Osteosarkom: Überlebensvorteil durch Immunmodulator

Das Osteosarkom ist der häufigste primäre maligne Knochentumor, ist jedoch mit einer Inzidenz von 0,2–0,3 pro 100.000 Einwohner und Jahr ausgesprochen selten und zählt daher in der EU zu den „Orphan Diseases“. Der derzeitige Behandlungsstandard besteht aus Operation plus neoadjuvanter und adjuvanter Kombinationschemotherapie; damit bleiben 60–70% der Patienten mit lokalisierten Tumoren nach fünf Jahren ereignisfrei [1]. Die Intensivierung der Chemotherapie-Protokolle konnte daran nur wenig ändern [2], aber ein erster bedeutender Fortschritt seit Langem wurde mit der Einführung von Mifamurtid erzielt. In einer Phase-III- Studie zur adjuvanten Therapie des Osteosarkoms verlängerte dieser Immunmodulator unabhängig vom Chemotherapie-Regime das Gesamtüberleben signifikant [3]

Das Osteosarkom tritt vor allem zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr und in etwa 90% der Fälle in den Extremitäten auf. Der Tumor neigt sehr rasch zur Metastasierung vor allem in die Lunge, die in den meisten Fällen zum Tode führt [1]. Mit der alleinigen Resektion erreicht man langfristige Überlebensraten von ca. 20%. Die Einführung der Chemotherapie in den 70er-Jahren hat die Chancen auf 60–70% verbessert [1, 4], berichtete der Osteosarkom-Experte Paul Meyers vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. Seitdem aber herrschte Stagnation auf diesem Gebiet. Daran änderte auch die EURAMOS-1-Studie nichts [2]: Gegenüber dem heutigen Goldstandard in der adjuvanten Chemotherapie, dem MAP-Protokoll (Doxorubicin, Cisplatin und Hochdosis-Methotrexat) konnte die Zugabe von Etoposid und Ifosfamid bei Patienten mit schlechtem Ansprechen bzw. von Interferon-α-2b bei Patienten mit besserem Ansprechen das Outcome nicht verbessern, so Meyers. Dafür wurden mehr Toxizitäten und sekundäre maligne Neoplasien beobachtet.
Signifikant längeres Gesamtüberleben
80–90% der Patienten mit Osteosarkom haben vermutlich bereits Mikrometastasen, die sich diagnostisch nicht erfassen lassen [1, 5]. Genau hier scheint Mifamurtid (Mepact®) zu wirken: Der Immunmodulator stimuliert durch Aktivierung von Makrophagen und Freisetzung pro-inflammatorischer und anti-tumoraler Zytokine die Immunantwort gegen die Tumorzellen z. B. in der Lunge. Dadurch werden Mikrometastasen eliminiert, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und Therapie noch nicht nachweisbar sind: Jedenfalls konnte die Zugabe von Mifamurtid zur adjuvanten Chemotherapie in einer Phase-III-Studie die 6-Jahres-Gesamtüberlebensrate signifikant von 70% auf 78% erhöhen (p = 0,03; Abb. 1; [3]). Beim ereignisfreien 6-Jahres-Überleben war die Mifamurtid-haltige Therapie tendenziell ebenfalls überlegen (p = 0,08). Die Verträglichkeit, so Meyers, war gut.


Der Immunmodulator in der klinischen Praxis
Heribert Jürgens, Münster hat seit der Zulassung in Deutschland 2010 insgesamt 20 Patienten mit Mifamurtid behandelt. „Alle Patienten sollten über den gegenwärtigen Stand der Chemotherapie aufgeklärt und darüber informiert werden, dass es eine weitere zugelassene Substanz gibt.“ Besonders Patienten mit schlechter Prognose seien sehr geneigt, den Immunmodulator zusätzlich zur Chemotherapie anzuwenden.
Zugelassen ist Mifamurtid zur Behandlung nicht metastasierter, resezierbarer hochmaligner Osteosarkome bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Rahmen einer postoperativen Kombinationschemotherapie nach makroskopisch vollständiger Tumorresektion [6]. Deutschlandweit wurden bisher 87 Patienten in 30 Zentren behandelt. Zunehmend wird die Therapie in Unikliniken initiiert und dann heimatnah fortgeführt. Das Medikament wird im Rahmen der Zulassung von den Krankenkassen erstattet.




Josef Gulden



Meet the Expert “Mepact® (Mifamurtid) – Behandlung des Osteosarkompatienten” im Vorfeld der Sarkomkonferenz 2015 am 26. 2. 2015 in Münster, veranstaltet von Takeda Pharma.