Zervixkarzinom – Prävention, Diagnostik und Therapie
Das Zervixkarzinom, dessen Entstehung kausal durch eine persistierende Infektion mit high-risk humanen Papillomviren (HPV) ausgelöst wird, ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen, deren Inzidenz in den Industrienationen allerdings in den letzten Jahrzehnten – bedingt durch eine effektive Früherkennung von Karzinom-Vorstufen und eine verfügbare Impfung gegen die auslösenden HPV-Subtypen – deutlich zurückgegangen ist. In sehr frühen Stadien und bei Kinderwunsch ist die Möglichkeit des Organerhalts gegeben, während sonst in frühen Stadien die radikale Hysterektomie per Laparotomie die Standardtherapie darstellt. Ab dem Stadium IIB ist eine primäre platinbasierte Radiochemotherapie der Behandlungsstandard, wobei hier vorab ein laparoskopisches para-aortales Lymphknotenstaging zur Festlegung des Strahlenfeldes empfohlen wird. Das metastasierte Zervixkarzinom ist nach wie vor mit einer sehr schlechten Prognose assoziiert, doch konnten in den vergangenen Jahren Fortschritte in der Systemtherapie mit Implementierung der antiangiogenen Therapie mit Bevacizumab erzielt werden.Erste Ergebnisse zu immunonkologischen Behandlungsansätzen mit Checkpoint-Inhibitoren sind vielversprechend.
Schlüsselwörter: Zervixkarzinom, radikale Hysterektomie, Radiochemotherapie, Immuntherapie, Bevacizumab, Pembrolizumab, Nivolumab
Epidemiologie
Das Zervixkarzinom ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen [1]. Im Jahr 2018 wurde bei rund 570.000 Frauen weltweit ein invasives Zervixkarzinom diagnostiziert [2]; gut 300.000 Frauen starben an dieser Erkrankung [1]. Während die Inzidenz in den Industrienationen zurückgeht, ist die Erkrankungsrate in Entwicklungs- und Schwellenländern nach wie vor sehr hoch. Die altersstandardisierte Inzidenzrate für Europa lag im Jahr 2018 bei 11,2 pro 100.000, während sie etwa in Osteuropa 16,0 je 100.000 und in Süd-afrika sogar 43,1 pro 100.000 betrug [1]. Auch im Hinblick auf die Sterblichkeit zeigen sich weltweit deutliche Unterschiede zwischen Industrienationen und Entwicklungs- bzw. Schwellenländern. So hat Europa eine wesentlich niedrigere altersstandardisierte Mortalitätsrate von 3,8 (Deutschland 2,4) je 100.000 (als beispielsweise Osteuropa mit 6,1 Todesfällen je 100.000 [2] oder Indien und Südafrika mit 12,0 pro 100.000 [1]. Während etwa eine norwegische Frau, bei der zwischen 2000 und 2014 ein Zervixkarzinom diagnostiziert wurde, eine relative 5-Jahres-Überlebensrate von über 73 % aufwies, ist diese Rate bei einer südafrikanischen Frau nur halb so hoch (ca. 37 %) [1, 3].
In Deutschland wurden im Jahr 2016 rund 4.400 Zervixkarzinome diagnostiziert [4], nahezu die Hälfte davon im frühen Tumorstadium T1. Bei Diagnose ist eine Frau im Mittel 55 Jahre alt und damit deutlich jünger als bei anderen Tumorentitäten. Im Jahr 2016 verstarben in Deutschland rund 1.500 Frauen an einem invasiven Zervixkarzinom. Die Erkrankungs- und Sterberaten waren im letzten Jahrzehnt relativ stabil, nachdem die Inzidenzrate zwischen 1970 und 2000 auf etwa ein Viertel des Ausgangswertes gesenkt werden konnte [4].

Pathogenese
Pathogenetisch ist die Ursache für die Entstehung eines Zervixkarzinoms und seiner Vorstufen, den zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN), eine persistierende Infektion mit bestimmten Subtypen der sexuell übertragbaren humanen Papillomviren (HPV) [5, 6]. In fast allen Zervixkarzinomen sind high-risk-HPV-Typen nachweisbar, von denen die Typen HPV 16 und 18 besonders häufig sind. 70–85 % der Zervixkarzinome sind histologisch Plattenepithelkarzinome, ca. 10–25 % Adenokarzinome [7, 8]. Platten-epithelkarzinome sind zu 95–100 % HPV-positiv – am häufigsten für HPV 16 –, Adenokarzinome sind zu 80–92 % HPV-positiv, in diesem Fall überwiegend für HPV 18. Weitere Risikofaktoren für ein Zervixkarzinom sind häufig wechselnde Sexualpartner [10], Immunsuppression (z. B. bei HIV) und Rauchen [9]. Weitere Malignome im Anogenitalbereich wie etwa Vulvakarzinome, Vaginal, Penis- und Analkarzinome stehen ebenfalls im Zusammenhang mit high-risk-HPV-Infektionen.
Warum eine HPV-Infektion, die bei einem großen Teil der Bevölkerung irgendwann im Leben stattfindet, bei
5–10 % der Frauen persistiert und von diesen wiederum nur wenige ein Karzinom entwickeln, ist bisher nicht im Detail verstanden [10].
Primärprävention
Zur Primärprävention einer HPV-Infektion ist seit 2006 eine HPV-Impfung verfügbar, die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland zunächst für Mädchen im Alter von 9–14 Jahren [11] empfohlen wurde, seit 2018 auch für gleichaltrige Jungen [12]. Derzeit sind drei Impfstoffe zugelassen: ein bivalenter Wirkstoff zum Schutz vor den beiden high-risk-HPV-Typen 16 und 18, ein quadrivalenter, der zusätzlich gegen die low-risk-HPV-Typen 6 und 11 immunisiert, und seit 2015 ein nonavalenter, der einen Schutz vor den HPV-Subtypen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 entfaltet. Alle Impfstoffe sind ab einem Alter von 9 Jahren zugelassen und gelten als gut verträglich und sicher [13].
Eine aktualisierte Metaanalyse aus dem Jahr 2019, die Daten von 60 Millionen Menschen aus 14 Ländern mit hohem Einkommen berücksichtigt und einen Zeitraum von 8 Jahren nach Einführung der Vakzinierung überblickt, untermauert die gute Wirksamkeit einer HPV-Impfung. Bei Mädchen im Alter von 13–18 Jahren wurde ein signifikanter Rückgang der high-risk-HPV Infektionen mit HPV 16 und 18 um 83 % beobachtet, bei Frauen im Alter von 20–24 Jahren lag diese Reduktion bei 66 % [14]. Daher wird empfohlen, die Impfung möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr durchzuführen, bevor eine HPV-Infektion nachgewiesen werden kann. Zudem wurden rund 51 % bzw. 31 % weniger hochgradige Läsionen (CIN2+) bei den untersuchten und geimpften Mädchen/jungen Frauen im Alter von 15–19 Jahren bzw. 20–24 Jahren nachgewiesen. Bei hoher Durchimpfungsrate war die Reduktion am ausgeprägtesten; zudem wurde ein positiver Effekt auf die Herdenimmunität dokumentiert [14].
In Deutschland sind die HPV-Impfraten über die letzten Jahre hinweg nur schwach angestiegen. Bundesweit lag die Impfquote für eine vollständige HPV-Impfserie bei 15-jährigen Mädchen im Jahr 2011 bei rund 26,5 % und im Jahr 2015 bei nur rund 31 % [15]. Eine Herden-immunität konnte damit nicht erreicht werden. Hierbei ist ein deutlicher Unterschied zwischen den alten (2015: 29,1 %) und neuen Bundesländern (2015: 46,2 %) zu erkennen. Impfquoten von über 40 % mit vollständiger Immunisierung werden in Deutschland erst in einem Alter von 17 Jahren erreicht [15]. Um hohe Durchimpfungsraten zu erzielen, haben sich in anderen Ländern schulbasierte Programme als besonders erfolgreich erwiesen. Australien beispielsweise implementierte im Jahr 2007 ein schulbasiertes Impfprogramm für alle Mädchen im Alter von 12 Jahren und erzielte damit Impfquoten von über 80 %. Seit 2013 werden in Australien auch Jungen im Alter von 12–13 Jahren geimpft. Aufgrund der niedrigen HPV-Impfquoten in Deutschland wird auch hierzulande die Not-wendigkeit eines schulbasierten Impf-programms diskutiert.
Früherkennung
Seit 1971 ist die jährliche zytologische Vorsorgeuntersuchung gegen das Zervixkarzinom etabliert. Durch den zytologischen Abstrich von Portio und Zervix (Pap-Test) gelingt es häufig, Vorstufen (Präkanzerosen wie die CIN3) bzw. Frühstadien eines invasiven Zervixkarzinoms zu diagnostizieren, sodass ein Organerhalt möglich ist. Die Inzidenz des Zervixkarzinoms konnte dadurch stark gesenkt werden.
Da sich gezeigt hatte, dass bisher vor allem jüngere und sozial besser gestellte Frauen die Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nahmen, erfolgen Früherkennungsuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs seit Januar 2020 nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) als organisiertes Programm. Dabei erfolgte auch ein Para-digmenwechsel, weil neben dem organisierten Screening auch der molekulare Nachweis auf HPV in das Programm aufgenommen wurde [16]. Frauen
ab 35 Jahren haben jetzt alle 3 Jahre Anspruch auf ein kombiniertes Screening aus zytologischer Untersuchung und HPV-Test (Ko-Test). Für Frauen zwischen dem 20. und 34. Lebensjahr ist weiterhin eine jährliche Zytologie vorgesehen. Grund für die HPV-Testung erst ab dem 35. Lebensjahr ist, dass jüngere Frauen häufig HPV-positiv sind, ohne dass sich daraus eine klinische Konsequenz ergibt. Unabhängig vom Screening auf das Zervixkarzinom haben Versicherte weiterhin Anspruch auf eine jährliche gynäkologisch-klinische Vorsorgeuntersuchung.
Diagnostik
Die Abklärungskolposkopie mit Entnahme von Biopsien aus allen erkenn-baren Läsionen gilt als Goldstandard der Diagnostik des frühen Zervixkarzinoms und seiner Vorstufen. Präkanzerosen der Cervix uteri sollten unter kolposkopischer Sicht vollständig exzidiert werden. Besteht der klinische Verdacht auf ein invasives Zervixkarzinom, sollte der auffällige Bereich zur histologischen Sicherung biopsiert werden. Die Stadieneinteilung erfolgt beim Zervixkarzinom sowohl klinisch als auch bildgebend oder histologisch.
Mit der aktualisierten FIGO(Fédéra-tion Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique)-Klassifikation 2018 wurde nicht nur das Stadium IB3 neu eingeführt; auch alle nodalpositiven Karzinome werden seitdem in ein neues Stadium FIGO IIIC eingeteilt, welches mit einer schlechten Prognose einhergeht [17]. Zudem spielt nun die Bildgebung mittels MRT und (PET-)CT für die Stadieneinteilung eine Rolle, wodurch der Lymphknotenstatus erstmalig in die FIGO-Klassifikation integriert wurde. Das mikroinvasive Karzinom wird jetzt allein durch die Tiefe der Stromainfiltration definiert; die flächige (horizontale) Ausdehnung ist damit nunmehr irrelevant.
Zudem erfolgte eine Einteilung in pelvinen und paraaortalen Lymphknoten-Befall, ergänzt durch die Angabe, ob diese Information auf radiologischen (r) oder histologischen (p) Ergebnissen beruht. Die aktuelle Klassifikation ist in Tab. 2 zusammengefasst.

Die weiterführende Diagnostik beim Zervixkarzinom ist abhängig vom Tumorstadium und kann hier nicht im Detail dargestellt werden. Überdies spielt der transvaginale Ultraschall als Untersuchungsverfahren eine bedeutende Rolle.
Operation
Neben diversen organerhaltenden Verfahren bei bestehendem Kinderwunsch [18], die in der Regel nur bis zum Stadium IBI und einer Tumorgröße unter 2 cm onkologisch sinnvoll sind, ist ansonsten die klassische Operationstechnik die radikale Hysterektomie, die stadien- und tumorgrößenabhängig durchgeführt wird. Auch hier gibt es zahlreiche verschiedene OP-Techniken, wie den Leit-linien zu entnehmen ist [19].
Einhellige Meinung ist, dass möglichst auf ein multimodales Konzept verzichtet werden sollte, um den Patientinnen nicht die potentiellen Nebenwirkungen mehrerer Therapiemodalitäten zuzumuten. Das bedeutet: Wenn von vorneherein die Indikation für eine Ra-diatio besteht, sollte man von einer vorherigen radikalen Hysterektomie absehen. Um möglichst auf eine adjuvante Radiatio verzichten zu können, aber trotzdem mehr lokale Sicherheit mit weniger Morbidität zu ermöglichen, wurde das innovative operative Therapiekonzept der Totalen Mesometrialen Resektion (TMMR, Abb. 1) von Prof. Höckel ent-wickelt [20].

Hier wird bis einschließlich Stadium IIB stets identisch radikal vorgegangen – und nicht Tumorgrößen-adaptiert. Entsprechend der embryologisch entwickelten Kompartimente werden unter Erhalt des Plexus hypogastricus inferior und superior die vaskulären und ligamentären Mesometrien samt Uterus und Tuben sowie einer Scheidenmanschette reseziert. Ultraradikal werden die pelvinen Lymphknoten im Sinne einer therapeutischen Lymphonodektomie reseziert, um selbst bei Nachweis eines Lymphknotenbefalls auf eine adjuvante Strahlentherapie verzichten zu können [20]. Die unizentrischen Daten sind höchst vielversprechend und aktuell wird dieses Therapiekonzept prospektiv multizentrisch in einer Beobachtungsstudie überprüft.
Parallel hat beim fortgeschrittenen Stadium, wenn eine primäre Radiochemotherapie erfolgen soll, die Bedeutung des operativen Stagings per Laparoskopie zugenommen, um damit das Ausmaß des Strahlenfeldes festlegen zu können.
Laut aktuell gültiger Version der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom“ wird im Stadium IIB eine Radiochemotherapie gegenüber einer Opera-tion präferiert [19]. Auch bei zusätzlichen klinischen Risikofaktoren (L1, G3, Tumorgröße ab 4 cm) wird die primäre Radiochemotherapie gegenüber einer Operation mit nachfolgender adjuvanter Therapie bevorzugt [19].
Bei Vorliegen einer R1-Resektion oder bei Nodallbefall besteht nach der klassischen radikalen Hysterektomie die Indi-kation für eine adjuvante Strahlentherapie [19].
Hinsichtlich des operativen Zugangswegs bei der radikalen Hyperektomie zeigen die Ergebnisse der Phase-III-Studie LACC bei 309 Patientinnen mit frühem Zervixkarzinom (Tumoren bis zu einer Größe < 4 cm), dass nach einer laparoskopisch radikalen Hyperektomie (nach Piver) im Vergleich zu einer abdominalen offenen sowohl ein Nachteil hinsichtlich des krankheitsfreien Überlebens nach 4,5 Jahren (86,0 % vs. 96,5 %; 3-Jahres-Rate 91,2 % vs. 97,1 %; HR für Rückfall oder Tod 3,74) als auch des Gesamtüberlebens (3-Jahres-Rate 93,8 % vs. 99,0 %; HR 6,00) besteht. Dies ist gleichbedeutend mit einer etwa 4-fach erhöhten Rezidivrate und einer 6-fach erhöhten Mortalitätsrate nach laparoskopischer radikaler Hysterektomie im
Vergleich zur Laparotomie [21]. Auch aktualisierte Überlebensdaten bestätigen den hochsignifikanten Gesamtüberlebensvorteil einer radikalen Hysterektomie per Laparotomie. Daher bezeichnet die ESGO (European Society Gynecologic Oncology) in einem aktuellen Statement die radikale Hysterektomie per Laparotomie als Goldstandard [22].
Radiochemotherapie, Chemotherapie, zielgerichtete Therapie
Ab Stadium IIB oder schon in früheren Stadien bei gleichzeitig vorliegenden Risikofaktoren (s. o.) kann die Radiochemotherapie als alleinige primäre Therapie, aber auch als Behandlung des Rezidivs – falls nicht schon bei Erstdiagnose erfolgt –, eingesetzt werden. Meist wird die Behandlung als Kombination aus perkutaner und Brachytherapie durchgeführt – in der Regel unter Verwendung von Cisplatin als Radiosensitizer [19].
Aktuelle Studien zeigen keinen Überlebensvorteil für eine neoadjuvante Chemotherapie mit dem Ziel des Downstagings. In der EORTC-GCG-55994-Studie zeigte sich bei neoadjuvanter Chemotherapie gefolgt von der Operation im Vergleich zur primären Radiochemotherapie ein signifikant verkürztes progressionsfreies Überleben und kein Unterschied beim Gesamtüberleben [23].
In der fernmetastasierten Situation können als palliative Therapie neben Cisplatin auch Topotecan oder Paclitaxel in Kombination eingesetzt werden. Bei ausgeprägter Niereninsuffizienz kann anstelle von Cisplatin auch Carboplatin verabreicht werden, welches weniger toxisch ist [24].
Seit März 2015 ist beim metastasierten Zervixkarzinom in der Erstlinie Bevacizumab in Kombination mit Paclitaxel und Cisplatin bzw. mit Paclitaxel und Topotecan (falls keine platinbasierte Therapie möglich ist) zugelassen. In der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie GOG 240 lebten betroffene Frauen signifikant und klinisch relevant im Median 3,7 Monate länger, wenn sie Bevacizumab in Kombination mit der Standard-Chemotherapie erhielten [25]. Bevacizumab ist die erste und bisher einzige antiangiogenetische zugelassene Substanz beim Zervixkarzinom.
Immuntherapie
Das Zervixkarzinom ist unter den gynäkologischen Malignomen dasjenige mit der höchsten Mutationslast, somit besonders immunogen und daher einer Immuntherapie zugänglicher als andere gynäkologische Tumoren [26].
So gibt es beim Zervixkarzinom Hinweise darauf, dass ein immunonkologischer Behandlungsansatz mit Checkpoint-Inhibitoren wirksam sein könnte. Zwar ist die Studienlage zur Immuntherapie beim metastasierten Zervixkarzinom noch überschaubar, doch zeigen die Studien KEYNOTE-028 [27] und KEYNOTE-158 [28] mit Pembrolizumab ermutigende Ansprechraten in der metastasierten Situation. Auch wenn nur ein kleiner Prozentsatz der Patientinnen auf die Behandlung ansprach, so zeigten die Responder in Analogie auch zu anderen Tumorentitäten ein Langzeitansprechen, was so mit anderen Substanzklassen beim Zervixkarzinom nie gesehen wurde.
In der KEYNOTE-158-Studie waren von 98 untersuchten Patientinnen 83,7 % PD-L1-positiv. Einschlusskriterien waren fortgeschrittene Tumorbefunde, Progress während der Behandlung oder Intoleranz gegenüber mindestens einer Standardtherapie. 12 Responder auf Pembrolizumab waren PD-L1-positiv und die ORR war mit 14,6 % (95-%-KI 7,8–24,2) etwas höher als die des Gesamtkollektivs (13,3 %). Neun von 13 Fällen eines positiven Ansprechens waren auch nach einer Follow-up-Zeit von 9 Monaten noch nachweisbar. Die Ergebnisse führten dazu, dass Pembrolizumab in der zweiten Behandlungslinie nach Progress während oder nach Chemotherapie bei PD-L1-positiven Zervixkarzinomen bereits von den NCCN-Guidelines empfohlen wird [29] (Tab. 2). Eine entsprechende EU-Zulassung gibt es allerdings noch nicht. Ob die PD-L1-Expression ein wegweisender prädiktiver Marker für das Ansprechen einer Checkpoint-Inhibitor-Therapie ist, wird weiter in Studien untersucht.
Einen Entitäten-übergreifenden Ansatz bietet die Phase-I/II-Studie CheckMate-358, in der verschiedene Virus-assoziierte Tumoren eingeschlossen und mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab behandelt wurden. Bei 19 Patientinnen mit Zervixkarzinom konnte eine Ansprechrate von 26,3 % erreicht werden [30] (Tab. 3).

Derzeit laufen mehrere prospektive, randomisierte Phase-III-Studien mit Checkpoint-Inhibitoren in der Erstlinie. Zukünftig wird es entscheidend darauf ankommen, die immunvermittelten Wirkungen besser zu verstehen und auch Strategien zu entwickeln, wenn eine Resistenz gegenüber einer Immuntherapie vorliegt. Potentielle immunvermittelte Nebenwirkungen unter Checkpoint-Inhibitoren, die letztendlich jedes Organ betreffen könnten, gilt es zu beachten.
Neben den Checkpoint-Inhibitoren stellt auch der adoptive T-Zell-Transfer einen weiteren erfolgversprechenden immuntherapeutischen Ansatz beim Zervixkarzinom dar. Ex vivo werden dabei Tumor-infiltrierende Lymphozyten (TILs) aus Tumorproben isoliert. Nachdem die Lymphozytendepletion durch Chemotherapie und genetische Modifikation der T-Zellen erfolgt ist, wird die autologe Reinfusion durchgeführt. Als spezifische Antigen-Zielstrukturen für HPV-positive Zellen dienen die HPV-Proteine E6 und E7. In einer frühen klinischen Studie mit neun Patientinnen mit refraktärem metastasiertem Zervixkarzinom konnten bei zwei Frauen durch die HPV-E6/E7-TIL-Infusion langanhaltende Remissionen erreicht werden, begleitet von einer kurzfristigen Erhöhung des Zytokin-Levels [31].
Das Konzept der autologen T-Zell-therapie verfolgt auch die offene, multizentrische Phase-II-Studie IOVANCE (NCT03108495). In dieser einarmigen Studie wird eine adoptive Zelltherapie mit autologer TIL-Infusion (LN-145) gefolgt von einer Interleukin-2Therapie nach einem präparativen Regime mit nicht-myeloablativer Lymphodepletion beim rezidividierenden, metastasierten Zervixkarzinom evaluiert.
Fazit
Inzidenz und Mortalität des Zervixkarzinoms sind in den Industrienationen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Das wird auf die effektive Früherkennung von Karzinom-Vorstufen und die Verfügbarkeit einer Impfung gegen die auslösenden high-risk-HPV-Subtypen zurückgeführt.
Die Impfrate ist in Deutschland leider sehr niedrig und für den Aufbau einer Herdenimmunität nicht ausreichend. Seit Januar 2020 haben Frauen ab 35 Jahren erstmals alle 3 Jahre Anspruch auf ein organisiertes Screening, das zusätzlich zur zytologischen Untersuchung einen HPV-Test beinhaltet (Ko-Test).
Therapeutisch bleibt in frühen Stadien die radikale Hysterektomie, bevorzugt per Laparotomie, der Behandlungsstandard, während ab dem Stadium IIB die alleinige primäre Radiochemotherapie präferiert wird. Beim metastasierten Zervixkarzinom konnten in den vergangenen Jahren Fortschritte durch die Einführung der zielgerichteten Therapie mit Bevacizumab in der Systemtherapie erzielt werden. Nun ruhen die Hoffnungen auf immuntherapeutischen Ansätzen. Ermutigende Ergebnisse früher Studien mit Checkpoint-Inhibitoren liegen bereits vor.
Summary
Cervical cancer causally triggered by persistent infection with high-risk human papilloma viruses is the fourth most common cancer in women worldwide, but its incidence in industrialized countries has decreased significantly in recent decades – due to effective early detection of precursor lesions and the option
of vaccination against high-risk HPV subtypes.
In very early stages and in the case of a desire to have children, organ preservation is possible whereas in early cervical cancer radical hysterectomy per laparot-omy is the standard therapy. In stage IIB or higher, primary platinum-based radiochemotherapy is the standard therapy. A preceding laparoscopic para-aortic lymph node staging is recommended in order to determine the radiation field.
Metastatic cervical cancer is still associated with a very poor prognosis, but in recent years progress has beenmade with the implementation of targeted therapy with bevacizumab in systemic treatment. Initial results on immuno-oncological treatment approaches with checkpoint inhibitors are encouraging.
Keywords: cervical cancer, radical hysterectomy, radiochemotherapy, immuno-oncological treatment