Aktuelle Therapiekonzepte für das frühe Hormonrezeptor-positive Mammakarzinom

Das Mammakarzinom ist mit einem Anteil von 30,5% an allen Krebserkrankungen das häufigste Malignom der Frau in Deutschland, während sein Anteil an allen krebsbedingten Sterbefällen in Deutschland mit 17,4% nur etwas mehr als halb so hoch liegt – ein Hinweis darauf, dass beinahe die Hälfte aller Brustkrebserkrankungen mittlerweile heilbar ist. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines frühen Mammakarzinoms, d. h. neben dem Primärtumor dürfen höchs­tens Metastasen in den regionären Lymphknoten vorliegen. Die kurativ intendierte Therapiestrategie beim frühen Mammakarzinom umfasst neben Operation und Bestrahlung in aller Regel eine systemische Therapie, deren Intensität und Zusammensetzung von der Biologie des Tumors abhängen. Maßgeblich dafür sind derzeit vor allem die Expression von Östrogen- und Progesteronrezeptoren sowie HER2 ebenso wie Merkmale, die die Aggressivität des Tumors beschreiben (histologisches Grading, Proliferationsindex, Risiko-Score in Genexpressions-Profilen etc.). Bei Hormonrezeptor-Positivität bieten sich vor allem endokrine Therapien, gegebenenfalls in Kombination mit Chemotherapien, an. Eine Reihe neuer zielgerichteter Substanzen befindet sich gerade in der klinischen Prüfung.

Schlüsselwörter: frühes Mammakarzinom, systemische Therapie, endokrine Therapie, Chemotherapie


Operation

Die Operation des frühen Mammakarzinoms, die hier nicht im Detail behandelt werden soll, hat immer das Ziel, bei fehlenden Fernmetastasen den Primärtumor im Gesunden zu entfernen und dadurch – gegebenenfalls in Kombination mit einer Bestrahlung – potentiell kurativ zu wirken. Ausreichende chirurgische Expertise, die am besten in einem zertifizierten Brustzentrum gewährleistet werden kann, ist eine Voraussetzung für den Erhalt einer möglichst hohen Lebensqualität ebenso wie für ein entsprechendes ästhetisches Ergebnis.

Die Bedeutung des axillären Stagings ist in Wandlung begriffen: Nachdem lange Jahre das Konzept der Axilla-Dissektion bei positiver Sentinel-Lymphknotenbiopsie im Vordergrund gestanden hatte, kommen einige neuere Studien [1–4] und aktuelle Leitlinien [5, 6] zu einer differenzierteren Beurteilung. Demnach wird durch die Axilla-Ausräumung bei Patientinnen mit 1–2 befallenen Lymphknoten nach brusterhaltender Operation und anschließender Ganzbrust-Bestrahlung, insbesondere bei klinisch okkultem und geringfügigem Tumorbefall im Sentinel-Lymphknoten, das Überleben hier nicht verbessert, sodass man in diesen Fällen auf diese radikale Erweiterung der Operation verzichten kann. Wie diese Patientinnen optimal strahlentherapeutisch zu behandeln sind, ist derzeit unklar. Ob man bei Patientinnen mit klinisch okkultem Nodalstatus, aber mehr als zwei befallenen Sentinel-Lymphknoten, die einer Mastektomie mit oder ohne Strahlentherapie bedürfen, ebenfalls auf die Axilla-Dissektion verzichten kann, ist ebenfalls noch nicht abschließend geklärt.

Bei Patientinnen mit klinisch negativen Lymphknoten, die eine neoadjuvante Therapie erhalten sollen, sollte das Staging mittels Sentinel-Lymphknotenbiopsie erst nach dieser neoadjuvanten Therapie erfolgen. Für Patientinnen mit primär positivem Nodalstatus, die unter der neoadjuvanten Chemotherapie eine Komplettremission erzielen (ycT0), ist das optimale Vorgehen noch nicht klar; hier wird im Augenblick noch die Axilla-Dissektion empfohlen.

Strahlentherapie

Nach brusterhaltender Operation ist eine adjuvante Bestrahlung der betroffenen Brust derzeit ein gut untersuchter, nebenwirkungsarmer Standard, und zwar in Form einer perkutanen, fraktionierten Strahlentherapie mit Photonen, die durchaus hypofraktioniert durchgeführt werden kann. Dadurch lässt sich das lokale Rückfallrisiko um mindestens den Faktor 3 reduzieren, bei der Mehrzahl der Patientinnen ist auch ein Überlebensvorteil zu erwarten.

Bei erhöhtem Rezidivrisiko, d. h. bei prämenopausalen Patientinnen, einem T-Stadium > 1, G3- und/oder triple-negativen Tumoren, ist außerdem eine Boost-Bestrahlung des Tumorbetts indiziert. Hingegen ist bei niedrigem Rezidivrisiko eine Teilbrustbestrahlung (intraoperativ, mit Brachytherapie oder perkutan) eine akzeptable Alternative. 

Ist bei älteren Patientinnen das Risiko für ein Lokalrezidiv sehr niedrig, kann man auf eine Strahlentherapie verzichten, sofern die Patientin darüber aufgeklärt wurde, dass das Lokalrezidivrisiko zwar gering ist, sich durch die Bestrahlung aber noch weiter (und signifikant) auf nahezu Null reduzieren lässt. Zwar verlängert sich das Gesamtüberleben dadurch nicht, aber in manchen Fällen ließe sich durch die Bestrahlung eine spätere Rezidivtherapie vermeiden.

Systemische Therapie

Das Mammakarzinom ist eine sehr heterogene Erkrankung. Die derzeit verbreitete Einteilung in Luminal-A-, Luminal-B-, HER2-positive und triple-negative Tumoren berücksichtigt bei Weitem nicht alle möglichen Differenzierungsmerkmale, stellt aber im Hinblick auf die verfügbaren systemischen Therapien einen pragmatischen Kompromiss dar. Sie wurde erstmals im St.-Gallen-Konsensus 2011 vorgeschlagen [7] und dort 2017 erneut bestätigt [8]; sie beruht auf der immunhistochemischen Bestimmung folgender vier Faktoren: Östrogenrezeptor (ER), Progesteronrezeptor (PR), Human epidermal growth factor receptor 2 (HER2) und der Proliferationsmarker Ki-67.

• Luminal-A-Mammakarzinome sind Hormonrezeptor(HR)-positiv, HER2-negativ und haben einen Ki-67-Index von < 14%.

• Luminal-B-Tumoren weisen nahezu die gleiche Signatur auf, jedoch eine hohe proliferative Aktivität (Ki-67).

• HER2-positive Mammakarzinome sind durch Überexpression dieses Oberflächenrezeptors charakterisiert, die eine höhere Aggressivität des Tumors bedingt, dafür aber einen Angriffspunkt für spezifische Therapeutika darstellt.

• Triple-negative Mammakarzinome exprimieren weder Hormonrezeptoren noch HER2 und sprechen deshalb weder auf endokrine noch auf gegen HER2 gerichtete Therapien an.

Im Folgenden sollen die derzeitigen Konzepte zur systemischen Therapie des frühen Mammakarzinoms anhand dieser vier Gruppen dargestellt werden. Grundsätzlich gilt, dass die Trennung zwischen klassischer adjuvanter und neoadjuvanter, also präoperativer systemischer Therapie in den letzten Jahren immer mehr verwischt wurde. Ausschlaggebend ist die Tumorbiologie: Wenn das Erreichen einer pathologischen Komplettremission stark mit der späteren Prognose korreliert – wie das vor allem bei HER2-positiven, Hormonrezeptor-negativen sowie bei triple-negativen Mammakarzinomen der Fall ist –, empfiehlt man heute generell eine neoadjuvante Therapie – unabhängig von der Tumorgröße [9, 10]. Nach der aktuellen S3-Leitlinie [6] sowie den AGO-Empfehlungen [9] ist insbesondere eine neoadjuvante Chemotherapie vorzuziehen bei triple-negativen und HER2-positiven Tumoren ab dem Stadium pT1b pN0, bei Luminal-B-Tumoren mit mehr als drei positiven Lymphknoten bzw. mit geringerem oder keinem nodalen Befall, aber aggressiver Tumorbiologie (G3, hohes Ki-67, hohes uPA/PAI-1 oder einem Hochrisiko-Score in einem Multigen-Test) sowie bei jungen Patientinnen (< 35 Jahre) mit aggressiver Tumorbiologie.

Systemische Therapie von Luminal-A-Tumoren

Beim Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom (Luminal A und B) hat die adjuvante endokrine Therapie entscheidenden Anteil an der Verbesserung der Heilungsrate (Tab. 1; [9]). Der niedrigere Ki67-Index bei Luminal-A-Tumoren ist Ausdruck einer geringeren Aggressivität und folglich eines niedrigeren Rezidivrisikos, sodass hier häufig auf eine adjuvante (oder neoadjuvante) Chemotherapie verzichtet werden kann. Allein durch die endokrine Therapie lässt sich die Langzeitmortalität über 15 Jahre vermutlich um mindestens ein Drittel reduzieren – unabhängig davon, ob zusätzlich eine Chemotherapie gegeben wird oder nicht [11, 12]. Entscheidende Variablen für den Erfolg der Therapie sind

- die korrekte Indikationsstellung,

- die Dauer der Therapie (5 Jahre Standard, 10–15 Jahre bei Risikofällen) und

- die konsequente Einnahme der Medikation (Therapieadhärenz).

Endokrine Therapie bei prämenopausalen Patientinnen

Die Standardtherapie der prämenopausalen Patientin mit endokrin sensitivem Mammakarzinom und niedrigem Rezidivrisiko besteht in der Gabe von Tamoxifen über fünf Jahre; dadurch lässt sich die kumulative Mortalität über 15 Jahre um etwa ein Drittel vermindern [11]. Die Anwendung einer ovariellen Suppression ist bei Patientinnen mit Luminal-A-Tumoren generell nicht erforderlich, weil eine Verbesserung des Überlebens dadurch nur nach vorangegangener adjuvanter Chemotherapie gezeigt werden konnte. Allenfalls in Fällen, in denen die Behandlung mit Tamoxifen kontraindiziert ist, bleibt die ovarielle Suppression mit einem GnRH-Agonisten über fünf Jahre eine Option.

Deutlich über die Hälfte aller Rezidive und sogar zwei Drittel aller Todesfälle treten erst ab dem sechsten Jahr nach der Erstdiagnose eines frühen Mammakarzinoms auf [12]. Die Wirksamkeit einer verlängerten adjuvanten endokrinen Therapie wurde deshalb in den beiden großen randomisierten Studien ATLAS und 

aTTom untersucht, in denen bei Patientinnen mit Östrogenrezeptor-positivem Mammakarzinom ein weiterer Rückgang der Brustkrebs-spezifischen Mortalität um etwa ein Viertel gegenüber der nur fünfjährigen Tamoxifen-Therapie belegt werden konnte (Hazard Ratio 0,75; p = 0,00004; [13, 14]). Diese Wirkung manifestiert sich zwar erst nach etwa zehn Jahren, war aber in allen Subgruppen zu sehen, auch bei den perimenopausalen Patientinnen [13, 15]. Aromatase-Inhibitoren sind in der Prä- und Perimenopause kontraindiziert, aber Patientinnen, die während der initialen endokrinen Therapiephase perimenopausal und nach fünf Jahren Tamoxifen postmenopausal waren, profitierten in einer Subgruppenanalyse der MA.17-Studie von einer fünfjährigen Anschlussbehandlung mit dem Aromatasehemmer Letrozol [16, 17]. Eine Ausdehnung der Aromatasehemmer-Therapie über fünf Jahre hinaus vermindert vor allem das Risiko für Zweitkarzinome.

Die Indikation zur erweiterten endokrinen Therapie kann vom Rezidivrisiko abhängig gemacht werden: Bei Patientinnen mit sehr niedrigem Rezidivrisiko ist der Nutzen vernachlässigbar, während bei höherem Risiko (etwa bei positivem Nodalstatus, großem Primärtumor, jüngerem Lebensalter) auch die aktuellen AGO-Empfehlungen eine zehnjährige Therapie empfehlen [9].

Endokrine Therapie bei postmenopausalen Patientinnen

Auch bei postmenopausalen Patientinnen mit Luminal-A-Tumoren steht die endokrine Therapie im Vordergrund, wobei hier die Möglichkeiten durch die Verfügbarkeit von Aromatase-Inhibitoren deutlich erweitert werden. Die Dauer der Behandlung sollte auch hier mindestens fünf Jahre betragen, kann aber auch auf zehn Jahre ausgedehnt werden [13, 14]. Ein signifikanter Vorteil für eine Aromatasehemmer-Therapie im Anschluss an fünf Jahre Tamoxifen konnte insbesondere für Patientinnen mit nodal-positiven Tumoren in drei großen Studien für die Aromatase-Inhibitoren Letrozol [18], Anastrozol [19] und Exemestan [20] gezeigt werden. Durch eine um fünf weitere Jahre verlängerte Therapie mit Letrozol wurde in der kanadischen MA.17-Studie vor allem die Inzidenz von Zweitkarzinomen noch einmal um etwa ein Drittel reduziert [21].

In Risikosituationen sollte immer ein Aromatasehemmer über mindestens zwei bis drei Jahre gegeben werden. Treten Nebenwirkungen auf, so kann man nach diesem Zeitraum auf Tamoxifen wechseln. Nodal-positive sowie Patientinnen in der frühen Postmenopause profitieren von einer erweiterten endokrinen Therapie, bei der nach bis zu fünf Jahren Ta­moxifen eine Behandlung mit einem Aromatasehemmer für weitere drei bis zehn Jahre folgt. Grundsätzlich steht eine ganze Reihe von Protokollen zur Verfügung, die mit der Patientin unter Nutzen-/Risiko-Aspekten diskutiert werden sollte:

• Fünf Jahre Tamoxifen (Basistherapie, ausreichend für Patientinnen mit sehr niedrigem Risiko und in hohem Lebensalter, wo der Nutzen einer erweiterten Therapie nicht mehr zum Tragen kommen würde)

• Erweiterte adjuvante endokrine Therapie, die aus zehn Jahren Tamoxifen, zehn Jahren Aromatasehemmer oder eine Sequenztherapie aus fünf Jahren Tamoxifen und fünf (eventuell sogar zehn) Jahren Aromatasehemmer besteht.

• Wenn eine kürzere Therapiedauer gewünscht wird, sind auch entsprechende Regimes (z. B. Sequenzen von Tamoxifen und Aromatase-Inhibitor (oder umgekehrt), die mindestens fünf Jahre dauern sollten, möglich; auch eine reine Aromatasehemmer-Therapie kann zwischen fünf und zehn Jahren variiert werden.

Generell gilt beim Einsatz von Aromatasehemmern, dass hier regelmäßig die Knochendichte überprüft werden muss. Außerdem sollten Vitamin D und Kalzium supplementiert werden. Darüber hinaus sind Bisphosphonate heute ein fester Bestandteil der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms, zumal sich die Hinweise mehren, dass sie neben dem osteoprotektiven Effekt bei postmenopausalen Patientinnen auch eine Reduktion des Rezidivrisikos und möglicherweise auch der Mortalität bewirken [22–24]. Widersprüchlich sind hingegen bisher die Daten für den RANK-Ligand-Antikörper Denosumab, der daher in der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms derzeit keine Rolle spielt.

In der Neoadjuvanz spielt die endokrine im Gegensatz zur Chemotherapie derzeit noch eine sehr untergeordnete Rolle, v. a. weil in den wenigen verfügbaren Studien zwar ähnlich hohe Gesamtansprechraten von bis zu 80% gefunden wurden, jedoch pathologische Komplettremissionen, die das Hauptzielkriterium der neoadjuvanten Therapie des Mammakarzinoms sind, mit weniger als 5% sehr selten erreicht werden. Allerdings schneidet die endokrine Therapie bei Luminal-A-Tumoren nicht schlechter ab als die neoadjuvante Chemotherapie, sodass in jüngster Zeit das wissenschaftliche Interesse daran wieder zugenommen hat. Aus den Faktoren Tumorremission, Dynamik der Ki-67-Expression zwei bis drei Wochen nach Therapiebeginn und anhaltende Expression des Östrogenrezeptors lässt sich ein Prognosescore bilden, der vielleicht bei der Entscheidung über eine nachfolgende post-neoadjuvante Chemotherapie hilfreich sein könnte [25] – ein Ansatz, der in Deutschland zurzeit in der ADAPT-Studie überprüft wird [26]. Weitere in der klinischen Forschung verfolgte Strategien beschäftigen sich mit der Kombination endokriner Therapien mit neuen Substanzen wie CDK4/6-Inhibitioren und mTOR-Inhibitoren, die in der metastasierten Situation sehr erfolgreich angewendet werden.

Systemische Therapie: Luminal-B-Tumoren

Standardtherapie bei allen Luminal-Tumoren (endokrin empfindlich, HER2-negativ) ist die adjuvante endokrine Therapie. Auch beim frühen Luminal-B-Mammakarzinom besteht aufgrund der endokrinen Empfindlichkeit immer eine Indikation für eine adjuvante endokrine Therapie und wegen des höheren Rezidivrisikos in der Regel auch für eine zusätzliche Chemotherapie: Die Indikation zu einer adjuvanten bzw. neoadjuvanten Chemotherapie ist nach dem St.-Gallen-Konsensus und den Empfehlungen der AGO bei endokrin sensitiven Tumoren mit bis zu drei befallenen Lymphknoten und aggressiver Biologie (G3, hohe 

Ki-67-Expression, hohes uPA/PAI-1 oder ein Hochrisiko-Ergebnis in einem Multigen-Test wie MammaPrint®/Blueprint®, Oncotype DX®, EndoPredict® oder Prosigna®) bzw. bei mindestens vier befallenen Lymphknoten zu stellen [8, 9], wobei die Grenzen zwischen der neoadjuvanten und der adjuvanten Anwendung zunehmend verschwimmen.

Die genannten Genexpressions-Assays sind insbesondere dann für die Risikoabschätzung und Therapieentscheidung angezeigt, wenn die anderen pathologischen und molekularen Faktoren keine eindeutige Aussage gestatten. MammaPrint®/Blueprint® sowie Onco­Type DX® sind prospektiv, EndoPredict® und Prosigna® lediglich retrospektiv validiert, wobei die einzelnen Assays nur mäßig gut miteinander korrelieren. Insbesondere bei einem Befall von maximal drei Lymphknoten lassen sich mit diesen Tests Patientinnen mit sehr niedrigem Rezidivrisiko identifizieren, die bei einem Verzicht auf die Chemotherapie keinen Nachteil zu befürchten haben. Das zeigen die Resultate der prospektiven WSG-PlanB- [27, 28] sowie der MINDACT-Studie [29]: Darin erzielten Patientinnen mit niedrigem Risikoscore laut OncoType DX® bzw. MammaPrint® nach fünf Jahren eine ereignisfreie Überlebensrate von 94% bzw. (Abb. 1) eine Fernmetastasen-freie Überlebensrate von 94,7% – ohne Chemotherapie.

Bei bestehender Indikation kann eine Chemotherapie beim primären Mammakarzinom vor oder nach der Operation, d. h. neoadjuvant oder adjuvant, gegeben werden. Eine adjuvante Behandlung mit Chemotherapie sollte in den ersten vier Wochen nach der Operation beginnen. Zu den wirksamsten Substanzen bei der (neo-)adjuvanten Chemotherapie zählen nach wie vor Anthrazykline und Taxane:

Die Wirkung einer Anthrazyklin-haltigen Chemotherapie ist nach den Metaanalysen der Early Breast Cancer Trialists Collaborative Group (EBCTCG) mit rund 44.000 Patientinnen unabhängig von Alter und Östrogenrezeptor-Status signifikant, wobei eine höhere kumulative Anthrazyklin-Dosierung die Brustkrebs-spezifische Mortalität gegenüber dem konventionell dosierten CMF-Protokoll (Cyclophosphamid, Methotrexat, 5-Fluorouracil) um weitere 22% reduziert (HR 0,78; p = 0,0004; [30]). Auch ältere Patientinnen profitieren von einer Standardchemotherapie etwa mit Doxorubicin und Cyclophosphamid (AC), zumal bei ihnen das Rezidiv- und Mortalitätsrisiko erheblich höher ist.

Des Weiteren zeigte sich sowohl bei nodal-positiven wie bei nodal-negativen Hochrisiko-Patientinnen ein signifikanter Vorteil zugunsten einer Kombination, die ein Anthrazyklin und ein Taxan enthält – im Vergleich zu nur Anthrazyklin-haltigen Protokollen [30]. Die Überlegenheit bezog sich auf das rezidivfreie, das Fernmetastasen-freie, das Brustkrebs-spezifische und das Gesamtüberleben. 

Das Anthrazyklin- und Taxan-haltige Standardregime umfasst 6–8 dreiwöchige Zy­klen, was einer Gesamttherapiedauer von 18–24 Wochen entspricht. Möglich ist eine Kombinations- ebenso wie eine Sequenztherapie, die sich in der BCIRG-005-Studie mit über 3.000 Patientinnen nicht bezüglich der Wirksamkeit, wohl aber hinsichtlich des Nebenwirkungsspektrums unterschieden [31]. Als gängige Regimes mit ausreichender Evidenz können etwa vier Zyklen AC (60 mg/m2 Doxorubicin/600 mg/m2 Cyclophosphamid), gefolgt von vier Zyklen Docetaxel (100 mg/m2) oder sechs Zyklen TAC (75 mg/m2 Docetaxel/50 mg/m2 Doxorubicin/500 mg/m2 Cyclophosphamid) empfohlen werden [31].

Eine Anthrazyklin-freie Alternative für Patientinnen mit mittlerem klinischem Risiko (≤ 3 befallene Lymphknoten) stellt ein Protokoll aus sechs Zyklen TC (Docetaxel/Cyclophosphamid) dar: Laut einer gepoolten Analyse der deutschen PlanB- und der SUCCESS-Studie [32] hatte es nach fünf Jahren beim krankheitsfreien Überleben genauso gut abgeschnitten wie die Kontrollregimes aus EC→T (Epirubicin/Cyclophosphamid und Docetaxel sequenziell) bzw. FEC→T (5-FU/Epirubicin/Cyclophosphamid, gefolgt von Docetaxel; HR 1,039; p = 0,64); die Vergleichbarkeit war auch in einer multivariaten Analyse unter Einschluss aller prognostisch relevanten Faktoren gegeben (HR 1,004; p = 0,96) und war auch unabhängig von den biologischen Subtypen – mit einer Ausnahme: Patientinnen mit hoher Tumorlast, d. h. mindestens vier positiven Lymphknoten (pN2–3) profitierten stärker von einem Anthrazyklin-haltigen Protokoll (Hazard Ratio 0,69; p = 0,04).

Die Frage nach der optimalen Taxan-Komponente wurde in der GeparSepto-Studie der German Breast Group angesprochen, in der in einer sequenziellen Chemotherapie (Paclitaxel→EC) randomisiert entweder das konventionelle oder an Albumin-Nanopartikel gebundenes Taxan (nab-Paclitaxel) eingesetzt worden war. Das Albumin-gebundene Taxan führte sowohl zu mehr pathologischen Komplettremissionen [33] als auch zu einer Verlängerung des krankheitsfreien Überlebens, die in der Subgruppe mit luminalem Subtyp mit einer Hazard Ratio von 0,71 und einem p-Wert von 0,066 nicht ganz signifikant ausfiel [34]. Damit empfiehlt sich nab-Paclitaxel auch beim frühen Mammakarzinom als Alternative zu den herkömmlichen, Lösungsmittel-pflichtigen Taxanen.

Bei nodal-positiven Patientinnen mit hohem Risiko (z. B. hoher Risikoscore im Genexpressions-Test, > 3 befallene Lymphknoten) kann auch eine dosisdichte und dosisintensivierte Chemotherapie, z. B. mit dem iddETC-Regime, empfohlen werden [35]. In einer Metaanalyse der EBCTCG konnten mit der zweiwöchentlichen gegenüber der dreiwöchentlichen Gabe der Chemotherapie sowohl die Rezidivrate (Rate Ratio 0,83; p = 0,00004) als auch das Brustkrebs-spezifische (RR 0,85; p = 0,003) und das Gesamtüberleben verbessert werden (RR 0,86; p = 0,003; [36]. Eine Hochdosis-Chemotherapie ist hingegen beim Mammakarzinom generell obsolet.

Auch ältere Patientinnen (≥ 65 Jahre) mit einem relevanten Rezidivrisiko sollten in jedem Fall eine Standardchemotherapie erhalten; aber bei ihnen muss man Risiken und Nutzen, v. a. im Hinblick auf die Nebenwirkungen – gerade bei luminalen Tumoren – kritisch abwägen.

Die Zugabe von weiteren Zytostatika (z. B. Capecitabin, Gemcitabin) zu den Standardsubstanzen wäre mit zusätzlichen Toxizitäten verbunden und würde Dosisreduktionen erforderlich machen, sodass solche Intensivierungsstrategien derzeit keine Rolle spielen.

Post-neoadjuvante Therapie

Hat eine Patientin mit einer neoadjuvanten Chemotherapie keine pathologische Komplettremission erreicht, so ist nach den bisherigen Leitlinienempfehlungen keine weitere Therapie indiziert. Die kürzlich publizierte japanische Phase-III-Studie CREATE-X hat die Diskussion darüber grundsätzlich neu eröffnet [37], da eine post-neoadjuvante Therapie mit sechs bis acht Zyklen Capecitabin hier zu einer Verbesserung des krankheitsfreien (HR 0,70; p = 0,01) und sogar des Gesamtüberlebens geführt hatte (HR 0,59; p = 0,01; nach 5 Jahren 89,2% vs. 83,6%), auch wenn das mit einem Hand-Fuß-Syndrom bei drei Viertel der Patientinnen erkauft wurde. Allerdings war dieser positive Effekt am stärksten bei triple-negativen Mammakarzinomen, sodass die Indikationsstellung bei Luminal-B-Tumoren sehr streng erfolgen muss – zumal hier kein direkter Zusammenhang zwischen pathologischer Komplettremission und Überleben gegeben ist [38].

Abzuwarten bleibt, ob sich durch weitere Studien mit neuen Substanzen (z. B. CDK4/6-Inhibitoren oder PARP-Inhibitoren bei Patientinnen mit BRCA-Mutationen) die Situation nach der neoadjuvanten Therapie verändern wird.

Ovarielle Suppression

Bei prämenopausalen Patientinnen mit Luminal-B-Tumoren, bei denen eine Chemotherapie nicht in einer Amenorrhö resultiert, kann der Einsatz einer ovariellen Suppressionstherapie in Kombination mit Tamoxifen in Erwägung gezogen werden. Für einen generellen Einsatz in der adjuvanten Situation fehlt allerdings die Evidenz; ein signifikanter Effekt findet sich in einer Subgruppenanalyse der SOFT-Studie lediglich bei unter 35-jährigen Patientinnen, bei denen keine Chemotherapie-induzierte Amenorrhö eingetreten ist [39].

Bei Kinderwunsch kann durch die protektive Gabe von GnRH-Analoga in Verbindung mit der Chemotherapie das Risiko für eine vorzeitige ovarielle Insuffizienz einer Metaanalyse zufolge um bis zu zwei Drittel reduziert und die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft erhöht werden, ohne dass dadurch die onkologisch protektive Wirkung der Chemotherapie beeinträchtigt wird [40].

Summary

Current therapeutic concepts for early hormone receptor-positive breast cancer

With a proportion of 30,5% of all cancer diseases breast cancer is the most common malignant disease in women in Germany. However, breast cancer is only responsible for 17,4% of cancer-related fatalities in females – suggesting that almost half of these diseases can be cured today. This is only possible in early cases of breast cancer, i. e. in cases where no metastases outside the regional lymph nodes can be found. Therapeutic strategies with a curative intention, besides surgery and radiotherapy, in most cases incorporate systemic treatment, the intensity and composition of which depends on tumor biology. The most important factors in this respect are the expression of estrogen and progesterone receptors as well as HER2 and, in addition, markers of tumor aggressiveness (histological grading, proliferation index, risk scores according to gene expression profiling etc.). Hormone receptor-positive breast cancer usually is treated with endocrine therapies, combined in many cases with chemotherapy. A number of targeted therapies currently are undergoing clinical tests.

Keywords: early breast cancer, sys­temic therapy, endocrine therapy, chemotherapy