Im Blutplasma vorkommende freie DNA wird als vielversprechende Quelle für neue Biomarker im Rahmen der Liquid Biopsy gehandelt. Doch woher kommt diese DNA? Und ist sie wirklich frei, im Sinne von löslich? Oder wird DNA vor der Freisetzung ins Blut in extrazelluläre Vesikel verpackt? Untersuchungen an Sportlern fügen den bereits bekannten Hypothesen eine weitere hinzu.
Schlüsselwörter: zellfreie DNA, extrazelluläre Vesikel, extracellular traps
Dass Nukleinsäuren nicht nur intrazellulär in den Kernen (DNA) und im Zytoplasma (RNA), sondern auch „zellfrei" im Blut vorkommen, konnten Mandel und Metais bereits 1948 – und somit vier Jahre vor der Entdeckung der DNA-Doppelhelix – zeigen[1]. 1966 wurde erstmals von erhöhten Konzentrationen zellfreier DNA (cfDNA) im Zusammenhang mit einer Erkrankung – dem systemischen Lupus Erythematodes (SLE) – berichtet[2]. Seit der Jahrtausendwende nimmt die Zahl einschlägiger Publikationen exponentiell zu. Besonders großes Interesse besteht dabei an der zellfreien Tumor-DNA (ctDNA) sowie fetaler DNA im mütterlichen Blut bei der nicht-invasiven Pränataltestung (NIPT) auf Trisomie 21.
Zwei Arten von zirkulierender DNA
2004 wurde die schlagartige Freisetzung von DNA aus Granulozyten bei der unspezifischen Immunantwort auf Fremdoberflächenkontakt hin beschrieben. Diese sogenannte Netose erwies sich als medizinisch so bedeutsam, dass sie heute einen eigenen Forschungszweig der Immunologie bildet. Dabei meidet man allerdings den Begriff cfDNA und bezeichnet das freigesetzte Chromatin als „neutrophile extracellular traps" (NETs).
Der Wunsch nach begrifflicher Unterscheidung ist nachvollziehbar, weil die aus Granulozyten freigesetzten langen und klebrigen Chromatinnetze eine völlig andere Struktur aufweisen als die vorwiegend an Histone gebundene DNA aus anderen Zellen. Zudem sind die NETs in der Blutbahn vor dem Abbau durch zirkulierende DNAse I weniger geschützt als cfDNA. Schnell entstehen so nach der Freisetzung von NETs kurzkettige, proteingebundene DNA-Fragmente, die man dann wieder als cfDNA bezeichnet.
Analytische Herausforderung
Unter normalen Bedingungen ist die DNA im Plasma größtenteils auf Histonkomplexe aufgewickelt (sog. Nucleosomen) und repräsentiert wahrscheinlich das komplette Genom. Die Konzentration größerer DNA-Fragmente (von etwa 70 bp aufwärts) liegt allerdings beim Gesunden im Bereich von nur 10–20 µg/l und übersteigt selbst bei einem Krebspatienten mit einem großen, soliden Tumor selten 200 µg/l. Für herkömmliche Amplifikations- und Sequenzierverfahren stellt dies eine große analytische Herausforderung dar.