Unter der Dusche

Vielleicht kommt Ihnen diese Situation ja von früher her bekannt vor: Sie stehen unter einer Dusche mit zwei Wasserhähnen, der eine blau, der andere rot. Der erste reagiert schnell, der zweite mit Verzögerung, weil das warme Wasser von weiter her kommt. Es braucht schon einige Übung, bis man mit so einer Vorrichtung eine optimale Wassertemperatur erreicht.
Ähnlich vertrackt ist die Situation bei der oralen Antikoagulation von thrombose­gefährdeten Patienten: Herkömmliche Kumarine blockieren die kurzlebigen FV- und FVIII-Antagonisten Protein C und S, weshalb die Thrombosegefahr zunächst eher steigt (zu kalt). Danach erst reagieren die trägeren Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X, sodass es später zu überschießender Blutungsneigung kommen kann (zu heiß).
Der „Wasserhahneffekt“ bewirkt auch, dass man sowohl bei der Einstellung als auch beim Absetzen mit sofort wirksamem Heparin überbrücken (bridgen) muss, bis der gewünschte INR-Wert erreicht ist – womit man also noch an einem dritten Rad dreht. Es braucht sich folglich niemand zu wundern, dass es in der Initialphase gehäuft zu schweren Blutungen kommt, und dass nur zwei von drei Patienten mit der INR wirklich dauerhaft im therapeutischen Bereich landen.
Auf dieser Doppelseite widmen wir uns anlässlich der 60. Jahrestagung der Gesellschaft für Thombose- und Hämostaseforschung (S. 196) der Frage, ob die neueren, direkt wirkenden Antikoagulanzien (DOAKs) die Lösung dieser schwierigen Aufgabe leichter machen. Und auf den Folgeseiten stellen wir innovative Behandlungsoptionen für das gerinnungs­physiologische Gegenteil der Thromboseneigung vor – die Hämophilien A und B.


gh, rg


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