Nachhaltigkeit und Recycling in der Labormedizin: Grüner Daumen im Reagenzglas
Die Labordiagnostik stellt einen unverzichtbaren Bestandteil der modernen Medizin dar. Sie liefert entscheidende Informationen für die Prävention, Diagnose und Therapie von Krankheiten. Mit dem wachsenden Bedarf an diagnostischen Verfahren steigt jedoch auch der ökologische Fußabdruck der Labore. Mit der zunehmenden Relevanz des Umwelt- und Ressourcenschutzes nimmt das Thema Nachhaltigkeit in der Labormedizin einen immer größeren Stellenwert ein. Dabei umfasst der Begriff Nachhaltigkeit sämtliche Aspekte, die darauf abzielen, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren, Ressourcen effizient zu nutzen und eine verantwortungsvolle Versorgung sicherzustellen – Stichwort Green Lab.
Nachhaltigkeit basiert auf mehreren Säulen. Zu den relevanten Faktoren zählen in diesem Zusammenhang insbesondere ökologische Faktoren wie die Minimierung des Energieverbrauchs, die Reduktion von Abfällen und der Einsatz umweltverträglicher Materialien. Hinzu kommen ökonomische Aspekte wie beispielsweise die Kosteneffizienz bei der Beschaffung, dem Betrieb und der Entsorgung sowie Investitionen in langlebige Geräte. Schließlich hat auch die soziale Nachhaltigkeit eine besondere Bedeutung: Gewährleistung von sicheren Arbeitsbedingungen, Schulung des Personals und Beiträge zur öffentlichen Gesundheit.
Umweltbelastungen im Laboralltag
Labore sind ressourcenintensive Einrichtungen und potenzielle Verursacher vielfältiger Umweltbelastungen. Dazu zählen einerseits der hohe Strombedarf von Laborgeräten und andererseits die übermäßige Abfallproduktion, die durch die Verwendung von Einwegmaterialien entsteht. Darüber hinaus fallen auch chemische und biologische Abfälle an. Letzteres steht im Zusammenhang mit einem suboptimalen Chemikalienmanagement, bei dem Verbrauchsreagenzien und Lösungsmittel mit potenziell schädlichen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen zum Einsatz kommen. Auch hohe Treibhausgasemissionen, wie sie beispielsweise bei der Geräte- oder Verbrauchsmittelproduktion entstehen, sowie der übermäßige Verbrauch von Wasser und flüssigen Reagenzien erfordern Strategien zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, bedarf es einer Kombination aus verschiedenen Ansätzen: Neben der Gewährleistung einer verbesserten Energieeffizienz durch stromsparende Laborgeräte fördert ein optimiertes Abfallmanagement den Einsatz wiederverwendbarer oder recycelbarer Materialien (Stichwort Kreislaufwirtschaft) durch Reduzierung des Einwegmaterialienverbrauchs und erlaubt zudem die sichere Entsorgung chemischer und biologischer Abfälle. Ein effizientes Chemikalienmanagement bevorzugt die Auswahl umweltfreundlicher Reagenzien, minimiert den Chemikalieneinsatz durch alternative Methoden und schult die Mitarbeitenden im sicheren Umgang mit Gefahrstoffen. Leistungsfähige diagnostische Testgeräte ermöglichen außerdem die gleichzeitige Bestimmung mehrerer Analyte aus einer einzelnen Probe und in nur einem Messvorgang. Einsparungen beim Wasserverbrauch, bei Verpackungsmaterialien und eine Reduktion des Papierverbrauchs durch Digitalisierung und elektronische Dokumentation ergänzen diese Maßnahmen zur Nachhaltigkeit – so können durch die Bereitstellung digitalisierter Informationen auch ressourcenverbrauchende Bedienungsanleitungen in Papierform entfallen. Solche nachhaltigen Strategien führen ebenso zu Zeit- und Energieeinsparungseffekten bei der Verbrauchsmittelproduktion und generieren dadurch zusätzlichen Mehrwert.
Hilfreiche Verordnungen und Leitlinien
Hilfestellungen bieten in diesem Zusammenhang nationale und internationale Organisationen und Leitlinien. So befasst sich die REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, eine Rechtsverordnung der Europäischen Union, mit der Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe. Sie nimmt dabei eine bedeutende Rolle im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ein, da sie die Sicherheit von Chemikalien für Mensch und Umwelt gewährleisten soll. REACH hat die Aufgabe, mehr Transparenz hinsichtlich der Eigenschaften und Risiken von Chemikalien zu schaffen und die Entwicklung sicherer
Alternativen zu fördern, um gesundheitliche Gefahren und Umweltschäden zu vermeiden. Auch ein Life Cycle Assessment (LCA) kann ganzheitlich bei der Bewertung von Umweltauswirkungen durch Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen über deren gesamten Lebensweg helfen. Ein LCA erlaubt dabei die Erstellung einer Ökobilanz von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung, Nutzung, Wartung und Entsorgung bis hin zur möglichen Wiederverwertung. In Bezug auf die Nachhaltigkeit spielen hierbei Zertifizierungen eine zunehmende wichtige Rolle. So kommt das ACT(Accountability, Consistency, Transparency)-Ecolabel, entwickelt von der Non-Profit-Organisation My Green Lab, bereits international als Nachhaltigkeitszertifikat für Laborprodukte zum Einsatz. Es soll Wissenschaftler:innen und Einkäufer:innen fundierte Entscheidungen über die Umweltauswirkungen von Laborprodukten erleichtern, indem es Informationen über die Herstellung, Nutzung und Entsorgung bereitstellt. Der Blaue Engel und die ISO (International Organization for Standardization) 14001 sind weitere wichtige Instrumente für mehr Nachhaltigkeit mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Der Blaue Engel ist ein Umweltzeichen für Produkte und Dienstleistungen, das Verbraucher:innen hilft, umweltfreundliche Alternativen zu erkennen; die ISO 14001 hingegen ist eine internationale Norm für Umweltmanagementsysteme, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Umweltleistung systematisch zu verbessern.
Fazit
Ein ganzheitliches Nachhaltigkeitskonzept in der Labormedizin umfasst eine sorgfältige Abfalltrennung und -kategorisierung, eine effiziente Abfallvermeidungsstrategie im Alltag, innovative Recycling- und Wiederverwendungsverfahren sowie lebenszyklusorientierte Analysen. Der Weg zu ressourcenschonenden Laborprozessen ist anspruchsvoll, bietet aber große ökologische und ökonomische Chancen. Durch eine Kombination aus Technik, Bewusstsein und politischer Unterstützung kann die Labormedizin gemeinsam mit ihren Partnern einen wichtigen Beitrag zum globalen Umweltschutz leisten.
Dr. Wolfgang Bielke
Freier Wissenschaftsjournalist
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Der Trillium-Verlag veröffentlicht regelmäßig Marktübersichten über innovative Entwicklungen und Produkte in der Medizin. Dabei fokussieren wir uns auf bewährte und innovative Testverfahren und -systeme aus dem gesamten Spektrum der In-vitro-Diagnostik (Labormedizin, Mikrobiologie, Transfusionsmedizin, Humangenetik, Pathologie und IT). Die Übersichten werden regelmäßig aktualisiert.
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