2014 fand die Jahrestagung zum letzten Mal in Hamburg statt – seinerzeit mit dem Schwerpunkt „Immuntherapie und erste klinische Erfolge mit Checkpoint-Inhibitoren“. „Fast zehn Jahre später sind wir erneut in der Hansestadt zu Gast, und die Immuntherapie steht wieder und immer noch im Mittelpunkt“, sagte Prof. Carsten Bokemeyer, Hamburg, bei der Eröffnungsveranstaltung des Kongresses. Bokemeyer, der zusammen mit Prof. Claudia Baldus, Kiel, die diesjährige Kongresspräsidentschaft innehatte, betonte, dass sich die Immuntherapie wie ein roter Faden durch den Kongress ziehe und stellvertretend für die enorme Innovationskraft des Fachgebiets Hämatologie und Onkologie stehe.
Checkpoint-Inhibition etabliert, adoptive Zelltherapie im Kommen
Da war es nur folgerichtig, dass auch die Plenarsitzung – das Herzstück der Jahrestagung – im Zeichen der Immuntherapie stand. Prof. John B. Haanen, Amsterdam, Niederlande, gab zunächst einen Überblick darüber, wie die Immuntherapie das therapeutische Spektrum bei soliden Tumoren erweitert hat und was zukünftig zu erwarten ist [1]. Checkpoint-Inhibitoren, die derzeit überwiegend PD-(L)1 als Target adressieren, seien heute schon in mehr als 40 onkologischen Indikationen zugelassen – entweder alleine, in Kombination mit Chemotherapie (nichtkleinzelliges Lungenkarzinom [NSCLC], triple-negatives Mammakarzinom [TNBC], Kopf-Hals-Tumor [HNSCC]) oder zusammen mit Molekülen, die den VEGF-Rezeptor adressieren (Nierenzellkarzinom [RCC], hepatozelluläres Karzinom [HCC], Endometriumkarzinom). Der Experte betonte, dass mit der Checkpoint-Inhibition – anders als mit einer Chemotherapie oder einer zielgerichteten Therapie – „sogar im metastasierten Setting und sogar bei Erkrankten mit Hirnmetastasen“ Heilung möglich sei. Auf der anderen Seite könnten aber auch schwere und anhaltende Nebenwirkungen autoimmuner Art auftreten. Aus diesem Grund solle die Behandlung in der Hand erfahrener Ärztinnen und Ärzte liegen.
Über die Checkpoint-Inhibition hinaus bestehe zudem großes Interesse an der adoptiven Zelltherapie solider Tumoren, von der bisher allerdings noch keine einzige zugelassen sei. Erfolgversprechend aus Haanens Sicht sind etwa Therapien mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TILs), speziell beim Melanom, Zervixkarzinom und NSCLC. Doch auch für T-Zell-Rezeptor-adressierende Ansätze und CAR-T-Zellen lägen bereits frühe vielversprechende Wirksamkeitsdaten vor. Laut Haanen zeichnet sich ab, dass zelluläre Therapien bei soliden Tumoren mit zusätzlichen Substanzen, beispielsweise Vakzinen, kombiniert werden müssen, um eine ausreichende Effektivität zu entfalten.
Immuntherapien: Rolle des intestinalen Mikrobioms beachten
Auf großes Interesse stieß der Plenarvortrag von Prof. Marcel van den Brink, New York, NY/USA, der die Bedeutung des intestinalen Mikrobioms für Krebs-Immuntherapien beleuchtete [2]. Der Experte verwies darauf, dass im menschlichen Organismus ein „Multi-Spezies-symbiotischer Supraorganismus“ vorliege: Rund 100 Billionen Mikroorganismen mit drei Millionen Genen ständen mit rund zehn Billionen menschlichen Zellen mit 23.000 Genen in Kontakt [3]. Dem Mikrobiom komme dabei im Hinblick auf die Onkologie eine modulatorische Bedeutung zu – auf das Tumorwachstum, auf inflammatorische Prozesse, auf die Immunevasion, aber auch auf die genomische Instabilität und Therapieresistenz [4].