Nicht-melanozytäre Hauttumoren und Aderhaut-Melanom

Nicht-melanozytäre Hauttumoren – vor allem Plattenepithelkarzinome und Basalzellkarzinome – stellen die häufigs­ten Krebserkrankungen überhaupt dar, und ihre Inzidenz steigt kontinuierlich: Eine kürzlich publizierte Analyse fand in den Daten des Saarländischen Krebsregisters zwischen 1970 und 2012 eine Steigerung um den Faktor 22, und bis zum Jahr 2030 wird noch einmal eine Verdoppelung vorhergesagt [1]. Glücklicherweise sind die besonders häufigen kutanen Plattenepithelkarzinome im Normalfall fast immer heilbar, aber in einigen wenigen Fällen kommt es auch hier zu einem lokal fortgeschrittenen Wachstum oder/und zur Metastasierung, was die Behandlung schwierig macht. Zu den weiteren Problemtumoren zählen das seltene, aber aggressive Merkelzellkarzinom und das Aderhaut-Melanom, der häufigste Tumor des Auges.

Schlüsselwörter: Nicht-melanozytäre Hauttumoren, kutanes Plattenepithelkarzinom, Merkelzellkarzinom, Aderhaut-Melanom, Immuncheckpoint-Inhibition


Hautareale mit chronischer UV-Belastung sind die hauptsächlichen Prädilektionsstellen für kutane Plattenepithelkarzinome, die zweithäufigste Hautkrebs-Form nach dem Basalzellkarzinom. Auch Strahlentherapie ist ein Risikofaktor: In einer jüngst publizierten Analyse von fast tausend jüngeren Überlebenden einer Krebserkrankung, die bestrahlt worden waren, hatten 63 nach im Mittel zwei bis drei Jahrzehnten einen nicht-melanozytären Hautkrebs entwickelt, in den meisten Fällen ein Basalzellkarzinom mit geringem Risiko [2]. Immunsuppressive Therapien, wie sie etwa nach einer Organ­transplantation erforderlich werden, sind hingegen ein starker Risikofaktor für die Entwicklung von kutanen Plattenepithelkarzinomen, viele davon mit prognostisch ungünstigen Eigenschaften: In einer Serie von 51 solchen Fällen aus europäischen Kliniken waren aggressive Platten­epithelkarzinome überwiegend im Gesicht, auf der Kopfhaut sowie an den oberen Extremitäten lokalisiert und zeigten eine geringe Differenzierung, eine ausgedehnte Tumorgröße und -dicke sowie häufig eine perineurale Invasion [3].

Seit einiger Zeit werden auch Viren als Auslöser von nicht-melanozytären Hauttumoren diskutiert. Ein kausaler Zusammenhang ist noch nicht zwingend nachgewiesen, aber eine kürzlich publizierte Untersuchung aus Brasilien zeigt in drei Viertel der Gewebeproben von 83 Patienten mit solchen Tumoren eines von drei Viren: humane Papillomviren (HPV), Merkelzell-Polyomavirus oder Epstein-Barr-Virus (EBV). Am häufigsten traten mit 43% aller Fälle HPV auf, während das Merkelzell-Polyomavirus hier erstmals mit UV-Exposition und EBV mit einem immunsupprimierten Zustand in Verbindung gebracht wurde. Sollte sich ein kausaler Zusammenhang bestätigen, wäre das möglicherweise ein Ansatzpunkt, um mit der bereits verfügbaren HPV-Vakzine präventiv und eventuell sogar therapeutisch gegen solche Tumoren vorzugehen, so die Autoren [4].

Immuncheckpoint-Blockade beim fortgeschrittenen kutanen Plattenepithel­karzinom

Das Plattenepithelkarzinom kann zwar in den meisten Fällen operativ geheilt werden, aber etwa 3,7% der Tumoren metastasieren, und 2,1% der Patienten versterben an diesem Tumor. Ein Rezidiv nach kompletter chirurgischer Behandlung ist bereits ein sehr ungünstiger Faktor: Ist eine erneute Operation nicht möglich, so ist die Prognose schlecht – unabhängig von der Immunkompetenz des Patienten [5]. Andererseits fällt in molekulargenetischen Analysen beim Plattenepithelkarzinom eine extrem hohe Inzidenz v. a. UV-bedingter Mutationen auf. Diese Tumor-Mutationslast (Tumor Mutational Burden, TMB) unterscheidet sich zwischen verschiedenen Tumorentitäten und stellt einen prädiktiven Biomarker für ein positives Ansprechen auf Immuncheckpoint-Inhibitoren dar (Abb. 1; [6]). Eine Ertüchtigung der körpereigenen Abwehr durch eine Immuncheckpoint-Blockade erscheint also beim kutanen Plattenepithelkarzinom überaus sinnvoll, zumal es hier bislang keine zugelassene systemische Therapieoption gibt.

Verwirklicht wurde dieser Ansatz – nach ersten positiven Signalen in einer Phase-I-Studie [7] – in einer Phase-I/II-Studie, in der der PD1-Antikörper Cemiplimab bei zwei Kohorten von Patienten mit kutanem Plattenepithelkarzinom getestet wurde (NCT02760498; [8]). In der ersten Kohorte mit 26 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Plattenepithelkarzinom erfolgte eine Dosisexpansion: Hier zeigten 50% der Patienten ein radiologisches Ansprechen. In der zweiten Kohorte wurden 59 Patienten mit ausschließlich fernmetastasierten Tumoren bis zu maximal 96 Wochen lang gewichtsadaptiert mit Dosierungen von 3 mg/kg Körpergewicht Cemiplimab alle zwei Wochen behandelt. Hier erzielten 47% aller Patienten eine radiologisch messbare Remission (mit vier Komplettremissionen (7%), und in über der Hälfte der Fälle (57%) dauerte das Ansprechen länger als sechs Monate. Patienten mit regionärer und Fernmetastasierung unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich des Ansprechens. Die progressionsfreie Überlebensrate nach einem Jahr lag bei 53%, d. h. der Medianwert war hier noch nicht ganz erreicht; die Gesamtüberlebensrate betrug zu diesem Zeitpunkt 81%.

Die häufigsten Nebenwirkungen unter Cemiplimab waren gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Verstopfung und Diarrhöen sowie Fatigue und Hautausschlag. Aber nur bei 7% der Patienten musste die Therapie nebenwirkungsbedingt abgebrochen werden. Angesichts des Mangels an wirksamen Alternativen stellt Cemiplimab für das lokal fortgeschrittene oder metastasierte Plattenepithelkarzinom daher eine besonders wertvolle Therapieoption dar. In den USA wurde der Antikörper auf der Basis dieser Daten bereits im September 2018 zugelassen, innerhalb der Europäischen Union und damit auch für Deutschland wird die Zulassung im Lauf des Jahrs 2019 erwartet, nachdem der Ausschuss für Human­arzneimittel (CHMP) der EMA Ende April 2019 ein positives Votum abgegeben hatte.

Merkelzellkarzinom: zweiter Checkpoint-Inhibitor auf der Zielgeraden

Das Merkelzellkarzinom ist einer der aggressivsten und am schwierigsten zu behandelnden Hauttumoren. Erst seit Kurzem steht hierfür in Europa mit dem PD-L1-Checkpoint-Inhibitor Avelumab überhaupt ein Medikament für die Klinik zur Verfügung. Zumindest in den USA gibt es jetzt eine zweite Option: Dort wurde Ende 2018 der PD-1-Inhibitor Pembrolizumab für diese Indikation (rezidivierte lokal fortgeschrittene oder metastasierte Tumoren) zugelassen. Grundlage dafür war die KEYNOTE-017-Studie, in der 50 solche Patienten als erste systemische Therapie ihres Merkelzellkarzinoms alle drei Wochen 2 mg/kg Pembrolizumab erhalten hatten [9]: Die Gesamtansprechrate lag bei 56% mit 24% kompletten Remissionen. Merkelzell-Polyomavirus-positive und -negative Patienten sprachen mit 59% bzw. 53% vergleichbar gut an. Die mediane Ansprechdauer ist nach median 14,9 Monaten Nachbeobachtung noch nicht erreicht, aber von den 28 Respondern sprachen 96% länger als sechs und 54% länger als zwölf Monate lang an. Die progressionsfreie Überlebensrate nach zwei Jahren liegt bei 48,3%, die Gesamtüberlebensrate bei 68,7%. Beide Parameter fielen bei Patienten mit PD-L1-exprimierenden Tumoren tendenziell besser aus, aber der Unterschied war nicht signifikant. 

Auch einen Biomarker könnte es in Zukunft geben, mit dessen Hilfe man die Nachbeobachtung von Patienten mit Merkelzellkarzinom rationeller gestalten könnte: Im Rahmen des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) fanden Kollegen an der Universität Duisburg-Essen eine Variante von Mikro-RNA (miR-375), die speziell in Zellen dieses Tumor exprimiert wird, und die sich vor allem im Blut von Patienten mit aktivem Merkelzellkarzinom in höheren Konzentrationen nachweisen lässt als bei tumorfreien Patienten oder gesunden Kontrollen (p < 0,0005; [10]). Die Konzentration des zellfreien Serum-Markers korreliert außerdem mit dem Tumorstadium (p = 0,037), und er sollte sich daher gut eignen, um zwischen tumortragenden und tumorfreien Patienten zu diskriminieren und die Therapie des Merkelzellkarzinoms zu überwachen.

Aderhaut-Melanom: wenig Fortschritt

Im Gegensatz zum kutanen Melanom ist die Variante des „schwarzen Krebses“, die in der Aderhaut des Auges entsteht (Uvea- oder Aderhaut-Melanom) sehr selten: In Europa liegt die Inzidenz bei 1 : 100.000 Einwohnern. Der Tumor wird meist relativ früh diagnostiziert; ein kürzlich im New England Journal of Med­icine beschriebener Fall, wo der Primärtumor bei der Erstdiagnose bereits 2,8 x 2,5 x 2,3 cm groß war, dürfte die absolute Ausnahme sein [11]. Dennoch wird langfristig nur etwa die Hälfte der Patienten geheilt, denn im metastasierten Stadium gibt es kaum mehr vernünftige therapeutische Optionen. 

Auch die Anwendung von Immuncheckpoint-Inhibitoren hat bislang keinen durchschlagenden Erfolg gebracht, wie die beim ASCO-Kongress 2018 vorgestellte retrospektive Analyse von 58 Patienten zeigte, die entweder Pembrolizumab oder Nivolumab erhalten hatten, von denen aber lediglich zwei mit einer partiellen Remission angesprochen hatten [12]. US-amerikanische Onkologen und Augenärzte berichteten kürzlich allerdings von fünf Patienten mit metastasiertem Uvea-Melanom, die Pembrolizumab erhalten hatten und von denen einer mit einer kompletten Remission und zwei weitere mit einer prolongierten Krankheitsstabilisierung profitierten, während die übrigen beiden Pateinten eine rasche Progression zeigten [13]. Ein möglicherweise prädiktives Merkmal ist das Ausmaß des Leberbefalls: Die ansprechenden Patienten hatten keine oder nur eine minimale, die beiden progredienten Patienten hingegen eine massive Lebermetastasierung aufgewiesen. Eine Analyse des Cancer Genome Atlas zeigte außerdem, dass das Aderhaut-Melanom eine geringe Mutationslast (s. auch Abb. 1) und im Allgemeinen eine geringe Infiltration mit T-Lymphozyten aufweist, die wiederum mit einer Hochregulierung des MYC-Onkogens einhergeht. Künftige Versuche mit Immuntherapien beim Aderhaut-Melanom, so die Autoren, sollten daher zum einen ein besonderes Augenmerk auf das Ausmaß des Leberbefalls legen und andererseits Kombinationen mit gegen MYC gerichteten Therapiestrategien untersuchen.

Pharmazeuten und Dermatologen von den Universitäten Bonn und Magdeburg haben möglicherweise einen anderen Weg gefunden, diesen Tumor spezifisch anzugreifen [14]: Etwa 85% der Aderhaut-Melanome tragen Mutationen in den Genen für zwei Untereinheiten von G-Proteinen (Gαq und Gα11), durch die diese konstitutiv aktiviert werden und als onkogene Treiber in für das Überleben der Zellen wichtigen Signalwegen fungieren können. Erstmals ist es nun den Kollegen aus Bonn und Magdeburg gelungen, den mitogenen ERK-Signalweg, der dadurch aktiviert wird, durch Zugabe eines Naturstoffs zu blockieren: Das zy­klische Depsipeptid FR900359 (auch FR genannt), das in einer verbreiteten Zierpflanze, der Korallenbeere, gebildet wird, hemmt die onkogene Signalübertragung in Zelllinien ebenso wie in Tiermodellen des Aderhaut-Melanoms. Für die klinische Erprobung dieses Ansatzes muss man allerdings noch eine Applikationsform finden, die den Wirkstoff direkt in die Tumorzellen bringt, weil er auch G-Proteine in normalen Zellen hemmt und die Toxizität damit vermutlich prohibitiv wäre.

Autor
Prof. Dr. med. Carola Berking
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
Klinikum der Universität München (LMU)
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