Verbesserte genetische Charakterisierung

Bei chronischen Wunden werden in der Frühphase der Infektion mit klassischen Anzuchtverfahren am häufigsten Koagulase-positive Staphylo­kokken als Leitkeime gefunden. Verfolgt man den weiteren Verlauf jedoch mit modernen Sequenzierungs-Verfahren, so erkennt man einen Wandel des Mikrobioms in Richtung einer fäkalen Flora – und identifiziert im Schnitt nicht weniger als 15 verschiedene Keimspezies, die überwiegend anaerobes Wachstum zeigen. Dabei sind Cluster zu erkennen, die auf symbiotische Lebensgemeinschaften schließen lassen[1].
Während man in den 1990er-Jahren in chronischen Wunden mittels Reihenverdünnungen nur 104–105 Keime pro Gramm Gewebe fand, entdeckt man heute mittels quantitativer PCR 100-mal so viele. Und die genetische Zusatzinformation ist klinisch wertvoll: Kodiert zum Beispiel ein S. aureus in seinem Genom Pathogenitätsfaktoren wie Leukozidin, Enterotoxine, Hämolysine und bestimmte Kapselantigene, so ist das Risiko einer Chronifizierung wesentlich höher als bei Besiedelung durch den Wildtyp[2].
Die Schlussfolgerung aus diesen aktuellen Befunden sollte lauten: Bei chronischen Wunden ist eine zeitgemäße genetische Charakterisierung der mikrobiellen Flora anzustreben, um dem Patienten eine individualisierte und erfolgreichere Therapie anbieten zu können.

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Ambrosch
Mitglied der Redaktion