Nachgefragt - Interview mit Prof. Dr. Susanne Saußele
Prof. Susanne Saußele, Mannheim, sieht im Erreichen einer therapiefreien Remission (TFR) bei der CML-CP ein wichtiges Therapieziel. Sie erklärt, wie die neuen Daten vom ASH 2024 hierzu beitragen könnten.
In den USA ist Asciminib bereits zur Erstlinientherapie der CML in der chronischen Phase zugelassen. Welche Rolle kann der STAMP-Inhibitor Ihrer Einschätzung nach in der Erstlinientherapie spielen, wenn er in dieser Indikation auch in Europa zugelassen würde?

Prof. Dr. Susanne Saußele, Ärztliche Leiterin des CML-Exzellenzzentrums der Universitätsmedizin Mannheim
Prof. Saußele: Asciminib wird auch in Europa eine interessante Substanz für die Erstlinientherapie sein. Bis die Zulassung hier erfolgt, werden noch weitere Daten aus anderen Erstlinienstudien vorliegen. Wenn auch diese so positiv ausfallen, ist es sehr attraktiv, mit Asciminib die Therapie zu beginnen.
Wie schätzen Sie den Ansatz der TIPI-Studie ein, zunächst mit einem hochwirksamen TKI ein rasches und möglichst tiefes Ansprechen zu induzieren und dann eine Therapie mit einem verträglicheren und kostengünstigen TKI anzuschließen?
Prof. Saußele: Diesen Ansatz fand ich schon immer spannend, da hierzulande immer noch häufig Imatinib in der Erstlinie verwendet wird – zum einen wegen der geringeren Nebenwirkungen und zum anderen aus Kostengründen. Doch wird einigen Patienten so möglicherweise der Weg in die TFR verbaut. Mit der TIPI-Strategie kann man beides erreichen: eine frühe molekulare Remission und eine kostengünstige Therapie. Gerne hätte ich eine solche Studie auch in Deutschland initiiert. Aber der Ansatz wird mit der Einführung von Asciminib in die Erstlinientherapie weniger relevant.
Wie kann Ihrer Einschätzung nach aktuell in der klinischen Routine die TKI-Therapie der CML in der chronischen Phase weiter optimiert werden?
Prof. Saußele: Aus meiner Sicht ist es ein wichtiges Ziel, einen höheren Prozentsatz der Patienten in eine TFR zu bekommen. Aktuell liegt dieser bei 20 bis 30 %. Aus den bisherigen Studiendaten erschließt sich, dass die initiale Therapiephase hier relevant ist. Daher ist ein intensives Monitoring der Patienten in den ersten Behandlungsjahren wichtig. Sollte eine TFR nicht erreichbar sein – und ist eine Langzeittherapie notwendig, dann ist die Auswahl des TKI im Hinblick auf die Lebensqualität des jeweiligen Patienten wichtig.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Das Interview führte Friederike Klein.