Information ist der beste Schutz

Deutsche STI Gesellschaft

Die Zahl sexuell übertragbarer Infektionen (STI) steigt in Deutschland insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen an. Darum ist es wichtig, die Angebote zu sexueller Gesundheit zu bündeln und bei der Präventionsarbeit die richtige Sprache zu finden.

Schlüsselwörter: STI, Aufklärung, Gonorrhö, Chlamydien

Die steigenden Zahlen der Neuinfektionen in Deutschland, insbesondere an Chlamydien und Gonorrhö, umgangssprachlich „Tripper" genannt, sind durchaus alarmierend und zeigen, dass viele Jugendliche und junge Erwachsene beim Thema STI sehr unbedarft sind. Die Chlamydien-Infektionsrate liegt einer Studie des Robert-Koch-Institutes von 2013 zufolge für 18- bis 19-jährige Frauen bei 4,5% und für 25- bis 29-jährige Männer bei 4,9%. Im Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin – „Walk In Ruhr" (WIR) in Bochum führen wir derzeit eine Studie an sexuell aktiven Jugendlichen und jungen Erwachsenen (ohne Krankheitssymptome) durch. Erste Zwischenergebnisse zeigen bei jeweils 7,5% der Teilnehmer Chlamydien- bzw. Gonokokken-Infektionen, sodass man von einer steigenden Tendenz ausgehen muss.

 

Unterschätzte Risiken

Viele junge Menschen haben Infektio­nen, ohne es zu wissen, denn leider verlaufen STI – abhängig von der betroffenen Körperregion – in bis zu 90% der Fälle symp­tomlos. Daher werden sie viel zu selten diagnostiziert und können unwissentlich weitergegeben werden. Schwerwiegende Folgeerkrankungen wie etwa Unfruchtbarkeit oder Schwangerschaftskomplikationen sind möglich. Hinzu kommt, dass viele nicht wissen, dass STI nicht nur beim Geschlechtsverkehr übertragen werden – allein durch das gegenseitige Anfassen im Intimbereich kann man sich infizieren. Die ärztliche Beratung und Erstversorgung könnte in diesem Bereich viel mehr leisten, doch hier gibt es deutliche Defizite. Zudem existiert so gut wie keine aufsuchende Versorgung an Schulen bzw. die Versorgungsangebote sind dezentral organisiert und wenig effizient.

 

Zentrum mit Modellcharakter

Im Jahr 2016 wurde das „Walk In Ruhr" (WIR) – Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin in Bochum gegründet. Die Idee dahinter ist ein umfassendes Angebot zur sexuellen Gesundheit aus einer Hand – von der Aufklärung über Diagnostik und Therapie bis hin zur psychosozialen Beratung. Das WIR, das im Rahmen eines vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Evaluationsprojektes extern begleitet wird, verfolgt damit einen innovativen Präventions- und Therapieansatz und hat Modellcharakter für die Gründung ähnlicher Zentren in Deutschland. Es bringt wesentliche Institutionen zu sexueller Gesundheit und STI unter einem Dach zusammen: Neben der Interdisziplinären Immunologischen Ambulanz – Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin der Dermatologischen Klinik der Ruhr Universität Bochum, sind hier auch die Aidshilfe Bochum e. V., das Gesundheitsamt Bochum, Madonna e. V. (Interessenvertretung für Sexarbeiterinnen), Rosa Strippe e. V. (Vertretung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*Personen und Intersexuelle) sowie pro familia ansässig.

Im Zentrum der Aktivitäten steht die Präventionsarbeit (Übertragungswege, Schutzmöglichkeiten). Dabei ist es wichtig, die richtige Sprache zu finden und zu nutzen, um die jungen Menschen auch wirklich zu erreichen: Wir informieren über Infektionen, Testangebote und Behandlungsmöglichkeiten, ohne Angst zu machen – denn: Nur wer informiert ist, kann sich schützen!


Prof. Dr. med. Norbert H. Brockmeyer

Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft;
WIR – Walk In Ruhr, Klinik für Dermatologie,
Venerologie und Allergologie
der Ruhr-Universität Bochum