Komfort und Sicherheit im Blutspendewesen

IT-Lösungen für die Vernetzung von Zellseparatoren

Zunehmend werden die Zellseparatoren großer Blutspendeeinrichtungen untereinander vernetzt, um Prozessdaten drahtlos zu sammeln, zentral zu analysieren und gegebenenfalls Einstellungen und Leistungsdaten zu optimieren.

Schlüsselwörter: Apherese, Mehrfachspende, Vernetzung, Dokumentation

 

Auf dem Heimweg eben mal mit dem Smartphone die Heizung hochregeln und sich auf den Feierabend in der warmen Wohnung freuen – das ist dank intelligenter Haussteuerung heute problemlos möglich. Aber auch in medizinisch-pharmazeutischen Bereichen wie dem Blutspende­wesen wird seit vielen Jahren ähnlich hoher Komfort geboten: Seit 2008 gibt es ein mobiles Handgerät zur Überwachung und Fernsteuerung von Zellseparatoren, also Geräten, die mittels extrakorporaler Apherese (von griechisch ἀφαιρέιν wegnehmen) einzelne Zellfraktionen aus dem Blut des angeschlossenen Spenders abzentrifugieren und die nicht benötigten Blut­bestandteile wieder retransfundieren. Man gewinnt so beispielsweise HLA-kompatible Thrombozyten oder Stammzellen für die Behandlung von Leukämiepatienten. Die Qualität und Ausbeute dieser Zelltherapeutika wird während des Prozesses überwacht, um den Aphereseprozess gegebenenfalls nachzujustieren.

An die Software der Geräte werden naturgemäß hohe Anforderungen gestellt. In Deutschland unterliegt die präparative Hämapherese dem Arzneimittel- und dem Transfusionsgesetz (AMG, TFG), der Guten Herstellungspraxis (GMP) sowie der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV)[1], also Regularien, die höchstmögliche Sicherheit für Spender, Patienten und Anwender garantieren sollen.

Dies reicht von der Dokumentation aller relevanten Verfahrensschritte über statis­tische Auswertungen bis zur regularien­konformen Archivierung der Daten. Durch die drahtlose Kommunikation innerhalb einer Einrichtung entstehen zusätzliche Anforderungen an die Übertragungs­geschwindigkeit und -sicherheit, und bei der Vernetzung mehrerer Standorte über das Internet sind verstärkt Datenschutz­aspekte zu berücksichtigen.

Deshalb entwickeln die Hersteller nicht nur immer differenziertere Apheresetechniken, sondern auch immer leistungs­fähigere Steuerungs- und Dokumenta­tionssoftware. Wie die Tabelle zeigt, sind die derzeit im Markt verfügbaren Lösungen proprietär, das heißt Zellseparatoren und Softwareprodukte kommen aus einer Hand, weil die Informationstechnik auf einen bestimmten Gerätetypus zugeschnitten ist.

 

Datenerfassung und Auswertung

Die Hauptaufgabe der Software besteht darin, Verfahrensdaten mehrerer Separatoren zu erfassen, zusammenzuführen und zu visualisieren. Hierdurch kann der Betreiber auf einen Blick beispielsweise Abweichungen und Fehler sowie deren Korrekturen erkennen. Für die tägliche Praxis besonders relevant ist die Visualisierung der Herstellungseffizienz, insbesondere bei Mehrfachpräparaten (ein-, zwei- und dreifache Thrombozytenspenden) oder Multikomponentenspenden (gleichzeitige Gewinnung von Erythrozyten und Blutplasma oder Thrombozyten und Blutplasma etc.). Eine tageweise oder quartalsweise Anzeige der Einfach- und Mehrfachspenden liefert ökonomisch relevante Hauptleistungsindikatoren für das Management. Auch standortspezifische Besonderheiten lassen sich auf diese Art und Weise transparent machen.

Zusatzfunktionen sind die Langzeit­archivierung, die Ausgabe von Berichten im PDF-Format, individuell konfigurierbare Datenbankabfragen, sowie der Export von Daten in gängigen Formaten (XML, CSV u. ä.) zur externen Weiterverarbeitung.

Die Kommunikation zwischen den Apheresegeräten und dem Arbeitsplatz erfolgt in der Regel über das lokale Netzwerk (LAN, WLAN) des Betreibers. Neuere Softwaresysteme bieten zudem Internet­technologien, mit denen große, überörtlich tätige Spendeeinrichtungen eine Gesamt­übersicht über alle Zellseparatoren eines regionalen Verbunds erhalten. Bei Bedarf lassen sich datenschutzmäßig zulässige Verfahrensdaten auch an den Hersteller übermitteln, beispielsweise für Zwecke der proaktiven Wartung.

Weitergehende Funktionen

Die Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Regensburg dient als Referenzeinrichtung für die DACH-Ländergruppe. Hier befinden sich innovative Lösungen im Probebetrieb, beispielsweise die Einbindung weiterer herstellungs­relevanter Geräte wie Barcodeleser, Waage oder TSCD-II-Sterilschweißgerät in das Datennetzwerk. Damit lassen sich dann Programmeinstellungen dieser Geräte bidirektional importieren und exportieren; bei Bedarf erhält der Anwender hier auch Anleitungen für Prozesse wie Wiegen oder Schweißen. Gleichzeitig ist diese Software Grundlage für den Export von Apheresedaten in das Klinikinformationssystem (KIS) und hilft so, manuelle Schritte der AMG-relevanten Dokumentation und Harmonisierung von Arbeitsprozessen auf ein Minimum zu reduzieren.

 

Ausblick

In Planung befindet sich neben der Einbindung weiterer Zellseparatoren in die Netzwerke auch eine bidirektionale Kommunikation zwischen Zellseparator und Blutbildautomat. Anhand der gewonnenen Daten kann das Apherese­gerät dann Prognosen zum Volumen und Thrombozytenertrag oder zur Verfahrensdauer abgeben und dem Operator gegebenenfalls Einstellungsoptimierungen vorschlagen.

Es ist zu erwarten, dass mit steigender Automatisierung im Blutspendewesen der Bedarf an solchen intelligenten, vernetzten Softwarelösungen zunehmen wird. Sie dienen der Prozessharmonisierung, der Vermeidung von Fehlern und der Entlas­tung des Klinikpersonals von manuellem Dokumentationsaufwand. So bleibt künftig hoffentlich mehr Zeit für die Spender und Patienten.


FOA Dr. med. Robert Offner

Universitätsklinikum Regensburg, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Fachbereich Transfusionsmedizin