Die allogene Stammzelltransplantation (aSZT) ist eine wichtige Behandlungsmethode hämatologischer Neoplasien wie zum Beispiel akuter Leukämien und myelodysplastischer Syndrome, die durch klassische Ansätze wie Chemo- und Immunotherapie nicht ausreichend geheilt werden können. Der guten Heilungschance steht aber ein hohes Risiko immunologischer Komplikationen insbesondere durch die Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) – einer Reaktion der Spenderlymphozyten gegen den Empfänger – gegenüber, die zu erheblicher Morbidität und – je nach Stadium – bei aSZT immer noch bei 10 bis 30 % der Betroffenen zur therapieassoziierten Mortalität (TRM) führt. Die Herausforderung bei der aSZT ist es dabei, die gefährliche GvHD vom erwünschten immunologischen Effekt der Spenderlymphozyten gegen die Leukämie, der Graft-versus-Leukämie-Reaktion, zu trennen. Bei der akuten Graft-versus-Host-Erkrankung (aGvHD) sind Haut, Leber und Gastrointestinaltrakt die Hauptzielorgane, wobei die aGvHD des unteren Gastrointestinaltrakts die gefährlichste Manifestation und – falls refraktär auf Steroid-Therapie – mit einer TRM von 60 bis 80 % assoziiert ist [1].
Aus pathophysiologischer Sicht kann die Interaktion mit den Mikrobiota die hohe Anfälligkeit von Haut und Gastrointestinaltrakt für die GvHD erklären. In den frühen 1970er-Jahren stand dabei als Erklärung die Kostimulation der Alloreaktion durch die intestinale Flora im Vordergrund, da keimfrei gehaltene Mäuse deutlich weniger aGvHD zeigten [2]. Basierend auf diesen Ergebnissen galten deshalb lange Zeit auch klinisch strikte Dekontamination und antibiotische Infektionsprophylaxe vor allem in der frühen Phase der Neutropenie als Standard [3]. Mit der Möglichkeit der 16S-Sequenzierung intestinaler Mikrobiota wurde aber klar, dass diese Maßnahmen selten zur kompletten Dekontamination, sondern meist zur schweren Dysbiose mit Verlust protektiver Bakterien führen, die die aGvHD sogar fördert. Diese Befunde wurden zunächst in Single-Center Reports berichtet [4, 5] und später in Multicenterstudien bestätigt [6, 7]. Dabei wurde klar, dass die weltweit übliche massive Antibiotika-Exposition in der frühen Transplantationsphase mögliche ernährungsbedingte Unterschiede zwischen den Zentren überspielt.
Fäkaler Mikrobiomtransfer bei aSZT
Wie bei anderen mit Dysbiose assoziierten Erkrankungen (z. B. der Inflammatory Bowel Disease; IBD) war es deshalb naheliegend, dass eine Korrektur der Dysbiose helfen könnte, eine schwere GvHD im Gastrointestinaltrakt zu bekämpfen. Neben anderen Optionen wird der fäkale Mikrobiomtransfer (FMT) von gesunden Spendern als einer der erfolgversprechendsten Ansätze gesehen [8]. Drei Ansätze des FMT werden derzeit untersucht und im Folgenden diskutiert.
1) FMT zur Korrektur der Kolonisierung mit Antibiotika- bzw. multiresistenten Bakterien
Der FMT etablierte sich zunächst als erfolgreiche Behandlung der rezidivierten Clostridium-difficile-Infektion (CDI) bei nichthämatologischen Patient:innen. Bald legten erste Berichte zur FMT bei CDI unter Immunsuppression und nach SZT und Organtransplantation nahe, dass auch bei dieser vulnerablen Patientengruppe erfolgreiche FMTs ohne ein erhöhtes Risiko infektiöser Komplikationen durchgeführt werden können. 2016 berichteten Webb et al. [9] eine Heilung bei sechs von sieben CDI nach aSZT. 2017 publizierte Bilinski [10] Verläufe von 20 hämatologischen Patient:innen – davon sechs nach aSZT, die eine FMT zur Elimination Antibiotika-resistenter Bakterien (ARB; v. a. verschiedener ß-Laktamase-resistenter Stämme und von Vancomycin-resistenten Enterokokken; VRE) mit einem Ansprechen bei 75 % erhalten hatten. Battipaglia [11] publizierte eine erfolgreiche Dekolonisierung von Carbapenem-resistenten Bakterien und VRE bei sieben von zehn Patient:innen. Diese Ergebnisse wurden weiter bestätigt [12, 13] und legten den FMT als Alternative zu wiederholten Behandlungen mit Reserve-Antibiotika nahe. Eine Studie zum autologen FMT bei Personen mit akuten Leukämien mit dem Ziel der Korrektur der Dysbiose nach Chemotherapie und Neutropenie zeigte darüber hinaus, dass der FMT auch die häufige Zunahme von Resistenzgenen in der Phase der Neutropenien bei der Mehrzahl der Betroffenen rasch korrigieren konnte [14].
2) Prävention und Behandlung der Dysbiose nach aSZT
2018 sammelten Taur [15] et al. patienteneigene FMT-Produkte vor Aufnahme zur aSZT, um bei Auftreten einer Dysbiose das diverse Mikrobiom nach Erholung von der Neutropenie zu rekonstituieren. 15 Personen erhielten die sogenannte autologe FMT, elf Personen waren im Kontrollarm: Die Studie zeigte einen hochsignifikanten Effekt auf die Diversität auch unter Einbeziehung unterschiedlicher Diäten und supportiver Therapie. Ein Nachteil dieses Ansatzes ist allerdings, dass sich bei der Mehrzahl der Betroffenen keine autologen FMT-Produkte vor der aSZT gewinnen lassen, weil viele von ihnen bereits einen anhaltenden Mikrobiomschaden durch die Antibiotika-Gaben während der vorhergehenden Leukämie-Therapie aufweisen.
DeFillip et al. [16] setzten in einer einarmigen Studie FMT-Kapseln von gesunden Donoren bei Erkrankten nach Erholung der Blutbildung nach aSZT zur Korrektur der Dysbiose ein. Bei 13 von 18 Personen war diese Intervention möglich, fünf mussten wegen früher Darm-GvHD oder anderer Toxizität ausgeschlossen werden. Bei den 13 Behandelten ließ sich die Diversität deutlich verbessern mit Expansion der Spender-Mikrobiota und nur zwei entwickelten später eine Darm-GvHD; die TRM war mit 8 % extrem niedrig.