Tabelle: Nachweissysteme für respiratorische Erreger
Einer der häufigsten Gründe für einen Arztbesuch sind Atemwegsinfektionen. Diesen können verschiedene Erreger zugrunde liegen; es muss jedoch nicht jede dieser möglichen Ursachen labordiagnostisch überprüft werden [1]. Molekulare oder immunologische Schnelltests können aber – besonders im Falle einer Infektion mit Influenza, SARS-CoV-2 oder dem respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) – als Grundlage für die Einleitung einer spezifischen antiinfektiven Therapie dienen. Etwa 70 % der ambulant erworbenen, respiratorischen Infektionen werden durch Viren verursacht [2]. Dennoch werden in vielen Fällen, insbesondere bei Kindern, vorschnell Antibiotika verschrieben. Deren undifferenzierter Einsatz befördert Antibiotikaresistenzen, eine Selektion von Erregern und ist mit Kollateralschäden bezüglich des physiologischen Mikrobioms der Patient:innen verbunden. Eine differenziertere Diagnostik könnte hierbei helfen, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren.
Durch den Einsatz labordiagnostischer Tests können zudem die Notwendigkeit weiterer diagnostischer Untersuchungen und die Entscheidungen über Infektionskontroll- oder -Präventionsmaßnahmen, wie zum Beispiel die Isolation von Patient:innen, schneller abgewogen werden [1, 3].
Die Anwendung molekularer Tests wird empfohlen, wenn schwere Verläufe vorliegen oder wenn immunsupprimierte, hospitalisierte oder Patient:innen aus Risikogruppen (z. B. Personen unter zwei oder über 65 Jahren, Schwangere oder Menschen mit chronischen Erkrankungen) mit respiratorischen Symptomen auftreten [1, 3, 4]. Antigenschnelltests sollten in diesem Fall nur Anwendung finden, wenn molekulare Testverfahren nicht verfügbar sind [4]. Molekulare Tests sind sensitiver und weisen die Erreger in Atemwegsproben deutlich länger nach als Antigenschnelltests [1, 4]. Die Nachweisrate wird zudem erheblich durch den Probentyp (obere oder untere Atemwege) und den Zeitpunkt der Probennahme beeinflusst. Eine frühzeitige Abnahme, idealerweise weniger als drei bis vier Tage nach Krankheitsbeginn, verbessert die Nachweisquote [1].
Multiplex-PCR: Breite Abdeckung, schnelle Entscheidbarkeit
Die simultane Detektion mehrerer viraler und ausgewählter bakterieller Erreger aus einer einzigen Patientenprobe ist besonders bei überlappender Klinik als auch zur Erfassung von Koinfektionen wertvoll. Studien zeigen, dass Multiplex-Ansätze sowohl die Zeit bis zum Befund verkürzen als auch die Ergebnisqualität und Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen verschiedenen Laboren steigern können [5]. Multiplex-Assays liefern auch bei einer sehr hohen Zahl zu analysierender Erreger beinahe zu 100 % genaue Ergebnisse.
Besonders im Falle der Abgrenzung von Influenza-, RS- und SARS-CoV-2-Viren fallen die Vorteile von Multiplex-Assays ins Gewicht. Influenza-, SARS-CoV-2- und RSV-Infektionen zeigen insbesondere bei älteren Patient:innen und Risikogruppen schwere Verläufe. Das RSV ist ursprünglich durch schwere Infektionen bei Kleinkindern unter zwei Jahren bekannt.
Point of Care: Ersatz oder Ergänzung des Zentrallabors
Patientennahe Testsysteme (POCT) haben in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen – insbesondere in Notaufnahmen, Pflegeeinrichtungen oder Praxen. Besonders für die Diagnostik kleiner Krankenhäuser in ländlichen Gebieten ohne Zentrallabor ist die POC-Testung ein elementarer Bestandteil geworden. Sie ermöglichen erste Befunde in kurzer Zeit und können dadurch die Triage sowie Isolations- oder gezielte Therapieentscheidungen unterstützen und so Krankenhausaufenthalte verkürzen [6].
POC-Systeme werden patientennah eingesetzt; sie müssen leicht zu bedienen sein und schnell Ergebnisse liefern. Viele Systeme verwenden einfach zu handhabende Elemente wie Einweg-Testkassetten. Sie ermöglichen eine unkomplizierte Vorbereitung und sind wenig fehleranfällig.
Der Nutzen von POCT hängt entscheidend vom Setting, der Indikationsstellung und der Einbindung in klinische Behandlungspfade ab [2, 6].
Auswahl der Testkits
Die Wahl eines geeigneten Testkits ist entscheidend für die diagnostische Aussagekraft eines Tests. Neben analytischen Parametern wie Nachweisgrenze (Limit of Detection; LoD) und Linearität (also die Fähigkeit eines analytischen Verfahrens, innerhalb eines bestimmten Konzentrationsbereichs des Analyten direkt proportionale Testergebnisse zu liefern) sind die Stabilität der Reagenzien und natürlich auch die Kompatibilität mit den vorhandenen Systemen wichtige Kriterien.
Anforderungen an das Testsystem
Sowohl für kompakte Point-of-Care(POC)-Geräte als auch für komplexe Testsysteme für das Labor haben – neben Parametern wie Sensitivität, Spezifität und Reproduzierbarkeit – der Automatisierungsgrad, die Turnaround-Zeit und die Integration in das bestehende Laborinformationssystem an Bedeutung gewonnen. Ebenso rücken Nachhaltigkeits- und Ergonomieaspekte in den Vordergrund, denn ein sparsamer Materialverbrauch, ein energieeffizienter Betrieb und ein geringer Wartungsaufwand verbessern die ökologische Bilanz und auch die Wirtschaftlichkeit des Labors.
Für unterschiedliche klinische Fragestellungen sollte ein System sowohl die Möglichkeit der Verarbeitung einzelner weniger Proben als auch eine Hochdurchsatzverarbeitung gewährleisten. Außerdem sollte es flexibel zwischen der Bearbeitung von Multiplex-Panels und Einzelassays wechseln können.
Fazit
Molekulare Tests verbessern Therapieentscheidungen bei Atemwegsinfektionen, verkürzen Befundzeiten und reduzieren unnötige Antibiotikagaben. Multiplex- und POCT-Verfahren bieten schnelle, präzise Ergebnisse, bleiben jedoch vom klinischen Setting und von stabilen Systemen abhängig.