Wenn es um die Behandlungsoptionen bei gastroösophagealen Adenokarzinomen geht, gibt es laut Prof. Florian Lordick, Leipzig, drei brennende Fragen: Welches Rolle spielt die Radiotherapie? Welche Bedeutung hat die postoperative Immuntherapie? Welche Rolle kommt der neoadjuvanten Immuntherapie zu? Alle drei Fragen versuchte der Experte im Rahmen seines Vortrags beim ESMO-GI 2025 auf Basis aktueller Studiendaten zu beantworten [1].
Die Bedeutung der Radiotherapie sieht Lordick als geklärt an: Sie sei kein Behandlungsstandard mehr. Als Begründung führte der Experte die Daten dreier Phase-III-Studien an. In NEOAEGIS bei Ösophaguskarzinomen und GEJ im Stadium I bis III erbrachte eine neoadjuvante Strahlen- und Chemotherapie nach dem CROSS-Protokoll keine Vorteile gegenüber einer perioperativen Chemotherapie (ECF/EOX), jeweils in Kombination mit einer kurativ intendierten Operation [2].
Noch deutlicher waren die Ergebnisse der ESOPEC-Studie bei Erkrankten mit resezierbarem Adenokarzinom des Ösophagus (cT1cN+ und cT2–4a, cN–/+), in der man das CROSS-Protokoll direkt mit der perioperativen Chemotherapie nach dem FLOT-Schema (5-Fluorouracil, Folinsäure, Oxaliplatin und Docetaxel) verglich. FLOT ging als klarer Sieger aus dem Duell hervor. Nach einem medianen Follow-up von 55 Monaten betrug das mediane Gesamtüberleben (OS) im FLOT-Arm 66 Monate und das im CROSS-Arm 37 Monate (3-Jahres-OS-Rate 57,4 vs. 50,7 %), entsprechend einem um 30 % reduzierten Sterberisiko unter dem Einfluss von FLOT (Hazard Ratio [HR] 0,70; p = 0,012) [3]. „Speziell Fernmetastasen wurden mit FLOT versus CROSS signifikant reduziert“, sagte Lordick. Er zieht (ebenso wie internationale Leitlinien) den Schluss, dass die perioperative Chemotherapie mit FLOT im genannten Setting bevorzugt eingesetzt werden sollte. Die Studie TOPGEAR habe bei resektablen Adenokarzinomen des Magens und des GEJ ebenfalls keinen Vorteil der präoperativen Radiochemotherapie (RCT) gegenüber der perioperativen Chemotherapie zeigen können [4].
Perioperative Immuntherapie scheint die Zukunft zu sein
Auch für die adjuvante Immuntherapie sieht Lordick „das Ende des Weges“ erreicht. So habe etwa die Phase-III-Studie CheckMate 577 bei Adeno- oder Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus und des GEJ keine überzeugenden Vorteile der adjuvanten Immuntherapie mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab nach präoperativer RCT und Operation gegenüber dem gleichen Regime mit adjuvantem Placebo gezeigt (HR für das OS 0,85; p < 0,106) [5]. Andere Phase-III-Studien mit Immuncheckpoint-Inhibitoren in der Adjuvanz seien Lordick zufolge ebenfalls negativ verlaufen.
Dagegen deute momentan alles auf eine wichtige Rolle einer neoadjuvanten perioperativen Immuntherapie hin. Nachdem die DANTE- und die KEYNOTE-585-Studie Hinweise auf hohe Raten an pathologischer Komplettremission (pCR) durch eine alleinige neoadjuvante Immunchemotherapie geliefert hatten [6, 7], die sich jedoch nicht in einen Vorteil im ereignisfreien Überleben (EFS) oder OS übersetzt haben [7], kam kürzlich der Durchbruch für die perioperative Immuntherapie bei resektablen Magenkarzinomen und Karzinomen des GEJ – in Form der MATTERHORN-Studie mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab. Darin war perioperatives Durvalumab ergänzend zu FLOT gegenüber reinem FLOT geprüft worden. Durch die Addition von Durvalumab zum perioperativen Regime wurde eine statistisch signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung des primären Endpunkts EFS erreicht. Nach einem medianen Follow-up von rund 31 Monaten war das mediane EFS im Durvalumab-Arm noch nicht erreicht; im Placebo-Arm betrug es 32,8 Monate. Dies ging einher mit einer Reduktion des Risikos für ein EFS-Ereignis um 29 % (HR 0,71; p < 0,001) – bei einer 24-Monats-EFS-Rate von 67 versus 59 % [8]. Alle Patientensubgruppen profitierten von der ergänzenden Gabe des PD-L1-Inhibitors zu FLOT. Zudem gab es einen frühen starken Trend hin zu einem verlängerten OS – bei guter Verträglichkeit. Vorab war bereits eine Erhöhung der pCR-Rate nach dem neoadjuvanten Teil des perioperativen Regimes durch ergänzendes Durvalumab gezeigt worden (19 vs. 7 %; Odds Ratio 3,08; p < 0,00001) [9]. „Durvalumab-FLOT wird ein neuer Standard bei resektablen Magen- und GEJ-Adenokarzinomen sein“, lautete Lordicks Fazit.
MATTERHORN-Regime beeinflusst Lebensqualität nicht negativ
Welche Bedeutung das MATTERHORN-Regime zukünftig erhalten könnte, wurde auch durch aktuelle Daten zu Patient Reported Outcomes (PRO) untermauert, die Prof. Salah-Eddin Al-Batran, Frankfurt/Main, vorstellte [10]. Die PRO-Daten waren als sekundärer Studienendpunkt mittels der Fragebögen EORTC-QLQ-C30 zur allgemeinen Lebensqualität (QoL) und EORTC-QLQ-STO22 + IL38 zur krankheitsbezogenen QoL ermittelt worden (Abb. 1).