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Konferenz-Report

19. Mikrogen-Symposium: Zukunftskompass Diagnostik

Im historischen Ambiente des Kurfürstlichen Schlosses Mainz fand am 11.03.2025 das 19. Mikrogen-Symposium unter dem Motto „Zukunftskompass Diagnostik – Herausforderungen meistern, Chancen nutzen“ mit über 100 Teilnehmenden statt. Die wissenschaftliche Leitung übernahm in diesem Jahr Prof. Klaus-Peter Hunfeld vom Institut für Laboratoriumsmedizin, Mikro­biologie und Krankenhaushygiene am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main. Das Themenspektrum des vielseitigen, interaktiven Programms erstreckte sich von der molekularen Erregerdiagnostik über die Serologie und die T-Zell-Diagnostik bis hin zur Phagentherapie bei Infektionen mit multiresistenten Erregern.

Von kleinen Blutsaugern und blinden Passagieren

Den Auftakt der Veranstaltung bildete der Vortrag von Prof. Klaus-Peter Hunfeld über von Zecken übertragene Erreger. Die häufigste vektorübertragene Erkrankung ist in Deutschland nach wie vor die Lyme-Borreliose. Wenn kein Erythema migrans vorliegt, bleibt die Serologie für die Diagnostik die Methode der Wahl. Diese erfolgt idealerweise in zwei Stufen: zunächst mittels Enzym-Immunoassay (EIA) als sensitivem Suchtest und darauf folgend die Bestätigung mittels Immunoblot, um möglichst wenige falsch-positive Ergebnisse zu erhalten. Vorherrschend bei den viralen Erregern ist in Deutschland das FSME-Virus. Die Diagnostik erfolgt über die Serologie mittels ELISA oder Immunoblot und in der virämischen Phase über Real-Time-PCR. Bei TOBB (Tick-borne pathogens other than tick-borne encephalitis and B. burgdorferi) spielen in Europa neben Babesien und Ehrlichien unter anderem die weniger bekannten Erreger Borrelia miyamotoi, Rickettsia conorii und Neoehrlichia mikurensis eine Rolle. Die Diagnose erfolgt hier direkt über Blutausstrich, Zellkultur oder PCR bzw. über serologische Tests (IgM-/IgG-Immunfluoreszenztest, [Multiplex-]Immunoassay [IA] und Immunoblot). 

 

Zu viel Information?

Lebhafte Diskussionen schlossen sich an den Vortrag von PD Dr. Martin Stürmer zur Multiplex-PCR bei respiratorischen Infektionen an. Zu ihren Vorteilen zählen eine geringe Hands-on- sowie eine schnelle Turn-around-Zeit und dass – je nach Panel – (fast) alle relevanten Erreger gleichzeitig bestimmt werden können. Trotz der Erstattungsoption im EBM sind die Kosten bei den Systemen einiger Hersteller noch zu hoch, und in manchen Fällen sind Einsender von der Fülle an Informationen überfordert. Eine gezielte Diagnostik kann Therapieentscheidungen (z. B. antivirale oder antibiotische Interventionen) fundieren, adäquate Hygienemaßnahmen auslösen, Risiken für vulnerable Kontaktpersonen abschätzen und potenzielle Folgeerkrankungen frühzeitig erfassen. Darüber hinaus liefern die im Rahmen der Multiplex-PCR generierten Daten auch einen wertvollen Beitrag zur Surveillance respiratorischer Erreger und zur Beurteilung saisonaler Belastungstrends im öffentlichen Gesundheitswesen.

Leider immer für eine Überraschung gut

Obwohl die Zahl der Infektionen mit enterohämorrhagischen Ehrlichia coli (EHEC) seit dem Jahr 2001 stark angestiegen ist, blieben die Zahlen für das gefürchtete hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) als Komplikation auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau. Ausnahme war das Jahr 2011 mit einem durch Bockshornkleesamen verursachten EHEC-Ausbruch, der 53 Menschen das Leben kostete. Eine Behandlung einer EHEC-Infektion mit Antibiotika erhöht das Risiko für ein HUS und ist daher nur im Einzelfall zu erwägen. Zentrale Aspekte des EHEC-Managements in der Praxis beinhalten eine hohe Awareness in der Notaufnahme, insbesondere bei blutiger Diarrhö ohne Auslandsanamnese, eine zügige molekularbiologische Diagnostik und die konsequente Umsetzung der gesetzlichen Meldepflichten (§§ 6, 7 und 42 IfSG). Auch Berufsverbote, etwa für in Großküchen tätige Infizierte, sind Bestandteil der präventiven Maßnahmen. Die Herausforderungen bleiben trotz zunehmender Präzision in Diagnostik und molekularer Charakterisierung bestehen – insbesondere hinsichtlich der frühzeitigen Erkennung von Risikopatient:innen und der Abwägung therapeutischer Optionen. 

 

Von Schweinen und Menschen

Dr. Sven Pischke berichtete in seinem Beitrag von einem logischen deutlichen Anstieg der Zahlen von Hepatitis-E-Virus(HEV)-Infektionen in Deutschland seit der Einführung des Screenings beim Check-up 35 im Jahre 2021. Vorherrschend ist hierzulande der Genotyp 3. Fast alle Infektionen werden in Deutschland autochthon erworben; nur wenige Betroffene zeigen Symptome (Erhöhung von ALT und AST), und noch weniger Menschen erkranken schwer. Die Diagnostik bei immunkompetenten unterscheidet sich von der bei immunsupprimierten Personen. Bei Immunkompetenten erfolgt die Testung anti-HEV-IgM (ELISA; Line-Immunoassay [IA] als Bestätigungstest) oder per PCR; bei Immunsupprimierten ist nur eine PCR-Testung sinnvoll, welche seit 2022 von der Krankenkasse übernommen wird. 

 

Tour de Force

Den Weg zur Bekämpfung des Humanen Immundefizienzvirus (HIV) vollzog Prof. Ralf Wagner in seinem Vortrag nach. Er begann mit der Epidemie einer rätselhaften tödlichen Erkrankung in den 1980er-Jahren, die vor allem zu Beginn mit einer großen Stigmatisierung von gefährdeten Personen einherging. Inzwischen sind mehr als 40 Millionen Menschen an Aids verstorben. Pro Tag infizieren sich weltweit weiterhin ca. 4.000 Personen, von denen bisher nur etwas mehr als 70 % Zugang zu einer lebensrettenden Therapie haben. Die aktuelle HIV-Diagnostik basiert in der Regel auf einem zweistufigen serologischen Verfahren: Zunächst erfolgt ein Screeningtest mittels kombinierter HIV-1/2-Antigen/Antikörper-Immunoassays, gefolgt von einem Bestätigungstest wie einem Immunoblot. Zusätzlich werden PCR-Tests zur frühen Erkennung sowie zur Bestätigung unklarer serologischer Befunde eingesetzt. Große Hoffnung geben die Fortschritte bei der antiretroviralen Therapie, der Einsatz von breit neutralisierenden Antikörpern und erste Berichte von kompletten Remissionen. Die erfolgreiche Entwicklung eines Impfstoffs ist weiterhin nicht in Sicht. 

 

Waffe gegen MRE?

Das riesige Potenzial einer Phagentherapie bei der Bekämpfung von multiresistenten Erregern (MRE) zeigte Dr. Georg-Christian Zinn in seiner Keynote auf. Während der Anteil der Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) bei allen S. aureus-Isolaten erfreulicherweise in den vergangenen Jahren gesunken ist, steht mit den multiresistenten Gram-negativen Erregern (MRGN) schon das nächste Schreckgespenst vor der Tür und lässt befürchten, dass Infektionen mit MRE auch in Zukunft weltweit jährlich Millionen Menschenleben kosten werden. Leider geht die wenig lukrative Entwicklung neuer Antibiotika seit Jahren zurück. Phagen könnten hier Abhilfe schaffen: Sie sind bakterizid, wirtsspezifisch und können sich selbst in ihrem Wirt vermehren. Bisher ist in der EU und in den USA kein Phagenpräparat als Arzneimittel zugelassen; in Deutschland sind aber individuelle Heilversuche möglich. Herausforderungen für die Anwendung von Phagen sind die Applikationswege sowie der Aufbau einer Infrastruktur. Eine S2k-Leitlinie zur personalisierten Phagentherapie in Deutschland soll noch dieses Jahr erscheinen. 

 

Individualisiertes CMV-Management

Dr. Eva Wagner-Drouet berichtete in ihrem Vortrag über den Einsatz des T-Track® CMV in der klinischen Routine nach allogener Stammzelltherapie am Universitären Centrum für Tumorerkrankungen Mainz. Der Einsatz des ELISpot-Assays kann helfen, eine klinisch relevante Reaktivierung des Zytomegalievirus (CMV) vorherzusagen und die Überwachungsintensität der Patient:innen entsprechend anzupassen und/oder eine präventive Therapie einzuleiten. So ist ein personalisiertes Management der Betroffenen möglich. Ist der T-Track®-Test 100 Tage nach der Stammzelltherapie negativ, beträgt das Risiko für eine klinisch relevante CMV-Reaktivierung 61 %. Ist der T-Track®-Test hingegen nach 100 Tagen bei Patient:innen ohne immunsuppressive Therapie positiv, liegt das Risiko bei nur 10 %. Die Integration in die klinische Routine ist nachweislich praktikabel und verbessert das Risikomanagement vulnerabler Patientengruppen nach einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation signifikant.

 

Alzheimer-Demenz-Diagnostik

Spezialparameter sind bei der Diagnostik der Alzheimer-Demenz von großer Bedeutung. Ihre Bestimmung im Liquor ist mittlerweile gut etabliert: Während Tau-Protein ein unspezifischer Marker ist, ist Phospho-Tau-Protein (p-Tau 181) insbesondere bei Morbus Alzheimer im Liquor erhöht. Mithilfe der ß-Amyloid-Ratio (Aß1-42/Aß1-40) im Liquor kann gut zwischen Alzheimer-Patient:innen und Gesunden unterschieden werden. Auch im Plasma ist die Messung von p-Tau 181, p-Tau 217 und die ß-Amyloid-Ratio mittels Chemilumineszenz-IA verlässlich. Mit dem Plasma-Protein-Demenz-Score (PPDS) kann das Alzheimer-Risiko ähnlich wie mit dem Erlangen-Score für Liquorparameter abgeschätzt werden. Bisher kann die Plasmabestimmung die Liquoruntersuchung jedoch noch nicht ersetzen. Bei den Neurofilamenten (Nf) kann das phosphorylierte Nf-H (H = heavy) im Liquor zum Ausschluss einer Alzheimer-Demenz herangezogen werden. Nf-L (L = light) im Serum ist ein vielversprechender Biomarker für die Aktivität und Prognose der Krankheit sowie des Therapieansprechens. Diese Entwicklungen halten zunehmend Einzug in die Routineversorgung und leisten einen wertvollen Beitrag zur personalisierten Medizin in der Neurologie.

Video-Impressionen des Mikrogen Symposiums 2025.

Mit freundlicher Unterstützung von Mikrogen GmbH
Autor
Dr. Sabine Ramspott
Mitglied der Redaktion
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