Diagnostischer Wettlauf mit der Zeit

Invasive Mykosen bei immunsupprimierten Patienten

Invasive Mykosen stellen eine lebensgefährdende Komplikation für immunsupprimierte Patienten dar. Deshalb kommen neben der zeitaufwendigen Histopathologie und Kultur zunehmend molekularbiologische und andere schnelle Nachweisverfahren zum Einsatz.

Für alle immunsupprimierten Patienten besteht ein erhöhtes Risiko für Pilzinfektio­nen (Tab. 1). Während bakteriell oder viral bedingte Erkrankungen mehr oder weniger akut verlaufen und deshalb meist rasch diagnostiziert werden können, beginnen invasive Myko­sen in der Regel als „Fieber unklarer Ursache“. Bis die Diagnose gestellt und mit einer gezielten antimykotischen Therapie begonnen werden kann, vergeht in der Regel viel zu viel Zeit.
Die meisten dieser Infektionen werden von Candida albicans und Aspergillus fumigatus verursacht. Zunehmend sind aber auch andere Candida-, Asper­gillus- und Nicht-Aspergillus-Arten zu finden. Diese Vielfalt macht die korrekte Keimidentifikation und Auswahl des geeignetsten Animykotikums schwierig, denn jede Spezies besitzt ihr eigenes Empfindlichkeitsprofil.
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) bietet in ihren Leitlinien zu hämatologischen Neoplasien auch Empfehlungen für ein rationales Vorgehen bei der Prophylaxe, Diagnostik und Therapie invasiver Mykosen. Probleme bereiten die infrage kommenden Pilz-Spezies vor allem deshalb, weil geringe Mengen Candida zur natürlichen Haut- und Schleimhautflora gehören und alle Arten von Schimmelpilzen in der Umwelt ubiquitär verbreitet sind. Ein Kubikmeter Luft kann beispielsweise über 106 Pilzsporen enthalten.
Als beweisend für eine Pilzinfektion gilt der Erregernachweis nur, wenn er aus einem primär sterilen Gewebe erbracht werden kann. Bei anderen Quellen ist eine Kontamination oder Besiedelung nie ganz auszuschließen, sodass ein Infektionsverdacht nur als „wahrscheinlich“ oder „möglich“ klassifiziert werden kann. Tab. 2 gibt einen Überblick über die empfohlenen Untersuchungsmaterialien in Abhängigkeit von Erreger und bevorzugter Lokalisation.

Klassische Nachweisverfahren

Goldstandard ist der histopathologische Nachweis von Pilzhyphen in Kombination mit der Pilzkultur aus primär sterilem Gewebe. Letztere ermöglicht nach Anzucht auf speziellen Pilznährböden die eindeutige Erregeridentifikation. In den letzten Jahren wird neben der Analyse morphologischer Charakteristika zunehmend die Maldi-TOF-Massenspektrometrie zur Identifizierung eingesetzt. Die Anzucht erfordert einen erheblichen Zeitaufwand und bleibt trotz hoher Spezifität ein wenig sensitives Verfahren.

Aktuelle Biomarker

Die Diagnostik einer invasiven Mykose ist immer ein Wettlauf mit der Zeit, denn ein früher Nachweis verbessert die Erfolgs­chancen der antimykotischen Therapie erheblich. Deshalb kommen neben schnellen bildgebenden Verfahren (Ultraschall, Röntgen, CT, MRT) auch serologische und molekularbiologische Tests für die Diagnosestellung und therapiebegleitende Überwachung zum Einsatz.
Während der Wachstumsphase geben einzelne Pilzspezies typische Polysaccharide wie zum Beispiel Mannan (Candida spp.), Galactomannan (Aspergillus spp.) oder Glucuronoxylomannan (Cryptococcus neoformans) in ihre Umgebung ab. Diese Antigene eignen sich vor allem bei Risikopatienten zum raschen Nachweis und Monitoring bei Candida- und Aspergillus-Infektionen. Daneben werden auch Tests auf Antikörper gegen beispielsweise Mannan oder Galactomannan  angeboten; sie sind allerdings wegen der eingeschränkten Fähigkeit des Körpers, Antikörper gegen Pilze zu produzieren, bei negativem Befund nicht sehr aussagekräftig.
Für molekularbiologische Methoden konnte hingegen in zahlreichen Studien ein deutlicher Mehrwert gezeigt werden, weil sie neben einer schnellen und exakten Spezies-Identifikation auch den heute immer bedeutsameren Nachweis von Resis­tenzmerkmalen ermöglichen. Zur Erhöhung der Spezifität kann die PCR mit einer Schmelzkurvenanalyse sowie anschließender Hybridisierung oder Sequenzierung kombiniert werden. Auch Multiplex-Assays, die beispielsweise bis zu 7 Arten von Candida oder 13 Arten von Aspergillus in einem Analysengang erfassen (vgl. S. 87), sind eine interessante Option, um die Diagnostik zu beschleunigen.

Antimykotische Therapie

Zur Therapie von systemischen Mykosen stehen nur drei Substanzklassen zur Verfügung: Azole (z. B. Flucon­azol), Polyene (z. B. Amphotericin B) und Echinocandine (z. B. Caspofungin). Da zahlreiche Azol-Verbindungen auch im Pflanzenschutz als Fungizide Verwendung finden und ihre Wirkung auf demselben Prinzip wie die der in der Human- und Veterinärmedizin verwendeten Antimykotika beruht, muss mit der Entstehung von Kreuzresistenzen gerechnet werden.  

Autor
Dr. Dr. Anton Hartinger
Mitglied des Fachbeirats
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