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Diagnostik der CKD und glomerulärer Erkrankungen: Personen mit Risiko frühzeitig erkennen

Das Risiko für eine fortschreitende Nierenschädigung besteht nicht nur bei älteren Personen mit Komorbiditäten wie Bluthochdruck oder Typ-2-Diabetes. Auch jüngere Erkrankte sind gefährdet – beispielsweise, wenn sie von IgA-Nephritis oder Komplement-3-Glomerulopathie betroffen sind. Zurzeit befinden sich zahlreiche Therapieansätze für seltenere Glomerulonephritiden in der Entwicklung oder sind bereits zugelassen. Damit Betroffene frühzeitig davon profitieren können, ist eine adäquate Diagnostik essenziell.

Klassische Urinteststreifen eingeschränkt aussagekräftig

Verschiedene Untersuchungen zeigen den Handlungsbedarf in der Diagnostik, Identifikation und weiteren Behandlung von Patient:innen mit Nierenkrankheiten. Dazu zählt beispielsweise eine Auswertung der deutschen Daten der REVEAL-CKD-Studie. Diese hatte die Häufigkeit einer tatsächlichen Kodierung der Diagnose „Niereninsuffizienz“ nach zweimaliger Bestimmung einer eGFR unter 60 ml/min/173 m2 (CKD-Stadium 3) im Abstand von mindestens 90 Tagen in 1.200 Hausarztpraxen untersucht. Von den 26.767 Patient:innen mit einer manifesten Niereninsuffizienz vom Grad 3 wurde diese Diagnose bei 84,3 % nicht dokumentiert [4]. Die Ergebnisse der kürzlich publizierten retrospektiven Querschnittsstudie InspeCKD zeichnen ein ähnliches Bild. Aus 1.244 Hausarztpraxen wurden dafür anonymisierte Daten von 448.837 Erwachsenen mit Bluthochdruck und/oder Diabetes mellitus und/oder kardiovaskulären Erkrankungen analysiert. Im durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 1,7 Jahren wurde bei 45,5 % der Risikopatient:innen mindestens eine Serumkreatinin-Bestimmung, bei 7,9 % ein Harnstreifentest zum Nachweis einer Albuminurie und nur bei 0,4 % mindestens eine Bestimmung der UACR vorgenommen. Etwas häufiger veranlassten die Hausärzt:innen die genannten Untersuchungen bei Hochrisikopatient:innen. Aufgrund dieser Ergebnisse sehen die Autor:innen der InspeCKD-Studie einen dringenden Bedarf, die Labordiagnostik von Patient:innen mit CKD zu verbessern [5]. Sie weisen auch darauf hin, dass eine Nierenschädigung oft erst im fortgeschrittenen Stadium durch einen Abfall der eGFR sichtbar wird. Dagegen weise eine erhöhte Albumin-Ausscheidung im Urin eine Nierenschädigung frühzeitiger nach [5]. Bei den klassischen Urinteststreifen wird jedoch die Albumin-Konzentration in Bezug auf die Urinmenge ermittelt, was die Aussagekraft einschränkt. Außerdem gelten Teststreifenverfahren wegen der Nachweisgrenze von 250 bis 300 mg/l für den Nachweis einer Albuminurie als zu unempfindlich. Deshalb gilt die Bestimmung der UACR als geeignetere Methode zur Diagnose einer Albuminurie im Bereich von 20 bis 200 mg/l [6]. Bei positivem Ergebnis und/oder Nachweis einer Hämaturie sollte umgehend eine Überweisung zur Facharztpraxis erfolgen (s. Abb. 1). 

Dort können unter Umständen weitere Untersuchungen sowie eine immunchemisch basierte Urineiweißdifferenzierung veranlasst werden. Mittlerweile sind auch Urinröhrchen verfügbar, mit deren Hilfe Patient:innen zu Hause ihren Morgenurin auffangen und in die Praxis bringen können. Das ist auch aus hygienischer Sicht ein Vorteil [7]. Der UACR-Wert kann auch semiquantitativ mittels Harnstreifentest bestimmt werden [6]. Einen Entscheidungsbaum zur Abklärung einer Proteinurie zeigt Abb. 2.

Ist der Morgenurin obligatorisch?

Die Interdisziplinäre S2k-Leitlinie „Rationelle Labordiagnostik zur Abklärung akuter Nierenschädigungen und progredienter Nierenerkrankungen“ empfiehlt, als Probenmaterial den zweiten Morgenurin als Mittelstrahlurin einzusetzen. Für eine Untersuchung auf Proteinurie sollte bevorzugt ein frisch gelassener Spontanurin am Vormittag (als Mittelstrahlurin) verwendet werden. Der Hintergrund dafür ist, dass eine erhöhte Eiweißausscheidung zu anderen Tageszeiten funktionell bedingt sein kann, beispielsweise durch körperliche Anstrengung, Sport oder Orthostase. Die Leitlinie empfiehlt außerdem, die Begleitmedikation zu berücksichtigen: Unter der Einnahme von Arzneimitteln wie Antibiotika mit dem Wirkstoff Trimethoprim, dem Diuretikum Spironolacton oder dem antiretroviralen Wirkstoff Ritonavir können die Serum-Kreatinin-Werte ansteigen und die Ergebnisse der Harnbestimmung beeinflussen. Daraus können sich falsch erhöhte Proteinurie-Werte ergeben [6, 8].

 

Auch Jüngere können betroffen sein

Einschränkungen der Nierenfunktion, die in eine chronische Niereninsuffizienz bis hin zum dialysepflichtigen Nierenversagen münden, treten nicht nur im höheren Lebensalter und nicht nur bei Risikopatient:innen auf. Besonderes Augenmerk sollte auf vererbbare und erworbene glomeruläre Nierenkrankheiten gerichtet werden. Dazu zählen das vererbbare Alport-Syndrom und erworbene, autoimmune Formen wie die Komplement-3-Glomerulopathie (C3G) oder die IgA-Nephropathie. Denn diese sind zunächst symptomlos oder mit unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit oder Abgeschlagenheit verbunden [7]. Die weltweit häufigste primäre glomeruläre Erkrankung ist die IgA-Nephropathie (IgAN). Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Nierenfunktion der Betroffenen zum Diagnosezeitpunkt bereits eingeschränkt ist [9–14]. Liegt die eGFR bei der Biopsie zwischen 50 und 60 ml/min, bedeutet dies eine Reduktion der Nephronmasse um 50 % [9]. Während die Behandlung der IgAN noch vor wenigen Jahren ausschließlich symptomatisch war, stehen jetzt spezifische medikamentöse Optionen zur Verfügung; weitere werden derzeit in klinischen Studien geprüft. Bereits zugelassen sind beispielsweise der duale Endothelin-Angiotensin-Rezeptorantagonist Sparsentan und eine retardierte Budesonid-Formulierung (Nefecon). Bei der seltenen C3G kommt es zur Ablagerung des Komplementfaktors C3 in den Glomeruli. Zur Behandlung der C3G ist der Komplementfaktor-B-Inhibitor Iptacopan* verfügbar [8].

 

Frühdiagnostik ist entscheidend

Eine Möglichkeit für Hausärzt:innen, Nierenkrankheiten bereits im frühen Erwachsenenalter festzustellen, bietet der Gesundheits-Check-up, der auch eine Laboruntersuchung verschiedener Urinparameter beinhaltet. Dieser kann von gesetzlich Krankenversicherten von 18 bis 34 Jahren einmalig und ab 35 alle drei Jahre genutzt werden. Auch betriebsärztliche Untersuchungen bieten die Chance für eine Früherkennung von Nierenkrankheiten bei jüngeren Menschen [15, 16]. Bei asymptomatischen Personen soll die qualitative Analyse einer Harnprobe auf Protein zur klinischen Basisuntersuchung bei Erstvorstellung gehören [6].

* Iptacopan wird angewendet zur Behandlung erwachsener Patienten mit Komplement-3-Glomerulopathie (C3G) in Kombination mit einem Renin-Angiotensin-System (RAS)-Inhibitor oder bei Patienten, die intolerant gegen RAS-Inhibitoren sind oder bei denen ein RAS-Inhibitor kontraindiziert ist [8].

Mit freundlicher Unterstützung von Novartis Pharma GmbH
Autor
Dr. rer. nat. Claudia Bruhn
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