Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology 2020 (ASCO20 Virtual)

Neues zur Therapie urologischer Tumoren

Beim diesjährigen virtuellen Meeting der ASCO wurden spannende neue Studiendaten zu urologischen Tumoren vorgestellt, einige davon mit praxisveränderndem Potential. In diesem Beitrag sind wichtige Studienergebnisse zum Nierenzell-, Urothel- und Prostatakarzinom zusammengestellt. Beim Nierenzellkarzinom standen Daten zu verschiedenen Immuntherapeutika und neuen Wirkstoffen sowie zur Behandlung von erblichem Nierenkrebs im Fokus, und auch beim Urothelkarzinom ging es primär um immunonkologische Strategien. Beim Prostatakarzinom standen die Überlebensdaten dreier großer Studien zur Kombination verschiedener Antiandrogene mit der Androgendeprivationstherapie bei Patienten mit nicht-metastasiertem, kastrationsresistentem Tumor mit hohem Metastasierungsrisiko im Mittelpunkt des Interesses.

Schlüsselwörter: Nierenzellkarzinom, Urothelkarzinom, Prostatakarzinom, Immuntherapie, Antiandrogene, Apalutamid, Darolutamid, Enzalutamid, Relugolix, Pembrolizumab, Axitinib, Avelumab, Lenvatinib, Atezolizumab

Nierenzellkarzinom

Immuntherapie im Fokus

Der PD-1-Inhibitor Pembrolizumab ist in Kombination mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Axitinib zur Erstlinienbehandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms (RCC) bei Erwachsenen zugelassen. Zulassungsrelevant war die offene Phase-III-Studie KEYNOTE-426-Studie, die bei 861 Patienten mit zuvor unbehandeltem klarzelligem RCC im Stadium IV unter der Kombination Pembrolizumab/Axitinib nach einer medianen Nachbeobachtung von 7 Monaten im Vergleich zum bisherigen Therapiestandard, dem TKI Sunitinib, einen Über-lebensvorteil (Gesamtüberleben (OS); HR 0,53; p < 0,001) und einen Vorteil bei weiteren Wirksamkeitsparametern wie dem progressionsfreien Überleben (PFS; HR 0,69; p = 0,0001) und der objektiven Ansprechrate (ORR; 59,3 % vs. 35,7 %) ergeben hatte – bei handhabbarem Sicherheitsprofil [1]. Beim ASCO20 Virtual stellte Dr. Elisabeth Plimack, Philadelphia, PA, USA, eine aktualisierte Analyse nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 27 Monaten vor, die belegt, dass der Überlebensvorteil unter Pembrolizumab/Axitinib versus Sunitinib auch im Langzeitverlauf erhalten blieb (OS-HR 0,68; p < 0,001), bei einer 24-Monats-OS-Rate von 74 % unter der Kombination und 66 % unter der Sunitinib-Monotherapie (Abb. 1).

 

Unter dem Einfluss der Kombination war das mediane OS noch nicht erreicht, während es unter Sunitinib 35,7 Monate betrug [2]. Die Überlegenheit der Kombinationstherapie gegenüber Sunitinib zeigte sich auch beim PFS (HR 0,71; p < 0,0001) sowie bei der ORR (60,2 % vs. 39,9 %) und erwies sich als weitgehend unabhängig von der Risikoklassifizierung nach IMDC-Kriterien. Lediglich die Effektstärke bei günstigem Risikoprofil bleibt aufgrund der noch geringen Ereignisrate unscharf und bedarf der weiteren Nachbeobachtung. Im Langzeitverlauf wurden in beiden Armen keine neuen Sicherheitssignale beobachtet. Die aktuellen Daten untermauern die Bedeutung der Kombination Pembrolizumab/Axitinib als einen Therapiestandard für zuvor unbehandelte Patienten mit fortgeschrittenen RCC aller Risikogruppen, nun auch im Langzeitverlauf.
Bei RCC-Patienten der intermediären und ungünstigen Risikogruppe ist neben Pembrolizumab/Axitinib die Kombination der Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab und Ipilimumab ein weiterer Therapiestandard, beruhend auf den Daten der CheckMate-214-Studie. Darin war die Behandlung mit Nivolumab/ Ipilimumab bei den betreffenden RCC-Patienten mit einem um 34 % verminderten Mortalitätsrisiko im Vergleich zum TKI Sunitinib assoziiert (HR 0,66; p < 0,0001) [3].
Beim ASCO 2020 wurde auf der Basis archivierter, Formalin-fixierter Tumorproben der CheckMate-214-Studie eine explorative Biomarker-Analyse mittels Immunhistochemie, Whole Genome Sequencing und RNA-Sequenzierung durchgeführt, mit dem Ziel, prädiktive Biomarker für ein Ansprechen auf die Doppel-Immuntherapie zu finden.
Letztlich stellte sich heraus, dass ein niedriger Gensignatur-Score der Angiogenese mit einem Ansprechen auf Nivolumab plus Ipilimumab assoziiert war; Marker der inflammatorischen Immun-antwort sowie der epithelial-mesenchymalen Transition waren mit einem verlängerten PFS assoziiert (p jeweils 0,002). Dagegen erwiesen sich klassische Biomarker-Kandidaten wie der PD-L1-Status oder Immunsignatur-Scores als nicht ausreichend prädiktiv [4].

Neue Therapiechancen beim pRCC ...

Das papilläre Nierenzellkarzinom (pRCC) ist nach dem klarzelligen Nierenzellkarzinom mit 10–15 % aller Fälle der zweithäufigste Nierenzellkarzinom-Typ.
Dr. Toni K. Choueiri, Boston, MA, USA, stellte die Ergebnisse der Phase-III-Studie SAVOIR beim pRCC vor, in der der Wirkstoff Savolitinib, ein Inhibitor der MET-Rezeptor-Tyrosinkinase, als mögliche zielgerichtete Behandlungsoption für diesen RCC-Typ im Vergleich zu Sunitinib evaluiert wurde [5]. Aufgenommen wurden nur Patienten mit Tumoren, die aktivierende Mutationen oder Amplifikation des MET-Gens aufwiesen. Insgesamt wurden 254 pRCC-Patienten untersucht, von denen 60 (23,6%) eine aktivierende Alteration aufwiesen und in die Studie eingeschlossen wurden. Die Patienten erhielten entweder Savolitinib (n = 33) oder Sunitinib (n = 27), jeweils 4 Wochen Behandlung und 2 Wochen Pause. Da die Studie frühzeitig abgebrochen wurde, ist die Interpretation der Ergebnisse limitiert. Primärer Endpunkt war das PFS nach RECIST 1.1. Das mediane PFS betrug in der Savolitinib-Gruppe 7,0 Monate im Vergleich zu 5,6 Monaten in der Sunitinib-Gruppe (HR 0,71; p = 0,313). Mehr als die Hälfte der Patienten, die Savolitinib einnahmen, war am Ende der Nachbeobachtungszeit noch am Leben; das OS zeigte einen Trend, der Median wurde jedoch noch nicht erreicht, gegenüber 13,2 Monaten unter Sunitinib (HR 0,51). Es waren also numerisch bessere Wirksamkeits-Resultate unter Savolitinib zu verzeichnen, die aber wegen der geringen Patientenzahl nicht signifikant waren und keine relevanten Schlussfolgerungen erlaubten. Interessant war, dass die Toxizität unter Savolitinib wesentlich geringer war als unter Sunitinib und seltener Dosisanpassungen notwendig waren. Unerwünschte Ereignisse ab Grad 3 traten bei 42 % der Patienten unter Savolitinib auf versus 81 % in der Sunitinib-Gruppe. Zudem war die Rate an Folge-therapien unter Sunitinib geringer. Insgesamt Insgesamt unterstreichen diese Daten die Relevanz von Präzisionsonkologie auch beim Nierenzellkarzinom. Der Mehrwert von selektiven Inhibitoren liegt vielleicht nicht in der verbesserten Wirksamkeit, aber in der doch deutlich verbesserten Verträglichkeit der Behandlung.

... und Von-Hippel-Lindau-Syndrom

Eine weitere interessante Studie widmete sich Patienten mit hereditärem Von Hippel-Lindau-Syndrom (VHL), die ein erhöhtes Risiko aufwiesen, an verschiedenen Tumoren, unter anderem am klarzelligen RCC, zu erkranken. Die Inaktivierung des VHL-Gens führt zu konstitutiver Aktivierung des onkogenen HIF-2α-Transkriptionsfaktors, der selektiv durch den HIF-2α-Inhibitor MK-6482 blockiert werden kann. In der beim ASCO präsentierten Phase-II-Studie erhielten 61 erwachsene Patienten mit hereditärem VHL-assoziiertem und lokalisiertem, nicht-metastasiertem, klarzelligem RCC einmal täglich oral 120 mg MK-6482 bis zum Progress oder inakzeptabler Toxizität. Es wurde eine ORR (primärer Endpunkt) von 27,9 % unter täglicher MK-6482-Gabe beobachtet (Tab. 1) [6].

Bei 53 Patienten (86,9 %) wurde eine Größenabnahme der Zielläsionen dokumentiert. Das PFS nach 12 Monaten betrug 98,3 %. MK-6482 wurde gut vertragen und die meisten Nebenwirkungen waren milder oder mäßiger Natur. Nebenwirkungen ab Grad 3 traten bei 9,8 % der Patienten auf. 58 Patienten (95,1 %) blieben auch nach Studienende weiter unter dieser Behandlung. Nach Ansicht der Autoren sind die Ergebnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von MK-6482 bei VHL ermutigend und unterstreichen wie bereits SAVOIR die Bedeutung der molekularen Selektion von Patienten und geeigneten Therapiestrategien. Der HIF-2α-Inhibitor wird beim Nierenzellkarzinom in verschieden Szenarien weiterentwickelt.

Kombi Checkpoint-Inhibitor/TKI auch nach PD-(L)1-Vorbehandlung

Die Kombination aus Pembrolizumab und Axitinib ist der Erstlinien-Behandlungsstandard beim fortgeschrittenen/metastasierten Nierenzellkarzinom aller Risikogruppen. Allerdings ist bislang wenig darüber bekannt, ob eine Kombination Checkpoint-Inhibitor/TKI auch Patienten zugutekommt, die im Vorfeld bereits mit einem PD-1/PD-L1-Inhibitor behandelt wurden und in der Folge einen Progress erlitten. Dr. Ching-Han Lee, New York, NY, USA, trug die Ergebnisse der Expansionskohorte einer Phase-Ib/II-Studie mit der Kombination aus Pembrolizumab und dem TKI Lenvatinib vor, welcher VEGFR 1–3, FGFR 1–4, PDGFRα, RET und KIT adressiert. 104 Patienten mit mRCC aller Risikogruppen, die nach einer vorhergehenden PD-1/PD-L1-Inhibition einen Rückfall erlitten hatten, erhielten 20 mg/Tag Lenvatinib oral plus 200 mg Pembrolizumab i. v. an Tag 1 eines 21-tägigen Zyklus. Primärer Endpunkt war die ORR in Woche 24. Es wurden eine ORR nach immunbezogenen RECIST-Kriterien von 51 % (55 % partielle Remissionen und 36 % Krankheitsstabilisierungen) sowie eine allgemeine ORR von 55 % erreicht, wobei alle Patientensubgruppen gleichermaßen profitierten. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 12 Monate. Das mediane PFS nach irRECIST betrug 11,7 Monate und nach RECIST v1.1 11,3 Monate mit einem 12-Monats PFS von 45 % bzw. 44 %. Die 12-Monats-OS-Rate lag bei 77 %. Somit zeigte die Kombination Pembrolizumab/Lenvatinib bei Patienten mit mRCC nach Versagen einer vorherigen PD1-/PD-L1-Inhibition eine vielversprechende Anti-Tumoraktivität. Das Sicherheitsprofil erwies sich als handhabbar und es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet. Diese Daten deuten an, dass die Fortsetzung der Checkpoint-Inhibition über die Erstlinie hinaus eine relevante Rolle im Therapieprinzip des Nierenzellkarzinoms zu spielen scheint. Die Kombination mit Lenvatinib hat hier ein vielversprechendes Signal geliefert und wird nun in einer Phase-III-Studie im Erstliniensetting beim fortgeschrittenen RCC evaluiert.

Urothelkarzinom

Erhaltungstherapie mit Avelumab

Die meisten Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom erreichen unter einer Platin-basierten Erstlinientherapie zwar eine Krankheitskontrolle, doch wegen häufig auftretender Chemotherapie-Resistenzen sind das PFS und das OS der Patienten vergleichsweise kurz. PD-L1/PD-1-Inhibitoren sind als Standard in der Zweitlinie nach Platin-basierter Therapie etabliert.
Eines der Highlights beim ASCO waren die Daten der Phase-III-Studie JAVELIN Bladder 100, die in der Plenarsitzung des virtuellen Kongresses präsentiert wurden [8]. In der Studie wurde erstmals im Rahmen einer Phase-III-Studie evaluiert, ob die Checkpoint-Inhibition als Erhaltungstherapie nach Platin-basierter Induktionstherapie eine wirksame Strategie ist – also bei Patienten, die nach der Induktions-Chemotherapie  noch keinen Progress erlitten haben. Die Hälfte der Patienten war PD-L1-positiv. 700 Patienten, die unter einer Platin-basierten Induktionstherapie mit 4–6 Zy-klen Gemcitabin plus Cis- oder Carboplatin ein Ansprechen oder eine Krankheitsstabilisierung erreicht hatten, erhielten nach einem therapiefreien Intervall von 4–10 Wochen randomisiert entweder Avelumab plus die beste supportive Behandlung (BSC) oder nur BSC. Primärer Studienendpunkt war das OS bei allen randomisierten Patienten sowie bei der PD-L1-positiven Population.
Wie Prof. Thomas Powles, London, UK, berichtete, erreichte die Studie ihren primären Endpunkt [8]. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von gut 19 Monaten war das mediane OS durch die Avelumab-Erhaltung signifikant verlängert (14,3 vs.21,4 Monate; HR 0,69; p < 0,001). Nach 12 Monaten lebten noch 71 % der Patienten unter Avelumab/BSC versus 58 % unter BSC, nach 18 Monaten 61 % versus 44 %. Alle Patienten-Subgruppen profitierten von der Behandlung, Patienten mit PD-L1-exprimierenden Tumoren jedoch in besonderem Maße. Innerhalb dieser Population war das mediane OS im Avelumab-Arm noch nicht erreicht und betrug 17,1 Monate im Kontrollarm (HR 0,56; p < 0,001) (Abb. 2).

Nach 12 Monaten waren noch 79 % der PD-L1-positiven Patienten unter Avelumab gegenüber 60 % der Kontrolltherapie am Leben, nach 18 Monaten 70 % versus 48 %. Bezüglich des PFS wurde ein Median von 3,7 versus 2,0 Monaten in der gesamten Studienpopulation (HR 0,62; p < 0,001) und von 5,7 versus 2,1 Monaten in der PD-L1-positiven Population (HR 0,56; p < 0,001) beobachtet. Das Sicherheitsprofil von Avelumab war handhabbar und konsistent mit dem bekannten Nebenwirkungsprofil der Monotherapie. Nach Powles‘ Ansicht stellt die Avelumab-Erhaltung bei Patienten ohne Progress nach Platin-basierter Induktions-Chemotherapie einen zukünftigen Standard in der Behandlung des fortgeschrittenen Urothelkarzinoms dar.

Atezolizumab auch bei eingeschränkter Nierenfunktion

Der PD-L1-Inhibitor Atezolizumab stellt eine zugelassene Therapie für das lokal fortgeschrittene und metastasierte Urothelkarzinom dar. Nun sollte die einarmige Phase-IIIb-Studie SAUL klären, ob auch Patienten mit lokal fortgeschrittenem und metastasiertem Harnblasenkarzinom und eingeschränkter Nierenfunktion für eine Behandlung mit dem Checkpoint-Inhibitor infrage kommen. Das Patientenkollektiv (n = 1.004) entsprach dem Kollektiv im klinischen Alltag und schloss Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand (ECOG-PS 2) und Niereninsuffizienz sowie Patienten mit vorbehandelten asymptomatischen Metastasen des zentralen Nervensystems oder stabilen Autoimmunkrankheiten ein. 47 % der Patienten galten aufgrund ihrer reduzierten Kreatinin-Clearance als Cisplatin-ungeeignet. Die Studienteilnehmer erhielten Atezolizumab bis zur Progression oder bis zu inakzeptabler Toxizität.
Wie Prof. Margitta Retz et al. berichteten, betrug die ORR 13 % und erwies sich als weitgehend unabhängig von der Kreatinin-Clearance [9]. Die mediane DOR war nach einem medianen Follow-up von 12,7 Monaten noch nicht erreicht. Das mediane OS der gesamten Studienpopulation betrug 8,7 Monate. Die Rate der Nebenwirkungen ab Grad 3 lag bei etwa 45 % und erwies sich ebenfalls als unabhängig von der Kreatinin-Clearance. Die Ergebnisse der SAUL-Studie zeigen, dass Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarziinom, die typischerweise aufgrund ihrer reduzierten Nierenfunktion nicht für eine Cisplatin-basierte Chemotherapie geeignet sind, sicher mit Atezolizumab therapiert werden können.

Adjuvante Immuntherapie ohne Zusatznutzen

Beim muskelinvasiven Urothelkarzinom stellt die radikale Operation, ggf. flankiert durch eine neoadjuvante Cisplatin-basierte Chemotherapie, die Standardtherapie dar. Alternativ kann eine adjuvante Chemotherapie erfolgen. Nach Etablierung der Checkpoint-Inhibitoren in der Therapie des metastasierten Urothelkarzinoms laufen derzeit mehrere Studien, die die Wirksamkeit einer adjuvanten Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren bei lokalisierten Tumoren untersuchen. Beim ASCO wurden erstmals Daten aus diesen Studien präsentiert, in diesem Fall die Daten der IMvigor010-Phase-III-Studie  mit Atezolizumab in der adjuvanten Therapie des Hoch-Risiko-, muskelinvasiven Urothelkarzinoms. In die Studie wurden Patienten nach neoadjuvanter Chemotherapie mit residuellem Tumor ≥ ypT2 oder ypN+ sowie Patienten ohne neoadjuvante Therapie mit lokal fortgeschrittenem Blasenkarzinom (≥ pT3 oder pN+) eingeschlossen. Nach 1:1-Randomisierung erhielten die Patienten entweder Atezolizumab adjuvant oder eine reguläre Nachsorge. Der primäre Endpunkt der Studie war das DFS. Rund die Hälfte der Patienten hatte zum Zeitpunkt der radikalen Operation Lymphknotenmetastasen und jeder zweite Tumor war PD-L1-positiv.
Atezolizumab erwies sich im adjuvanten Setting als unwirksam. Beim medianen DFS zeigte sich kein Unterschied zwischen beiden Gruppen: 19,4 Monate unter Atezolizumab vs. 16,6 Monate unter normaler Nachsorge HR 0,89; p = 0,25), wobei der PD-L1-Status sich als unerheblich erwies [10]. Die therapieassoziierte Nebenwirkungsrate von Atezolizumab lag bei 71 % (Grad 3–4: 16%), wobei Haut-exantheme aller Grade mit 22 % am häufigsten vorkamen. Eine Zwischenanalyse des OS ergab hinsichtlich der 18-Monats-OS-Rate keinen signifikanten Unterschied (79 % unter Atezolizumab vs. 73 % mit alleiniger Nachsorge), wobei das mediane OS in beiden Gruppen noch nicht erreicht war. Um den Stellenwert von Checkpoint-Inhibitoren im adjuvanten Setting abschließend zu bewerten, müssen die Ergebnisse weiterer Studien mit anderen Substanzen abgewartet werden.

Prostatakarzinom

Beim ASCO wurden die mit Spannung erwarteten Überlebensdaten von drei großen Studien vorgestellt, bei denen ein moderner Inhibitor des Androgenrezeptors jeweils in Kombination mit der Androgendeprivationstherapie (ADT) beim nicht-metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom (nmCRPC) und hohem Metastasierungsrisiko eingesetzt wurde. Alle drei Phase-III-Studien, SPARTAN-mit Apalutamid, PROSPER mit Enzalutamid und ARAMIS mit Darolutamid [11–13] – hatten im Vorfeld jeweils ihren primären Endpunkt meta-stasenfreies Überleben (MFS) erreicht und zeigten nun auch eine Verbesserung des OS unter der Kombination im Vergleich zu ADT alleine:

• Die finale Analyse der Studie SPARTAN belegt, dass Apalutamid in Kombination mit ADT das mediane OS um 14 Monate verlängerte und das Sterberisiko um 22 % verminderte. Das mediane OS betrug 73,9 Monate unter Apalutamid plus ADT (n = 806) im Vergleich zu 59,9 Monaten unter Pla-cebo plus ADT (n = 401) (HR 0,78; p = 0,016) [11].
• Auch Enzalutamid verlängerte zusammen mit ADT im Vergleich zu Placebo/ADT das Überleben, wie die finalen Daten der Studie PROSPER zeigen [12]. Das Sterberisiko der Patienten sank unter dem Einfluss des modernen Antiandrogens um 27 % (HR 0,73; p = 0,001). Das mediane OS betrug 67,0 Monate unter Enzalutamid/ADT vs. 56,3 Monate (Placebo/ADT).
• Die Überlebensanalyse der Phase-III-Studie ARAMIS zeigte ebenfalls eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens unter dem modernen Androgen-Inhibitor Darolutamid plus ADT gegenüber Placebo plus ADT. Das Mortalitätsrisiko reduzierte sich um
31 % zugunsten der Verum-Medikation (HR 0,69; p = 0,003) [13].
Alle drei Kombinationen können demnach als neuer Therapiestandard in der nicht-metastasierten, kastrationsresistenten Situation mit hohem Metastasierungsrisiko angesehen werden, zumal sich in allen drei Studien im Langzeit-verlauf ein günstiges Sicherheitsprofil ohne neue Sicherheitssignale bestätigte.