MEDICA 2017: Experten diskutieren über Möglichkeiten der Blut-basierten onkologischen Diagnostik

Diagnostik in der Onkologie

Die MEDICA in Düsseldorf ist mit über 100.000 Besuchern pro Jahr die größte Medizinmesse der Welt. In der neuen Halle 18 fi ndet dieses Jahr erstmals das viertägige LABMED FORUM mit aktuellen Themen aus dem Bereich der Labormedizin statt. Der erste Tag widmet sich der Onkologie.

Am 13. November 2017 geben namhafte Experten im Rahmen einer Podiumsdiskussion Antworten auf die häufig gestellte Frage: Kann man Krebs aus dem Blut diagnostizieren? Pressewirksam propagierte Studien wie die amerikanische Grail-Initiative wecken derzeit große Hoffnungen, dass man durch die Sequenzierung von Tumor-DNA im Blut Krebs frühzeitig entdecken und effektiv behandeln könne. Prof. Stefan Holdenrieder, München, der die Diskussion leitet, hält diesen Ansatz einerseits für vielversprechend, warnt jedoch vor überzogenen Hoffnungen.
Prof. Holdenrieder forscht an der Universität Bonn auf dem Gebiet der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) und sieht in der Blut-basierten onkologischen Dia­gnostik v. a. Potenzial für die Vorhersage und das Monitoring der Wirksamkeit von Therapien sowie für die frühe Entdeckung von Tumorrezidiven. Zirkulierende Nukleinsäuren sind nach seiner Ansicht eine von mehreren vielversprechenden Biomarkerklassen, die zudem helfen könnten, das Problem der falsch positiven Befunde bei herkömmlichen Screening-Maßnahmen zu verringern. Durch das sog. Liquid Profiling versucht man, intelligente Markerpanels zu entwickeln, die bessere Vorhersagewerte liefern, als die bisherige Einzelmarkertestung.
Prof. Hans Jørgen Nielsen vom Hvidore Hospital, Kopenhagen, ist assoziiertes Mitglied des internationalen Early Detection Research Networks (EDRN) für Tumorerkrankungen und hat selbst große Screeningstudien zum kolorektalen Karzinom in Dänemark initiiert. In Düsseldorf stellt er den aktuellen Stand der Forschung dar.
Weiter ist man inzwischen beim molekularen Verlaufsmonitoring der Tumortherapie. Mit hochempfindlichen Sequenzierverfahren kann man neu auftretende, Resistenz-vermittelnde Mutationen im Blut erkennen und die Therapie rechtzeitig umstellen. Wertvoll ist diese Anwendung der Liquid Biopsy zum Beispiel bei Bronchialkarzinomen, aus denen aufgrund der Belastung des Patienten keine regelmäßigen Gewebeproben entnommen werden können. In einigen Zentren werden solche Testungen bereits in der Routinediagnostik durchgeführt. Allerdings, so Prof. Ian Cree, WHO-IARC, Lyon, sind aus Laborsicht noch viele analytische Herausforderungen von der Methodenstandardisierung bis zur Qualitätskontrolle zu meistern. Prof. Christopher Poremba, Pathologie München-Nord, sieht in der Flüssigbiopsie eine sinnvolle Ergänzung, jedoch keinen Ersatz der klassischen Gewebebiopsie.
Abschließend wird Prof. Holdenrieder innovative Verfahren vorstellen, die noch keinen festen Platz in der Routineanwendung gefunden haben. Neben epigenetischen Veränderungen der ctDNA und molekularen Signaturen der mRNA und microRNA stehen auch extrazelluläre Vesikel (Exosomen, Apoptotic Bodies) und zirkulierende Tumorzellen (CTCs) im Fokus des Interesses. In all diesen Bereichen ist allerdings noch viel Forschungsarbeit zu leisten, um den additiven klinischen Nutzen gegenüber herkömmlichen Verfahren darzustellen.