BRAF-mutiertes mCRC: Zulassung für molekulare Therapie mit Encorafenib und Cetuximab

Patienten mit metastasiertem BRAFV600-mutiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) haben mit den bislang zur Verfügung stehenden Therapien eine schlechte Prognose. Seit Juni 2020 ist nun mit dem BRAF-Inhibitor Encorafenib in Kombination mit dem EGFR-Inhibitor Cetuximab die erste zielgerichtete Therapie für dieses Patientenkollektiv zugelassen. Angesichts des großen medizinischen Bedarfs sei die Möglichkeit der neuen Behandlungsoption besonders zu begrüßen, zumal die Wirksamkeit der Zweifachblockade nicht durch Einbußen bei Sicherheit und Verträglichkeit erkauft würde, so Experten auf der virtuellen Einführungspressekonferenz.

Schlüsselwörter: BRAF-Inhibitor, Encorafenib, BRAFV600, mCRC, Kolorektalkarzinom

Etwa 25 % der CRC-Patienten weisen bereits bei Erstdiagnose Fernmetastasen auf, und insgesamt jeder zweite Patient entwickelt eine Fernmetastasierung. Bei ca. 10 % der Patienten mit mCRC ist eine BRAF-Mutation nachweisbar, bei 8 % eine BRAF-V600E-Mutation, so Prof. Thomas Seufferlein, Ulm. Die BRAF-Kinase ist Teil des MAPK-Signalwegs; im Fall einer BRAF-Mutation ist die BRAF-Kinase und damit der gesamte nachgeschaltete Signalweg dauerhaft aktiviert. Seufferlein: „Die Patienten mit BRAF-V600E-Mutation haben das schlechteste progressionsfreie und Gesamtüberleben von allen Patienten mit mCRC.“ Im Vergleich zum Wildtyp ist das Gesamtüberleben (OS) um etwa 50 % reduziert [1].
Die Leitlinien empfehlen die Testung auf die Mutation bei Erstdiagnose eines mCRC [2, 3]. Da man bisher therapeutisch allerdings wenig anbieten konnte, sei die Testrate in der Praxis mit 51,1 % bis zum Beginn der Primärtherapie eher gering, so Seufferlein. Bereits in der Erstlinie werde eine sehr aggressive Therapie empfohlen, auf Basis der TRIBE-Studie [4] eine Triplett-Chemotherapie, evtl. ergänzt mit Bevacizumab, außerdem der frühzeitige Einschluss in klinische Studien. Die Wirksamkeit von Chemotherapie-basierten Behandlungen ist insbesondere ab der Zweitlinie sehr schlecht, mit Ansprechraten von 5–10 % und einem medianen OS von 4–6 Monaten.  

Kombinierte zielgerichtete Therapie

Monotherapien mit BRAF-Inhibitoren erwiesen sich beim BRAF-V600-mutierten mCRC als weitgehend wirkungslos. „Dass man alleine BRAF blockiert und damit den onkogenen Treiber neutralisiert, funktioniert beim mCRC leider nicht“, erklärte Prof. Arndt Vogel, Hannover. Der MAPK-Signalweg verlaufe nicht geradlinig, sondern verfüge über regulierende Feedbackschleifen. Die Inhibierung der mutierten BRAF-Kinase hebe die Feedbackregulierung auf, was zu einer Aktivierung des EGF-Rezeptors und einer Reaktivierung des Signalweges führe. „Durch die zusätzliche Blockade des EGFR kann man den MAPK-Signalweg aber effektiver inhibieren“, so Vogel.

Signifikant verlängertes OS

Eine solche Ergänzung der BRAF-Inhibierung war Ansatz der BEACON-Studie, auf deren Basis die EMA-Zulassung erfolgte. Die Phase-III-Studie untersuchte in einer 1 : 1 : 1-Randomisierung eine Zweifachblockade mit Encorafenib + Cetuximab, diese ergänzt mit dem MEK-Inhibitor Binimetinib zu einer Dreifachblockade, sowie als Kontrollgruppe eine Chemotherapie + Cetuximab [5]. Eingeschlossen waren 665 Patienten mit BRAF-V600-mutiertem mCRC nach Versagen von 1–2 systemischen Vortherapien. Die Ergebnisse der kombinierten Blockade von BRAF + EGFR waren vielversprechend. In einer vordefinierten Primäranalyse sprachen mit einer Gesamtansprechrate (ORR) von 20 % signifikant mehr Patienten auf Encorafenib +Cetuximab an als auf die Chemotherapie (ORR 2 %; p < 0,001). Außerdem zeigte sich unter Encorafenib + Cetuximab mit 8,4 Monaten ein signifikant längeres OS als in der Kontrollgruppe mit 5,4 Monaten (HR 0,60; p < 0,001). In einem Update der Studie beim ASCO-Kongress 2020 war das mediane OS von 5,9 Monaten in der Kontrollgruppe auf 9,3 Monate unter der Zweifach- wie auch unter der Dreifachblockade verlängert [6]. „Die Zweifachblockade erweist sich in der BEACON-Studie als genauso gut wie die Dreifachblockade, beides ist deutlich besser als die Chemotherapie“, so Vogels Fazit.
Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil der Chemotherapie-freien Behandlung sei dabei gut handhabbar. "Das deutliche Mehr an Wirksamkeit führt nicht zu einem Mehr an Nebenwirkungen,“ resümierte Vogel.

Mascha Pömmerl

 

Virtuelle Fachpressekonferenz „Neue Therapieoption beim metastasierten Kolorektalkarzinom (mCRC): Zielgerichtete Kombination aus und Cetuximab zur Behandlung BRAFV600E-mutierter Patienten“ am 04.06.2020, veranstaltet von Pierre Fabre GmbH.