Präzisionsmedizin bei urologischen Tumoren
Präzisionsmedizin ist darauf ausgerichtet, auf dem Boden einer molekularen Diagnostik für Patienten-Subgruppen die bestmögliche Therapie zum richtigen Zeitpunkt zu finden. Während eine moderne Präzisionsmedizin bei zahlreichen Tumorarten bereits routinemäßig zum Einsatz kommt [1], ist sie in der Uro-Onkologie Neuland. Doch das ändert sich gerade: Auch für uro-onkologische Patienten, speziell für Patienten mit Urothel- und Prostatakarzinom, erweitern molekulare Diagnostik und Präzisionsonkologie inzwischen das therapeutische Spektrum und ermöglichen maßgeschneiderte individuelle Therapieansätze. Patienten mit lokal fortgeschrittenem und/oder metastasiertem Urothelkarzinom und Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom sollten einer genomischen Testung zugeführt werden, um molekular basierte Therapieoptionen zu evaluieren. Next Generation Sequencing (NGS) ermöglicht in diesem Kontext raschere Diagnostik und bringt uns in der Praxis einen großen Schritt vorwärts. Auch wenn nur 15–20 % der Patienten aufgrund genomischer Veränderungen im Tumor oder in der Keimbahn eine neue zielgerichtete Therapie erhalten können, sollte die Chance genutzt werden.
Schlüsselwörter: Präzisionsmedizin, Urothelkarzinom, Prostatakarzinom, FGFR-Inhibitoren, PARP-Inhibitoren, NGS, Erdafitinib, Infigratinib, Pemigatinib, Rogaratinib, Futibatinib, Derazantinib, Olaparib, Niraparib, Rucaparib, Talazoparib
Eine molekular basierte Präzisionsmedizin ist nicht bei allen Tumorerkrankungen notwendig, um gute Therapie-ergebnisse zu erzielen. So gibt es etwa in der Uro-Onkologie Tumorentitäten, die sich mit einem „one regimen fits all”-Modell gut behandeln lassen. Das beste Beispiel für ein solches Konzept ist die Therapie von Keimzelltumoren, bei der mit dem PEB (Cisplatin, Etoposid, Bleomycin)-Chemotherapie-Regime, gefolgt von der Operation residueller Metastasen, in der guten Risikosituation eine Heilungsrate von über 90 % erreichbar ist.
Für eine erfolgreiche Behandlung des Urothel- und Prostatakarzinoms sind allerdings komplexere Ansätze nötig. Bei diesen Entitäten liefert die Präzisions-onkologie, die prädiktive und prognos-tische Marker in die Therapieentscheidung integriert, seit Kurzem neue Möglichkeiten zur Individualisierung der Therapie, wie dieser Beitrag am Beispiel des Einsatzes von FGFR-Inhibitoren beim metastasierten Urothelkarzinom und von PARP-Inhibitoren beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom beschreibt.
Fortgeschrittenes, metastasiertes Urothelkarzinom
Die Standard-Erstlinientherapie des metastasierten Urothelkarzinoms (mUC) ist nach wie vor die platinhaltige Chemotherapie. Die Kombination von Standard-Chemotherapie mit dem Checkpoint-Inhibitor (CPI) Atezolizumab [2] hat in der IMvigor130-Studie zwar einen signifikanten Vorteil im progressionsfreien Überleben (PFS) gezeigt, die Daten für das Gesamtüberleben (OS) sind jedoch noch abzuwarten. Das Konzept von Platinhaltiger Chemotherapie gefolgt von Erhaltungstherapie mit dem CPI Avelumab hat in der JAVELIN-Bladder-100- Studie einen signifikanten Überlebensvorteil gezeigt [3] und wird ein neuer Therapiestandard werden. Für Patienten, die für Cisplatin nicht geeignet sind, kam es darüber hinaus zur Zulassung von Atezolizumab und Pembrolizumab, wenn ein positiver PD-L1(programmed death ligand 1)-Status vorliegt. Diese letztgenannten Therapieoptionen basieren auf einem niedrigeren Evidenzgrad, da dazu keine kontrollierten Studien-daten vorliegen [4].
In der zweiten Behandlungslinie ist die Immuntherapie mit CPI der Standard für alle Platin-vorbehandelten Patienten, unabhängig von PD-L1-Status oder anderen Biomarkern. Dennoch dürfen diese innovativen Therapieoptionen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Urothelkarzinom zwar durch Chemotherapie und CPI kontrollierbar ist, die Gesamt-PFS- und OS-Daten für die Erst- und Zweitlinientherapien jedoch nach wie vor unbefriedigend sind. Nur 5–10 % der Patienten mit Metastasen sind 2 Jahre nach der Diagnose noch am Leben [5]. Das Gesamtüberleben beträgt im Median etwa 14–15 Monate und ist abhängig von prognostischen Faktoren [2].
Urothelkarzinome weisen nicht nur eine hohe Mutationslast, sondern auch eine hohe genomische Diversität auf, was sie grundsätzlich für zielgerichtete Therapien als geeignet erscheinen lässt. Mutationen, die der Ausgangspunkt für einen potentiellen klinisch-therapeutisch zielgerichteten Ansatz sein können, wurden in etwa 60 % der Tumoren detektiert [6, 7], was auf einen hochgradigen Einfluss von kanzerogenen Umweltfaktoren hinweist – insbesondere des Zigarettenund Mitrauchens. Die „Driver-Funktion“ vieler Mutationen ist aber noch unklar.
Dies gilt nicht für FGFR(fibroblast growth factor receptor)-Mutationen, deren Bedeutung für das Urothelkarzinom schon seit geraumer Zeit bekannt sind. FGFR-Mutationen, die mit einer konstitutiven Aktivierung der FGFR-Tyrosinkinase einhergehen, finden sich besonders häufig bei urothelialen Karzinomen [8]. FGFR-Gene sind in 20–60 % der urothelialen Karzinome mutiert; dabei kommt insbesondere FGFR3-Mutationen, die sich bei 15 % der Patienten in der metastasierten Situation finden, eine besondere Bedeutung in der Entwicklung des UC zu einem invasiven und aggressiven Tumor zu [8]. Außerdem ist FGFR3 am Tumorwachstum beim fortgeschrittenen Karzinom beteiligt. Derzeit sind mehrere FGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (FGFR-TKI) in klinischer Entwicklung beim UC, etwa Erdafitinib, Infigratinib, Pemigatinib, Rogaratinib, Futibatinib und Derazantinib (Tab. 1).
Tab. 1 Entwicklung verschiedener FGFR-Inhibitoren beim Urothelkarzinom. Mod. nach [9].
Erdafitinib ist der erste FGFR-Inhibitor, der in den USA bereits eine beschleunigte Zulassung beim UC erhalten hat [9]. Es handelt sich um einen Pan-FGFR-Inhibitor, der bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem UC eingesetzt werden kann, die Fusionen in den FGFR2- oder FGFR3-Genen oder aktivierenden Mutationen im FGFR3-Gen aufweisen und nach Platin-Vorbehandlung einen Progress erlitten haben [10]. Die US-Zulassung basiert auf den Daten der BLC2001-Studie: In dieser einarmigen Phase-II-Studie waren 99 Patienten eingeschlossen, die unter der Behandlung eine 40%ige objektive Ansprechrate (ORR) sowie ein medianes PFS von 5,5 Monaten und ein medianes OS von 13,8 Monaten erreichten [11]. Interessanterweise gab es einen Unterschied im Ansprechen, je nachdem ob es sich um eine FGFR-Mutation (ORR 49 %) oder eine FGFR-Fusion (ORR 16 %) handelte.
In einer indirekten retrospektiven Analyse, präsentiert beim ESMO-Kongress 2019, wurden gepaarte Patienten unter CPI oder Zweitlinien-Chemotherapie (Patienten aus insgesamt 9 Studien, die wiederum einem systematischen Review mit 6 verschiedenen Zweitlinientherapien entstammten) mit FGFR-selektierten Patienten verglichen, die eine Behandlung mit Erdafitinib erhalten hatten [12]. Die Wahrscheinlichkeit der FGFR-selektierten Patienten, auf Erdafitinib anzusprechen, war in dieser Analyse signifikant höher als das Ansprechen unselektionierter Patienten auf eine Chemotherapie und insbesondere auf eine Immuntherapie.
Mit Spannung werden die Ergebnisse einer kontrollierten Phase-III-Studie THOR (NCT03390504) erwartet, die Erdafitinib im Vergleich zu CPI oder Chemotherapie evaluiert.
Ein nicht unwichtiger Punkt ist das Sicherheitsprofil von Erdafitinib. 16 % (16/101) der Patienten, die 8 mg/Tag Erdafitinib erhielten, hatten ein therapiebedingtes unerwünschtes Ereignis, das in einem Therapieabbruch resultierte.
Neben Nagelveränderungen, Hand-Fuß-Haut-Toxizität und Retinopathia centralis serosa ist Hyperphosphatämie eine typische Nebenwirkung, die mit dem Ansprechen korreliert. In der BLC2001-Studie wurden Patienten mit niedrig-normalen Phosphatspiegeln (< 5,5 mg/dl als pharmakodynamischer Marker) von 8 mg auf 9 mg Erdafitinib hochtitriert. Patienten mit Hyperphosphatämie und solche, die hochtitriert werden konnten, zeigten eine höhere Ansprechrate als Patienten, bei denen dies nicht zutraf (43,1 % vs. 34,6 %) [12]. Das maximale Ansprechen von 48,8 % wurde mit 9 mg Erdafitinib pro Tag erreicht. Die Dauer des Ansprechens betrug im Median 6 Monate, das 12- und 24-Monats-OS lag bei 49 % bzw. 31 %. [12].
Fazit: Präzisionsonkologie beim Urothelkarzinom ermöglicht wichtige zusätzliche Therapieoptionen. Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom sollten auf FGFR-Alterationen (Mutationen, Fusionen) getestet werden. Der FGFR-Inhibitor Erdafitinib erreicht bei vorbehandelten Patienten mit UC und FGFR2/3-Alterationen ein objektives Tumoransprechen von 40 %. Erdafitinib ist derzeit ebenso wie weitere FGFR-Inhibitoren, die in der klinischen Entwicklung sind, in der EU noch nicht zugelassen.
Metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom
Unser Wissen über die genetische Konstitution des Prostatakarzinoms ist in den letzten Jahren exponentiell gewachsen. Wir können davon ausgehen, dass – je nach Datenquelle – über 30 % der metastasierten Prostatakarzinome mindestens eine genetische Aberration aufweisen, die bei anderen Tumorentitäten prädiktiv für das Ansprechen einer zielgerichteten Therapie sind [13]. Nach dem antihormonellen und zytotoxischen Standbein gewinnt nun also die zielgerichtete Strategie im Sinne einer Präzisionsmedizin an Bedeutung.
Wenn es um präzisionsonkologische Ansätze beim Prostatakarzinom geht, spielen Gene, die an DNA-Reparaturprozessen beteiligt sind, eine überragende Rolle. Angeborene oder erworbene Mutationen in DDR(DNA-damage repair)-Genen finden sich bei metastasierten Prostatakarzinomen in 7–12 % der Fälle in der Keimbahn [13] und in 19 % der Fälle im Tumorgewebe (somatische Mutationen) [14]. Die wichtigsten und am häufigsten mutierten DDR-Gene beim Prostatakarzinom (PCA) sind BRCA2, BRCA1, CDK12, ATM, FANCD2, PALB2 und RAD51C [15].
Alterationen in diesen Genen führen zu einer genomischen Instabilität, zur Stimulation der Tumorentwicklung und zur Ausbildung besonders aggressiver Tumoren. Sie ermöglichen auf der anderen Seite aber auch einen therapeutischen Ansatz, da Tumoren, die DNA-Doppelstrangbrüche nicht reparieren können, eine hohe Empfindlichkeit gegenüber PARP(Poly(ADP-Ribose)-Polymerase)-Inhibitoren aufweisen. Diesem Phänomen folgend hat nun auch die Präzisionsonkologie beim Prostatakarzinom Einzug gehalten.
Vor Kurzem wurden die PARP-Inhibitoren Olaparib und Rucaparib [16] in den USA für das Prostatakarzinom zugelassen. Olaparib wurde im November 2020 darüber hinaus auch in der EU für das metastasierte kastrationsresistente Prostatakarzinom zugelassen – vorausgesetzt, die Erkrankung schreitet fort, die Patienten haben zuvor zumindest eine der neuen Antihormontherapien (ARTA) mit Abirateron oder Enzalutamid erhalten und es liegt eine nachgewiesene BRCA1- oder BRCA2-Mutation vor. Vielversprechende Daten liegen auch für Niraparib und Talazoparib [17] vor. PARP-Inhibitoren werden als Monotherapie und in Kombinationen in zahlreichen Studien untersucht (Tab. 2).
Tab. 2 Aktuelle Studien mit PARP-Inhibitoren beim metastasierten Prostatakarzinom
Die Zulassung von Olaparib beruht auf den Daten der Phase-III-Studie PROfound, der ersten positiven Biomarker-selektierten Phase-III-Studie beim Prostatakarzinom. Darin erhielten 387 Patienten 2:1-randomisiert entweder eine Therapie mit Olaparib oder mit einem ARTA, also Enzalutamid oder Abirateron/Prednisolon, nach Wahl des behandelnden Arztes. Eingeschlossen wurden Patienten, die mit einem ARTA und zu einem großen Teil auch mit Docetaxel vorbehandelt waren. Der primäre Stu-dienendpunkt war das radiologische progressionsfreie Überleben (rPFS) in der Kohorte A (Patienten mit BRCA1/2- oder ATM-Alterationen).
Die Subgruppenanalyse der Studie belegte, dass Olaparib bei Männern mit BRCA1/2-positivem metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod um 78 % reduzieren konnte (HR 0,22; 95-%-KI 0,15–0,32; nominaler p < 0,0001) [18]. Olaparib verlängerte das rPFS im Median auf 9,8 Monate gegenüber 3,0 Monaten bei erneuter Gabe von Enzalutamid oder Abirateron. Der PARP-Inhibitor reduzierte das Sterberisiko um 37 % (HR 0,63; 95-%-KI 0,42–0,95), mit einem medianen OS von 20,1 Monaten gegenüber 14,4 Monaten bei erneuter Gabe von Enzalutamid oder Abirateron [18, 19].
Wichtige Punkte für die Praxis sind die Auswahl der Patienten und die Art der Mutationssuche auf Basis der molekularen Testung. In der PROfound-Studie mussten 4.400 Männer voruntersucht werden, um 387 passende Patienten zu finden. Fehlendes Tumorgewebe bzw. mangelhafte Qualität desselben machen oft eine genomische Untersuchung a priori nicht möglich. Bisher liegen ausreichend reproduzierbare Daten für NGS aus Tumorgewebe vor, jedoch (noch) nicht aus Blutproben (ctDNA).
Fazit: Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom sollten einer genomischen Testung zugeführt werden, um die Option der Therapie mit einem PARP-Inhibitor zu evaluieren. Mit der ersten Zulassung eines PARP-Inhibitors für das metastasierte kastrationsresistente Prostatakarzinom mit BRCA1/2-Mutation wird das Therapiespektrum für diese Patientengruppe erweitert.
Welche molekulare Diagnostik ist die richtige?
Die Frage, welche Diagnostik bei welchem Patienten sinnvoll ist, hängt ab von der Tumorart, der bisherigen Vorbehandlung und damit der Wahrscheinlichkeit, bestimmte therapeutisch nutzbare Alterationen zu finden, der verfügbaren Methodik in der Molekularpathologie sowie der klinischen Dringlichkeit. Daher empfiehlt es sich, neben der Interpretation von Befunden auch bereits die Art der Diagnostik im molekularen Tumorboard festzulegen.
Kleine diagnostische Panels mit bis ca. 40 Genen sind schnell durchführbar, nicht zu kostspielig und in der bioinformatischen Analyse leicht zu überschauen. Diese Panels sind dazu geeignet, die bekannten genomischen Aberrationen abzubilden, inklusive der Alterationen für einen größeren Teil der zielgerichteten Therapeutika. Seltenere Transkripte und Genfusionsprodukte lassen sich hierbei nicht detektieren. Genfusionen sind am besten auf RNA-Ebene nachweisbar, da eine Analyse auf DNA-Ebene aufgrund unscharfer Bruchpunkte der Fusionspartner aufwendig ist.
Neuerdings gibt es große Gen-Panels mit bis zu 500 Genen bzw. Genabschnitten, die ein erweitertes Profiling erlauben. Sie sind hinsichtlich der Bioinformatik komplexer, jedoch mit verbreiteten Algorithmen in der Routine einsetzbar. Diese Sequenzierungspanels haben den Vorteil, dass auch seltenere Aberrationen und größere Abschnitte von Genen, bei denen die Mutationen an unterschiedlichsten Stellen liegen können, abgedeckt sind.
Im Forschungskontext ist die Sequenzierung des gesamten Exoms oder des gesamten Genoms unter diagnostischen Laborkriterien etabliert; die Auswertung der Befunde mit bioinformatorischen Algorithmen ist jedoch noch nicht soweit standardisiert, dass diese Analysen außerhalb dedizierter akademischer Zentren sinnvoll eingesetzt werden könnten. Ebenfalls bedeutsam ist es, Alterationen, soweit möglich, auch auf Proteinebene nachzuweisen, idealerweise durch immunhistochemische Verfahren. Dies gelingt aber nur in einem Teil der Fälle, da viele der benötigten Antikörper für die Routinediagnostik nicht verfügbar sind.
Breite Diagnostik klinisch und wirtschaftlich sinnvoll
Zur weiteren Therapieplanung bei kastrationsrefraktären metastasierten Prostatakarzinomen ist eine molekulare Analyse des Tumors zur Klärung des BRCA1- und BRCA2-Genmutations-Status notwendig, um die Indikation für die Anwendung des PARP-Inhibitors Olaparib zu prüfen. Weiterhin wird die Analyse zusätzlicher DNA-Reparaturgene (ATM, BRIP1, BARD1, CDK12, CHEK1, CHEK2, FANCL, PALB2, PPP2R2A, RAD51B, RAD51C, RAD51D und RAD54L) für den Einsatz von PARP-Inhibitoren sowie der Nachweis von Mikrosatelliten-Instabilität (MSI-H) oder Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR) für den Einsatz von CPI empfohlen [17, 19].
Technisch, klinisch und wirtschaftlich gesehen ist es sinnvoll, diese Untersuchungen alle gemeinsam mittels einer Next-Generation-Sequenzierung (NGS) durchzuführen. Bereits die Gene BRCA1 und BRCA2 erfordern eine so umfangreiche Analyse, dass diese mit einfachen klassischen Methoden (z. B. Sanger-Sequenzierung) nicht zu bewältigen sind. Bei der NGS-Technologie ist im Vergleich dazu die zusätzliche Analyse weiterer Gene technisch problemlos möglich; der Mehraufwand liegt vor allem in der komplexeren Auswertung.
Wirtschaftlich orientiert sich die Abrechnung solcher Multi-Gen-Analysen gemäß den Empfehlungen des Bundesverbandes Deutscher Pathologen an den Regelungen des EBM-Leistungskataloges (Kapitel 19.4) inklusive den dort verankerten Deckelungen. Bei der gemeinsamen Durchführung werden dadurch nur die ersten Gene (bis zur Deckelung) abgerechnet, die weiteren Gene verursachen keine darüber hinausgehenden Kosten.
Bei der alternativ zu diskutierenden Analyse in mehreren Schritten (zunächst bez. PARP-Inhibitoren, später bez. CPI etc.) würde jede Analyse unabhängig durchgeführt und abgerechnet – mit letztendlich deutlich höherem technischem Aufwand und in Summe höheren Einzelrechnungen. Weiterhin ist das in der Regel nur als Biopsie vorhandene Gewebe nach der ersten Analyse oftmals bereits aufgebraucht. Für eine weitergehende Diagnostik wäre dann eine neue Probenentnahme notwendig, die in der Regel unter stationären Bedingungen erfolgt und mit einem erhöhten Nebenwirkungsrisiko für die Patienten assoziiert ist.
Summary
While modern precision medicine, which uses molecular diagnostics for patient subgroups to find the best possi-ble therapy at the right time, is already routinely used for numerous tumor types [1], it is new territory in uro-oncology. But that is currently changing: For uro-oncological patients, especially for patients with urothelial and prostate cancer, molecular diagnostics and precision oncology are now expanding the therapeutic spectrum and enabling customized, individual therapeutic approaches. Patients with locally advanced urothelial carcinoma and patients with metastatic castra-tion-resistant prostate carcinoma should undergo genomic testing in order to evaluate molecular-based treatment options. In this context, next generation sequencing enables a big step forward in the direction of individualized precision oncology. Even if only 15–20 % of patients can receive a new targeted therapy due to genomic changes in the tumor or germ-line, the opportunity should be seized.
Keywords: precision medicine, urothelial carcinoma, prostate carcinoma, FGFR inhibitors, PARP inhibitors, NGS