Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie: Wirkungssteigerung mit C3-Komplement-Inhibitor
Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) ist eine sehr seltene Erkrankung des Komplementsystems mit variabler klinischer Ausprägung sowie hoher Komplikationsrate und Mortalität bei unbehandelten Patient:innen. Zur Hemmung der Hämolyse bei der PNH standen bisher nur C5-Inhibitoren wie Eculizumab und Ravulizumab zur Verfügung. Am 15.12.2021 hat die Europäische Kommission Pegcetacoplan als erstem zielgerichtetem C3-Komplement-Inhibitor die Zulassung zur Behandlung von Erwachsenen mit PNH erteilt, die nach mindestens dreimonatiger Behandlung mit einem C5-Inhibitor noch anämisch sind. Bei einer Launch-Pressekonferenz stellten Expert:innen die Zulassungsstudie und die Vorteile des ersten C3-Inhibitors vor.
Ursache der PNH ist die klonale Expansion einer oder mehrerer pluripotenter hämatopoetischer Stammzellen. Der für die PNH namensgebende morgendliche dunkle Urin (Hämoglobinurie) zeigt sich nur bei etwa 26 % der Betroffenen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose. Zu den Charakteristika der Erkrankung zählen die intravasale Hämolyse, Thrombophilie und Zytopenie. „Die Fatigue-Symptomatik schränkt leider sehr früh die Lebensqualität der Patient:innen ein“, berichtet Dr. Britta Höchsmann, Universitätsklinikum Ulm. Als weitere unspezifische Symptome treten Schmerzkrisen und Nierenfunktionsstörungen auf. Der Einsatz von C5-Inhibitoren, die terminal in der Komplementkaskade eingreifen, ermöglicht zwar eine effektive Kontrolle der intravasalen Hämolyse; da aber auch eine extravasale Hämolyse zum Verlust der Erythrozyten führt, sprechen viele Erkrankte suboptimal auf eine C5-Inhibition an.
In der zulassungsrelevanten multizentrischen, randomisierten Phase-III-Studie PEGASUS wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Pegcetacoplan (Aspaveli®) mit dem C5-Inhibitor Eculizumab verglichen [1]. Eingeschlossen waren 80 erwachsene Patient:innen mit PNH, deren Hb-Werte trotz Therapie mit Eculizumab weiterhin unter 10,5 g/dl lagen. Nach einer vier-wöchigen Anfangsphase, in der alle Erkrankten Pegcetacoplan plus Eculizumab erhielten, wurden die Patient:innen auf die beiden Studienarme randomisiert: Als Monotherapie bekam ein Teil subkutan Pegcetacoplan, die andere Gruppe Eculizumab intravenös. Nach 16 Wochen hatte sich unter Pegcetacoplan der Hb-Spiegel versus Eculizumab signifikant verbessert (mittlere Zunahme 3,84 g/dl, p < 0,0001). Neben den hämatologischen Effekten zeigte sich eine klinisch bedeutsame Verbesserung des FACIT Fatigue Score nach 16 Wochen. Dadurch verbesserte sich auch die Lebensqualität der Patient:innen relevant (≥ 10 Punkte Anstieg in den Lebensqualitäts-Scores von EORTC QLQ-C30 bis Woche 48). Durch die initial wenig spezifischen Symptome ist eine adäquate Diagnostik der PNH oft erschwert. „Klarheit bringt bei Verdacht auf eine PNH die durchflusszytometrische Untersuchung des peripheren Blutes“, so Höchsmann.
Dr. Annette Junker
Virtuelle Launch-Pressekonferenz „Die PNH als Ganzes im Blick mit Pegcetacoplan: der erste zugelassene C3-Inhibitor“ am 09.03.2022, veranstaltet von Swedish Orphan Biovitrum GmbH.