Bislang fehlen Daten für eine sichere Aussage darüber, ob die Höhe von Anti-SARS-CoV-2-Antikörpertitern mit einem erneuten Infektionsrisiko einhergeht und ab welchem Titer eine Booster-Impfung sinnvoll ist. Von Bedeutung ist jedoch die Tatsache, dass hämatologisch-onkologische Patienten, die in der STIKO-Empfehlung in der höchsten Impfpriorisierung zu finden sind, unter Umständen auf eine Impfung nicht mit einer Immunantwort reagieren; ähnlich sieht es bei Organtransplantierten und Dialysepatienten aus. Zu Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit Anti-CD20-Antikörpern behandelt werden, existieren bislang keine Daten. Es ist also sicherlich ratsam, zumindest bei diesen Risikokonstellationen Antikörpertiter nach Impfung zu bestimmen und sich alternative Impfkonzepte zu überlegen (> 2 Impfdosen/höhere Dosierungen) bzw. ggf. gefährdete Patienten durch passive Immunisierung zu schützen. In anderen Ländern wird dies bereits offen diskutiert.
Aus technischer Sicht ist die SARS-CoV-2-Antikörperdiagnostik inzwischen gut etabliert1, aber viele medizinische und epidemiologische Fragen bleiben offen: Wie können die Messwerte der verschiedenen Antikörperklassen und Assay-Typen interpretiert werden? Erlaubt die aktuelle Datenlage Aussagen über den Infektionsstatus in der Bevölkerung? Und vor allem: Kann man aufgrund von Antikörperbestimmungen die Immunität nach einer Infektion oder Impfung beurteilen – insbesondere auch bei Risikogruppen wie z. B. Immunsupprimierten oder Krebspatienten?
1 Siehe Übersicht unter www.trillium.de/marktuebersichten/mikrobiologievirologie/nachweissysteme-sars-cov-2.html
Immunität nach Impfung/Infektion unbestritten
Die Zulassungsstudien der Impfhersteller und mehrere klinische Studien haben gezeigt, dass eine überstandene COVID-19-Erkrankung ebenso wie die Impfung vor einer (erneuten) Infektion schützt oder zumindest schwere Infektionsverläufe verhindert. Zur Immunität nach Infektion seien beispielhaft die Studien von Harvey et al aus den USA [1] und eine Studie aus Großbritannien genannt [2], bei denen die Häufigkeit eines positiven PCR-Nachweises in Abhängigkeit eines SARS-CoV-2-Antikörpertiters bzw. die erneute Infektion (bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen) betrachtet wurden. In beiden Studien reduzierte sich das Infektionsrisiko um über 90 %, wobei die Reinfektionen im Regelfall asymptomatisch verliefen oder einen leichten Verlauf nahmen.
Eindrucksvoll im Hinblick auf den Schutz vor Infektion nach der Impfung sind hierzu auch Daten aus Deutschland: Die Altersverteilung der Infizierten während der zweiten und dritten Welle veränderte sich dramatisch; während weiterhin ein hoher Anteil von 50- bis 60-Jährigen in der dritten Welle infiziert wurden, fiel der Anteil der Personen über 80 auf nahezu Null ab (Abb. 1).