Mammakarzinom: Welche Marker bestimmen die systemische Therapie?
Anspruch einer personalisierten Tumortherapie ist, sich bei der Wahl der Behandlung an den molekularen Eigenschaften eines Tumors zu orientieren, um ihn dann möglichst maßgeschneidert zu behandeln – sei es mit zielgerichteten Medikamenten, der passenden Chemotherapie-Strategie oder einer Immuntherapie. Dieser Ansatz erfordert molekulare Tests, um prädiktive und teils auch prognostische Biomarker als Basis für die Therapieentscheidung zu ermitteln. In den letzten Jahren erweiterten sich das Repertoire der Biomarker und das Wissen um ihre Aussagekraft kontinuierlich. Im folgenden Text sind gängige und aus klinischer Sicht sinnvolle Teststrategien zur Bestimmung prädiktiver und prognostischer Marker bei Patientinnen mit Mammakarzinom sowie einige hoffnungsvolle Angriffspunkte der Zukunft zusammengefasst.
Schlüsselwörter: HR-positives Mammakarzinom, HER2-positives Mammakarzinom, triple-negatives Mammakarzinom, prognostischer Marker, prädiktiver Marker, Trastuzuzmab, Pertuzumab, T-DM1, Lapatinib, Neratinib, Trastuzumab Deruxtecan, Tucatinib, Atezolizumab, Pembrolizumab, Olaparib, Talazoparib, Alpelisib, Entrectinib, Larotrectinib
Gerade in der Therapie des Mammakarzinoms werden die Patientinnen schon lange in verschiedene Subtypen eingeteilt, die Einfluss auf Systemtherapie und Prognose haben. Die Behandlung erfolgt Subtyp-spezifisch, wenn möglich unter Einbezug zielgerichteter Therapien bzw. molekular getriebener Strategien. Am offensichtlichsten und am längsten eta-bliert ist dieses Prinzip bei der endokrinen Therapie des Hormonrezeptor(HR)-positiven Mammakarzinoms, die auf dem Nachweis der Hormonrezeptor-Expression im Tumorgewebe beruht. Die endokrine Sensitivität wird durch die Bestimmung der Östrogen- und Progesteron-rezeptoren mittels Immunhistochemie festgelegt und bestimmt entscheidend die Wahl der systemischen Therapie [1, 2].
Ebenso entscheidend für die Bestimmung des Subtyps und der daraus resultierenden Behandlung ist der Nachweis des epidermalen Wachstumsfaktors 2 (HER2) durch Immunhistochemie (IHC) und In-situ-Hybridisierung (ISH) [2]. Die systemische Therapie erfolgt dann unter Einbezug einer Anti-HER2-Therapie, für die derzeit Antikörper, Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) und Antikörper-Drug-Konjugate (ADC) zur Verfügung stehen. Durch Einbezug der zielgerichteten Therapien ab dem Zeitpunkt der Diagnose wurden aus den besonders aggressiven HER2-positiven Tumoren mit vormals ausgewiesen schlechter Prognose gut therapierbare Erkrankungen.
Bereits in der adjuvanten Situation wird für die meisten Patientinnen eine duale HER2-Blockade mit den beiden Antikörpern Trastuzumab und Pertuzumab empfohlen. Ein Jahr nach Abschluss der Trastuzumab-basierten adjuvanten Therapie können Patientinnen mit HER2- und HR-positivem Mammakarzinom und erhöhtem Risiko eine erweiterte adjuvante Therapie mit dem irreversiblen pan-HER-TKI Neratinib erhalten. Wurde nach neoadjuvanter HER2-gerichteter Therapie keine pathologische Komplettremission erzielt, kann das ADC Trastuzumab-Emtansin eingesetzt werden. Außerdem sind in den USA bereits für das ADC Trastuzumab-Deruxtecan und den hochselektiven HER2-TKI Tucatinib FDA-Zulassungen für das fortgeschrittene HER2-positive Mammakarzinom erfolgt.
Marker zur Prognoseabschätzung
Der Ki-67-Status wird einerseits ergänzend zu HR- und HER2-Status zur Bestimmung des molekularen Typs verwendet und andererseits als Proliferationsmarker zur Abschätzung der Prognose herangezogen.
Die Hinzunahme von Ki-67 zu den konventionellen Prognosefaktoren verbessert die Prognoseabschätzung bei Frauen mit HR-positivem und HER2-negativem Mammakarzinom für die Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie. Bei einer Ki-67-Positivität ≥ 25 % kann von einem erhöhten Risiko ausgegangen werden [3].
Die AGO-Kommission Mamma empfiehlt zur Prognoseabschätzung außerdem die Verwendung des uPA/PAI-1-ELISA-Tests (Femtelle®) beim frühen nodalnegativen Mammakarzinom mit einer „+“-Empfehlung, um Informationen über das Ansprechverhalten auf eine Chemotherapie zu gewinnen [4].
Die S3-Leiltinie 2020 dagegen spricht sich gegen eine erneute Empfehlung aus und stellt uPA/PAI-1 als unabhängigen prognostischen Parameter infrage. Zudem scheint der prognostische Wert für die einzelnen Mammakarzinom-Subtypen unterschiedlich zu sein [3].
Außerdem stehen für Frauen mit frühem HR-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom verschiedene Multigentests (Genexpressionsanalysen) zur Prognoseabschätzung zur Verfügung. Die Testverfahren sollen v. a. Patientinnen mit niedrigem Rückfallrisiko identifizieren, bei denen eine adjuvante Chemotherapie unterbleiben kann, um Übertherapien zu vermeiden.
Die AGO-Kommission Mamma empfiehlt die Anwendung der Assays MammaPrint, OncotypeDX, EndoPredict und Prosigna mit einer „+“-Empfehlung bei ausgewählten Patientinnen, wenn alle anderen Kriterien keine Therapieentscheidung zulassen [4].
Die S3-Leitlinie weist zusätzlich darauf hin, dass ein methodisch standardisierter und klinisch validierter Multigentest nur bei Patientinnen ohne befallene Lymphknoten zur Anwendung kommen soll, und dass außerdem noch weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich des Nutzens der Multigen-Assays besteht. Es sollte nur ein einziger Test herangezogen werden [3].
Über die auch den Mammakarzinom-Subtyp bestimmende Charakterisierung des Tumors mittels Hormonrezeptor- und HER2-Status sowie Proliferationsmarkern hinaus hat die verbesserte molekularbiologische Charakterisierung des Mammakarzinoms in den letzten Jahren einerseits zu neuen Angriffspunkten für gezielte Therapien geführt, andererseits aber auch Patientinnen identifiziert, die aufgrund einer erhöhten Immunogenität besonders aussichtsreiche Kandidatinnen für eine Immun-therapie mit Checkpoint-Inhibitoren darstellen (Tab. 1).
Tab. 1 Aktuelle Empfehlungen der AGO-Kommission Mamma zur Mutationsdiagnostik beim metastasierten Mammakarzinom. Mod. nach [4].
Alteriertes Gen | Therapierelevanz | Genregion | Ausgangsmaterial | Oxford | AGO | |
---|---|---|---|---|---|---|
LOE | GR | |||||
BRCA1, BRCA2 | PARP-Inhibitor | alle Exons | Keimbahn: Blutzellen | 1b | A | ++ |
Somatisch: Gewebe | 2b | B | +/- | |||
PIK3CA | Alpelisib | Exon 7, 9 und 20 | Primärtumor, Metastasen, Plasma | 1b | A | + |
HER2-Mutation (unabh. vom HER2-Status) | Neratinib, Lapatinib | Kinase- und extrazelluläre Domänen; S310, L755, V777, Y772_A775dup | Metastasen, Plasma | 4 | C | +/- |
ESR1 | Resistenz gegenüber Aromataseinhibitoren | Exon 4, 7 und 8 | Metastasen, Plasma | 2b | B | +/- |
NTRK-Genfusion | Larotrectinib, Entrectinib | Fusion- und Spleißvarianten | Tumorgewebe, insbesondere Sekretor, Mammakarzinom | 2a | B | + |
MSI | Pembrolizumab | Mikrosatelliten-Instabilität | Gewebe | 2a | B | + |
Immuntherapie beim triple-negativen Mammakarzinom
So werden beim triple-negativen Mammakarzinom (TNBC) besonders viele somatische Mutationen und Neo-antigene und damit die höchste Gesamtmutationslast unter den Mammakarzinom-Subtypen nachgewiesen [5]. Verschiedene Arbeiten haben den prognostischen und prädiktiven Einfluss von tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TiLs) beim TNBC gezeigt [6, 7].
Einen Therapiestandard für Patientinnen mit fortgeschrittenem TNBC und PD-L1-Expression auf tumorinfiltrierenden Immunzellen hat die IMpassion130-Studie mit der Erstlinientherapie mit Atezolizumab und nab-Paclitaxel begründet [8]. Gegenüber einer alleinigen Therapie mit nab-Paclitaxel wurden das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) bei diesen Patientinnen von 5 Monate auf 7,5 Monate (HR 0,62; p < 0,001) und das mediane Gesamtüberleben (OS) von 15,5 Monate auf 25 Monate (HR 0,62) verbessert. Auch eine zweite Analyse des OS bestätigte den Überlebensvorteil durch den zusätzlichen PD-L1-Inhibitor bei den Frauen mit fortgeschrittenem TNBC und PD-L1-positiven Immunzellen [9].
Beim frühen TNBC wurde in der Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie IMpassion031 durch eine neoadjuvante Therapie mit Atezolizumab plus Chemotherapie allerdings eine PD-L1-Status-unabhängige Verbesserung der Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR) beobachtet [10]. Das PD-L1-negative Kollektiv der Studie sprach weniger gut auf eine Chemotherapie an.
Auch mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab in Kombination mit Chemotherapie wurde in der Phase-III-Studie KEYNOTE-355 beim metastasierten, PD-L1-positiven TNBC eine Verbesserung des medianen PFS von 5,6 auf 9,7 Monate gegenüber alleiniger Chemotherapie bei Patientinnen mit einem Combined Positive Score (CPS) ≥ 10 gesehen (HR 0,65; p = 0,0012) [11].
Die PD-L1-IC-Positivität (≥ 1 %, bestimmt auf Immunzellen) beim metastasierten TNBC wird von der AGO-Kommission Mamma als prädiktiver Faktor für eine Therapie mit Atezolizumab (kombiniert mit nab-Paclitaxel) mit „+“- Empfehlung bewertet und die Bestimmung des PD-L1-IC-Status im Tumorgewebe mit einem „+“ empfohlen [12].
BRCA-Keimbahnmutation: Voraussetzung für PARP-Inhibitor-Therapie
Einen weiteren wichtigen prädiktiven Marker beim fortgeschrittenen Mammakarzinom stellt der BRCA1/2-Mutationsstatus dar. Mutationen der Gene von BRCA1 und/oder BRCA2 haben Auswirkungen auf die Funktionalität der homologen Rekombination zur Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen. In Tumoren mit einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD), wie sie u. a. durch eine BRCA-Mutation verursacht werden kann, können DNA-Doppelstrangbrüche kaum noch fehlerfrei repariert werden, da nur noch fehleranfällige Wege wie die Nicht-homologe Endverknüpfung aktiviert werden können [13].
Beim fortgeschrittenen Mammakarzinom dient der BRCA-Status als Biomarker für Einschränkungen der DNA-Reparatur im HR-Signalweg. Er wird zur Beurteilung der voraussichtlichen Wirksamkeit einer Therapie mit den die DNA-Reparatur-Prozesse weiter einschränkenden PARP(Poly-ADP-Ribose)-Polymerase)-Inhibitoren herangezogen. Diese nutzen die bereits bestehende eingeschränkte Fähigkeit der Tumorzelle aus, DNA-Doppelstrangbrüche fehlerfrei reparieren zu können. Werden PARP-Enzyme durch einen PARP-Inhibitor blockiert, fällt die Reparaturmöglichkeit von Einzelstrangbrüchen über die Basenexzisionsreparatur aus und akkumulierte unreparierte Einzelstrangbrüche werden zu Doppelstrangbrüchen. Da diese bei Tumoren mit HRD kaum noch ohne Fehler repariert werden können, sterben die Tumorzellen mit BRCA-Mutation schließlich ab – bei ihnen kommt es zur synthetischen Letalität [14].
Das Vorliegen von Mutationen in den Tumorsuppressor-Genen BRCA1 oder BRCA2 in der Keimbahn einer Patientin mit einem metastasierten HER2-negativen Mammakarzinom ist derzeit Voraussetzung für die Therapie mit den beiden PARP-Inhibitoren Olaparib und Talazoparib. Als prädiktiver Faktor für das Ansprechen auf die Therapie mit PARP-Inhibitoren wird eine solche Keimbahnmutation von der AGO-Kommission Mamma mit ++ bewertet [12]. Die Substanzen können in der Erst-, Zweit- und Drittlinientherapie eingesetzt werden.
Vor diesem Hintergrund sollten alle metastasierten HER2-negativen Mammakarzinome auf das Vorliegen einer BRCA1/2-Keimbahnmutation getestet werden, um eine möglichst Subtyp-spezifische systemische Therapie durchführen zu können. Die AGO-Kommission Mamma empfiehlt die Mutationsanalyse in der Keimbahn an der Blutprobe mit „++“-Empfehlung [4].
Die Testung zum Nachweis einer BRCA-Keimbahnmutation bei Frauen mit einem HER2-negativen metastasierten Mammakarzinom als Voraussetzung für die Anwendung eines PARP-Inhibitors erfolgt im Sinne eines Pflichttests (Companion Diagnostics); nur beim Nachweis der Keimbahn-Mutation ist der Einsatz eines PARP-Inhibitors möglich und vergütungsfähig.
Die BRCA-Diagnostik zum Nachweis oder Ausschluss einer BRCA1/2-Mutation in der Keimbahn vor Verordnung eines PARP-Inhibitors wird über die neue Gebührenordnungsposition (GOP) 11601 vergütet. Bei der derzeit üblichen Vorgehensweise bei der Testung an der Blutprobe werden nur BRCA-Keimbahnmutationen detektiert, somatische BRCA-Mutationen werden nicht detektiert bzw. nicht untersucht.
Zugelassen sind Olaparib auf Basis der OlympiAD-Studie [15] und Talazoparib auf Basis der EMBRACA-Studie [16] bei nachgewiesener BRCA1/2-Keimbahnmutation nach Vorbehandlung mit einer Anthrazyklin- oder Taxan-haltigen Systemtherapie. Eine Monotherapie mit Olaparib verlängerte das mediane PFS gegenüber einer Standardtherapie um 3,8 Monate und reduzierte das Progressions- oder Sterberisiko um 42 % (HR 0,58) [15]. Auch unter der Talazoparib-Monotherapie war das mediane PFS signifikant länger als unter eine Standardtherapie (8,6 Monate vs. 5,6 Monate; HR 0,54) [16] (Abb. 1).

BRCA-Mutation: besseres Ansprechen auf Platin?
Mammakarzinome mit BRCA1/2-Mutation scheinen auch besonders gut auf Platinderivate anzusprechen [17]. So zeigte in der prospektiven TNT-Studie bei Patientinnen mit fortgeschrittenem TNBC nur die Subgruppe der Frauen mit BRCA1/2-Mutation in der Keimbahn eine doppelt so hohe Ansprechrate auf Carboplatin wie auf Docetaxel [18].
Beim frühen TNBC hingegen ist die Datenlage bisher weniger klar. In der GeparSixto-Studie profitierten die Frauen mit TNBC zwar von Carboplatin, es wurde jedoch kein spezieller Vorteil für Patientinnen mit BRCA-Keimbahnmutation beobachtet [19]. Im evidenzbasierten Statement der aktuellen S3-Leitlinie Mammakarzinom 2020 heißt es, dass bei Frauen mit BRCA-Mutation eine platinhaltige Chemotherapie im Vergleich zu einer Standard-Chemotherapie zu einem besseren Therapieansprechen führen kann [20].
PIK3CA-Mutation bei HR-positivem Mammakarzinom
Therapiestandard beim HR-positiven metastasierten Mammakarzinom ist derzeit eine endokrine Therapie in Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor. Bei Frauen mit metastasiertem, HR-positivem und HER2-negativem Mammakarzinom und einer PIK3CA-Mutation kann seit September 2020 außerdem eine Therapie mit dem PI3Kα-Inhibitor Alpelisib eingesetzt werden, der gezielt an PIK3CA ansetzt und zusammen mit Fulvestrant angewendet wird. Indiziert ist Alpelisib, wenn das Mammakarzinom trotz endokriner Monotherapie lokal fortschreitet oder metastasiert und in einem validierten Test in einer Tumor- oder Plasmaprobe eine PIK3CA-Genmutation nachgewiesen wurde.
Bei HR-positiven fortgeschrittenen Mammakarzinomen spielt der Phosphatidyl-Inositol-3-Kinase(PI3K)-Weg eine wesentliche Rolle. Etwa 40 % der Tumoren haben Mutationen im PIK3CA-Gen, das für die katalytische α-Untereinheit der Phosphatidyl-Inositol-3-Kinase (PI3Kα) kodiert. Aktivierende Mutationen führen dazu, dass das PIK3CA-Protein das Tumorwachstum anregt, da es sich permanent in der aktivierten α-Isoform befindet und den nachgeschalteten AKT-Signalweg stimuliert. Alpelisib ist ein spezifischer PI3Kα-Inhibitor, der an die α-Struktur der Kinase bindet und so den PI3K/AKT-Signalweg blockiert. Die Zulassung beruht auf den Daten der SOLAR-1-Studie, in der Alpelisib plus Fulvestrant das mediane PFS im Vergleich zur Fulvestrant-Monotherapie bei endokrin vorbehandelten Frauen von 5,7 auf 11 Monate signifikant verlängerte (HR 0,65) [21]. Das mediane OS und die Zeit, bis eine Chemotherapie notwendig wird, wurden zwar klinisch relevant, nicht aber statistisch signifikant verlängert [22]. Bei Patienten ohne PIK3CA-Mutation wurde kein Benefit durch Alpelisib beobachtet. Zu Patientinnen mit einer Vortherapie mit der Kombination aus endokriner Therapie und einem CDK4/6-Inhibitor liegen bisher nur wenige Daten vor.
Auch die nachgeschaltete Kinase AKT kann therapeutisch adressiert werden. In der Phase-II-Studie FAKTION verlängerte die Hinzunahme des AKT-Inhibitors Capivasertib (AZD5363) zur Therapie mit Fulvestrant bei Frauen mit unter Aromatase-Inhibitor-Therapie fortgeschrittenem HR-positivem Mammakarzinom das PFS signifikant von 4,8 auf 10,3 Monate (HR 0,58) [23].
Auch beim TNBC ist der PI3K/AKT-Signalweg regelmäßig durch Mutation von PIK3CA oder AKT1 sowie Alterationen von PTEN aktiviert. So führte die Hinzunahme von Capivasertib zu Paclitaxel in der doppelblinden Phase-II-Studie PAKT bei Frauen mit metastasiertem TNBC zu einem verlängerten PFS von 5,9 Monaten gegenüber einer Paclitaxel-Monotherapie (4,2 Monate; HR 0,74). Das Gesamtüberleben wurde durch die zusätzliche Gabe von Capivasertib als Erstlinientherapie von 12,6 auf 19,1 Monate verlängert (HR 0,61). Für die Patientinnen mit einer PIK3CA/AKT1/PTEN-Alteration war der Vorteil durch das zusätzliche Capivasertib mit einem medianen PFS von 9,3 versus 3,7 Monaten (HR 0,30) noch deutlicher [24]. Vor diesem Hintergrund wird der zunehmende Stellenwert einer genaueren molekularbiologischen Charakterisierung deutlich.
Seltene Angriffspunkte gezielter Therapien
Beim fortgeschrittenen Mammakarzinom können Mutationen im Östrogenrezeptor (ESR1) nachgewiesen werden, die unter einer Behandlung mit Aromatasehemmern selektiert werden. In retrospektiven Analysen der prospektiven Studien SoFEA und PALOMA3 sprachen Mammakarzinome mit einer ESR1-Mutation besser auf eine Therapie mit Fulvestrant an als auf einen Aromatasehemmer [25].
Unabhängig von einer HER2-Überexpression oder -Amplifikation treten HER2-Mutationen auf. In einer einarmigen Phase-II-Studie wurden sie bei 2,4 % der metastasierten Mammakarzinome nachgewiesen, wobei die Rate bei lobulären mit 7,2 % höher lag als bei duktalen Mammakarzinomen (1,6 %). Neratinib erwies sich in dieser Studie als wirksam [26]. HER2-Mutationen können aus zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) aus einer Blutprobe nachgewiesen werden (Liquid Biopsy).
Weitere mögliche Angriffspunkte für gezielte Therapien beim fortgeschrittenen Mammakarzinom sind zum einen eine Mikrosatelliteninstabilität (MSI), die zu einer deutlich erhöhten Rate an Mutationen führt [27] und bei der man sich ein besseres Ansprechen auf eine Therapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor wie Pembrolizumab verspricht, und zum anderen NTRK-Genfusionen. Beide treten jedoch beim Mammakarzinom extrem selten (< 1 %) auf.
Fusionen der neurotrophen Tyrosin-Rezeptor-Kinase(NTRK)-Gene führen zur Expression von Tropomyosin-Rezeptor-Kinasen(TRK)-Fusionsproteinen, die als starke onkogene Treiber gelten. Sie können bei vielen verschiedenen Tumor-entitäten mit ganz unterschiedlicher Prävalenz auftreten, extrem typisch sind sie u. a. bei sekretorischen Mammakarzinomen. Damit entitätsübergreifende TKIs wie Entrectinib und Larotrectinib zum Einsatz kommen können, ist der Nachweis von NTRK-Genfusionen mittels IHC (zum Nachweis der Fusionsproteine) und/oder Next Generation Sequencing (NGS) Voraussetzung.
Bei einer sog. tumoragnostischen Therapie, die bei stark vorbehandelten Patientinnen in molekularen Tumorboards festgelegt werden sollte, kann mithilfe von Hochdurchsatz-Mutationsanalysen mit NGS nach angreifbaren und therapierelevanten Mutationen gesucht werden, für die in anderen Indikationen zielgerichtete Substanzen zugelassen sind. Allerdings finden sich angreifbare Mutationen als neue Zielstrukturen nur selten, und noch seltener steht ein zielgerichtetes Medikament zur Verfügung.
Eine weitere Möglichkeit, detaillierte Sequenzierungsergebnisse zu nutzen, besteht in einer personalisierten Vakzinierung. Mittels NGS geraten individuelle nicht-synonyme somatische Mutationen (das sog. Mutanom) immer mehr in den Fokus. Die daraus resultierenden Neoantigene sind ideal für eine individuelle Vakzinierung geeignet. Mittlerweile konnte die klinische Effektivität einer individuellen mRNA-Vakzinierung gegen das individuelle Mutanom bei Patienten mit fortgeschrittenem malignem Melanom gezeigt werden [28].
In einer Phase-I-Studie konnte bei Patientinnen mit frühem triple-negativem Mammakarzinom mit einer per-sonalisierten Vakzinierung eine spezifische und anhaltende Immunreaktion gegen Neoantigene nachgewiesen werden, die zur Vakzinierung verwendet worden waren.
Somit scheint auch beim Mammakarzinom der Schritt zur personalisierten Therapie möglich zu sein [29].
Fazit und Ausblick
Verbesserungen in der molekularbiologischen Charakterisierung haben beim Mammakarzinom das therapeutische Armamentarium deutlich erweitert. Die heute schon erreichte verbesserte Stratifizierung der Mammakarzinome wird durch elaborierte Verfahren wie NGS weiter verfeinert. Diese zunehmende Individualisierung und Personalisierung wird im Sinne unserer Patientinnen zu einer Verbesserung in der Therapie des Mammakarzinoms führen.
Summary
The aim of personalized tumor therapy is to base the choice of treatment on the molecular properties of a tumor in order to treat it as tailored as possible – with targeted drugs, the appropriatechemotherapy strategy, or immunotherapy. This approach requires molecular tests in order to determine predictive and, in some cases, prognostic biomarkers as a basis for therapy decisions. In the last few years, the repertoire of biomarkers and the knowledge about their informative value have been expanding continuously. The following text summarizes common test strategies that are clinically meaningful for determining predictive and prognostic markers in patients with breast cancer. Additionally, promising targets für the future are summarized.
Keywords: HR-positive breast cancer, HER2-positive breast cancer, triple-neg-ative breast cancer, prognostic marker, predictive marker