CAR-T-Zellen – eine neue Option in der Hämatologie und Onkologie
Immuntherapien sind in den letzten Jahren in der Hämatologie und Onkologie stark ins Gespräch gekommen, aber genau genommen werden sie seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet: Die allogene Stammzelltransplantation sowie monoklonale Antikörper, v. a. der CD20-Antikörper Rituximab beispielsweise, haben die Prognose hämatologischer Malignome deutlich verbessert. Allerdings hat die Vielfalt immunologischer Behandlungsoptionen in den letzten Jahren tatsächlich noch einmal rapide zugenommen: Das betrifft „normale“ Antikörper (z. B. Obinutuzumab), aber auch Antikörper-Toxin-Konjugate wie Polatuzumab Vedotin, Immuncheckpoint-Inhibitoren und CAR-T-Zellen (CAR = Chimeric Antigen Receptor). Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die seit August 2018 in Europa zugelassenen CAR-T-Zell-Therapien bei aggressiven B-Zell-Lymphomen.
Schlüsselwörter: Immuntherapie, CAR-T-Zellen, B-Zell-Lymphome, Tisagenlecleucel, Axicabtagen-Ciloleucel, Zytokin-Freisetzungssyndrom, ICANS, Tocilizumab
Das Ausgangsprodukt für die Herstellung von CAR-T-Zellen sind körpereigene T-Lymphozyten, die durch eine Leukapherese ohne vorherige Stimulation gewonnen werden (Abb. 1).

Die angereicherten T-Zellen werden mittels eines retro- oder lentiviralen Vektors mit dem chimären Antigenrezeptor (CAR) transduziert und ex vivo expandiert [1]. Das auf Sterilität und Funktion getestete CAR-T-Produkt wird kryokonserviert und in einem Stickstofftank an das behandelnde Krankenhaus geliefert. Dort werden die Zellen dem Patienten reinfundiert.
Der Prozess der Produktion, der bisher die Versendung der nativen Zellen nach Übersee und den Rücktransport beinhaltet, dauert mit entsprechenden Lieferwegen und Qualitätskontrollen ca. 25–35 Tage. Vor Transfusion der CAR-T-Zellen erfolgt eine lymphodepletierende Chemotherapie (meist Fludarabin und Cyclophosphamid über drei bis vier Tage); durch diese
lymphodepletierende Behandlung soll ein für Expansion, Persistenz und Wirksamkeit der CAR-T-Zellen günstiges immunologisches Milieu geschaffen werden.
Der CAR besitzt eine extrazelluläre Domäne, eine Transmembran-Domäne und eine intrazelluläre Signalübertragungs-Komponente. Die extrazelluläre Komponente leitet sich von einem Antikörper aus schweren und leichten Ketten ab (single chain variable fragment, scFv) und soll ein Antigen auf der Tumorzelle erkennen. Der wesentliche Unterschied gegenüber dem T-Zell-Rezeptor ist, dass dafür keine Präsentation durch MHC-Proteine (Major Histocompatibility Complex) erforderlich ist. Dadurch sowie durch die Fokussierung auf ein einziges Antigen lässt sich bei diesem Ansatz die Graft-versus-Host-Reaktion vermeiden, die eines der Hauptprobleme bei der allogenen Stammzelltransplantation darstellt. Die Transmem-bran-Domäne ist CD8- oder IgG4-Molekülen vergleichbar, während die intrazelluläre Komponente des CARs aus einer ko-stimulatorischen Domäne und der CD3ζ-Kette zusammengesetzt ist (Abb. 2).

Hat die Antigen-bindende Domäne des CARs an das Antigen auf der Oberfläche der Tumorzelle gebunden, so wird durch die intrazellulären kostimulatorischen Domänen die CAR-T-Zelle aktiviert und eine zytotoxische Kaskade initiiert, als deren Folge die Tumorzelle lysiert wird [2].
Die bisher verfügbaren CAR-T-Zellen richten sich gegen das CD19-Antigen, das von der Mehrzahl aller B-Zell-Leukämien und -Lymphome exprimiert wird, und zwar in höherer Konzentration als andere potentielle Zielstrukturen (z. B. CD20, CD22). Die Expression von CD19 auf gesunden Zellen beschränkt sich auf die B-Zell-Reihe, weshalb eine Behandlung mit CAR-T-Zellen regelmäßig in einer B-Zell-Aplasie und in der Folge in einem Antikörpermangel resultiert. Bei gehäuft auftretenden Infekten kann dieser Mangel durch die monatliche Gabe intravenöser Immunglobuline substituiert werden.
Design und Funktionalität der rekombinanten CAR-Moleküle haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Die ersten CARs wiesen intrazellulär nur die CD3ζ-Domäne auf, und die dadurch vermittelten intrazellulären Si-gnale konnten ruhende T-Zellen nicht stimulieren und keine anhaltenden T-Zell-Reaktionen oder Zytokin-Freisetzungen bewirken [1, 4]. Bei den CAR-T-Zellen der zweiten Generation ermöglichten zusätzliche intrazelluläre kostimulatorische Signaldomänen (z. B. CD28 oder 4-1BB) eine stärkere Aktivierung und Persistenz ebenso wie eine wirksamere Expansion der Zellen [5, 6]. Dieses Konstruktionsprinzip kennzeichnet die derzeit zugelassenen CAR-T-Zell-Produkte, während bei Zellen der dritten Generation das Signalübertragungspotential von zwei kostimulatorischen Domänen kombiniert wird (z. B. CD28 und 4-1BB). Bei einer in Entwicklung befindlichen vierten Generation, den TRUCKs (T cells Redirected for antigen-Unrestricted Cytokine-initiated Killing), verstärken weitere genetische Modifikationen (Transgene für die Ausschüttung von Zytokinen wie IL-12 oder zusätzliche kostimulatorische Liganden) die Anti-Lymphom-Aktivität zusätzlich [7–9].
Klinische Daten und Zulassung von CAR-T-Zellen
Die beiden ersten zugelassenen CAR-T-Zell-Produkte – Tisagenlecleucel und Axicabtagen-Ciloleucel – richten sich beide gegen CD19, unterscheiden sich aber in der Wahl des viralen Vektors für die Transduktion sowie der kostimulatorischen Domäne: Axicabtagen-Ciloleucel wird mit einem retroviralen Vektor hergestellt und enthält die intrazelluläre kostimulatorische Domäne CD28, bei Tisagenlecleucel sind es ein lentiviraler Vektor und die kostimulatorische Domäne 4-IBB (Abb. 2). Das wirkt sich auf die Expansion der Zellen in vivo sowie auf das Toxizitätsprofil aus. Tisagenlecleucel und Axicabtagen-Ciloleucel wurden 2017 durch die FDA in den USA und im August 2018 durch die EMA in Europa zur Behandlung rezidivierter oder refraktärer (r/r) diffus-großzelliger B-Zell-Lymphome (DLBCL) zugelassen, Axicabtagen-Ciloleucel ist auch bei r/r primär mediastinalen Lymphomen (PMBCL) indiziert. Die Zulassungen basierten auf klinischen Studien mit solchen Patienten:
Die Therapie erwachsener Patienten mit r/r DLBCL oder transformiertem follikulärem Lymphom nach zwei oder mehr Vortherapien mit Tisagenlecleucel wurde in der JULIET-Studie (NCT02445248) untersucht. Von insgesamt 93 Patienten, die nicht für eine Hochdosistherapie infrage kamen oder sie bereits erhalten hatten, sprachen 52 % an, 40 % mit einer Komplettremission. Bei den Respondern war die mediane Ansprechdauer nach median 14 Monaten noch nicht erreicht [9]. Die Ansprechrate übertraf alles, was in historischen Vergleichskollektiven mit bisherigen Standardtherapien erreichbar war. Tisagenlecleucel ist außerdem auf der Basis der ELIANA-Studie zur Behandlung von Kindern und jungen Erwachsenen mit r/r B-Vorläufer-ALL (akute lymphoblastische Leukämie) zugelassen [11].
Die Zulassung von Axicabtagen-Ciloleucel zur Therapie erwachsener Patienten mit r/r DLBCL und r/r PMBCL beruht auf der einarmigen Phase-I/II-Studie ZUMA-1 (NCT02348216). Hier sprachen bei einem medianen Follow-up von 15,4 Monaten 82 % der Patienten (83 von 101) nach einer Infusion mit Axicabtagen-Ciloleucel an, davon 54 % komplett (55 von 101). Die 1-Jahres-Überlebensrate beträgt 59 % [12].
Auch mit Axicabtagen-Ciloleucel sind die Ergebnisse signifikant besser als bei historischen Kontrollen, wie ein Vergleich von ZUMA-1 mit der SCHOLAR-1-Studie zeigte, einer gepoolten retro-spektiven Analyse von Patienten mit refraktärem DLBCL aus zwei großen randomisierten Studien und zwei US-amerikanischen Datenbanken [13, 14]. Derzeit laufen mehrere randomisierte Studien, in denen die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen direkt mit einem herkömmlichen Behandlungsstandard – der Hochdosis-Chemotherapie mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation – verglichen werden soll (ZUMA-7; NCT03391466, TRANSCEND).
Beim ASH-Kongress im Dezember 2019 in Orlando wurden zu den beiden bisher zugelassenen Präparaten Real-World-Daten von insgesamt mehr als 800 Patienten gezeigt, bei denen die Wirksamkeit im Großen und Ganzen mit der in den jeweiligen Zulassungsstudien vergleichbar war [15–17].
Ebenfalls beim ASH-Kongress wurden Daten der Studie TRANSCEND NHL 001 präsentiert: Darin konnte mit dem CAR-T-Zell-Präparat Lisocabtagen Maraleucel bei bislang 256 Patienten mit r/r großzelligen B-Zell-Lymphomen eine Ansprechrate von 73 % (bei 53 % Komplettremissionen) erzielt werden [18]. Die Zulassung des Präparats, bei dem auf gleiche Anteile von CD4- und CD8-Lymphozyten geachtet wird, ist in Kürze zu erwarten.
Unerwünschte Wirkungen von CAR-T-Zellen
Im Vergleich zu historischen Daten mit konventionellen Therapien ist die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen bei Patienten mit aggressiven Lymphomen hervorragend; das wird jedoch nicht selten mit Nebenwirkungen erkauft, die sich teilweise erheblich von den mit Chemotherapien und anderen herkömmlichen Therapien beobachteten unterscheiden, und die durchaus schwerwiegend sein können.
Am häufigsten werden ein Zytokin-Freisetzungssyndrom (cytokine release syndrome, CRS) und ein immunes Effektorzell-assoziiertes Neurotoxizitäts-Syndrom (ICANS) beobachtet [18, 19].
Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS)
Ein CRS – im Deutschen oft auch als „Zytokin-Sturm“ bezeichnet – ist durch Symptome charakterisiert, die klinisch und anhand der Laborwerte zum Teil durchaus schwere septische Komplikationen imitieren. Sie werden durch die Ausschüttung von Zytokinen verursacht, wie sie bei der Aktivierung großer Mengen von Lymphozyten vorkommt. Im Mittelpunkt steht dabei Interleukin-6 (IL-6), ein pleiotropes Zytokin mit pro- und anti-inflammatorischen Wirkungen [20]. Inzidenz und Schweregrad des CRS korrelieren offenbar mit der Krankheitslast vor Beginn der Behandlung [21], bedingt vermutlich durch die stärkere Aktivierung von T-Zellen, wenn diese auf mehr Ziel-Antigene treffen.
Die Symptome bei einem CRS sind zum einen konstitutioneller Natur: Im Vordergrund stehen hohes Fieber, Unwohlsein, Müdigkeit, Myalgien und Übelkeit, verursacht durch den Anstieg von Entzündungsmediatoren (zu Beginn TNF-α, später unter anderem IFN-γ, IL-1β, IL-2, und IL-6; Abb. 3).

Außerdem kann ein CRS jedes Organsystem betreffen (z. B. Herz-Kreislauf-System, Atmung, Niere, Leber, Hämatopoese und Nervensystem [19, 21, 22] und in seltenen Fällen in eine fulminante hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) übergehen.
Ein CRS wird klinisch diagnosti-
ziert, der Schweregrad durch die
kardiopulmonale Funktionseinschränkung definiert. Bei den meist neutropenen Patienten stellen begleitende Infektionen ein Risiko dar, sodass die Suche nach Infekt-Herden und die Einleitung einer empirischen antiinfektiven Therapie obligat sind.
Die prognostische Wertigkeit verschiedener prädiktiver Biomarker für schwere Toxizitäten steht zurzeit im Fokus der translationalen Forschung (hohe Serumspiegel von IL-6, löslichem gp130, IFNγ, IL-15, IL-8 und/oder IL-10 etc.). Sie scheinen zum Teil mit der Art des verwendeten CAR-T-Zell-Produkts zu korrelieren [23, 24]. Normalerweise ent-
wickelt sich ein CRS in der ersten Woche nach Infusion der CART-Zellen und
erreicht binnen ein bis zwei Wochen einen Höhepunkt, der von der maximalen CAR-T-Zell-Expansion abhängt [19]. Ein CRS sollte entsprechend seinem Schweregrad behandelt werden, wobei in den ersten beiden Wochen nach CAR-T-Transfusion eine stationäre Überwachung üblich ist.
Therapeutische Antikörper bei CRS
Als Medikament der Wahl zur Therapie eines CRS hat sich mittlerweile der gegen den IL-6-Rezeptor gerichtete Antikörper Tocilizumab etabliert, der in Europa für diese Indikation zugelassen ist. Bei den meisten Patienten kommt es unter Tocilizumab zu einem raschen Rückgang der mit dem CRS assoziierten Symptome, ohne dass die Wirksamkeit der CAR-T-Zell-Therapie darunter leidet [22, 25, 26]. Wir geben in München Tocilizumab bei Grad-1-CRS nach 24–72 Stunden, ab Grad 2 immer.
Die Anwendung des chimären, gegen lösliches IL-6 gerichteten Antikörpers Siltuximab in dieser Indikation wird derzeit in klinischen Studien untersucht [27].
Bei Versagen von Tocilizumab kommen Kortikosteroide zum Einsatz [19], bei therapierefraktären Verläufen kann Siltuximab im Einzelfall neben anderen Immunsuppressiva in Betracht kommen.
Immune effector Cell-Associated Neurotoxicity Syndrome (ICANS)
Eine Neurotoxizität ist die zweithäufigste schwerwiegende Nebenwirkung nach Transfusion von CAR-T-Zellen. Sie tritt meist im Anschluss an ein CRS auf, eventuell nach einem symptomfreien Intervall, und besteht üblicherweise in einer toxischen Enzephalopathie mit Verwirrtheit, Delir, Anfällen und im schlimmsten Fall einem schnell progredienten und dann oft letalen Hirnödem. Auch gleichzeitiges Auftreten von ICANS und CRS oder ein ICANS ohne vorhergehendes CRS wurden beschrieben. Die meisten ICANS-Episoden sind vollständig reversibel. Die Pathophysiologie ist ebenso wenig vollständig geklärt wie die Frage, ob ICANS nur mit CD19-spezifischen CAR-T-Zellen auftreten oder auch bei Zellen zu erwarten sind, die sich gegen andere Antigene richten. Routinemäßig wird ein Screening mit dem ICE-Score (Immune effector Cell Encephalopathy) empfohlen, mit dem sich Symptome wie Aphasie, Paraphrasie, Dyskalkulie und Dysgraphie nachweisen lassen [19].
Ebenso wie beim CRS ist die Diagnose eines ICANS eine rein klinische, die den Ausschluss wichtiger Differentialdiagnosen wie Blutungen, Krampfanfälle, Meningitis oder Meningeosis erfordert. Eine gegen IL-6 gerichtete Behandlung etwa mit Tocilizumab ist gegen ein mit einem CRS assoziiertes ICANS wirksam, bei Auftreten einer CRS-unabhängigen Neurotoxizität jedoch meist nicht; hier sind hochdosierte Kortikosteroide die Behandlung der Wahl [19, 28, 29]. Darüber hinaus gibt es interessante präklinische Daten zum Einsatz des Interleukin-1-Rezeptorantagonisten Anakinra bei ICANS.
Ein ICANS kann in der Ausprägung der Symptome stark variieren, daher sollten die Patienten sorgfältig und engmaschig überwacht werden [19], vor allem, um die seltene, aber akut lebensbedrohliche Komplikation eines Hirnödems nicht zu übersehen, gegen das eine Anti-IL-6-Therapie nicht wirkt. Ähnlich wie beim CRS wird ein ICANS entsprechend dem Schweregrad der Symptomatik behandelt, die sich anhand der Veränderungen von Bewusstsein, Vigilanz und ICE-Score quantifizieren lässt.
Früher Steroideinsatz reduziert Toxizitäten
In den ZUMA-1-Kohorten 1 und 2, die für die Zulassung von Axicabtagen- Ciloleucel maßgeblich waren, wurden bei 11 % der Patienten ein CRS und bei 32 % neurologische Ereignisse vom Grad 3 oder höher registriert [30]. In einer weiteren Kohorte 4 wurden bereits bei den ersten niedrig-gradigen Anzeichen für diese CAR-T-Zell-typischen Nebenwirkungen Kortikosteroide verabreicht, um ein Fortschreiten zu verhindern [31]. Außerdem war in dieser Kohorte im Gegensatz zu den beiden anderen eine Bridging-Therapie vor der Verabreichung der CAR-T-Zellen erlaubt.
Erwartungsgemäß wurden in dieser Kohorte häufiger Steroide (73 % vs. 27 %) – bei allerdings geringerer kumulativer Dosierung – und Tocilizumab (76 %
vs. 43 %) gegeben, dafür wurden aber erheblich weniger CRS (2 % vs. 13 %) und Neurotoxizitäten vom Grad ≥ 3 (17 % vs. 28 %) registriert als in den beiden anderen Kohorten.
Wenn die initiale Tumorlast statistisch berücksichtigt wurde, war die Effektivität (Ansprechrate, Dauer des Ansprechens, progressionsfreies Überleben) in beiden Populationen vergleichbar. Möglicherweise lässt sich also durch frühen Steroid-Einsatz das Risiko für höhergradige CRS- und ICANS-Episoden vermindern, ohne dass dadurch die Effektivität der CAR-T-Zell-Therapie beeinträchtigt wird. Allerdings waren die Kohorten nicht bezüglich Parametern bzw. Biomarkern, die mit CRS und ICANS assoziiert sind (z. B. CRP, Ferritin, T-Zell-Zahlen), gematcht, wodurch die Vergleichbarkeit eingeschränkt wird.
Weiterentwicklungen der CAR-T-Zell-Therapie
CAR-T-Zellen beim Mantelzell-Lymphom
Die Prognose von Patienten mit Ibrutinib-refraktärem Mantelzell-Lymphom ist mit einer medianen Überlebenszeit von etwa 5,8 Monaten ähnlich schlecht wie beim rezidivierten/refraktären DLBCL [32]. In der Phase-II-Studie ZUMA-2 sind neben Patienten mit anderen Entitäten bisher auch 28 Patienten mit r/r Mantelzell-Lymphom eingeschlossen, die zuvor ein Maximum von fünf Vortherapien erhalten hatten, darunter eine Chemotherapie, einen CD20-Antikörper und einen BTK-Inhibitor. Sie erhielten Anti-CD19-CAR-T-Zellen (KTE-X19), die dem für das DLBCL zugelassenen Axicabtagen-Ciloleucel ähneln, aber die Herstellung der Zellen umfasst einen weiteren Aufreinigungsschritt für Lymphozyten.
Wie beim letzten ASH-Kongress berichtet wurde [33], sind bei einer Gesamtansprechrate von 86 % mit 57 % Komplettremissionen drei Viertel der Re-sponder und 64 % aller behandelten Patienten in anhaltender Remission. Die 1-Jahres-Raten für Ansprechdauer, progres-
sionsfreies und Gesamtüberleben liegen bei 83 %, 71 % und 86 %, während unter konventioneller Salvagetherapie nach etwa
einem halben Jahr nur noch die Hälfte der Patienten am Leben ist [32]. Die Zulassung dieser Zellen in Europa ist beantragt.
Multiples Myelom
Auch für weitere onkologische Krankheitsentitäten werden CAR-T-
Zellen entwickelt: Weit fortgeschritten ist die Erprobung von Zellen mit CARs gegen das B-Zell-Reifungsantigen (B cell maturation antigen, BCMA), das sich auf den Plasmazellen des Multiplen Myeloms findet. In einer Phase-I-Studie (CRB-401) wurden mit BCMA-spezifischen CAR-T-Zellen der zweiten Generation (bb2122) hohe Ansprechraten bei stark vorbehandelten Patienten mit aggressiven Rezidiven des Myeloms bei insgesamt gut beherrschbarer Toxizität gefunden [34, 35].
Beim ASH-Kongress 2019 wurden aktuelle Ergebnisse der CARTITUDE-Phase-Ib/II-Studie präsentiert, in der das CAR-T-Zell-Präparat JNJ-4528 mit zwei gegen BCMA gerichteten Einzeldomänen-Antikörpern angewendet wurde [36]: Mit diesem Konstrukt konnte bei 29 Patienten mit rezidiviertem/refraktärem Myelom, die mindestens drei vorhergehende Therapielinien erhalten hatten oder doppelt refraktär waren, ein frühes und tiefes Ansprechen erreicht werden – bei handhabbarem Sicherheitsprofil. Nach median sechs Monaten Follow-up lag die Gesamtansprechrate bei 100 % – bei rund 70 % kompletten Remissionen, die im Median bereits nach einem Monat eintraten. Alle daraufhin überprüften Patienten waren MRD-negativ, 27 der 29 Patienten waren progressionsfrei.
Solide Tumoren
Bei der Behandlung solider Tumoren ist es noch nicht gelungen, die bisherigen klinischen Erfolge der CAR-T-Zell-Therapie bei hämatologischen Neoplasien zu reproduzieren. Als Resistenz- oder Immun-Escape-Mechanismen, die ein längerfristiges Therapieansprechen verhindern, wurden identifiziert:
- Mangel an geeigneten, tumorspezifischen Zielantigenen [37–39],
- Hemmung der Migration der Zellen in den Tumor und ihrer Persistenz im Tumor Microenvironment (TME),
- gehemmte Aktivierung der Zellen durch lokale Immunsuppression im TME,
- frühzeitige Erschöpfung der T-Zell-Aktivität durch chronische Überaktivierung in Abwesenheit des Zielantigens (tonic signalling) oder frühzeitige Apoptose durch übermäßige Aktivierung
(activation induced cell death, AICD).
Zur Verbesserung der Migration von CAR-T-Zellen in das Tumorgewebe mit Penetration der vor allem bei soliden Tumoren immunsuppressiven Stroma-Barriere werden mehrere Ansätze untersucht, die z. B. Konzentrationsgradienten von Chemokin-Liganden im Tumormilieu nutzen [40] oder CAR-T-Zellen direkt ins Tumorgewebe verabreichen – etwa IL-13-spezifische Zellen in Glioblastome [41].
In einer Phase-I-Studie (BrainChild-01, NCT03500991) werden derzeit Kindern mit Hirntumoren HER2-spezifische CAR-T-Zellen der dritten Generation direkt über einen ZNS-Katheter verabreicht.
Die lokale Immunsuppression im TME, die als Resistenzmechanismus gegenüber T-Zell-Therapien gilt [9, 42], lässt sich möglicherweise mit der Hochregulierung inhibitorischer Rezeptoren wie PD-1 oder CTLA-4 erklären. Im Mausmodell zeigt der kombinierte Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren und CAR-T-Zellen dementsprechend gute Ergebnisse [43].
Auch die Kombination von CAR-T-Zellen mit BiTE-exprimierenden onkolytischen Viren konnte die Wirkung von CAR-T-Zellen bei soliden Tumoren wiederherstellen [44].
AICD wird durch die Interaktion von Fc-Rezeptoren auf physiologisch zirkulierenden Immunzellen mit der extrazellulären Spacer-Domäne des CAR induziert [45, 46] und scheint nach Ko-Inkubation mit einem PD-1-spezifischen Antikörper in vitro reversibel zu sein [47]. Die frühzeitige Erschöpfung von CAR-T-Zellen durch tonic signalling und die daraus resultierende unzureichende anti-tumorale Aktivität hängt neben der extra-
zellulären Spacer-Domäne offenbar vor allem auch von der intrazellulären ko-stimulatorischen Domäne ab. Bei CAR-T-Zellen mit intrazellulärer CD28-
Domäne konnte eine stärkere Antigen-unabhängige Aktivierung und in der Folge eine frühere Erschöpfung mit reduzierter Persistenz der CAR-T-Zellen in vitro gefunden werden [48]. Zurzeit werden präklinisch auch bereits CAR-T-Zellen neuerer Generationen erprobt, die CARs gegen mehrere Antigene tragen, um den Verlust eines Zielantigens auf Tumorzellen zu kompensieren.
Fazit
CAR-T-Zellen sind ohne Zweifel eine vielversprechende neue Therapieform zur Behandlung von Patienten mit malignen Erkrankungen, auch wenn wir bei ihrer Anwendung in der Klinik erst am Anfang stehen. Zwar treten nach dieser Therapie bei einem signifikanten Anteil von Patienten mit aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen Therapieversagen und Rezidive auf, ohne dass es dafür bislang prädiktive Biomarker gäbe. Insgesamt aber haben wir mit diesen Präparaten eine kurative Option für ca. 40 % der Patienten mit DLBCL und 50 % derer mit ALL, deren Prognose bislang infaust war. Diese neue Therapieplattform steht derzeit noch am Anfang, bietet aber sehr viel Potential für Weiterentwicklungen. Erschwert wird die Anwendung unter anderem durch den komplexen und langwierigen Herstellungsprozess, der sich aber in naher Zukunft durch neue Produktionsstätten in Europa vereinfachen wird.
Summary
CAR T-cells – a new therapeutic option in oncology
Immunotherapies have largely
advanced the treatment of cancer in
recent years, although strictly speaking immunological treatments have been used successfully for decades: Allogeneic stem cell transplantation as well as
monoclonal antibodies, especially anti-CD20 anti-bodies like rituximab for
example have markedly improved the prognosis of hematological malignancies. The diver-sity of immunological treatment options, however, has been
immensely growing in recent years,
concerning „normal“ antibodies (e. g. obinutuzumab) as well as antibody-drug conjugates like polatuzumab vedotin, immune checkpoint inhibitors and
CAR-T-cells (CAR = chimeric antigen receptor). This article will present an overview of the CAR T-cell therapies that have been approved for the treatment of advanced aggressive B-cell lymphoma in Europe since August 2018.
Keywords: immunotherapy, CAR T-cells, B-cell lymphoma, tisagenlecleucel, axicabtagene ciloleucel, cytokine-release syndrome, ICANS, tocilizumab