studien CheckMate-141, KEYNOTE-040 und KEYNOTE-048 nachgewiesen. Seitdem wurde die Therapie mit den PD-1-Antikörpern Nivolumab und Pembrolizumab als Standardoption in der Erst- und Zweitlinie etabliert. Aktuell wird in klinischen Studien der Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren in der Primärtherapie fortgeschrittener Kopf-Hals-Tumoren im Rahmen neoadjuvanter, adjuvanter bzw. primärer radiochemotherapeutischer Konzepte geprüft.
Schlüsselwörter: Nivolumab, Pembrolizumab, Durvalumab, Cetuximab, Kopf-Hals-Karzinom, Checkpoint-Inhibitor
Checkpoint-Inhibitoren sind Antikörper, die Immunantwort-abschwächende Signalwege inhibieren, wodurch sie dem Immune Escape von Tumoren entgegenwirken. Bei Kopf-Hals-Karzinomen sind aktuell die PD-1-Inhibitoren Nivolumab und Pembrolizumab zugelassen, die an den PD-1(programmed cell death)-Rezeptor binden und damit die Interaktion mit seinen Liganden PD-L1 (programmed cell death ligand 1) und PD-L2 verhindern. Der PD-1-Rezeptor ist ein negativer Regulator der T-Zell-Aktivität und an der Kontrolle der T-Zell-Immunreaktion beteiligt. Durch Blockade der Interaktion von Rezeptor und Ligand verstärken PD-1-Inhibitoren die T-Zell-Reaktion gegen den Tumor. Basierend auf den Daten der klinischen Studien CheckMate-141 sowie KEYNOTE-040 und -048 wurden Nivolumab und Pembrolizumab von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA und der Europäischen Arzneimittelagentur EMA bei Kopf-Hals-Karzinomen zugelassen [1–3].
Die CheckMate-141-Studie war die erste randomisierte, kontrollierte Phase-III-Studie, die einen Überlebensvorteil durch Therapie mit einem Anti-PD-1-Antikörper (Nivolumab) gegenüber „Investigator's Choice“-Chemotherapie (Monotherapie mit Methotrexat, Docetaxel oder Cetuximab) bei R/M HNSCC nach vorheriger Platin-basierter Therapie zeigen konnte [1]. Das mediane Gesamtüberleben war im Patientenkollektiv, das z. T. mit mehreren Chemotherapien vorbehandelt war, unter einer Nivolumab-Monotherapie signifikant besser als unter der Vergleichstherapie (7,7 vs. 5,1 Monate) (Tab. 1).
Tab. 1 Abgeschlossene Phase-III-Studien mit bereits veröffentlichten Daten zu Checkpoint-Inhibitoren bei Kopf-Hals-Karzinomen. Quelle: Autoren.
Studie | Behandlung | Ansprechen | Medianes Gesamtüberleben in Monaten | Behandlungsbedingte Nebenwirkungen Grad 3–5
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CheckMate-141 [1, 4] | Nivolumab (N) vs. Investigators Choice (Methotrexat, Docetaxel, Cetuximab (C)) | 13 % (N) vs. 6 % | 7,7 (N) vs. 5,1 (C) | 13 % (N) vs. 35 % (C) |
KEYNOTE-040 [2] | Pembrolizumab (P) vs. Investigators Choice (Methotrexat, Docetaxel, Cetuximab (C)) | 15 % (P) vs. 10 % | 8,4 (P) vs. 6,9 (C) | 13 % (P) vs. 36 % (C) |
EAGLE [7] | Durvalumab (D) vs. Durvalumab und Tremelimumab (D + T) vs. Investigator's Choice Chemotherapie (C) | 18 % (D) vs. 18 % (D + T) vs. 17 % (C) | 7,6 (D) vs. 6,5 (D + T) vs. (8,3 (C | 10 % (D) vs. 16 % (D + T) vs. 24 % (C) |
KEYNOTE-048 [3] | Pembrolizumab (P) vs. Pembrolizumab, Cisplatin, 5-FU (P+C) vs. EXTREME (E) | |||
Vergleich P + C vs. E | CPS > 20: 43 % (P + C) vs. 38 % (E) CPS ≥ 1: 36 % (P + C) vs. 36 % (E) Gesamtpopulation: 36 % (P + C) vs. 36 % (E) | CPS > 20: 14,7 (P + C) vs. 11 (E) CPS ≥ 1: 13,6 (P + C) vs. 10,4 (E) Gesamtpopulation 13,0 (P + C) vs. 10,7 (E) | 71 % (P + C) vs. 69 % (E) | |
Vergleich P vs. E | CPS > 20: 23 % (P) vs. 36 % (E) CPS ≥ 1: 19 % (P) vs. 35 % (E) Gesamtpopulation: 17 % (P) vs. 36 % (E) | CPS > 20: 14,8 (P) vs. 10,7(E) CPS ≥ 1: 12,3 (P) vs. 10,3 (E) Gesamtpopulation 11,5 (P) vs. 10,7 (E) | 17 % (P) vs. 69 % (E) |
Die signifikant besseren Überlebensraten betrugen nach 12 Monaten 34 % gegenüber 19,7 % in der Chemotherapiegruppe und nach 18 Monaten 21,5 % versus 8,3 %. Auch Patienten mit einer PD-L1-Expression < 1 zeigten ein gering verbessertes Gesamtüberleben unter Nivolumab gegenüber Chemotherapie (6,5 vs. 5,5 Monate; HR 0,73; 95%-KI 0,49–1,09) [1, 4, 5]. Patienten im Nivolumab-Arm hatten zudem eine geringere Toxizität und eine bessere Lebensqualität, was 2017 zur Zulassung von Nivolumab als Monotherapie zur Behandlung des rezidivierten oder metastasierten Platten-epithelkarzinoms des Kopf-Hals-Bereichs bei Erwachsenen führte, die während oder nach einer Platin-basierten Therapie eine Progression erlitten haben.
Im Rahmen der aktuell noch rekrutierenden, nicht-interventionellen HANNA-Studie (NCT03114163), einer deutschlandweiten, prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie, konnten die guten Ergebnisse der CheckMate-141-Studie in einer Zwischenauswertung bestätigt werden. Das mediane Gesamtüberleben in einer Kohorte von 385 Patienten betrug 10 Monate (95%-KI 8,4–11,7 Monate).
Im Vergleich zu CheckMate-141 wurden entsprechend der Zulassung auch Patienten mit schlechterem ECOG-Performance-Status (ECOG-PS) > 1 (29,9 %), bestehenden Hirnmetastasen (2,8 %) und im Erstliniensetting (30,5 %) behandelt [6].
Pembrolizumab wurde auf Basis der KEYNOTE-040-Studie als Monotherapie zur Behandlung des rezidivierenden oder metastasierenden Plattenepithelkarzinoms der Kopf-Hals-Region mit PD-L1-exprimierenden Tumoren (tumor proportional score [TPS] ≥ 50 %) und einem Fortschreiten der Krebserkrankung während oder nach vorheriger Platin-basierter Therapie zugelassen [2]. In dieser Zulassungsstudie (KEYNOTE-040) wurden Patienten mit einem Progress oder Rezidiv 3–6 Monate nach vorangegangener Platin-haltiger Chemo- oder Radiochemotherapie mit Pembrolizumab oder Chemotherapie (Taxan, Methotrexat oder Cetuximab) behandelt.
Es zeigte sich im Gesamtkollektiv ein 1-Jahres-Überleben von 36,8 % im Pem-brolizumab-Arm versus 22,7 % im Chemotherapie-Arm. Für die Gruppe der Patienten mit TPS ≥ 50 % war das 1-Jahres-Überleben mit 46,6 % nach Pembrolizumab-Therapie versus 25,4% im Vergleichsarm noch besser [2] (Tab. 1).
Eine weitere Phase-III-Studie (EAGLE) untersuchte den Anti-PD-L1-Antikörper Durvalumab als Monotherapie und in Kombination mit dem Anti-CTLA-4-Antikörper Tremelimumab gegen Chemotherapie (Cetuximab, Docetaxel, Paclitaxel, Methotrexat, 5-Fluorurazil oder Capecitabin) bei Patienten mit R/M HNSCC nach Platin-basierter Therapie. Hierbei zeigte sich kein verbessertes Überleben in den Immuntherapie-Armen (s. Tab. 1) [7].
Seit der Zulassung von Nivolumab und Pembrolizumab gelten die beiden Antikörper als erstmaliger Standard in der Zweitlinientherapie beim R/M HNSCC, falls vorher keine Checkpoint-Inhibitoren appliziert wurden. Dies ist insofern bemerkenswert, da sich bislang die Zweitlinienbehandlung durch eine hohe Therapeuten-abhängige Variabilität auszeichnete und bislang nicht standardisiert war. Zur Analyse der Effektivität von Checkpoint-Inhibitoren im Vergleich zum geltenden Standard in der Erstlinientherapie, dem Protokoll EXTREME, wurden ebenfalls verschiedene klinische Studien aufgelegt (CheckMate-651 sowie KEYNOTE-048 und KESTREL). Die Daten der Studie KEYNOTE-048 wurden bereits veröffentlicht. In dieser Phase-III-Studie wurde Pembrolizumab in der Monotherapie und in Kombination mit Chemotherapie (Cisplatin, 5-FU) mit dem EXTREME-Protokoll (Cisplatin, 5-FU, Cetuximab) verglichen [3].
Die Pembrolizumab-Monotherapie verbesserte das Gesamtüberleben in den Populationen mit PD-L1 CPS (Combined Positive Score) ≥ 20 (HR 0,61; p = 0,0007) und CPS ≥ 1 (HR 0,78; p = 0,0086) signifikant versus EXTREME und zeigte darüber hinaus ein besseres Sicherheitsprofil. Im Gesamtkollektiv war die Pembrolizumab-Monotherapie nicht unterlegen (medianes Überleben 11,5 vs. 10,3 Monate, HR 0,83; Tab. 1). Hingegen verbesserte die Kombination aus Pembrolizumab und Chemotherapie (Platin, 5-Fluoruracil (5-FU)) im Gesamtkollektiv bei ähnlichem Nebenwirkungsprofil das Gesamtüberleben um 23 % gegenüber EXTREME [3].
Es erfolgte die Zulassung als Monotherapie oder in Kombination mit Platin- und 5-FU-Chemotherapie zur Erstlinienbehandlung des metastasierten oder nicht resezierbaren rezidivierenden Plattenepithelkarzinoms der Kopf-Hals-Region (R/M HNSCC) bei Erwachsenen mit PD-L1-exprimierenden Tumoren (CPS ≥ 1). In der KEYNOTE-048-Studie wiesen ca. 85 % der Patienten ein CPS ≥ 1 auf [3]. Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie stellen die Pembrolizumab-Monotherapie sowie Pembrolizumab in Kombination mit Chemotherapie (Platin, 5-FU) neue Standards in der Erstlinientherapie für PD-L1-positive Kopf-Hals-Tumoren (CPS ≥ 1) dar. Die Therapieauswahl sollte anhand individueller Patientenfaktoren, der Symptomlast, der Progression des Tumors sowie des Therapiedrucks erfolgen.
Am 5.2.2021 wurde per Pressemeldung bekannt gegeben, dass die Studie KESTREL, die eine Durvalumab-Monotherapie ebenso wie die Kombination von Durvalumab mit Tremelimumab gegen EXTREME bei Patienten mit R/M HNSCC testete, den primären Endpunkt (Verbesserung des Gesamtüberlebens im Vergleich zur Standardtherapie) nicht erreicht hat [8].
Nebenwirkungen
Aufgrund ihres Wirkmechanismus, des Aufhebens/Blockierens der Hemmung des eigenen Immunsystems, induzieren Checkpoint-Inhibitoren häufig auch eine Aktivierung von unerwünschten autoimmunen Nebenwirkungen, die jedes Organ betreffen können. Während ein Großteil dieser Nebenwirkungen leicht verläuft, müssen die seltenen schwerwiegenden Verläufe rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Die am häufigsten betroffenen Organe sind Haut (Exanthem), Darm (Kolitis), endokrine Organe (Thyreoiditis, Hypophysitis), Leber (Hepatitis) und Lunge (Pneumonitis) [1–3, 7].
Die Nebenwirkungen können auch Monate nach dem Absetzen der Medikamente auftreten, sodass auch langfristig ein besonderes Augenmerk auf auftretende Symptome zu richten ist. Zum Nebenwirkungsmanagement gibt es Handlungsempfehlungen [8].
Die Therapie der Nebenwirkungen richtet sich nach dem betroffenen Organsystem sowie dem Schweregrad. Während Nebenwirkungen der Stufe CTCAE Grad 1 in der Regel rein symptomatisch behandelt werden, ist ab Grad 2 in der Regel die Behandlung mit Glukokortikoiden sowie ggf. eine Unterbrechung der Therapie notwendig. Bei Nebenwirkungen ab Grad 3 wird ein Aufschieben bzw. Absetzen der Therapie notwendig und es muss zusätzlich eine Therapie mit hochdosierten Glukokortikoiden initiiert werden [9].
Biomarker
Trotz des bemerkenswerten Überlebensvorteils, der mit PD-1-Antikörpern in den Studien CheckMate-141 sowie KEYNOTE-040 und -48 erzielt wurde, hat die Mehrzahl der Patienten mit rezidivierender/metastasierender Erkrankung nicht von der Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren profitiert (Ansprechraten siehe Tab. 1) [1–3]. Nicht nur aufgrund möglicher Nebenwirkungen bei fehlendem Benefit, sondern auch wegen der Kosten der Checkpoint-Inhibitoren ist es unerlässlich, gute Prädiktoren für das Ansprechen zu identifizieren.
Bislang ist PD-L1 der am häufigsten verwendete Biomarker zur Optimierung der Patientenauswahl. Obwohl die Ansprechrate auf Checkpoint-Inhibitoren in verschiedenen Studien mit der PD-L1-Expression korreliert, können auch Tumoren ohne PD-L1-Expression auf Checkpoint-Inhibitoren ansprechen, während umgekehrt nicht alle Patienten mit vorhandener PD-L1-Expression des Tumors von PD-1/PD-L1-Antikörpern profitieren [10].
Darüber hinaus ist der Grad der intratumoralen Heterogenität der PD-L1-Expression hoch; deshalb ist die Schätzung des PD-L1 Expressionsstatus aus einer Biopsie möglicherweise nicht so zuverlässig wie die Schätzung der Gesamttumorlast durch Färbung mehrerer Objektträger zur Beurteilung des PD-L1-Expres-sionsstatus [11].
Aus diesen Gründen wird der Nachweis der PD-L1-Expression zukünftig allein nicht ausreichen, um die profitierende Patientenpopulation zu selektieren und den therapeutischen Nutzen der Checkpoint-Inhibition zu maximieren. Die Etablierung weiterer prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren wird von eminenter Bedeutung sein. Es ist inzwischen bekannt, dass das Darmmikrobiom das Ansprechen auf die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren moduliert; es konnten Bakterien identifiziert werden, die die Effektivität der Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren behindern [12]. Die genaue Analyse des Mikrobioms von Patienten, die auf Checkpoint-Inhibitoren ansprechen, könnte in Zukunft möglicherweise Aufschluss darüber geben, welche Patienten wahrscheinlich auf die Checkpoint-Inhibition ansprechen und auch darüber, wie die Modulation des Mikrobioms zu einer Verbesserung des Ansprechens der Tumorpatienten auf Checkpoint-Inhibitoren beitragen kann.
Ausblick: Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren in der Primärtherapie
Im Rahmen von Studien haben Checkpoint-Inhibitoren bereits Einzug in die Primärtherapie gehalten. Aktuell werden zahlreiche klinische Studien zur Therapie von Kopf-Hals-Karzinomen mit Checkpoint-Inhibitoren und anderen Immunonkologika durchgeführt. Erste Ergebnisse liegen vor und zeigen zum Teil vielversprechende Ergebnisse [13–15].
Checkpoint-Inhibitoren im neoadjuvanten Setting
Verschiedene weitere Checkpoint-Inhibitoren werden derzeit im neoadjuvanten Setting bei Kopf-Hals-Karzinomen evaluiert. Hypothetisch könnte die Induktionstherapie mit Checkpoint-Inhibitoren wirksamer sein als die adjuvante Immuntherapie, da bei vorhandenem Primärtumor mit größerer Tumormasse wahrscheinlich eine höhere Menge an Tumorantigenen vorhanden ist [16]. Im Mausmodell war die neoadjuvante Immuntherapie aufgrund einer von zytotoxischen T-Lymphozyten getragenen stärkeren systemischen Antitumor-T-Zell-antwort signifikant wirksamer als die adjuvante Immuntherapie [17]. Einige klinische Studien zur neoadjuvanten Immuntherapie bei Kopf-Hals-Karzinomen sollen im Folgenden vorgestellt werden.
In der CheckMate-358 Studie wurde die Sicherheit und Machbarkeit einer neoadjuvanten Nivolumab-Therapie bei Patienten mit resektablem Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle, des Rachens oder des Kehlkopfes (mindestens T1 und mindestens N1) untersucht. Die Patienten erhielten zwei Dosen Nivolumab 240 mg an den Tagen 1 und 15, gefolgt von kurativer Resektion am Tag 29 ± 7.
Bei 11 von 23 (48 %) auswertbaren Patienten wurde eine durch Nivolumab induzierte präoperative Tumorreduktion per Computertomographie beobachtet; bei 3 von ihnen kam es zu einer Tumorreduktion ≥ 40 % (größte Reduktion 75 %). Nivolumab wurde gut vertragen, behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse vom Grad 3 oder 4 traten bei vier Patienten auf (Lipaseerhöhung; Glossodynie). Die unerwünschten Ereignisse führten jedoch nicht zu Operationsverzögerungen [13].
Die vorläufigen Ergebnisse von 28 Patienten der IMCISION-Studie (NCT02641093), einer Phase-II-Studie mit neoadjuvanter Pembrolizumab-Gabe und adjuvanter Kombination aus Radiatio, Cisplatin- und Pembrolizumab-Therapie bei resezierbaren Kopf-Hals-Karzinomen, wurden auf der ASCO-Jahrestagung 2018 vorgestellt. Patienten mit einer klinischen Hochrisikokonstellation (T3/T4 und/oder ≥ 2 N+) erhielten 1–3 Wochen vor der chirurgischen Resektion eine Dosis Pembrolizumab (200 mg). Postoperativ erfolgte eine Radiotherapie (60–66 Gy), für Patienten mit pathologischen Hochrisikomerkmalen zusammen mit wöchentlich 40 mg/m2 Cisplatin, mit additiver Pembrolizumab-Gabe (q3w x 6 Dosen).
47 % der Patienten zeigten ein pathologisches Ansprechen von mehr als 10 %, 32 % ein Ansprechen von mehr als 70 %, und ein Patient hatte ein vollständiges pathologisches Ansprechen nach einer Dosis Pembrolizumab. Eine erhöhte Tumor-Infiltration von Immunzellen sagte dabei das Ansprechen voraus [14].
Uppaluri et al. präsentierten vorläufige Daten der ersten 21 rekrutierten Patienten der Phase-II-Studie NCT02296684 zur Untersuchung von neoadjuvantem plus postoperativem adjuvantem Pembrolizumab bei chirurgisch resezierbaren HPV-negativen Kopf-Hals-Karzinomen im Stadium III/IV. Die Patienten erhielten vor der Operation einmalig Pembrolizumab (200 mg i. v.), und diejenigen mit pathologischer Hochrisikokonstellation eine postoperative adjuvante Radiochemotherapie mit Cisplatin, gefolgt von Pembrolizumab. 43 % der Patienten zeigten ein pathologisches Ansprechen > 10 % auf die neoadjuvante Pembrolizumab-Gabe und 48 % der Patienten erreichten ein klinisch-pathologisches Down-Staging. Ein Behandlungseffekt von ≥ 70 % Reduktion der resezierten Tumor- oder Lymphknotengewebefläche trat bei 29 % der Patienten auf. Es konnte eine signifikante Korrelation zwischen der PD-L1-Expression auf Tumorzellen und dem Ansprechen des Tumors gezeigt werden. Es gab keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse oder unerwartete Verzögerungen bei der Operation; zudem traten bei den ersten zehn Patienten über ein Jahr nach der Operation weder lokoregionäre Rezidive noch Fernmetastasen auf [15].
Derzeit steht der Nachweis aus, dass sich das Gesamtüberleben von Patienten mit Kopf-Hals-Karzinomen, die eine Induktionstherapie mit Checkpoint-Inhibitoren erhalten, verbessert. Darüber hinaus ist unsicher, ob nach vorheriger Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren rezidivierende Tumoren weiterhin auf PD-1/PD-L1-Antikörper ansprechen.
Ein Vorteil der neoadjuvanten Therapie besteht jedoch in der Möglichkeit, den In-vivo-Effekt einer Blockade der PD-1/PD-L1-Achse auf die Mikroumgebung im Gewebe (Primärtumor/Lymphknotenmetastasen) und im Blut zu untersuchen sowie Informationen über potentielle prognostische und prädiktive Biomarker zu erhalten.
Kombination von primärer Radio-(Chemo-)Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren
Nachdem in einarmigen Phase-I/II-Studien gezeigt werden konnte, dass die Addition von PD-1-Inhibitoren zur Radio-(Chemo-)Therapie ohne relevante Zunahme der Toxizität durchführbar ist, sind erste Ergebnisse des Überlebens nach einer Kombination von Checkpoint-Inhibitoren mit primärer Radio-(Chemo-)Therapie weniger vielversprechend. Die JAVELIN-Head-and-Neck-100-Studie untersuchte in der Phase II bei 697 Patienten mit lokal fortgeschrittenen Kopf-Hals-Karzinomen die Addition des Anti-PD-L1-Antikörpers Avelumab zu einer primären Radiochemotherapie. Avelumab wurde für insgesamt 12 Monate appliziert und gegen Placebo untersucht. Der Kombinationsarm mit Avelumab war schlechter als die Standardtherapie mit Placebo. In der vorgestellten Zwischenanalyse zeigte sich ein besseres progressionsfreies Überleben in der Kontrollgruppe (Radiochemotherapie + Placebo; HR 1,21; 95%-KI 0,93–1,57; einseitiger p = 0,920). Die Ergebnisse bezüglich des Gesamtüberlebens gingen in ähnlicher Weise zugunsten von Placebo + Radiochemotherapie aus (HR 1,31; 95%-KI 0,93–1,85; 1-seitiger p = 0,937) [18].
Kombination von adjuvanter Radio-(Chemo-)Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren
Verschiedene Studien untersuchen aktuell die Kombination einer adjuvanten Radio-(Chemo-)Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren (z. B. NCT02775812, NCT03765918, NCT03576417). Beispiele hierfür sind auch die deutschen prospektiven randomisierten Studien ADRISK (NCT03480672) und NadiHN (EudraCT 2016-9004787-20), die eine zusätzliche Gabe von Pembrolizumab zu einer adjuvanten Platin-basierten Radiochemotherapie bei high-risk Kopf-Hals-Karzinomen (ADRISK) bzw. die Addition von Nivolumab zu einer adjuvanten Radiotherapie (NadiHN) untersuchen. Ergebnisse dieser derzeit rekrutierenden Stu-dien stehen noch aus.
Fazit
In den letzten Jahren konnte die Wirksamkeit von Checkpoint-Inhibitoren bei Kopf-Hals-Karzinomen belegt werden; die Zulassung für Nivolumab und Pembrolizumab im Rahmen der Erst- und Zweitlinientherapie ist erfolgt. In zahlreichen Studien werden aktuell der Einsatz zu einem früheren Therapiezeitpunkt sowie die Kombination mit anderen immunonkologischen Medikamenten untersucht.
In der Zukunft wird es entscheidend darauf ankommen, über geeignete prädiktive Marker diejenigen Subpopulation von Patienten zu definieren, die von einer Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren profitieren.
Summary
The treatment of advanced head and neck cancer has changed in recent years. The efficacy of immune checkpoint inhibitors in second- and first-line therapy of recurrent or metastatic head and neck squamous cell carcinoma (R/M HNSCC) has been demonstrated in the CheckMate-141, KEYNOTE-040, and KEYNOTE-048 trials. Since then, therapy with the PD-1 antibodies nivolumab and pembrolizumab has become the standard first- and second-line option. The use of checkpoint inhibitors in neoadjuvant, adjuvant, or primary radio-chemotherapeutic concepts for advanced head and neck tumors is currently under investigation.
Keywords: nivolumab, pembrolizumab, head and neck cancer, checkpoint inhibitor