Vom Schnelltest bis zum Großgerät

Systeme und Tests für die Virusdiagnostik

Für die Virusdiagnostik kommen vor allem Screening- und Bestätigungstests zum Einsatz. Automatisierte Systeme gibt es für den dezentralen Einsatz wie auch für mittlere und große Zentrallaboratorien. Auf den nächsten Seiten stellen neun Hersteller ihre vielfältigen Lösungen in Produktinformationskästen sowie in einem tabellarischen Vergleich vor.

Kaum war die Aufregung um Ebola abgeklungen, rückte mit Zika ein neues Virus in den Brennpunkt der öffentlichen Diskussion. Aufgrund der Globalisierung ist Virusdiagnostik heute nicht nur auf Fachtagungen, sondern auch in den Publikumsmedien zum „Dauerbrenner“ geworden: So wie Sportbegeisterte eben mal nach Brasilien reisen, breiten sich infizierte Mücken mit dem Zika-Virus im Gepäck von Brasilien nach Florida aus und haben inzwischen auch Singapur erreicht. Für Diagnostiker bedeutet diese Reiselust von Mensch und Mücke, dass auch Tests für scheinbar so exotische Viren wie Zika, Dengue et al. zunehmend zum Standardwissen gehören mehr.

Diagnostische Strategien
Beim Nachweis viraler Infektionen werden immunologische und molekularbiologische Methoden meist zu Paketen aus Screening- und Bestätigungstests geschnürt. Auf den nächsten Seiten finden sich dafür viele gute Beispiele. Die Verfahren geben in einem bestimmten diagnostischen Fenster Auskunft über eine Infektion: Nukleinsäuren und gegebenenfalls Hüllproteine der Viren lassen sich meist schon bei Auftreten der ersten Symptome nachweisen, verschwinden aber in der Regel nach einigen Wochen wieder. Bis zur Bildung der ersten IgM-Antikörper vergehen einige Tage, IgG-Antikörper werden dagegen als Langzeitgedächtnis unseres Immunsystems erst nach Wochen bis Monaten gebildet und geben oft lebenslang Auskunft über eine Infektion.
Ein aktuelles Beispiel für die diagnostische Abklärung der HIV-Infektion ist die Kombination immunologischer HIV-Tests der vierten Generation, die zu den Antikörpern auch das Capsid-Protein p24 nachweisen, mit molekularbiologischen Methoden zum Nachweis der RNA des HI-Virus-1 mehr. Dadurch wird das diagnostische Fenster um ca. eine Woche und der sichere Ausschluss einer stattgehabten Infektion von zwölf auf sechs Wochen reduziert.
Zwei Hepatitiden nehmen unter den infektiösen Leberentzündungen in klinischer wie auch diagnostischer Hinsicht eine Sonderrolle ein (s. S. 182 und 187). Die Hepatitis D tritt nur in Begleitung der B-Form auf, denn die inkompletten Virusoid­partikel nutzen das HB-surface-Protein des Hepatitis-B-Virus als Schutzhülle. Und die Hepatitis E galt bis vor Kurzem als eine Erkrankung der asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Länder, doch mittlerweile weiß man, dass beispielsweise die Subtypen 3 und 4 von Schweinen übertragen werden und durchaus auch in Deutschland auftreten können (mehr dazu hier).
In der Regel schließt sich an ein positives Screening ein Bestätigungstest mit einem Nukleinsäureamplifikations-Test an. Bei einigen viralen Erkrankungen, für die eine spezifische antivirale Therapie verfügbar ist, stehen zum Therapiemonitoring außerdem quantitative Viruslasttests zur Verfügung (s. Tabelle); dazu gehören insbesondere Hepatitis B und C sowie HIV.
Bei medikamentös oder durch AIDS immunsupprimierten Patienten können Infektionen mit den humanpathogenen Herpesviren HHV-1 bis HHV-8 (siehe Tabelle) fatale Verläufe nehmen. Die alpha-Herpesviren HHV-1 bis HHV-3 persistieren in den Wirtszellen und können immer wieder reaktiviert werden (zum Beispiel beim Herpes simplex labialis und genitalis oder der Gürtelrose). HHV-8 ist der Verursacher des Kaposi-Sarkoms bei AIDS-Patienten. Da Herpesviren einen hohen Durchseuchungsgrad in der Bevölkerung aufweisen, werden neben der Serologie auch NAT-Verfahren zum Screening eingesetzt; bei Immunsupprimierten wird die Bestimmung der Viruslast auch zur Diagnostik herangezogen.
Isotherme Amplifikationsverfahren wie etwa SDA, TMA und LAMP versprechen im Vergleich zur PCR einen gewissen Zeitgewinn bei der Nukleinsäureamplifikation, da die Enzyme ohne Temperaturzyklen zu einer höheren Anzahl an Amplifikaten pro Zeiteinheit führen. TMA nutzt eine reverse Transkriptase und eine RNA-Polymerase für die Amplifikation der Nukleinsäuren; als Vorteil gilt, dass das Endprodukt aus RNA-Amplicons besteht, die weniger anfällig gegenüber DNA-Kontaminationen sind.
Sowohl PCR als auch isotherme Verfahren sind multiplexfähig. So können unterschiedliche Erreger – beispielsweise Viren, Bakterien und Pilze bei respiratorischen Infekten – mit multiplen Primern in wenigen Ansätzen erfasst werden (S. 184, 185, 187). Unterschiedliche Farbstoffsonden sorgen für eine eindeutige Zuordnung der Amplifikate.

Zentrallabor versus POCT
Automation gilt heute als das A und O für eine schnelle und zuverlässige Virus-Analytik. In der Serologie ist sie seit Langem selbstverständlich, aber auch die Molekularbiologie mit ihren relativ komplexen Abläufen fügt sich inzwischen problemlos in die Routinearbeitsabläufe des Zentrallabors ein. Mittlerweile gibt es auch die ersten Geräte, die sich an automatisierte Analysenstraßen anbinden lassen (S. 185–187). Für einen kostendeckenden Betrieb sind bei Großgeräten Durchsätze von mehreren 100 Proben pro Stunde möglich und hohe Auslastungsquoten pro Tag nötig.
Diese Form der Zentralisierung zieht zwangsläufig den Ruf nach Systemen für die dezentrale, patientennahe Erregerdiagnostik nach sich; sie sollen auf den Stationen und in Ambulanzen von medizinischem Personal ohne Laborkenntnisse durchgeführt werden können. Geeignete Schnelltests gibt es sowohl für die Serologie – meist im Format manueller Immunchromatografie-Verfahren – als auch für den Nachweis von Nukleinsäuren in geschlossenen POCT-Geräten, die typischerweise mit gebrauchsfertigen Kassetten mit allen für die PCR benötigten Reagenzien arbeiten.

Tabellarische Übersicht
In der Tabelle auf der nächsten Doppelseite vergleichen wir fünf Tischgeräte für die vollautomatische Nukleinsäure-Amplifikation und -Detektion. Sowohl die Geräte selbst, als auch die Testkits sind durchwegs CE-IVD-zertifiziert und decken ein breites Anforderungsspektrum ab. Auch wenn das Schwergewicht dieser Übersicht auf dem Virusnachweis liegt,  bieten einige Hersteller zusätzlich Testkits für die Onkologie und Humangenetik an.
Vor einer Kaufentscheidung ist allerdings zuerst die grundsätzliche Frage „qualitativ oder quantitativ“ zu klären. Für das Erregerscreening (wie auch für humangenetische Fragestellungen) reichen qualitative Aussagen meist aus, aber wenn ein Therapie-Monitoring benötigt wird, zum Beispiel für HCV- oder HIV-Patienten, sind quantitative Verfahren unerlässlich. Zwei der aufgeführten Geräte arbeiten mit qualitativer Endpunkt-PCR, die anderen drei können sowohl für die qualitative als auch für die quantitative Analytik genutzt werden. Die Nachweisgrenzen liegen – soweit angegeben – bei allen Geräten in einer ähnlichen Größenordnung von < 40 Kopien/ml bzw. < 20 U/ml; ct-Wert und Schmelzkurvenanalyse sind selbstverständlich, ebenso Standardkurven bei Geräten mit quantitativer Auswertung. Alle Hersteller haben ein multiplexfähiges Gerät mit etwa fünf Kanälen im Angebot.
Die Hardwareausstattung der Geräte ist in etwa vergleichbar; alle bieten zum Beispiel einen externen Drucker und einen Barcode-Scanner. Die meisten können zudem mit einem Pipettierroboter ausgestattet werden, der den Assaysetup übernimmt.
Für die Auswertung der Ergebnisse, beispielsweise zur Berechnung des ct-Wertes sowie für statistische Analysen, verfügt jedes System über eine individuelle Software mit eigenen Algorithmen, die man sich am bes­ten vom Anbieter erläutern lässt.
Bei der Probenkapazität gibt es keine limitierenden Unterschiede, denn auch das kleinste der Geräte lässt sich durch die Kopplung von bis zu acht Modulen mit jeweils 96 Proben beladen. Die Gesamtlaufzeit bei voller Beladung liegt im Bereich weniger Stunden. Da diesbezügliche Angaben jedoch von den Testprotokollen abhängen, sollten auch diese bei den einzelnen Herstellern für das jeweilige Ziel der Anwendung erfragt werden.   

Dr. Gabriele Egert
Mitglied der Redaktion