Projekt zur translationalen Krebsforschung
Endokrine Pankreastumoren früher erkennen
Seit Herbst 2019 koordiniert das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte ERA-NET(European Research Area Net)-Projekt „NExT“. Ziel des Projektes ist es, mit Forschungspartnern aus Spanien, der Slowakei, Lettland und Griechenland endokrine Pankreastumoren künftig früher zu erkennen und Therapien zu verbessern.
Pankreatische neuroendokrine Tumoren (PNETs) sind seltene, sehr heterogene Tumoren der Bauchspeicheldrüse. Das molekulare Verständnis der Tumorbiologie ist begrenzt. Obgleich chemotherapeutische Ansätze existieren, mangelt es an molekularen Markern, um die Krankheit früh zu erkennen und individuelle Therapieansätze zu wählen. Um neue Marker-Signaturen zu identifizieren, ist die Evaluation von In-vitro- und In-vivo-Modellen von PNETs notwendig. Dazu müssen umfangreiche molekulare Datensätze aus Patientenkohorten gesammelt werden. NExT soll einen Algorithmus für die Früherkennung und Nachsorge von Patienten mit PNETs etablieren. Der Fokus liegt auf der Entwicklung neuer Technologien zur Charakterisierung der Tumoren. Hierzu baut das Konsortium, bei dem Mediziner, Zellbiologen und Ingenieure zusammenarbeiten, eine Gewebebank aus genetisch charakterisierten PNETs auf und entwickelt patientenbezogene dreidimensionale In-vitro-Modelle (Xenografts und Organoide). Damit wollen die Forscher spezifische Biomarker für die Entwicklung der seltenen Tumoren identifizieren.
Zur verbesserten minimal-invasiven Früherkennung und Nachsorge entwickeln die Partner des Verbundvorhabens neue Möglichkeiten zur Positionierung und automatischen Charakterisierung zirkulierender Tumorzellen.
Positionspapier fordert Erstattung von Biomarker-Untersuchungen auch im Krankenhaus
Therapie-notwendige Biomarker-Untersuchungen sollten auch im Krankenhausbereich regelhaft erstattet werden. Das fordert das aktuelle Positionspapier „Testung in der Onkologie“, das von mehreren ärztlichen Fachgesellschaften – u. a. der Deutschen Krebsgesellschaft (federführend) sowie der Deutschen Gesellschaft für Pathologie und dem Bundesverband Deutscher Pathologen – zusammen mit Patientenverbänden erstellt wurde (Der Pathologe 5/ 2020, FORUM 4/2020).
Die Experten weisen darauf hin, dass zielgerichtete Onkologika entsprechend der molekularen Eigenschaften eines Tumors entwickelt werden. Zur Selektion geeigneter Patienten sei vor Anwendung des Arzneimittels der gewebsbasierte diagnostische Nachweis von Biomarkern erforderlich.
Diese Companion-Diagnostik würden in der Regel bei Zulassung des Medikaments zwingend gefordert. Während die Erstattung von Companion-Diagnostik-Untersuchungen in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung im vertragsärztlichen Leistungskatalog (einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)) im Jahr 2016 sichergestellt wurde, seien Companion-Diagnostik-Leistungen im pauschalierten Abrechnungssystem der stationären Versorgung bisher nicht berücksichtigt, so die Kritik. Dies führe zur Unterversorgung der Patienten und zu Bestrebungen, Untersuchungen, die dem stationären Behandlungsfall zugeordnet werden müssten, in den ambulanten Sektor zu transferieren.
Die zentrale Forderung der Experten lautet: Die Erstattung von Companion-Diagnostik-Leistungen muss auch in der stationären Versorgung sichergestellt werden. Dafür müsse eine regelhafte Kostenzuordnung von Leistungen im System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) ermöglicht werden. Zudem sollten im Rahmen von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) Entgelte für Companion-Diagnostik gewährt werden. Voraussetzung dafür sei, dass das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) seine restriktive Haltung bei der Antragsentscheidung aufgebe und Entscheidungen zu den NUB-Anträgen besser begründe.
Chipbasiertes Mikrofluidiksystem
So entwickelt das Fraunhofer IBMT ein mikrofluidisches Chip-System mit Mikroloch-Struktur zur Zellsortierung und -charakterisierung. Die molekulare, genomische und transkriptomische Charakterisierung der PNET-Gewebe- und Serumproben sowie der Tumororganoide liefern dabei spezifisch bezogene Biomarker für die Entwicklung des chipbasierten Mikrofluidiksystems. Eine schnelle, spezifische und empfindliche Detektion und Charakterisierung der PNETs könnte – so die Hoffnung – bei frühzeitiger Erkennung die Chance auf einen chirurgischen Eingriff erhöhen und so die Überlebensrate der betroffenen Patienten verbessern. Weitere Informationen über das Projekt finden sich unter www.next-project.eu/.
Redaktion
Presseinformation „NExT – Endokrine Pankreastumoren früher erkennen“ des Fraunhofer IBMT vom 20.08.2020.