Bicycles versus CARs: Sind bispezifische Antikörper eine Alternative zu CAR-T-Zellen?
Bispezifische Antikörper (bsABs) können ähnlich wie mit „chimeric antigen receptor“-transfizierten T-Zellen (CARTs) eine T-Zell- gesteuerte, antigenspezifische Immunantwort auslösen. Die theoretischen Vorteile gegenüber CARTs liegen auf der Hand [1]. BsABs sind „off the shelf“ („aus dem Regal“) und können ohne besondere Vorbereitung sofort dem Patienten verabreicht werden [2]. Sie werden in einer definierten Dosierung mit einer gut bekannten Pharmakokinetik verabreicht und unterliegen nicht den Schwankungen eines CAR-T-Produktes [3]. Es gibt kein „manufacturing failure“ [4]. Sie sind nicht genotoxisch, auch wenn dieser Aspekt bei der kurzen Beobachtungszeit innerhalb der aktuellen CART-Studien bislang noch keine Rolle spielt. Mit Blinatumomab wurde von der EMA bereits 2015 ein Produkt zur Behandlung der refraktären und rezidivierten (r/r) Philadelphia-Chromosom-negativen akuten lymphatischen Leukämie zugelassen, im Verlauf erfolgte die Zulassung auch bei MRDpositiven Patienten und Kindern. Derzeit werden mehrere CD20-Antikörper entwickelt, die ihren Platz in der Behandlung von Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen finden können. Auch bei anderen Indikationen wie dem Multiplen Myelom werden sowohl CARTs als auch bsABs entwickelt. Beide Verfahren haben aber auch ähnliche Einschränkungen: Erstens die Verwendung von autologen, durch Vortherapien „erschöpften“ T-Zellen, zweitens ein teilweise ähnliches Nebenwirkungsspektrum und drittens ähnliche Resistenzmechanismen wie den Verlust des Zielantigens und die Aktivierung der PD1/PD-L1-Achse. Es gibt auch offensichtliche Vorteile von CARTs wie den Langzeiteffekt der „lebenden“ und expandierten Zellen, und hinsichtlich neuer Technologien die potentielle Verwendung „frischer“ allogener T-Zellen sowie das unerschöpfliche Spektrum an biotechnologischen Modifikationen des CAR-T/NK-Prinzips. So bleibt es spannend, mit welcher Technologie sich der größte Benefit bei bestimmten Erkrankungen erzielen lässt.
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Die Geschichte der bispezifischen Antikörper (bsAB) beginnt zu einem ähnlichen Zeitpunkt wie die der CAR-T- Zellen (CARTs). Während erste Experimente von CARTs bis ins Jahr 1987 zurückreichen [1], wurden die ersten bsABs schon 1985 untersucht [2]. Die 1990er- Jahre brachten dann viele technologische Neuentwicklungen zu bsABs, die auch als „bispezifische Explosion“ bezeichnet wurden [3]. Allerdings startete die erste klinische Untersuchung am Menschen fast zeitgleich: Im Jahr 1997 wurde ein
CD30 x CD16-Antikörper bei Patienten mit Hodgkin-Lymphomen in Deutschland untersucht [4], während in San Francisco die ersten Tumorpatienten mit CARTs der ersten Generation behandelt wurden [5].
Das Wirkprinzip von CARTs und bsAB unterscheidet sich darin, dass bsAB nach Infusion direkt an die vorhandenen T-Zellen und Tumorzellen binden und durch die räumliche Nähe eine Immunreaktion ohne zusätzliche kostimulatorische Moleküle auslösen können (Abb. 1).