Beim Von-Willebrand-Syndrom (VWS) handelt es sich um die am häufigsten auftretende hämorrhagische Diathese in Deutschland. Die Prävalenz liegt beim Labor-Screening zwischen 0,8 und 1,3 %; Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Man unterscheidet eine angeborene und eine seltenere, erworbene Form, die durch multiple Grunderkrankungen (v. a. lymphoproliferative Erkrankungen, strukturelle Herzerkrankungen), Antikörper gegen den Von-Willebrand-Faktor (VWF), verminderte Synthese, erhöhte Proteolyse u. a. verursacht werden kann [1].
Der VWF wird in den Gefäßendothelzellen und Megakaryozten synthetisiert. Ein Teil davon zirkuliert frei im Blut. Das primäre Produkt besteht aus einem Prä-pro-VWF, einem Monomer, das komplexen biochemischen und strukturellen Veränderungen unterzogen wird. Das Resultat sind Multimere (Untereinheiten) gleicher Zusammensetzung. Diese sind in Abhängigkeit von der Anzahl der Monomere von unterschiedlicher Größe (500–20.000 Kd). Durch diese repetitive Zusammenlagerung von jeweils zwei identischen Bausteinen (Dimere) entstehen Moleküle mit bis zu 20 Untereinheiten, was den VWF zum größten löslichen Protein des menschlichen Organismus macht. Hochmolekulare Multimere sind wegen der höheren Anzahl an Bindungsstellen dabei die effektivste Form des VWF.
Die wesentlichen Aufgaben des Moleküls sind der Schutz des Gerinnungsfaktors VIII vor einer proteolytischen Degradation und die Rolle in der primären Hämostase. Hier agiert der VWF als Adhäsivfläche zwischen subendothelialen Strukturen und den Thrombozyten (GP Ib/V/IX) sowie zwischen den Blutplättchen untereinander (Abb. 1).