Kommentar: KIR und das Missing Self

Während des Kalten Krieges bediente sich die schwedische Marine eines Tricks, um unbekannte U-Boote zu orten:  Man verteilte Fotos der eigenen Boote an die Fischer in der Ostsee und forderte sie auf, alles Verdächtige zu melden, das anders aussah [1]. Dieses einfache Verfahren, um Selbst und Fremd zu unterscheiden, wenn man nur die eigenen, aber nicht die fremden Eigenschaften kennt, brachte den Immunologen Klas Kärre vom Karolinska Institut in Stockholm 1981 auf die Idee der „Missing Self“-Hypothese: Demnach sollte das Immunsystem „Fremdes“ am Fehlen typischer Eigenschaften menschlicher Zellen erkennen können. 
Es lag nahe, den Schlüssel bei den humanen Leukozytenantigenen (HLA) der Klasse I zu suchen. Wie der nebenstehende Leitartikel ausführlich schildert, kommen deren Merkmale auf allen kernhaltigen Zellen des Menschen vor und ermöglichen dem Immunsystem, den Körper permanent auf „fremde Substanzen“ zu scannen. Um einer Immunantwort zu entgehen, haben Viren und Tumore die Fähigkeiten entwickelt, die Expression der HLA Klasse I zu unterdrücken. Inzwischen weiß man, dass die natürlichen Killerzellen (NK) mit ihren Rezeptoren der KIR-Proteinfamilie dieses Missing Self erkennen und so eine Immunreaktion einleiten. 
Die KIR-Typisierung ist unter anderem in der Reproduktionsmedizin sinnvoll, wo das gestörte Zusammenspiel zwischen mütterlichen KIRs mit fetalen HLA-C-Merkmalen zur Abklärung habitueller Aborte beiträgt – doch das wäre Stoff für einen eigenen Leitartikel.

Dr. med. Kaimo Hirv
MVZ Martinsried GmbH
kaimo.hirv@medizinische-genetik.de