Blutgasanalyse: Geräteoptimierung

Das diesjährige Update des tabellarischen Vergleichs von Blutgasanalysatoren (BGA) am Point of Care umfasst neun unterschiedliche Geräte von fünf verschiedenen Anbietern. Bei den Geräten selbst wird von den Herstellern jetzt an den Feineinstellungen gearbeitet. Der Fokus richtet sich auf die Präanalytik und auf einen schnellen Workflow mit möglichst wenigen Handgriffen.

Tabellarische Übersicht

Präanalytik

Der erste Schritt der Präanalytik beginnt beim Patienten mit der sicheren Zuordnung des Probenmaterials – in der Regel durch die Erstellung eines Barcode-Etiketts mit den eindeutigen Patientendaten und durch die Etikettierung des Blutabnahmesets. Was alles bei der Gewinnung der Blutprobe zu beachten ist, ist in der Übersicht "Die Bedeutung der Präanalytik am Point of Care" detailliert dargestellt.
Auch die BGA übernehmen Aufgaben der Präanalytik. Obligate Eingabefelder können beispielsweise dafür sorgen, dass die Identität des Patienten noch einmal eindeutig bestätigt wird. Außerdem erfolgt in allen neun Geräten eine Überprüfung der Blutprobe auf Luftblasen und Gerinnselbildung, die sogenannte Clot Detection (CD). Der Grad der Clot Detection unterscheidet sich von Hersteller zu Hersteller. Details können Sie der Tabelle entnehmen und am besten im Gespräch mit dem Produktmanagement des jeweiligen Herstellers klären. Eine Geräteserie prüft die Blutprobe zusätzlich auf spektrale Störungen für die CO-Oxymetrie oder das Gesamtbilirubin, aber auch auf Interferenzen durch Chemikalien bzw. Medikamente.

Reagenzienmanagement

Schnell und möglichst wenige Handgriffe – das gilt nicht nur für den Probenworkflow, sondern auch für das Nachfüllen von Reagenzien. Deshalb hat sich bei den meisten Analysatoren ein Format aus geschlossenen Kassetten oder einer Testkarte durchgesetzt. Die Kassetten gibt es für den einmaligen (Unit-Use) und für den vielfachen Gebrauch (Multi-Use) mit Reagenz für mehrere hundert Messungen. Die Testkarte ist für den einmaligen Gebrauch gedacht. Die Anzahl der Tests in einer Kassette kann in der Regel an den jeweiligen Bedarf angepasst werden. Die Kassetten und auch die Testkarte enthalten alle oder viele der erforderlichen Komponenten in einem geschlossenen Kreislauf. Bei einigen Herstellern sind allerdings mehrere Wechselkomponenten  erforderlich, beispielsweise für die Qualitätssicherung (vgl. Tabelle: Prozessdaten, Wechselkomponenten). Zum Teil werden mit jedem Kassetten-/Kartenwechsel auch die Elektroden getauscht. 
Einen großen logistischen Vorteil bilden Multi-Use-Kassetten, die alle erforderlichen Materialien in einer Wechselkomponente enthalten und ungekühlt gelagert werden können. Das reduziert nicht nur die Anzahl der Arbeitsschritte und Laufwege, sondern spart zusätzlich wertvolle Kühlkapazität.

Besondere Probenmaterialien für besondere Einsatzgebiete

Arterielles Vollblut und Kapillarblut sind die Standardmaterialien der Blutgasanalyse. Allerdings gibt es weitere Fragestellungen, die bei Probenmaterialien wie Dialysat oder Pleurapunktat gemessen werden. BGA sind hierfür besonders geeignet, da sie auch wässrige Lösungen schnell analysieren können. Im Falle des Dialysats ist der Gehalt an Elektrolyten entscheidend, beim Pleurapunktat weisen ein niedriger pH- und Glukose-Wert auf einen eitrigen bakteriellen Infekt hin. Von den neun hier vorgestellten BGA-Geräten eignen sich sieben zur Untersuchung von Dialysat; fünf analysieren auch Pleurapunktat (s. Tabelle: Probenmaterialien).

Der Faktor Zeit

Wenn man nachts im Notdienst vor einem BGA steht und darauf wartet, nach der Kalibration wieder eine Messung vornehmen zu können, kann die Zeit recht lang werden. Wie lange ein vollständiger Messzyklus dauert, ist ein wichtiger Faktor, den wir in den Prozessdaten als „Messzyklus inklusive Spülung“ abgefragt haben. Die Zeiten bewegen sich zwischen < 60 Sekunden bis zu maximal 200 Sekunden. Die Resultate stehen meist schon früher zur Verfügung; die nächste Messung lässt sich erst nach Abschluss des Spülzyklus durchführen. Durch einen speziellen Probengeber für ein bis drei Proben kann die Wartezeit, die durch Mess- und Kalibrationszyklen entsteht, entschärft werden.

V-TAC – eine Umrechnung von venös zu arteriell

Aus dem arteriellen oder kapillären Vollblut lassen sich der Sauerstoffpartialdruck (pO2) und die Sauerstoffsättigung (sO2) zuverlässig bestimmen. Die arterielle Blutabnahme ist jedoch für die Patienten schmerzhaft oder es ist schlicht nicht möglich, einen arteriellen Katheter zu legen. Außerdem kann es zu unerwünschten Ereignissen wie einem subkutanen Hämatom, arteriellen Thrombosen oder – sehr selten – einem Pseudoaneurysma kommen [1]. Deshalb hat ein Forscher-Team aus Dänemark die Umrechnungsmethode V-TAC (Venous to Arterial Conversion) entwickelt, mit deren Hilfe venös gewonnene Blutgas-Werte in arterielle umgerechnet werden. Ein weiterer Vorteil der venösen Blutentnahme ist, dass zusätzliche Laborparameter aus der gleichen Blutprobe bestimmt werden können.
Für die V-TAC-Methode wird neben der venösen Blutgasanalyse das Ergebnis der Sauerstoffsättigung aus der Puls-Oxymetrie benötigt. Eine vergleichende Studie [2] zwischen arteriellen Blutgasanalysen und der V-TAC-Umrechnung aus venösem Blut ergab eine hohe Übereinstimmung für pH und pCO2-Werte sowie eine moderate Abweichung bei den pO2-Werten. Bei einer Sauerstoffsättigung > 96 % kommt es jedoch, bedingt durch die stark abgeflachte O2-Sättigungskurve, zu etwas größeren Abweichungen. Trotzdem ist die V-TAC-Umrechnung eine Methode, die unter ganz bestimmten Umständen zum Nutzen von Patienten eingesetzt werden kann. Zum Beispiel profitieren schwerst betroffene COVID-19-Patienten von V-TAC; vorausgesetzt natürlich, dass diese Methode zeitnah zur Verfügung steht. Die Umrechnung kann kostenpflichtig elektronisch eingerichtet werden. Die Firma, die V-TAC entwickelt hat, wurde mittlerweile von einem der Teilnehmer an diesem tabellarischen Vergleich übernommen. Es ist geplant, diese Berechnung mit dem nächsten Software-Update in die BGA dieses Herstellers zu implementieren.

Datensicherheit

Die Blutgasanalysatoren sind in der Regel über eine Middleware mit dem Labor- bzw. Krankenhausinformationssystem verbunden und leiten die Patientendaten sofort dorthin weiter. Trotzdem speichern einige Geräte auch Patientendaten zwischen und müssen daher gegen unbefugten Zugriff und Angriffe von außen geschützt werden. Zu diesem Zweck sind die Patientendaten bei einem der Blutgasanalysatoren verschlüsselt. Zusätzlich sind ein Anti-Malware-Programm und eine Firewall installiert. Die Benutzer melden sich mit einer Zwei-Schritt-Authentifizierung am System an. Auch der Transfer von Daten auf einen USB-Stick muss explizit eingeschaltet werden und erfolgt dann verschlüsselt.

Ausblick auf POC-Konzepte

Um die dezentralen POC-Geräte zentral zu verwalten, wurde die sogenannte Middleware entwickelt. Das Thema Middleware ist ein Abfragepunkt in der tabellarischen Übersicht und wird ausführlich in der folgenden Produktübersicht „POC-Konzepte und Middleware“ behandelt.

Dr. Gabriele Egert
Harald Maier
Mitglieder der Redaktion

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