Aktuelle Therapiekonzepte für das frühe HER2-positive und triple- negative Mammakarzinom

Frühe, d. h. Fernmetastasen-freie Mammakarzinome sind potentiell heilbar. Voraussetzung dafür ist die komplette operative Entfernung, eine adjuvante Bestrahlung sowie eine systemische Therapie, die von der Biologie des Tumors abhängt. Gegen Tumoren, die HER2 überexprimieren, stehen im neoadjuvanten oder adjuvanten Setting gegen diesen Rezeptor gerichtete Therapeutika zur Verfügung, die in Kombination mit Chemotherapie gegeben werden, während es für die (heterogene) Gruppe von triple-negativen Mammakarzinomen im Wesentlichen nur die Chemotherapie gibt. Neue systemische Therapiestrategien mit zielgerichteten Medikamenten werden derzeit klinisch erprobt, weshalb Patientinnen nach Möglichkeit in eine klinische Studie eingebracht werden sollten. 

Schlüsselwörter: frühes Mammakarzinom, systemische Therapie, HER2-Blockade, Chemotherapie

HER2-positive Mamma­karzinome

Zwischen 15% und 30% aller invasiven Mammakarzinome weisen eine Überexpression des Human Epidermal Growth Factor Receptors 2 (HER2) auf ihren Zellen auf, die den Tumor aggressiver, aber auch besser therapeutisch angreifbar macht [1]: Mit der Entwicklung des monoklonalen Anti-HER2-Antikörpers Trastuzumab, der das durch HER2 vermittelte Wachstumssignal hemmt, ergab sich eine der ersten Möglichkeiten für eine wirklich personalisierte Krebstherapie, von der nur Patientinnen mit HER2-positiven Tumoren profitieren [2]. Nach der Einführung in der metastasierten Situation wurde Trastuzumab durch eine Reihe von großen Phase-III-Studien in Kombination mit einer Chemotherapie auch zum Standard in der adjuvanten Therapie des frühen Mammakarzinoms [3–6], mit dem sich das Rezidiv- und das Mortalitätsrisiko nach etwa drei Jahren um etwas mehr als ein Drittel reduzieren ließ. Auch in langfristigeren Analysen konnte die Risikoreduktion bestätigt werden [3, 7]; der Effekt war in allen untersuchten Subgruppen zu sehen und insbesondere unabhängig davon, ob die Tumoren der behandelten Patientinnen Hormonrezeptor-positiv oder -negativ waren.

Mittlerweile wurden weitere Medikamente entwickelt, die am HER2-Rezeptor angreifen:

• Der niedermolekulare Tyrosinkinase-Inhibitor Lapatinib konnte, wenn er in Kombination mit Trastuzumab gegeben wurde, keinen Zusatznutzen gegenüber der alleinigen Antikörper-Therapie zeigen [8, 9].

• Pertuzumab ist ein weiterer Anti-HER2-Antikörper, der allerdings an ein anderes extrazelluläres Epitop bindet als Trastuzumab, wodurch die Kombination beider Substanzen zu einer noch vollständigeren, weil dualen Blockade des Rezeptors führt. In der Phase-III-Studie APHINITY konnte durch diese duale adjuvante Therapie (+ Chemotherapie) gegenüber der HER2-Hemmung mit Trastuzumab alleine (+ Chemotherapie) das Rezidivrisiko nach 45 Monaten um 19% reduziert werden (HR 0,81; p < 0,045; [10]). Weil sich der Vorteil vor allem in den Subgruppen mit höherem Risiko (positiver Nodalstatus, Hormonrezeptor-Negativität) zeigte, wurde die duale Blockade in der adjuvanten Situation im Jahr 2018 für diese Indikation zugelassen.

Bezüglich der Dauer der adjuvanten (und auch der neoadjuvanten) Trastuzumab-Therapie gilt ein Jahr als Standard. Außerdem sollte der Antikörper besser simultan als sequenziell mit der Chemotherapie verabreicht werden. Eine Alternative zur Polychemotherapie als Kombinationspartner von Trastuzumab kann in Einzelfällen bei geringem Rezidivrisiko (negativer Nodalstatus, Tumorgröße < 3 cm) auch die alleinige Gabe von Paclitaxel (zwölfmal 80 mg/m2 im wöchentlichen Abstand) darstellen, auch wenn die Daten dazu nur aus einer einarmigen Studie stammen [11, 12]. Eine Trastuzumab-Monotherapie wird nicht empfohlen, auch wenn der Nachteil gegenüber der Kombination in der 

RESPECT-Studie nicht signifikant ausfiel [13].

Bei Patientinnen mit kardialer Vorbelastung oder kardialen Risikofaktoren kann die Anti-HER2-Therapie auch mit Anthrazyklin-freien Chemotherapie-Protokollen kombiniert werden, z. B. mit Docetaxel/Carboplatin [5] oder Paclitaxel alleine [11].

Von Trastuzumab stehen seit Kurzem auch eine Anzahl (derzeit vier) biosimilarer Präparate zur Verfügung, die sich hinsichtlich Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofil nicht nennenswert vom Originator-Präparat unterscheiden. Nur letzteres gibt es allerdings seit 2013 auch als subkutan zu verabreichende Galenik, deren Applikation in der HannaH-Studie bei gleicher Wirksamkeit einfacher und kürzer war als die intravenöse [14], und die in einer weiteren Vergleichsstudie (PrefHER) von der überwiegenden Mehrzahl der Patientinnen bevorzugt wurde [15].

Neoadjuvante Therapie des HER2-positiven Mammakarzinoms

Die neoadjuvante systemische Therapie des Mammakarzinoms, ursprünglich entwickelt, um inoperable oder nur radikal zu operierende Tumoren einer möglichst brust­erhaltenden chirurgischen Therapie zuzuführen, stellt heute eine wichtige Option für nahezu alle Patientinnen mit frühem Mammakarzinom dar. Nachdem in mehreren großen Studien sowie in zwei Metaanalysen [16, 17] eine gute Korrelation zwischen dem Ansprechen auf die neoadjuvante Therapie (pathologische Komplettremission) und der langfristigen Prognose belegt werden konnte, wird dieses Konzept zunehmend auch zur Überprüfung neuartiger Therapieansätze benutzt, weil man sich dabei lange Nachbeobachtungszeiten bis zum Eintreten der zeitabhängigen Endpunkte sparen kann. 

Der Nutzen einer neoadjuvanten Gabe von gegen HER2 gerichteten Therapie in Kombination mit einer Chemotherapie beim frühen HER2-positiven Mammakarzinom ist durch eine ganze Reihe randomisierter Studien gut belegt, in denen die Rate an pathologischen Komplettremissionen signifikant erhöht wurde [18–22]. Darüber hinaus gibt es positive Resultate zur dualen HER2-Blockade in der neoadjuvanten Situation: In der GeparQuinto-Studie konnte die Kombination aus Trastuzumab und Lapatinib, zusätzlich zu einer Chemotherapie mit EC→Docetaxel gegeben, die pathologische Komplettremissionsrate von 21,7% auf 31,3% erhöhen [23], und in der NeoALLTO-Studie war die Kombination aus beiden HER2-Inhibitoren (mit Paclitaxel) der Gabe der Einzelsubstanzen deutlich überlegen (46,9% pathologische Komplettremissionen versus 27,6% mit Trastuzumab und 20,0% mit Lapatinib alleine; [24]. In der NSABP-41-Studie war unter dieser Doppelblockade nach fünf Jahren auch das Rezidivrisiko reduziert, wenngleich nicht signifikant [25].

In der NeoSphere-Studie schließlich wurde mit der dualen Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab, zusätzlich zu Docetaxel verabreicht, eine ähnliche pathologische Komplettremissionsrate erreicht (45,8%); auch hier war die rezidivfreie Überlebensrate drei Jahre nach der dualen Blockade mit 92% numerisch, aber nicht signifikant besser als mit Docetaxel plus Trastuzumab alleine (85%; [26]).

Die Kombination aus Trastuzumab und Pertuzumab in Kombination mit einer Chemotherapie ist in der neoadjuvanten ebenso wie in der adjuvanten Situation beim primären Mammakarzinom zugelassen, und zwar für eine Therapiedauer von einem Jahr – d. h., die Behandlung kann nach der neoadjuvanten Phase und einer Operation adjuvant fortgesetzt werden, bis eine Gesamttherapiedauer von einem Jahr erreicht ist.

Weiterführende Therapiestrategien

In der metastasierten Situation profitieren Patientinnen nach einem Versagen von Trastuzumab von dem Antikörper-Toxin-Konjugat Trastuzumab Emtansin (T-DM1). Das war Anlass, in der Phase-III-Studie KATHERINE bei Patientinnen, die auf eine neoadjuvante Therapie mit Trastuzumab mit weniger als einer pathologischen Komplettremission angesprochen hatten, diese Substanz adjuvant – oder hier auch „post-neoadjuvant“ – einzusetzen. Früher als geplant konnten in San Antonio im Dezember 2018 die ersten Ergebnisse präsentiert werden, die nach drei Jahren eine Halbierung des relativen Risikos für ein invasives Rezidiv ergaben (88,3% vs. 77%; HR 0,50; p < 0,0001; Abb. 1; [27, 28]). Dieser Vorteil war unabhängig von Hormonrezeptor-Status, Größe des Resttumors oder davon, ob die neoadjuvante Therapie eine duale HER2-Blockade beinhaltet hatte oder nicht. Reduziert waren auch das Risiko für eine Fernmetastasierung (89,7% vs. 83%; HR 0,60) ebenso wie das Mortalitätsrisiko, wobei im letzteren Fall der Unterschied noch nicht signifikant ausfiel (HR 0,70; p = 0,0848). T-DM1 ist für diese Indikation noch nicht zugelassen.

Triple-negatives Mammakarzinom

Das triple-negative Mammakarzinom ist eigentlich eine Ausschlussdiagnose (negativ für Östrogen- und Progesteronrezeptoren sowie ohne Amplifikation bzw. Überexpression von HER2) und stellt daher eine klinisch wie molekularbiologisch sehr heterogene Entität dar. So weisen etwa 30% aller triple-negativen Tumoren eine BRCA1-Mutation auf; das basale Mammakarzinom zeichnet sich durch ein charakteristisches Genexpressionsprofil aus und kann trotz klinischer und molekularer Gemeinsamkeiten vom triple-negativen Mammakarzinom abgegrenzt werden.

Die Biologie triple-negativer Tumoren ist im Allgemeinen aggressiver, beispielsweise mit einer höheren Prävalenz viszeraler Metastasen, und die Prognose ist schlechter als bei den übrigen Subgruppen. Die systemische Therapie beschränkt sich wegen des Fehlens der genannten Rezeptoren derzeit weitestgehend auf die Chemotherapie, gegen die triple-negative Tumoren allerdings eine höhere Empfindlichkeit aufweisen.

Platinsalze, insbesondere Carboplatin, spielen eine wichtige Rolle in der Systemtherapie des triple-negativen Mammakarzinoms – in der kurativen ebenso wie in der metastasierten Situation –, wahrscheinlich aufgrund der höheren genetischen Instabilität dieser Tumoren. In der GeparSixto- [29, 30] sowie in der CALGB-40603-Studie [31] konnte durch Hinzunahme von Carboplatin zu einer Anthrazyklin-Taxan-haltigen Sequenz-Chemotherapie die Rate an pathologischen Komplettremissionen auf über 50% erhöht werden, während in der ADAPT-TN-Substudie die Kombination aus nab-Paclitaxel und Carboplatin mit 46% einer nab-Paclitaxel-Gemcitabin-Kombination mit lediglich 28,7% überlegen war [32]. In der GeparOcto-Studie hingegen schnitten Anthrazyklin-Taxan in Kombination mit Carboplatin mit knapp 50% nicht besser ab als in der Kombination mit Cyclophosphamid [33]. Interessanterweise ergab sich in einer aktuellen Auswertung auch in der ADAPT-TN-Studie zwar eine Korrelation zwischen pathologischen Komplettremissionen einerseits und ereignisfreiem und Gesamtüberleben nach drei Jahren andererseits, aber kein signifikanter Einfluss des Chemotherapie-Regimes auf die Überlebensparameter [34].

Die Wahl des Taxans scheint vor allem auch beim triple-negativen Mammakarzinom eine Rolle zu spielen: In der GeparSepto-Studie war nab-Paclitaxel im neoadjuvanten Setting dem Paclitaxel insgesamt, vor allem aber in dieser Subgruppe überlegen, wo die Rate an pathologischen Komplettremissionen von 25,7% auf 48,2% beinahe verdoppelt werden konnte (p < 0,001); das Gleiche galt allerdings für die Grad-3/4-Neuropathien (15% vs. 8%; p < 0,001; [35]). Einer neueren Analyse zufolge ist auch das krankheitsfreie Überleben nach vier Jahren verbessert (83,5% vs. 76,2%; p = 0,0044), wobei kein Unterschied zwischen triple-negativen und Hormonrezeptor-positiven Tumoren erkennbar war. Patientinnen, die keine pathologische Komplettremission erzielten, profitierten offenbar stärker von nab-Paclitaxel [36].

Neue Substanzen

Derzeit läuft eine Reihe von Studien zum (neo-)adjuvanten Einsatz neuer Medikamente: Darunter sind Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Durvalumab, das in Kombination mit Chemotherapie in der GeparNuevo-Studie hohe pathologische Komplettremissionsraten von über 50% erzielte, die noch höher bei Patientinnen waren, die Durvalumab vor der Chemotherapie zwei Wochen lang als Monotherapie erhalten hatten [37]. 

Auch PARP-Inhibitoren, die beim metastasierten, BRCA-positiven Mammakarzinom interessante Ergebnisse gezeitigt haben, werden in der (neo-)adjuvanten Situation getestet: Erste interessante Daten bei allerdings noch wenigen Patientinnen gibt es mit Talazoparib [38], weitere randomisierte Studien laufen mit Olaparib (Olympia [39], GeparOLA [40]) und Rucaparib (41).

Die therapeutische Situation beim triple-negativen Mammakarzinom ist insgesamt unbefriedigend, sodass diese Patientinnen nach Möglichkeit im Rahmen von Studien behandelt werden sollten.

Current therapeutic concepts for early HER2-positive and triple-negative breast cancer

Summary

Early breast cancer lacking distant metastases is potentially curable – provid­ed the complete surgical eradication of the tumor is possible, followed by radiotherapy and systemic therapy, which depends on the biology of the tumor. Breast cancers overexpressing HER2 can be treated with HER2-targeting drugs in the neoadjuvant or adjuvant setting, given in combination with chemotherapy. Chem­otherapy at the moment is essentially the only approach for the (heterogeneous) group of triple-negative breast cancers. However, new strategies for systemic treatment are currently tested in clinical studies; therefore, it is recommended to include patients with these diseases into an appropriate trial.

Keywords: early breast cancer, sys­temic therapy, HER2 blockade, chemotherapy