Prostatakarzinom: Androgenrezeptor-Blocker auch im hormonsensitiven Stadium wirksam
In einer Phase-III-Studie verbesserten sich bei Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakarzinom, denen der Wirkstoff Apalutamid in Kombination mit einer Androgen-Deprivationstherapie (ADT) verabreicht wurde, Gesamtüberlebenszeit und radiologisch erfasste progressionsfreie Überlebenszeit signifikant.
Apalutamid (Erleada®) ist ein neuer oraler Androgenrezeptor-Inhibitor, der selektiv an den Rezeptor bindet. Apalutamid greift mehrfach in die Signaltransduktion durch den Androgenrezeptor ein: Es verhindert seine Translokation in den Zellkern, hemmt seine Bindung an die DNA und damit die Androgen-vermittelte Transkription. Auf diese Weise reduziert die Therapie die Proliferation der Tumorzellen und steigert die Apoptose. Ein Hauptmetabolit, das N-Desmethyl-Apalutamid, zeigt in vitro noch ein Drittel der Aktivität von Apalutamid.
Zugelassen ist das Medikament derzeit für die Therapie von Männern mit nicht metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Metastasen aufweisen. In der Phase-III-Zulassungsstudie SPARTAN wurden 1.207 Männer mit einem solchen hohen Risiko (PSA-Verdopplungszeit ≤ 10 Monate, Befall der Becken-Lymphkoten [N1]) mit 240 mg/d Apalutamid oral bzw. Placebo jeweils in Kombination mit einer ADT behandelt.
In die neue, beim ASCO-Kongress 2019 präsentierte Zulassungsstudie TITAN (s. Tab. 1) wurden auch Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakarzinom (mHSPC) eingeschlossen.
Acronym | Targeted Investigational Treatment of Novel Anti-Androgen (TITAN) |
Design | Multinationale randomisierte placebokontrollierte Phase-III-Studie |
Patienten | 1.052 Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakarzinom (mHSPC) |
Endpunkte primär | Signifikante Verlängerung des OS versus Placebo, radiographisch progressionsfreies Überleben (rPSF) |
Endpunkte Sekundär | Zeit bis zum Beginn einer zytotoxischen Therapie, Zeit bis zur Schmerzprogression, Zeit bis zum chronischen Opioid-Einsatz, Zeit bis zum Auftreten skelettaler Ereignisse |
Tab. 1 TITAN: Übersicht über das Studiendesign.
Wie Prof. Dr. med. Axel Merseburger, Direktor der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, erläuterte, verlängerte Apalutamid in Kombination mit einer ADT in der TITAN-Studie im Vergleich zu Placebo plus ADT das mediane OS signifikant: Das Risiko zu versterben reduzierte sich um 33%. Auch beim ko-primären Endpunkt, der medianen radiologisch erfassten progressionsfreien Überlebenszeit (rPFS), ergab sich ein signifikanter Vorteil für Apalutamid vs. Placebo: Das Risiko, eine radiologische Progression zu erleiden oder zu versterben, war um 52% reduziert (Hazard Ratio 0,48; 95%-Konfidenzintervall 0,39–0,60; p < 0,0001). Die 2-Jahres-Überlebensrate betrug im Verumarm 82%, im Placebo-Arm hingegen 74% [1].
Beim sekundären Endpunkt, der Zeit bis zum Beginn einer Chemotherapie, kam es zu einer 61%igen Risikoreduktion gegenüber Placebo (HR 0,39; 95%-KI 0,27–0,56; p < 0,0001). Der Median war in beiden Armen noch nicht erreicht. Auch der Wiederanstieg des prostataspezifischen Antigens (PSA) trat unter Apalutamid später ein; der Medianwert der Zeit bis zur PSA-Progression ist hier noch nicht erreicht gegenüber 12,9 Monaten im Kontrollarm (HR 0,26; 95%-KI 0,21–0,32; p < 0,0001). Ebenso ist der Medianwert der Zeit von der Randomisierung bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder Tod unter der ersten Folgetherapie (PFS2) in beiden Armen noch nicht erreicht [1].
Nebenwirkungen, die unter Apalutamid-ADT häufiger auftraten, waren Hautausschläge (Apalutamid 27,1%, Placebo 8,5%), Hypothyreose, Hypercholesterinämie und Hypertriglyzeridämie. Die Rate an Therapieabbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen lag im Apalutamid-ADT-Arm bei 8,0%, verglichen mit 5,3% im Placebo-ADT-Arm. Nebenwirkungen vom Grad 3 und 4 waren in beiden Studienarmen gleich häufig (42,2% vs. 40,8%).
Die Publikation der TITAN-Studie ist bereits verfügbar [1]. Sie bildet die Grundlage für einen Antrag auf Zulassungserweiterung von Apalutamid für das mHSPC bei der U. S. Food and Drug Administration (FDA) sowie der European Medicines Agency (EMA).
Maren Mundt