Der Begriff ITP steht für Immunthrombozytopenie. Die ITP ist eine Erkrankung, bei der sich das Immunsystems des Körpers gegen die eigenen Thrombozyten und deren Mutterzellen im Knochenmark, die Megakaryozyten, richtet. Ein älterer Name ist Morbus Werlhof und geht auf Paul Gottlieb Werlhof (1699–1767) zurück. Werlhof war Arzt in Hannover und berichtete über ein junges Mädchen, das nach einer Infektion Blutungen der Haut und Schleimhäute entwickelte. Er nannte diese Erkrankung Morbus maculosus haemorrhagicus und man denkt heute, dass es sich dabei um eine ITP gehandelt hat.
Die ITP ist eine „Orphan Disease“
Die ITP ist selten. Sie hat bei Erwachsenen eine Inzidenz von 0,2–0,4 Neuerkrankungen pro 10.000/Jahr; die Prävalenz liegt bei 0,9–2,6 pro 10.000. Bei Kindern und Jugendlichen beträgt die ITP-Inzidenz 0,2–0,7 pro 10.000/Jahr und die Prävalenz 0,4–0,5 pro 10.000. Die Prävalenz ist bei Kindern deutlich geringer als bei Erwachsenen, weil die pädiatrische ITP sich in den allermeisten Fällen zurückbildet und nur selten chronisch wird.
Erkrankungen mit einer Häufigkeit von kleiner 5:10.000 werden in Europa als Seltene Erkrankungen oder „Orphan Diseases“ bezeichnet. Das hat über die Terminologie hinaus auch praktische Konsequenzen, sind Betroffene mit Seltenen Erkrankungen doch typischerweise überregional verteilt und es gibt meist auch nur wenige ebenfalls räumlich verteilte Fachleute oder Zentren. Für Studien müssen viele Praxen und Kliniken rekrutiert werden, um ausreichende Patientenzahlen erreichen zu können, was organisatorisch und finanziell außerordentlich aufwendig ist. Auch sind die Wege zu guten Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten für die Patient:innen nicht immer auf Anhieb ersichtlich oder nur mit Aufwand erreichbar. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass die Diagnose erst verzögert gestellt wird und dass Betroffene sich mit ihrer Erkrankung unzureichend versorgt fühlen. Die modernen elektronischen Informationsmedien (beispielsweise die Onkopedia Leitlinie der DGHO) [1], nationale und internationale Selbsthilfegruppen [2] und Internet-Foren (z. B. auf Facebook) sind heute für Betroffene und ärztliches Personal eine große Hilfe.
Pathogenese
Die ITP ist nicht erblich, sie ist eine erworbene Erkrankung. Ursächlich ist eine Autoimmunreaktion, die sich sowohl gegen Thrombozyten im zirkulierenden Blut als auch gegen die Megakaryozyten im Knochenmark richtet und dadurch nicht nur den Thrombozytenabbau verstärkt, sondern auch die Thrombozytenneubildung bremst (Tab. 1).