HPV-Positivität beim Kopf-Hals-Tumor
Eine biologisch aktive Infektion mit Hochrisikotypen von humanen Papillomviren (HR-HPV) gilt als etablierter Risikofaktor für die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs (HNSCC). Eine Zunahme der Prävalenz dieser Tumoren wird vor allem bei jüngeren, den klassischen Noxen nicht ausgesetzten Patienten beobachtet. HPV-assoziierte Tumoren entstehen meistens im Oropharynx und stellen klinisch und molekularbiologisch eine eigenständige Entität dar. Wenngleich die HPV-Testung bei Kopf-Hals-Tumoren eine entscheidende Rolle für das aktuelle Staging spielt, fehlt bisher eine klare, international gültige Definition des tumoralen HPV-Status. Die alleinige Detektion von HPV-DNA oder der isolierte Einsatz der p16-Immunhistochemie als Surrogatmarker im Tumorgewebe weisen eine ungenügende Sensitivität und Spezifität auf, wogegen die Einführung eines kombinierten Algorithmus eine zuverlässige diagnostische Option darstellt. Eine für die Diagnostik ebenso valide Alternative ist der serologische Nachweis von Antikörpern gegen High-risk-HPV-Proteine, der sich auch als prädiktiver und prognostischer Marker zu bewähren scheint. Aufgrund der signifikant besseren Prognose und des besseren Therapieansprechens der HPV-assoziierten HNSCCs wird über die Möglichkeit einer Therapie-Deeskalation diskutiert, sodass entsprechende Strategien aktuell im Rahmen prospektiver Studien untersucht werden.
Schlüsselwörter: Humanes Papillomvirus, p16INK4A-Immunhistochemie, HPV-Serologie, Prognose, Therapie-Deeskalation.
HPV-assoziierte Kopf-Hals-Karzinome und deren klinische Relevanz
In den letzten 30 Jahren hat der Zusammenhang zwischen einer transkriptionell aktiven Infektion mit Hochrisiko-Typen des humanen Papillomvirus (HR-HPV) und der Entstehung von Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs (Head and Neck Squamous Cell Carcinoma, HNSCC) zunehmend an klinischer Relevanz gewonnen. 1981 beschrieben Syrjänen et al. zum ersten Mal die Beteiligung vom HPV an der Ätiologie des Plattenepithelkarzinoms des Larynx, welche anhand morphologischer und immunhistochemischer Eigenschaften dieser Tumoren abgeleitet werden konnte [1]. 1983 ließen sich diese neu gewonnenen Erkenntnisse auch bei Karzinomen der Mundhöhle und des Oropharynx bestätigen [2], worauf die Bedeutung der HR-HPV-Infektion für die Entstehung, den Verlauf und das Therapieansprechen bei Kopf-Hals-Karzinomen in zahlreichen nachfolgenden Studien weiter untersucht und bestätigt wurde.
Epidemiologische Besonderheiten
Eine Zunahme der Inzidenz HPV-assoziierter Kopf-Hals-Karzinome mit Prädilektion im Oropharynx geht einher mit einem geringeren Alkohol- und Nikotin-Konsum, welche bisher als Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von Kopf-Hals-Karzinomen galten [3].
Die Entstehung HPV-assoziierter Karzinome korreliert mit einer großen Anzahl verschiedener Sexualpartner und der Menge oro-genitaler Kontakte, was die Annahme eines genito-oralen Übertragungswegs nahelegt [4]. Allerdings zeigen sich weltweit sehr unterschiedliche Prävalenzen. Während in einigen Regionen wie Nordamerika oder Nordeuropa bis zu 70% der oropharyngealen Karzinome mit HR-HPV assoziiert sind, sind es in Südeuropa nur 17%, was möglicherweise mit unterschiedlichem Risikoverhalten zu erklären ist [5].
Das humane Papillomvirus und seine onkogene Rolle
Der onkogene Mechanismus des humanen Papillomvirus wurde initial bei Karzinomen des anogenitalen Bereichs, insbesondere der Gebärmutter bekannt. Es handelt sich dabei um ein epitheliotropes, zirkulär doppelsträngiges DNA-Virus, das in fünf Gruppen (A–E) mit entsprechenden Subgruppen eingeteilt wird, wobei die Subgruppe A9 mit HPV31, HPV33, HPV35, HPV52, HPV58 und insbesondere HPV16 eine wichtigere Rolle bei HNSCCs spielt. Das HPV-Genom kodiert für zwei Kapsidproteine (L1 und L2) sowie mindestens sechs Frühproteine („Early Proteins“: E1, E2, E4-E7; [6]). Während E1 und E2 für die basale DNA-Replikation zuständig sind, interagieren E6 und E7 mit zellulären Molekülen und Signalwegen und können die Proliferation, Immortalisierung und maligne Transformation der infizierten Zellen induzieren. Das virale Onkoprotein E6 ist in der Lage, das Tumorsuppressor-Protein p53 zu inaktivieren. Hier findet sich meist der Wildtyp des p53-Gens (TP53) im Gegensatz zu den HPV-negativen, mit Nikotin und Alkohol assoziierten Karzinomen, bei denen Mutationen in TP53 detektiert werden [7]. Eine wichtige Rolle für das Verständnis von HPV-assoziierten Karzinomen spielt zudem das Tumorsuppressor-Protein p16INK4A, welches durch das Retinoblastom-Protein (pRb) negativ reguliert wird. Das HPV-Onkoprotein E7 inaktiviert das Retinoblastom-Protein (pRb), was in einer p16INK4A- Überexpression resultiert, wodurch sich die Bedeutung des p16INK4A als Surrogatmarker für HPV-indizierte Tumoren erklären lässt [8].
Morphologisches Profil des HPV-assoziierten Kopf-Hals-Karzinoms
Tumoren mit aktiver HPV-Infektion stellen eine biologisch eigenständige Entität dar und entstehen meistens im Oropharynx im Bereich des Kryptenepithels der Gaumen- und Zungengrund-Tonsillen [9]. Diese Prädilektion beruht wahrscheinlich auf einer komplexen Interaktion zwischen HPV und dem lympho-epithelial retikulierten Krypten-Epithel, dessen Zellen sich auf einer physiologisch zerlegten, für Immunzellen und möglicherweise auch für Viren durchlässigen Basalmembran befinden [10]. Zusätzlich zu diesen besonderen strukturellen Eigenschaften konnte kürzlich gezeigt werden, dass beim Kryptenepithel eine starke Expression des Immuncheckpoint-Moleküls PD-L1 besteht, was mit einer reduzierten T-Zell-zytotoxischen Antwort auf virale Antigene einhergeht und dadurch möglicherweise eine bevorzugte Stelle für virale Infektion, virale Persistenz sowie viral induzierte Tumorgenese schafft [11].
Morphologisch handelt es sich bei den HPV-assoziierten Tumoren meist um kleine, schwierig detektierbare Primärtumoren mit großen, oft zystischen Lymphknotenmetastasen, weshalb initial nicht selten von einem zervikalen CUP-Syndrom (Cancer of Unknown Primary; zervikale Lymphknotenmetastasen ohne detektierbaren Primärtumor) ausgegangen wird. Eine HPV-Positivität für HPV-DNA und p16INK4A in Lymphknotenmetastasen stellt mit einer Prävalenz von 81% einen stark prädiktiven Faktor für das Vorhandensein eines Primarius im Oropharynx bei CUP dar [12]. Neuere Studien empfehlen deshalb eine diagnostische Tonsillektomie und ipsilaterale Zungengrund-Resektion beim CUP mit HPV-positiven Lymphknotenmetastasen [12, 13].
Staging und Prognose
HPV-assoziierte HNSCCs zeigen eine steigende Inzidenz, sind aber mit einer besseren Prognose assoziiert. Studien konnten zeigen, dass Patienten mit HPV-assoziierten Karzinomen unabhängig von der durchgeführten Therapie einen signifikanten Überlebensvorteil haben gegenüber denjenigen mit HPV-negativen Tumoren [14, 15]. Neben dem jüngeren Alter und der geringeren Rate an Komorbiditäten bei HPV-positiven Patienten kommen Zweitkarzinome bei HPV-assoziierten Tumoren seltener vor, wohingegen die bei Noxen-assoziierten Karzinomen typische schrittweise Akkumulation von Mutationen in der gesamten Schleimhaut des oberen Aerodigestiv-Traktes die syn- und metachrone Entwicklung von Zweitkarzinomen begünstigt, was 1953 von Slaughter als Phänomen der Feldkanzerisierung beschrieben wurde [16].
Schließlich beruht das günstigere Outcome auf einem verbesserten Therapieansprechen der HPV-assoziierten Tumoren. Die höhere Radiosensitivität der HPV-assoziierten HNSCCs wurde initial in Zellversuchen gezeigt und in retrospektiven Studien mit primär bestrahlten Patienten bestätigt [17]. Für multimodal therapierte, bestrahlte HPV-positive Patienten wurde in einer Meta-Analyse von 30 klinischen Studien eine Hazard Ratio von 0,39 bezüglich des Gesamtüberlebens und dementsprechend eine Reduktion des Sterberisikos um circa 60% gezeigt [18]. Ein klarer Überlebensvorteil der Patienten mit HPV-assoziierten Karzinomen im Vergleich zu denjenigen mit HPV-negativen Tumoren lässt sich ebenso in chirurgisch behandelten Kohorten mit und ohne adjuvanter Radiotherapie feststellen [19, 20]. Vergleichende prospektive Daten über den prädiktiven Wert des HPV-Status in Relation zur Therapiemodalität (Radiotherapie vs. Radiochemotherapie vs. Chirurgie) liegen noch nicht vor.
Wie die Therapiestrategien in Anbetracht der deutlich besseren Prognose der HPV-assoziierten Karzinome angepasst werden sollten, ist Gegenstand aktueller Diskussionen. Dabei stellt sich vor allem die Frage, ob eine Deeskalation der Therapien aufgrund des bewiesenen guten Therapieansprechens dieser Tumoren angestrebt werden sollte. Die posttherapeutische Lebensqualität spielt angesichts des jüngeren Alters dieser Patienten und der längeren Lebenserwartung eine zunehmend wichtige Rolle. Zahlreiche prospektive Deeskalations-Studien (z. B. RTOG-1106, De-ESCALaTE, ECOG 3311 usw.) erarbeiten aktuell risikoadaptierte Therapieregimes, um die posttherapeutischen Folgen zu minimieren, ohne die Chance auf Heilung zu gefährden. Ansätze der Deeskalation stellen beispielsweise eine Reduktion der Strahlendosis oder das Verzichten auf eine Chemotherapie bei geplanter adjuvanter Bestrahlung dar [21].
In Anbetracht des Überlebensvorteils der HPV-assoziierten HNSCCs wurde 2017 eine neue TNM-Klassifikation (8. Auflage der TNM-Klassifikation) mit der Unterteilung der Oropharynxkarzinome in eine p16INK4A-positive und
p16INK4A-negative Gruppe veröffentlicht, was mit einem signifikanten Downstaging der HPV-assoziierten Oropharynxkarzinome (OPSCCs) einhergeht [22]. Eine Fortführung des Staging-adaptierten Therapiekonzeptes ohne Berücksichtigung dieser Anpassungen muss mit Vorsicht erfolgen, um die Prognose dieser Patienten nicht zu verschlechtern, bevor die Resultate der prospektiven Studien vorliegen [23].
HPV-Status im Tumorgewebe von HNSCCs
In Anbetracht der vielfältigen klinischen Implikationen der HPV-Positivität bei Patienten mit Kopf-Hals-Karzinomen ist die zuverlässige Bestimmung des HPV-Status von großer Bedeutung. Wenngleich die HPV-Testung bei Oropharynxkarzinomen einen wichtigen Teil des klinisch-pathologischen Work-ups darstellt [22], fehlt eine klare, international gültige Definition des tumoralen HPV-Status bisher [24].
p16INK4A-Immunhistochemie
Der immunhistochemische Nachweis einer p16INK4A-Überexpression (p16-IHC) als Surrogatmarker für eine HPV-Infektion hat sich als praktikable Lösung zur HPV-Testung im Tumorgewebe etabliert (Abb. 1). Für den breiten Einsatz dieser Methode sprechen die niedrigen Kosten und die einfache Durchführbarkeit. Eine signifikante Korrelation zwischen der p16INK4A-Überexpression im Tumor und dem als Goldstandard geltenden HPV-E6/E7-RNA-Nachweis konnte in zahlreichen retrospektiven sowie prospektiven Studien nachgewiesen werden [25]. Obwohl die immunhistochemische Färbung für p16INK4A sich als sensitiver Marker für eine transkriptionell aktive HPV-Infektion erwiesen hat, zeigt es eine ungenügende Spezifität [26–30]. Als weitere Limitation des alleinigen diagnostischen Einsatzes der p16-Immunhistochemie gilt die geringe Zuverlässigkeit dieser Methode bei Tumoren außerhalb des Oropharynx, bei denen die diagnostische Sensitivität und Spezifität des Biomarkers nicht klar definiert ist. Ebenfalls unspezifisch wird die Interpretation der p16-Positivität im Fall einer schwachen Färbung der Zellkerne und des Zytoplasmas [10].

Detektion von HPV-DNA
Die Detektion von High-risk-HPV-DNA ist eine ebenso häufig angewendete Methode zum HPV-Nachweis in FFPE-Proben (Formalin-Fixed and Paraffin-Embedded). Zu den qualitativen Techniken der Detektion von HPV-DNA zählt die konventionelle Polymerase-Kettenreaktion (PCR), welche aber aufgrund der hohen Sensitivität bei mäßiger Spezifität häufig zu falsch positiven Ergebnissen führt [31]. Der Einsatz von Real-time-PCR-Techniken ermöglicht dagegen eine zusätzliche DNA-Quantifizierung, wodurch die Viruslast abgeschätzt werden kann [32]. Die tumorbiologische Relevanz eines positiven Tests ist aber schwer zu definieren, zumal HPV-DNA im Tumor nicht nur im Rahmen einer durch HPV getriggerten Karzinogenese, sondern auch im Fall einer nicht-transformierenden HPV-Infektion nachgewiesen werden kann. Durch HPV-DNA-in-situ-Hybridisierungs-Technik ist es dagegen möglich, HPV-DNA direkt im Zellkern maligner Zellen nachzuweisen, was mit einer hohen Spezifität einhergeht. Die geringe Sensitivität limitiert aber den Einsatz dieses Verfahrens [25].
Detektion von HPV-mRNA
Die Detektion von viraler E6- und E7-mRNA (Messenger-RNA) im Tumorgewebe gilt als Referenztest zum Beweis einer transkriptionell aktiven HPV-Infektion. Analog zur HPV-DNA werden HPV-mRNA-Transkripte, meistens von E6/E7, routinemäßig durch Sequenzamplifikation nachgewiesen. Für die Anwendung dieser Methode eignet sich am besten frisch eingefrorenes („fresh frozen“) Tumorgewebe. Die anspruchsvolle Technik der RNA-Extraktion und -Analyse aus den routinemäßig vorhandenen FFPE-Gewebeproben sowie die hohen Kosten dieses Verfahrens stellen eine deutliche Limitation dar [27]. Eine praktikablere Anwendung bei FFPE-Proben verspricht eine neuere RNA-basierte Technik zur In-situ-Hybridisierung (RNAscope; Sensitivität von 97% und Spezifität von 93%), wobei die Anwendung dieser Methode aktuell auf Forschungsprojekte begrenzt ist [33].
Diagnostischer Algorithmus in FFPE-Gewebeproben
Einen breiten Konsens als Lösungsansatz hat die Möglichkeit gefunden, verschiedene Tests in einem Algorithmus zu kombinieren. Smeets et al. schlugen 2007 einen Algorithmus bei FFPE-Proben vor, welcher die Anwendung der p16INK4A-Immunhistochemie vorsieht, gefolgt von der Detektion von HR-HPV-DNA mittels PCR im Fall einer p16INK4A-Positivität (Abb. 2). Die diagnostische Zuverlässigkeit des Algorithmus wurde im Vergleich zum HPV-16-E6/E7-RNA-Nachweis mittels Reverse-Transkriptase-PCR in „fresh-frozen“-Tumorgewebe als Referenzmethode beurteilt [26] und später in einer Kohorte von 86 Patienten mit OPSCC von Rietbergen et al. validiert (Genauigkeit 98%, Sensitivität 96% und Spezifität 98%; [34]). Der prognostische Wert des Algorithmus wurde ebenso validiert: Die als p16-positiv/HPV-DNA-positiv erklärten Tumoren zeigten ein besseres 5-Jahres-Überleben im Vergleich zu den HPV-negativen (73,5% vs. 40,8%; [35]).

In analoger Weise entwickelte die Johns Hopkins Medical Institution ein diagnostisches Schema, welches das Screening mittels p16-Immunhistochemie, gefolgt von HPV-16-spezifischer HPV-DNA-in-situ-Hybridisierung vorsieht. Auf der Anwendung von HPV-DNA-in-situ-Techniken zusammen mit p16-Immunhistochemie basieren demzufolge die aktuellen Empfehlungen des College of American Pathologists und des Royal College of Pathologists, UK [32].
Relevanz der HPV-Serologie bei HPV-assoziierten HNSCCs
Der Nachweis von Serum-Antikörpern gegen virale Proteine spielt eine zunehmend wichtige Rolle als Surrogatmarker in der Diagnostik HPV-induzierter Neoplasien. Serum-Antikörper gegen das L1-Kapsid gelten aufgrund des starken immunogenen Potenzials dieser Proteine als unspezifische Marker für aktive und stattgehabte orale, aber auch genitale HPV-Infektionen und stehen in keinem direkten kausalen Zusammenhang mit der Entstehung von Neoplasien [36]. Dagegen gelten Antikörper gegen die High-risk-HPV-Frühproteine E1, E2, E6 und E7 als verlässliche diagnostische Marker für ein HPV-assoziiertes Karzinom und scheinen sich auch als prädiktive und prognostische Marker zu bewähren [37–39]. In einer prospektiven Studie untersuchten wir die Genauigkeit der Seropositivität bei der Erkennung HPV-assoziierter Oropharynxkarzinome. Im Vergleich zur HPV-DNA-/p16-Positivität im Tumor lagen die Sensitivität und Spezifität für Anti-E6-Antikörper bei 100% bzw. 96%. Während Anti-E2-Antikörper mit einer Sensitivität bzw. Spezifität von 82% bzw. 100% ebenfalls eine gute diagnostische Zuverlässigkeit aufwiesen, zeigten Anti-E7-, Anti-E1-, Anti-E4- sowie Anti-L1-Antikörper als alleinige Marker eine mangelhafte Korrelation [40]. Für eine gute diagnostische Aussagekraft der HPV-Serologie spricht zudem die vernachlässigbare Prävalenz von HPV16-E6-Antikörpern (0,7%) bei nicht HPV-assoziierten Karzinomen [41]. Hinsichtlich der prognostischen Relevanz der HPV-Antikörper zeigte sich in unserer wie in anderen Studien, dass seropositive Patienten ein besseres Gesamtüberleben (88% vs. 62%) sowie krankheitsspezifisches Überleben (92% vs. 78%) im Vergleich zu den seronegativen Patienten aufweisen [40, 42]. Die Bedeutung der HPV-Antikörper als Verlaufsparameter ist noch unklar. Postuliert wird ein Abfall des Antikörper-Titers nach erfolgreicher Therapie mit einem Wiederanstieg bei Rezidiv (Broglie et al. in progress). Dazu werden aber noch weitere Studien benötigt.
Obwohl HPV-Antikörper ebenso bei weiteren HPV-induzierten Neoplasien nachgewiesen werden, scheinen sie insbesondere bei Karzinomen des Kopf-Hals-Bereiches eine klinisch relevante Rolle zu spielen. Die Sero-Prävalenz der HR-HPV-Antikörper bei Patientinnen mit Zervixkarzinomen scheint deutlich variabler zu sein als beim Oropharynxkarzinom (10–70%; [43]). Es ist denkbar, dass dies auf einer unterschiedlich schnellen Auseinandersetzung des Immunsystems mit den HPV-Antigenen beruht.
Interessanterweise konnten bei HPV-induzierten Oropharynxkarzinomen bereits bis zu zehn Jahre vor Diagnose Antikörper gegen HPV-Proteine detektiert werden [39], weshalb sich die Frage stellt, ob die HPV-Serologie als Verfahren zur Tumorfrüherkennung eingesetzt werden könnte.
Take Home Message
Mit humanen High-risk-Papillomviren (HPV) assoziierte Kopf-Hals-Tumoren gewinnen aufgrund der zunehmenden Inzidenz sowie des günstigen Prognoseprofils an klinischer Relevanz. Wenngleich die HPV-Testung einen unerlässlichen Teil des klinisch-pathologischen Stagings darstellt, fehlt bisher eine klare, international gültige Definition des HPV-Tumorstatus. Die HPV-Serologie könnte sich in Zukunft als verlässlicher diagnostischer und prognostischer Tumormarker erweisen und eine wichtige Bedeutung für die Tumorfrüherkennung spielen.