Mammakarzinom: dosisdichte Chemotherapie mit G-CSF-Support

Bei einem Symposium im Rahmen der 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie konnten Ärzte anhand von Kasuistiken im interaktiven Diskurs mit Experten über das therapeutische Vorgehen beim frühen und metastasierten Mammakarzinom entscheiden.

Bei Hochrisiko-Patientinnen mit Befall zahlreicher Lymphknoten wird heute zur Prognoseverbesserung eine dosisdichte Chemotherapie empfohlen. Wie Prof. Dr. Volkmar Möbus, Frankfurt, betonte, ist die supportive Gabe eines Granulozyten-Koloniestimulierenden Faktors (G-CSF) unverzichtbar, um eine solche intensivierte Therapie wie geplant durchführen zu können. Er präsentierte die Kasuistik einer 55-jährigen postmenopausalen Patientin, bei der nach positivem Tastbefund sonografisch ein 1,4 cm großer Tumor und in der Axilla mindestens drei suspekte Lymphknoten festgestellt worden waren. Nach brusterhaltender Operation und Axilla-Dissektion wurde ein Hormonrezeptor-positives (HR+), HER2-negatives Mammakarzinom im Stadium pT1c L1 V1 GII pN2a diagnostiziert. Fünf der 17 entfernten Lymphknoten waren befallen, sodass die überwiegende Mehrheit der anwesenden Ärzte dieser Patientin zu Recht ein hohes Rezidivrisiko attestierte.
Wie Möbus ausführte, hatte die Patientin zwar ein Mammakarzinom des tumorbiologisch günstigen Subtyps Luminal A. Entscheidend für das therapeutische Vorgehen sei in diesem Fall jedoch der Nodalstatus: „Ab vier befallenen Lymphknoten ist die Prognose erheblich ungünstiger als bei weniger starkem Lymphknotenbefall“. Aus diesem Grund votierten zahlreiche Teilnehmer für die Initiierung einer dosisdichten Chemotherapie.
Der Patientin wurde die Aufnahme in die Studie GAIN-2 angeboten. Diese Phase-III-Studie vergleicht das dosisdichte EnPC-Regime aus Epirubicin, nab-Paclitaxel und Cyclophosphamid mit dem toxizitätsadaptierten dosisdichten Regime aus EC, gefolgt von Docetaxel (dtEC-dtD). Die Patientin lehnte die Teilnahme jedoch ab und wurde daher mit dem dosisdichten und dosisintensivierten ETC-Regime behandelt. Dieses Protokoll hat sich in einer Phase-III-Studie der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) im Vergleich zur konventionellen dreiwöchigen Chemotherapie durch Verbesserung der 10-Jahres-Überlebensrate um absolut 10% ausgezeichnet (69% vs. 59%; Hazard Ratio 0,72; p = 0,0007). „Diese Ergebnisse sprechen für sich“, betonte Möbus. Begleitend erhielt die Patientin eine Supportivtherapie mit dem lang wirksamen G-CSF-Präparat Lipegfilgrastim (Lonquex®).
Dosisdichte Regimes sind ohne eine solche Supportivtherapie nicht durchführbar und damit nicht wirksam, so Möbus. Die Überlegenheit der dosisdichten im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie sei durch Einzelstudien und Metaanalysen belegt. Er wies jedoch darauf hin, dass ausschließlich Patientinnen mit hohem Risiko von einer dosisdichten (dosisintensivierten) Therapie profitieren. Studien wie TACT-2 und die NSABP-Studie B-38, die die dosisdichten Regimes bei Patientinnen mit median nur einem bzw. zwei befallenen Lymphknoten prüften, gingen negativ aus. Andererseits konnten die italienische Studie GIM-2 ebenso wie die AGO-Studie mit ETC zeigen, dass auch Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom bezüglich des Überlebens von der dosisdichten Therapie profitieren, sofern sie ein hohes Risiko, d. h. einen hoch-positiven Nodalstatus besitzen (GIM-2: fünf, AGO: acht positive Lymphknoten).
„Es ist ein Irrglaube, dass die dosisdichte Therapie gefährlicher ist als konventionelle Regimes“, betonte Möbus. In allen publizierten Studien sei die therapieassoziierte Mortalität in den dosisdichten Armen niedriger ausgefallen als in den konventionellen Armen. Voraussetzung ist allerdings der begleitende Einsatz eines lang wirksamen G-CSF wie beispielsweise Lipegfilgrastim, so Möbus abschließend.

Katharina Arnheim

Interaktives Symposium FACTTUM „Herzensangelegenheiten bei der Therapie des Mammakarzinoms“ im Rahmen der 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie in Dresden am 26.5.2016, unterstützt von Teva, Ulm.