Die patientennahe Labordiagnostik, auch Point of Care Testing (POCT) genannt, kann in der Regel sehr kurze Analysezeiten gewährleisten und verursacht dank direkter Zufuhr von Patientenmaterial (z. B. Kapillarblut) in das POCT-Gerät so gut wie keinen präanalytischen Aufwand. Die Anwendung von POCT ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Einzelbestimmung eine sofortige therapeutische Konsequenz zur Folge hat. Automatisierte, seriell durchgeführte patientennahe Analysen sind regulatorisch nicht als POCT, sondern als vollwertige Laborbestimmungen anzusehen. Wenn ein Test nicht in einem Zentrallabor, sondern am Patientenbett durchgeführt werden kann oder soll, sind es häufig laborunerfahrene Pflegekräfte oder medizinische Fachangestellte, die nach einer adäquaten Schulung die Testungen übernehmen.
Das Tempo, in dem neuartige Analysetechniken entstehen und auch neue Anwendungen für POCT-Methoden gefunden werden, ist derzeit besonders beeindruckend. Die Coronavirus-Pandemie hat die herausragende Bedeutung und Leistungsfähigkeit des POCT eindrucksvoll beispielsweise durch die Weiterentwicklung von POCT-fähigen molekularen Nachweisverfahren für Infektionserreger bewiesen. POCT ist in manchen Bereichen zu einem festen Bestandteil vieler klinischer Algorithmen geworden.
Status quo
Patientennahe labordiagnostische Verfahren haben sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten stark verbreitet. Im ambulanten Bereich, zum Beispiel in Arztpraxen, werden oft POCT-Analysen von nur wenigen Kenngrößen wie Blutzucker, HbA1c oder INR vorgehalten, während in Krankenhäusern häufig verschiedenste Analysen am POC durchgeführt werden. Wenn ein mittelgroßes Krankenhaus ohne Zentrallabor auskommen muss, resultiert daraus häufig ein Szenario, das mit dem Oxymoron „POCT-Labor“ umschrieben wird.
Wenn viele verschiedene Tests auf vielen unterschiedlichen Geräten durchgeführt werden sollen, stellt dies für das Pflegepersonal häufig eine große Herausforderung dar; Fehler in der Bedienung der unterschiedlichen Systeme sind häufig vorprogrammiert. Dieses Szenario, das in Trillium Diagnostik bereits vor zehn Jahren mit einem „Bauchladen“ verglichen wurde [1], sollte von der jeweiligen Klinikleitung aus Qualitäts- und Effizienzgründen unbedingt kritisch hinterfragt werden. Die damalige Forderung nach einer Konsolidierung der POCT-Analysesysteme ist also weiterhin nicht von der Hand zu weisen.
Im Folgenden werden dafür zukunftsfähige Konzepte vorgestellt. Es steht zu hoffen, dass sie das Leben für die POCT-Nutzer, zumeist Pflegekräfte und medizinische Fachangestellte, erleichtern und die Fehlerhäufigkeit im Sinne einer verbesserten Patientensicherheit minimieren.
Konsolidierungsbemühungen
In der einschlägigen Literatur sind keine Informationen über Geräteentwicklungen der patientennahen Labordiagnostik zu finden, die die oben erwähnten Anforderungen an eine neue Generation von POCT-Systemen vollumfänglich erfüllen. Dennoch sind bei aufmerksamer Beobachtung des IVD-Markts zwei unterschiedliche Herangehensweisen/Philosophien zur Konsolidierung der POCT-Gerätelandschaft auszumachen.
Lösung 1
Einige Unternehmen entwickeln Kleingeräte als Plattformen für Teststreifen oder Kassetten. Diese ermöglichen es, verschiedene Messgrößen mit teils unterschiedlichen Analyseprinzipien zu quantifizieren. Meist bieten die Hersteller für diese Systeme zusätzlich eine integrierte Anbindung an ein Krankenhausinformationssystem (KIS) an (Abb. 1).