Von der Forschung in die Routine

13th European Congress on Digital Pathology (ECDP)

Aus technischer Sicht ist die digitale Pathologie reif für den Einsatz in der Routine, doch deutsche Institute tun sich nach wie vor schwer mit der Implementierung. Ein Kongress zeigt, wie es gehen könnte und gibt einen Ausblick auf künftige Entwicklungen vom maschinellen Lernen bis zur Integration molekularpathologischer Daten.
Schlüsselwörter: Digitale Pathologie, virtuelle Mikroskopie, Telepathologie, maschinelles Lernen

 Seit über 20 Jahren registriert und kommentiert der European Congress on Digital Pathology (ECDP) im zweijährigen Rhythmus die Fortschritte der virtuellen Mikroskopie und Telepathologie. Organisiert wird er von Pathologen und Naturwissenschaftlern, die sich sowohl der methodischen Entwicklung als auch der klinischen Anwendung dieses noch relativ jungen Fachs widmen. Der diesjährige Kongress fand Ende Mai 2016 in Berlin statt und stand unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP). Während der Tagung wurde die European Society for Digital and Integrative Pathology gegründet (digitalpathologysociety.org), die vor allem die methodische Weiterentwicklung und Standardisierung digitaler Verfahren in Europa vorantreiben soll.
Zwei Keynote Lectures und drei Panel-Diskussionen zeigten die Schwerpunkte des Kongresses auf: Prof. Horst Karl Hahn, Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Bildgestützte Medizin (MEVIS), berichtete über die Fortschritte des maschinellen Lernens bei der automatischen Auswertung digitaler Bilder und hier besonders den Einsatz künstlicher neuronaler Netze, beispielsweise zur Erkennung von Mitosen beim Brustkrebs[1] (siehe auch hier). Als Grundlagen des Erfolgs auf diesem anspruchsvollen Forschungsgebiet nannte Hahn die Bildung multidisziplinärer Teams mit starken Kompetenzen in Medizin und Informatik, Verständnis künstlicher neuronaler Netze (ANN, CNN) sowie den Zugang zu sorgfältig gepflegten Daten.

Prof. Liron Pantanowitz, Pathologe und Bioinformatiker an der Universität Pittsburgh, PA, stellte Strategien für die erfolgreiche Integration der neuen Technologie in die Routineabläufe pathologischer Institute mit einem Fokus auf das Krankenhaus vor[2]. Er stellte klar, dass man sich von den digitalen Methoden keine direkten Einsparungen erwarten sollte (wie dereinst bei der Ablösung des Röntgenfilms durch digitale Bilder). Die Einsparungen aus Krankenhausperspektive ergeben sich v. a. aus der Verbesserung der Qualität, der Beschleunigung der Diagnostik und der Vermeidung von Fehldiagnosen[3]. Der Pathologe  profitiert dabei von besserer Fokussierung auf die Diagnostik, da ihm viele organisatorische Aufgaben abgenommen werden.
Wie sich in der Panel-Diskussion Digital Workflow Integration zeigte, tun sich viele Einrichtungen noch schwer damit, Verfahren der digitalen Pathologie einzuführen. Eine vollständige Umstellung auf Virtuelle Mikroskopie ist allerdings auch nicht notwendig, wie Beispiele aus vielen Ländern zeigen. So wird in der Pathologie des Kantonsspitals Aarau (Schweiz) rund ein Drittel der Fälle digital bearbeitet, der Rest traditionell. Zweitmeinungen sind dort ad hoc aus dem Viewer möglich; identische Farbmarkierungen auf den Makro- und Mikropräparaten erleichtern die Orientierung, und die Kliniker sind von Übersichtsbildern, auf die sie über das zentrale Klinik-PACS zugreifen können, begeistert (persönliche Mitteilung Prof. R. Grobholz). In Utrecht (Niederlande) werden bereits alle Präparate gescannt und stehen für die virtuelle Auswertung und Befundung bereit. Unser eigenes Institut an der Charité Berlin setzt virtuelle Schnitte im Rahmen der Tumorkonferenzen ein.
In den Panel-Diskussionen Imaging in Clinics and Research und Integrative Pathology and Translational Medicine ging es dann vor allem um die translationalen Aspekte neuer quantitativer Verfahren, die im Rahmen von Forschungsprojekten entwickelt werden und nun möglichst rasch in die klinische Anwendung gebracht werden sollen. Im Vordergrund standen aktuelle Entwicklungen bei der molekularen Tumorklassifikation. In seinem einleitenden Vortrag betonte Dr. Frederick Klauschen (Charité), dass die größte Herausforderung sowohl der digitalen als auch der traditionellen Pathologie in Zukunft die Integration morphologischer Befunde mit molekularen Daten sein wird. Die Teilnehmer des Panels waren sich einig, dass konkrete Gewinne für den Patienten genau dann erzielt werden, wenn die hochspezialisierte Diagnostik (Stichwort „Molekulare Tumorkonferenz“) mit einer dezidierten Behandlung verbunden werden kann.


 Prof. Dr. Peter Hufnagl
Institut für Pathologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin