Wegweisende neue Daten beim frühen Mammakarzinom

SABCS 2017

Beim letzten San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) Anfang Dezember 2017 wurden erneut wegweisende Studienergebnisse zur Behandlung des frühen – d. h. noch nicht fernmetastasierten – Mammakarzinoms vorgestellt. So scheint jetzt klar zu sein, dass für die erweiterte adjuvante endokrine Therapien (d. h. nach fünfjähriger adjuvanter Therapie) eine Dauer von zwei Jahren ausreichend ist. Außerdem konnten die Vorteile von nab-Paclitaxel gegenüber konventionellem Paclitaxel in der neoadjuvanten Therapie bestätigt werden.

Erweiterte adjuvante Therapie über zwei Jahre ausreichend

Unmittelbare klinische Relevanz haben die Langzeitergebnisse der ABCSG-16-Studie bei postmenopausalen Patientinnen mit frühem Hormonrezeptor-positivem (HR+) Mammakarzinom. Sie zeigen, dass die erweiterte adjuvante Anastrozol-Gabe über zwei Jahre bei besserer Verträglichkeit genauso effektiv ist wie die erweiterte fünfjäh-rige Gabe des Aromatasehemmers (AI).
Patientinnen mit frühem HR+ Mammakarzinom haben ein signifikantes Langzeitrisiko für die Entwicklung von Rezidiven, erläuterte Studienleiter Michael Gnant, Comprehensive Cancer Center (CCC) der Medizinischen Universitätsklinik Wien. Dies sei die Rationale dafür, nach der klassischen fünfjährigen adjuvanten endokrinen Behandlung postmenopausale Patientinnen weiter mit einem Aromatasehemmer zu behandeln. Seit Jahren werde die Dauer dieser erweiterten adjuvanten Therapie diskutiert, für die bislang immer weitere fünf Jahre propagiert wurden. Die aktuellen Ergebnisse zeigten jedoch, dass dies nicht notwendig sei und dass man den Patientinnen mit der kürzeren Dauer Nebenwirkungen ersparen könne.
Die ABCSG-16-Studie (Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group) startete bereits 2004 mit fast 3.500 postmenopausalen Patientinnen mit frühem HR+ Mammakarzinom. Nach der 5-jährigen endokrinen Standardtherapie (nach Wahl des Arztes) wurden die Patientinnen mit Anastrozol über alternativ zwei oder fünf Jahre weiterbehandelt. Die Rate krankheitsfreier Patientinnen (DFS) nach zehn Jahren betrug 71,1% nach zweijähriger Anastrozol-Gabe versus 70,3% nach fünfjähriger Gabe (Hazard Ratio 1,007; p = 0,925; Abb. 1) Dies war unter anderem unabhängig vom Alter der Patientin (≤/> 60 Jahre) sowie vom Tumorstadium (pT1/pT2–3), vom Nodalstatus (pN0/pN+), vomG Grading (G1–3), von der Hormonrezeptor-Expression sowie von der endokrinen und einer potenziellen zytostatischen Vorbehandlung.
Zum Auswertungszeitpunkt (nach median 106,2 Monaten) waren in beiden Studienarmen noch etwa 85% der Patientinnen am Leben (HR 1,007; p = 0,947). Ebenfalls keine signifikanten Unterschiede konnten bei der Rate kontralateraler Mammakarzinome (3,5% nach zwei Jahren vs. 3,9% nach fünf Jahren; HR 1,134; p = 0,562) und bei der Rate sekundärer Neoplasien gezeigt werden (9,4% vs. 10,5%; HR 1,094; p = 0,477). Die Überlegung, dass eine schlechtere Therapie-Compliance bei fünfjähriger erweiterter endokriner Therapie die Ergebnisse verfälscht haben könnte, wird laut Gnant durch e explorative Adhärenz-Analyse entkräftet. Die Frakturrate hingegen lag unter zweijähriger Aromatasehemmer-Gabe si­gnifikant niedriger (4,7% vs. 6,3%; HR 1,353; p = 0,053).
Gnant bezeichnete die zweijährige erweiterte adjuvante Aromatasehemmer-Therapie für postmenopausale Patientinnen als den zukünftigen Standard. Dennoch sei nicht auszuschließen, dass einzelne Patientinnen von einer fünfjährigen Aromatasehemmer-Gabe profitierten. Es sei daher wichtig, molekulare Marker zu identifizieren, um diese Patientinnen selektieren zu können.

Höhere Dosisintensität reduziert Rezidivrisiko

Praxisrelevante Ergebnisse präsentierte auch die Early Breast Cancer Trialists‘ Collaborative Group (EBCTCG) in einer großen Metaanalyse mit den individuellen Daten von über 34.000 Patientinnen, die an einem frühen Mammakarzinom litten. Die gepoolte Datenauswertung ergab, dass eine erhöhte Dosisintensität der Chemotherapie das Rezidiv- und Sterberisiko der Patientinnen signifikant reduziert.
In die EBCTCG-Metaanalyse waren klinische Studien mit verschiedenen dosisintensivierten Ansätzen eingeschlossen worden: dosisdichte Regimes, bei denen das Therapieintervall von drei auf zwei Wochen verkürzt wurde, sowie Ansätze mit einer sequenziellen Chemotherapie, die es im Vergleich zur simultanen Gabe ermöglicht, die Einzelsubstanzen höher zu dosieren. In einigen Studien wurden beide Ansätze kombiniert und eine sequenzielle dosisdichte Therapie eingesetzt, erläuterte Richard Gray, Department of Population Health, Universität Oxford.
Die dosisintensivierte Gabe reduzierte das relative Rezidivrisiko nach zehn Jahren signifikant um 15% (2p < 0,00001) und das relative Brustkrebs-spezifische sowie Gesamt-Sterberisiko jeweils um 13% (jeweils 2p < 0,00001). Das ergibt eine absolute Reduktion der Sterberate nach zehn Jahren um etwa 3%, ohne das Nebenwirkungsrisiko substanziell zu erhöhen, betonte Gray. Die Ergebnisse bestätigten sich unabhängig vom Hormonrezeptorstatus des Mammakarzinoms. Am deutlichsten war der Effekt nach zehn Jahren unter dosisdichter sequenzieller Therapie mit einer relativen Reduktion des Rezidiv- und des Sterberisikos um jeweils 18%. Die Nebenwirkungsrate lag unter der dosisintensivierten Therapie etwas höher, ohne dass es allerdings zu einem Anstieg therapiebedingter Todesfälle kam. Angesichts der deutlich erhöhten Heilungschance sei dies vertretbar, betonte Gray.

GeparSepto: Langzeitdaten bestätigen Vorteile für nab-Paclitaxel

Die Langzeitergebnisse der deutschen GeparSepto-Studie zeigen, dass sich die signifikant höhere Rate pathologischer Komplettremissionen (pCR [ypT0ypN0]: 38% vs. 29%; p < 0,001) unter nab-Paclitaxel auch in einer signifikant längeren krankheitsfreien Überlebenszeit (DFS) niederschlägt, erläuterte Andreas Schneeweiss, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg. Die insgesamt 1.200 Studienpatientinnen mit frühem Mammakarzinom (cT1c high-risk, cT2–4d) wurden neoadjuvant mit nab-Paclitaxel versus konventionellem Paclitaxel, jeweils in wöchentlicher Dosierung über zwölf Zyklen und jeweils gefolgt von vier Zyklen Epirubicin/Cyclophosphamid (EC), behandelt.
Nach drei Jahren waren noch 87,1% der Patientinnen im nab-Paclitaxel-Arm krankheitsfrei im Vergleich zu 80,7% im Kontrollarm mit konventionellem Paclitaxel (HR 0,69; p = 0,0044). Die 4-Jahres-Raten für DFS gab Schneeweiss mit 83,5% versus 76,2% zugunsten von nab-Paclitaxel an. Der DFS-Vorteil bestätigte sich beim triple-negativen Mammakarzinom (HR 0,66; p = 0,694) und beim HR+/HER2-negativen (HR+/HER2–) Mammakarzinom (HR 0,71; p = 0,0660). Beim Gesamtüberleben deutet sich ein Vorteil zugunsten von nab-Paclitaxel an (HR 0,83).

Fertilitätserhalt mit GnRH-Analogon sicher und effektiv

Die vorübergehende Gabe eines
GnRH-Analogons simultan zur Chemotherapie erweist sich in einer Metaanalyse als sichere und wirksame Option für den Fertilitätserhalt junger Patientinnen mit frühem Mammakarzinom. Dies zeigte sich unabhängig vom Hormonrezeptor-Status.
Die Bedeutung der vorübergehenden Gabe eines GnRH-Analogons, um während der Chemotherapie die ovarielle Funktion zu schützen, wird kontrovers diskutiert, erläuterte Matteo Lambertini, Institut Jules Bordet, Freie Universität Brüssel. Bislang gilt das Vorgehen als experimentell und wird weder in den amerikanischen noch in den europäischen Leitlinien empfohlen.
Die jetzt vorgestellte Metaanalyse basiert auf den individuellen Daten von knapp 900 prämenopausalen Patientinnen mit frühem Mammakarzinom aus fünf randomisierten klinischen Studien. Die Hälfte der Patientinnen hatte parallel zur Chemotherapie ein GnRH-Analogon erhalten. Die Ergebnisse zeigen für sie eine Halbierung der Rate für prämature ovarielle Insuffizienz (POI; 14,1% vs. 30,9%; Odds Ratio 0,38; p < 0,001). Der Anteil amenorrhöischer Frauen betrug in der GnRH-Analogon-Gruppe nach zwei Jahren 18,2% versus 30,0% in der Kon­trollgruppe (OR 0,51; p = 0,009). Die spätere Schwangerschaftsrate lag bei den Patientinnen mit GnRH-Analogon fast doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe (10,3% vs. 5,5%; p = 0,030). Letzteres deute darauf hin, dass GnRH-Analoga möglicherweise die spätere Fertilität erhöhen, so Lambertini.
Weder beim krankheitsfreien noch beim Gesamtüberleben zeigten sich nach median fünf Jahren signifikante Unterschiede zwischen beiden Patientinnengruppen. Die Ergebnisse bestätigten sich nicht nur bei Patientinnen mit Östrogenrezeptor-negativem Mammakarzinom, sondern auch bei jenen mit positivem Östrogenrezeptor-Status. Lambertini plädierte dafür, die Gabe von GnRH-Analoga zum Fertilitätserhalt in die internationalen Therapieempfehlungen der ASCO (American Society of Clinical Oncology) und der ESMO (European Society of Medical Oncology) aufzunehmen.

SUCCESS A: Adjuvante Gabe von Bisphosphonaten über zwei Jahre ausreichend?

Die ersten Ergebnisse der deutschen SUCCESS-A-Studie zur erweiterten adjuvanten Bisphosphonat-Gabe nach adjuvanter Chemotherapie zeigen, dass zwei Jahre Bisphosphonat besser verträglich und genauso effektiv sind wie die fünfjährige Gabe.
SUCCESS A ist eine große Phase-III-Studie mit etwa 1.500 Patientinnen pro Studienarm. Aufgenommen wurden Patientinnen mit frühem Mammakarzinom und hohem Rezidivrisiko. Nach adjuvanter Chemotherapie erhielten sie – gegebenenfalls parallel zur endokrinen Weiterbehandlung – adjuvantes Zoledronat über zwei bzw. fünf Jahre. Das Therapieintervall wurde in den ersten zwei Jahren jeweils auf drei Monate verkürzt. Die Weiterbehandlung bei fünfjähriger Gabe erfolgte dann alle sechs Monate. Die Ein-zeldosis betrug jeweils 4 mg Zoledronat.
Zwischen beiden Studienarmen zeigen sich bislang keine Unterschiede hinsichtlich der Prognose. Vorteil der kürzeren Gabe ist die insgesamt bessere Verträglichkeit. Zur Frakturrate liegt noch keine Auswertung vor. Dennoch haben die Ergebnisse bereits eine klare Botschaft, wie Wolfgang Janni, Universitäts-Frauenklinik Ulm, betonte: Wer adjuvant ein Bisphosphonat geben möchte, hat die Option, die Gabe bei verkürztem The-rapieintervall auf zwei Jahre zu begrenzen.

Akupunktur gegen Gelenk­schmerzen unter Aromatase­hemmer-Therapie?

Die Behandlung mit einem Aromatasehemmer ist eine wirksame endokrine Therapieoption für postmenopausale Patientinnen mit HR+ Mammakarzinom. Eine häufige Nebenwirkung sind jedoch Gelenkschmerzen. Die US-amerikanische Studiengruppe SWOG (South West Oncology Group) konnte in der randomisierten Phase-III-Studie SWOG 1200 zeigen, dass sich Gelenkschmerzen mit Akupunktur wirksam behandeln bzw. verhindern lassen.
Die Ergebnisse seien so vielversprechend, dass man die Möglichkeiten der Akupunktur mit allen Patientinnen, die eine Aromatasehemmer-Therapie erhalten, besprechen sollte, betonte Dawn Hershman, Herbert Irving Comprehensive Cancer Center, New York-Presbyterian/Columbia University. Für die multizentrische Phase-III-Studie wurden insgesamt 226 postmenopausale Patientinnen mit frühem HR+ Mammakarzinom in drei Arme randomisiert. Alle Patientinnen erhielten eine Aromatasehemmer-Therapie.
Knapp die Hälfte der Patientinnen (n = 110) erhielt parallel über zwölf Wochen – zunächst zweimal pro Woche und nach den ersten sechs Wochen einmal wöchentlich – eine traditionelle Akupunktur nach chinesischem Vorbild. Die restlichen 116 Patientinnen bekamen während der Aromatasehemmer-Therapie keine Akupunktur, allerdings hatten 59 von ihnen ebenfalls regelmäßige „Sitzungen“, bei denen sie aber nicht mit Akupunktur-Nadeln und nicht an den entsprechenden Akupunktur-Triggerpunkten behandelt wurden. Die Studienarme waren gut balanciert.
58% der Patientinnen im echten Akupunktur-Arm gaben nach sechs Wochen eine deutliche Reduktion um zwei bis drei Punkte in einem Score für besonders heftige Gelenkschmerzen an. Dieser Prozentsatz lag damit signifikant höher als in den beiden anderen Gruppen mit 33% bei „Schein“-Akupunktur (p < 0,009) bzw. 31% bei den Patientinnen ohne Intervention (p < 0,004), erläuterte Hershman. Bemerkenswert sei auch, dass der Akupunktur-Effekt offensichtlich längere Zeit anhalte, denn auch nach 24 Wochen zeig-te sich noch ein signifikanter Unterschied, obwohl die Akupunktur-Sitzungen nach zwölf Wochen beendet worden waren.
Die Ergebnisse konnten mit weiteren standardisierten Messmethoden bestätigt werden, wie zum Beispiel dem WOMAC (Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index), dem
M-SACRAH (modified Score for the Assessment and Quantification of Chronic Rheumatoid Affections of the Hands) sowie dem FACT-ES (Functional Assessment of Cancer Therapy – Endocrine Symptoms).
Laut Hershman sind das wichtige Ergebnisse, die weiter untersucht werden müssten. Immer wieder müssten Patientinnen die Aromatasehemmer-Therapie wegen Gelenkschmerzen abbrechen. Sollte sich der günstige Einfluss der Akupunktur bestätigen, sei diese eine wirksame und sichere Methode, dieses Risiko anhaltend zu reduzieren und damit die Compliance und den Therapieerfolg zu erhöhen. Zudem sei die Akupunktur eine populäre nicht-pharmakologische Maßnahme mit einer hohen Akzeptanz bei den Patientinnen, so Hershman.

REACT-Studie: kein Vorteil durch Celecoxib

Patientinnen mit frühem HER2-negativem (HER2–) Mammakarzinom profitieren nicht davon, wenn sie zusätzlich zur onkologischen Standardtherapie den COX2-Hemmer Celecoxib erhalten. In der randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Phase-III-Studie
REACT (Randomised EuropeAn Celecoxib Trial) zeigten sich keine Vorteile. Rationale für den Einsatz eines COX2-Hemmers war, dass erhöhte COX2-Werte den Tumorprogress, speziell beim Östro­genrezeptor-positiven (ER+) Mammakarzinom, fördern könnten.
In die Studie wurden gut 2.600 Patientinnen, davon mehr als 800 aus Deutschland eingeschlossen. Alle Frauen hatten ein primäres frühes HER2– Mammakarzinom – mehrheitlich vom Grad G2–3, ein Viertel triple-negative und gut 70% HR-positive Karzinome. Etwa die Hälfte der Frauen hatte bei Randomisierung keinen Lymphknoten-Befall.
Die Randomisierung (2 : 1) erfolgte im Anschluss an die operative Behandlung (mit oder ohne neoadjuvante Chemotherapie) mit kompletter Tumorresektion (tumorfreier Schnittrand ≥ 1 mm). Je nach Risikosituation wurden die Patientinnen postoperativ bestrahlt und/oder erhielten eine adjuvante Chemo- bzw. endokrine Therapie. Im experimentellen Arm erhielten die Patientinnen über zwei Jahre Celecoxib (400 mg/d).
Weder bei der krankheitsfreien Überlebenszeit (DFS) noch beim Gesamtüberleben (OS) zeigten sich Vorteile zugunsten der zusätzlichen Behandlung mit Celecoxib. Nach median fünf Jahren waren jeweils noch 83% der Frauen ohne Progression (HR 0,99; p = 0,912) und 90% (Celecoxib) bzw. 91% (Plazebo) nach wie vor am Leben (HR 0,98; p = 0,900). Die Ergebnisse erwiesen sich als unabhängig von Menopausen- und ER-Status. Das Nebenwirkungsspektrum war im Celecoxib-Arm nicht signifikant erhöht. Charles Coombes, Cancer Research UK Imperial Centre, London, sieht derzeit keine Indikation für den COX2-Hemmer bei diesen Patientinnen.