Serie „Vom Biomarker zur Therapie": Paneldiagnostik als Basis für die Präzisionsonkologie

Molekulargenetische Biomarker geben Therapeut:innen Aufschluss über die Erfolgsaussichten bestimmter Therapien. Meist sind damit zielgerichtete Therapien gemeint, doch auch in der Immunonkologie gibt es eine Reihe prädiktiver Biomarker. Molekulares Tumorprofiling zur Therapiesteuerung spielt heute eine immer zentralere Rolle – bei manchen Tumoren mehr und schon in frühen Therapielinien, bei anderen erst spät, nach Durchlaufen der Standardtherapien.Die Anzahl an Biomarkern und „zugehörigen“ zielgerichteten Behandlungen ist enorm gestiegen. Die Therapiesteuerung durch bestimmte Biomarker geht sogar so weit, dass erste Zulassungen für Substanzen allein auf Basis bestimmter molekularer Eigenschaften, unabhängig von der Tumorentität, ausgesprochen wurden (sog. tumoragnostische Krebstherapie). Damit rücken auch die Tests zum Nachweis dieser molekularen Biomarker an eine Schlüsselposition – Grund für uns, diese Folge unserer Biomarker-Serie dem Nachweis onkogener Treibermutationen und weiterer molekularer Biomarker zu widmen. Mit auf Next Generation Sequencing (NGS) beruhenden Multigen-Panels, die nur klinisch relevante Gene auf Alterationen untersuchen, können therapeutisch adressierbare genetische Alterationen, eine hohe Tumormutationslast und Defekte in DNA-Reparaturmechanismen schnell und relativ kostengünstig identifiziert werden.Die Sequenzierung und ggf. der Nachweis von therapierbaren genetischen Alterationen sind jedoch nur der erste Schritt. Zu den Herausforderungen der Multigenanalyse gehören auch die Interpretation der generierten Daten und die Identifikation der relevanten onkogenen Treiber. Im zweiten Schritt für die klinische Therapieentscheidung deshalb ebenso wichtig: die Verknüpfung mit Literaturdatenbanken und Studienprogrammen sowie die Anwendung von Evidenzkriterien. Nur so profitieren Patient:innen von einer solchen molekularen Diagnostik.

Krebs ist eine Erkrankung des Genoms – heute Allgemeinwissen [1, 2]. Eine der grundlegenden Annahmen der aktuellen Präzisionsonkologie ist deshalb, dass die Identifizierung von genomischen Alterationen, die das Verhalten der Tumorzellen bestimmen, den Weg zur erfolgreichen Therapie einer Krebserkrankung darstellt. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass es möglich ist, in die durch die genetische Alteration veränderten Zellmerkmale und Signalübertragungswege auf Proteinebene erfolgreich therapeutisch einzugreifen.

Tests: Schlüssel zur individuellen Therapie

Die Identifizierung der genetischen Alterationen ist also das Eingangstor zu einer präzisen, individuell passenden Tumortherapie. Schlüssel für dieses Tor ist das Testen. Aber welche Gene sind für die Entstehung und Progression einer bestimmten Tumorerkrankung relevant und sollten im individuellen Fall sequenziert werden? Im Zuge der Sequenzierung des menschlichen Genoms, das etwa 20.500 Gene aufweist, durch das Human Genome Project (HGP) wurden die meisten wichtigen Onkogene und Tumorsuppressorgene identifiziert [3]. 500 gelten als potentiell relevant für die Tumorentstehung [4]. Unter anderem beschäftigte sich das TCGA(The Cancer Genome Atlas)-Projekt mit dem humanen Krebsgenom und untersuchte dabei nicht nur die Alterationen auf DNA-Ebene, sondern erfasste auch jene der Methylierung, der mRNA und der Proteinexpression [4] (Abb. 1).

Nur klinisch relevante Gene untersuchen: Panel-Sequenzierung

Für die Anwendung in der klinischen Routine ist die Ganz-Exom(Whole Exome Sequencing, WES)- oder Ganz-Genom-Sequenzierung (Whole Genome Sequencing, WGS) mittels Next Generation Sequencing (NGS) zu aufwendig und zu teuer und generiert außerdem enorme Datenmengen. Aus diesem Grund werden von verschiedenen Firmen und Forschungseinrichtungen zunehmend Multigen-Panels entwickelt. Diese umfassen die Gene, die entweder therapeutisch nutzbar sind – mit bereits gesicherter oder klinisch in Evaluation befindlicher therapeutischer Relevanz – oder eine prognostische Bedeutung haben. Naturgemäß variiert die Zusammensetzung dieser Panels je nach Einsatzgebiet und Tumorentität. Es gibt sogenannte Pan-Cancer-Panels oder solche, die für bestimmte Tumor-entitäten zusammengestellt wurden. Alle Panels ermöglichen die Testung auf Biomarker, die für bestimmte zielgerichtete oder immunonkologische Therapien relevant oder sogar Voraussetzung für deren Einsatz sind.

Die Arbeitsgruppe Precision Medicine der European Society for Medical Oncology (ESMO) hat Empfehlungen für den Einsatz von NGS bei Patient:innen mit metastasierten Tumoren herausgegeben [5]. Berücksichtigt werden dabei die acht Tumorerkrankungen mit den meisten Todesfällen weltweit. Die Empfehlungen nennen nicht nur die je nach Tumorentität zu analysierenden Gene, sondern auch ihre jeweilige therapeutische Angreifbarkeit. Herangezogen wird dafür die ESMO Scale for Clinical Actionability of molecular targets (ESCAT; Tab. 1) [6].

Tab. 1 Bedeutung der bisher sechs ESCAT-Evidenzlevel. Mod. nach [6].

  ESCAT Evidenz-Level Implikation für die Klinik
Target reif für den Einsatz im klinischen Alltag LEVEL I: Prospektive klinische Studien haben verbesserte Therapieergebnisse der Patient:innen durch die auf die Alteration abgestimmte medikamentöse Therapie gezeigt. Zugang zu dieser Therapie ist Standard.
Investigatorische Targets LEVEL II: Sehr wahrscheinlicher Benefit durch zielgerichtete Therapie, aber Bedarf an zusätzlichen Daten, z. B. zur Größe des Vorteils. Zugang zu dieser Therapie im Rahmen von prospektiven klinischen Studien oder eines prospektiven Datenregisters.
Hypothetische Targets LEVEL III: Ein klinischer Benefit ist anzunehmen, da bei anderen Tumorarten oder vergleichbaren molekularen Alterationen ein Vorteil gezeigt wurde. Mit den Patient:innen kann die Teilnahme an klinischen Studien besprochen werden.
LEVEL IV: Es liegen nur präklinische Daten zur therapeutischen Angreifbarkeit des Targets vor. Die Therapie sollte nur im Kontext früher klinischer Studien in Betracht gezogen werden. Dabei sollten die Patient:innen auf den Mangel an Daten deutlich hingewiesen werden.
Targets für kombinierte Therapieansätze LEVEL V: Die zielgerichtete Therapie führte in prospektiven Studien zwar zu einem objektiven Ansprechen, war aber ohne klinisch relevanten Vorteil (keine Verlängerung von progressionsfreiem Überleben oder Gesamtüberleben) Klinische Studien mit Kombinationstherapien sollten erwogen werden.
LEVEL X: Keine Evidenz für therapeutische Adressierbarkeit der Alteration. Die gefundene genetische Alteration sollte bei der klinischen Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt werden.

 

Tab. 2 führt einige kommerziell erhältliche Multigen-Panels für solide Tumoren auf, wobei die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Tab. 2 Beispiele für vorgefertigte NGS-Panels für solide Tumoren 

Labor/Firma

Panel

Anzahl Gene

TMB

MSI-Status

Probe

ACTGenomics

ACTOnco®+

440

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte

Agilent

SureSelect Cancer All-In-One Solid Tumor Assay

98

nein

nein

FFPE-Gewebeschnitte

Foundation Medicine

FoundationOne® CDx*, **

324

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte

Foundation Medicine

FoundationOne®
Liquid CDx*

309

ja (bTMB)

ja

Vollblut

Guardant

Guardant360® CDx*

74

nein

ja

Vollblut

Illumina

TruSightTM Oncology 500

523

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte

Illumina

TruSightTM Oncology ctDNA

523

ja

ja

Plasma

Kew

CANCERPLEX®

435

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte, FFPE-Block, Feinnadelaspirations- und Kernnadel-Biopsate

Memorial Sloan Kettering Cancer Center

MSK-IMAPCT*

505

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte

NeoGenomics

NeoTYPE® Precision
Profile for Solid Tumors

79

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte

Personal Genome Diagnostics

PGDx elioTM tissue
complete*, **

505

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte

Qiagen

QIAseq TMB Panel

486

ja

ja

FFPE-Gewebeschnitte Plasma/Serum

Frisches oder gefrorenes Gewebe

Zelllinien

Thermo Fisher Scientific

Ion AmpliSeq™ Comprehensive Cancer Panel

409

nein

nein

FFPE-Gewebeschnitte und Feinnadelaspirations-Biopsate

 * FDA-Zulassung. ** Als CE-IVD (conformity-assessed in vitro diagnostic device) zertifiziert.

Bei der angegebenen Anzahl der untersuchten Gene ist zu beachten, dass die Gene teils auf verschiedene Alterationen geprüft werden, also z. B. auf Punktmutationen, aber auch auf Amplifikationen oder Fusionen. Aufgenommen wurden Panels für solide Tumoren; von einigen Anbietern wie Foundation Medicine oder MSK sind darüber hinaus auch Panels für hämatologische Krebserkrankungen erhältlich. Manche Panels wie Illumina TruSight™ ermöglichen ein Inhouse Genomic Profiling in der Klinik bzw. dem eigenen Labor. Bei anderen Anbietern wie Guardant Health müssen die Proben mit in Formalin fixierten und in Paraffin eingebetteten (FFPE) Gewebeschnitten eingeschickt werden. Bei einigen Panels wird die NGS-Analyse für das Genomic Profiling noch mit einer immunhistochemischen (IHC)-Analyse kombiniert, um den PD-L1-Status und ggf. den der CD8+ Proteine zu bestimmen. Der FoundationOne CDx ist der erste von der FDA zugelassene gewebebasierte Companion-Diagnostics(CDx)-Test, der klinisch für alle soliden Tumoren validiert [7] und auch bereits in der EU als CE-IVD nach EU-Richtlinie 98/79/EG für in vitro diagnostische Medizinprodukte zertifiziert wurde. Einige weitere Anbieter haben die CE-IVD-Zertifizierung beantragt.

Biomarker für Immuncheckpoint-Inhibitoren

Zusätzlich zur Analyse bestimmter Schlüsselgene erlauben viele Multigen-Panels auch die Bestimmung der Tumormutationslast (Tumor Mutation Burden, TMB) und die Testung auf eine hohe Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) bzw. ein defizientes DNA-Mismatch-Reparatur (MMR)-System als Marker für die genomische Instabilität des Tumors. Defekte MMR-Gene, die für die DNA-Reparatur-Proteine kodieren, führen zu einem Verlust der MMR-Proteinaktivität und zu einer defekten Mismatch-Reparatur (dMMR). Die Folge ist MSI-H. Defekte der DNA-Mismatch-Reparatur können entweder durch Keimbahnmutationen in den MMR-Genen MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2 (Lynch-Syndrom) oder durch spontane somatische, meist epigenetische Veränderungen entstehen [8–10]. Mit den Analysen sollten Patient:innen als möglicherweise geeignet für eine immunonkologische Therapie identifiziert werden. Man geht davon aus, dass viele Mutationen auch zur Produktion von vielen tumorspezifischen Antigenen führen, die ihrerseits von durch Immuncheckpoint-Inhibitoren aktivierten Immunzellen als fremd erkannt und bekämpft werden können.

Ein weiterer DNA-Reparaturmechanismus, die homologe Rekombination (HR), ist bei manchen Tumoren ein prädiktiver Biomarker für die Therapie mit PARP-Inhibitoren. Diese Medikamente sind erfolgversprechend in Tumorzellen mit einer gestörten HR als Hauptmechanismus der DNA-Doppelstrangbruchreparatur. Unter dem Einfluss der PARP-Inhibitoren fällt auch der PARP-abhängige Ausweichreparaturweg aus, und es kommt zur Akkumulation von DNA-Doppelstrangbrüchen und damit zum Zelltod. Von verschiedenen Anbietern, z. B. von Foundation Medicine und Quiagen, gibt es Panels, die zum einen am HR-Signalweg beteiligte Gene – BRCA1/2, aber auch z. B. RAD51, CHEK12, ATM und PALB2 – untersuchen und zum anderen das Maß der genomischen Instabilität des Tumors auf Basis der Parameter loss of heterozygosity (LOH), large-scale transitions (LSTs) und telomeric allelic imbalance (TAI) bestimmen. Andere Panels kombinieren die umfangreiche Analyse von an der HR beteiligten Genen mit der Analyse der wichtigsten Treibergene. In Deutschland ist der Nachweis einer defizienten HR (HRD) bislang nur beim Ovarialkarzinom ein als verpflichtende Begleitdiagnostik (Companion Diagnostics) vorgeschriebener Biomarker.

Neben der bereits vorgefertigten Ready-to-use-Panels werden auch Systeme für individuell zusammenstellbare Panels angeboten. Eine grundsätzliche Frage ist, ob der Einsatz umfangreicherer Panels die Chancen erhöht, klinisch relevante Mutationen zu finden. Zu bedenken ist die zeit- und kostenintensivere Datenanalyse und -interpretation.

Liquid-Biopsy-Tests, die Genmaterial des Tumors aus Blutproben analysieren, sind dann eine Option, wenn keine Tumorprobe vorhanden und/oder der Tumor schlecht erreichbar ist. Außerdem eignen sie sich während einer Therapie zur Identifikation entstehender Resistenzmutationen unter zielgerichteter Therapie, die einen Therapiewechsel hin zu einer anderen zielgerichteten Substanz notwendig machen können. Bei der Analyse an zirkulierender Tumor-DNA besteht die Gefahr höherer Falsch-negativ-Raten als bei konventionellem Gewebe-basiertem NGS [11].

NGS-Panels in der Klinik

Für die meisten Tumorentitäten finden Panel-Sequenzierungen vor allem für Patient:innen mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen im Rahmen molekularer Tumorboards Anwendung. Es gibt jedoch entitätsspezifische Unterschiede; für einige Tumorentitäten hat die NGS-Panel-Diagnostik bereits einen festen Platz in der klinischen Routine. Eine herausragende Position unter den Tumoren nimmt hier das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) ein. Alle Patient:innen mit einem NSCLC im Stadium IV sollen vor einer systemischen Erstlinientherapie eine molekulare Testung auf therapeutisch relevante Alterationen erhalten. Diese NGS-Analyse wird von den Krankenkassen übernommen. Für das NSCLC relevante Treibermutationen stellt Tab. 3 dar.

Tab. 3 Genomische Alterationen mit ESCAT LEVEL I/II oder III beim NSCLC (Adenokarzinom). Mod. nach [5].

Gen

Alteration

Prävalenz

ESCAT

EGFR

Häufige Mutationen (Del19, L858R)

15 % (bei Asiaten 50–60 %)

IA

Erworbene T790M-Mutation im Exon 20

60 % aller EGFR-mutierten NSCLC

IA

Seltene Mutationen (G719x im Exon 18, L861Q im Exon 21, S768I im Exon 20)

10 %

IB

Exon-20-Insertionen

2 %

IIB

ALK

Fusionen (Mutationen als Resistenzmechanismen)

5 %

IA

MET

Mutationen Exon14-Skipping

3 %

IB

 

Fokale Amplifikationen (erworbene Resistenz auf EGFR-Inhibitoren bei EGFR-mutierten Tumoren)

3 %

IIB

BRAFV600E

Mutationen

2 %

IB

ROS1

Fusionen (Mutationen als Resistenzmechanismen)

1–2 %

IB

NTRK

Fusionen

0,2–3 % (gleiche Prävalenz bei Plattenepithelkarzinomen)

IC

RET

Fusionen

1–2 %

IC

KRASG12C

Mutationen

12 %

IIB

ERBB2

Hotspot-Mutationen, Amplifikationen

2–5 %

IIB

BRCA 1/2

Mutationen

1,2 % (gleiche Prävalenz bei Plattenepithelkarzinomen)

IIIA

PIK3CA

Hotspot-Mutationen

1,2–7 % (16 % bei Platten­epithelkarzinomen)

IIIA

NRG1

Fusionen

1,7 %

IIIB

Diese können mit einem NSCLC-spezifischen Gen-Panel überprüft werden, sind aber auch in umfassenderen Pan-Cancer-Panels enthalten.

Anders ist die Situation beim fortgeschrittenen Mammakarzinom. Hier werden NGS-Panels von der ESMO noch nicht für den klinischen Alltag empfohlen, da

  • einige Biomarker entweder mit IHC bestimmt werden können,
  • der PIK3CA-Status durch PCR an drei Hotspotregionen bestimmt werden kann und
  • für den Einsatz von PARP-Inhibitoren eine BRCA-Mutation in der Keimbahn (somatische BRCA-Mutation im Tumor ist nicht ausreichend) nachgewiesen werden muss.

Aufgrund der vielen Alterationen mit ESCAT-Level II können Patient:innen mit metastasiertem Mammakarzinom jedoch von der NGS-Testung, z. B. im Rahmen von molekularen Tumorboards oder Studien, profitieren. Tab. 4 gibt einen Überblick über die ESCAT-Einteilung beim Mammakarzinom.

Tab. 4 Genomische Alterationen mit ESCAT LEVEL I/II oder III beim metastasierten Mammakarzinom. Mod. nach [5]

Gen

Alteration

Prävalenz

ESCAT

ERBB2

Amplifikationen

15–20 %

IA

Hotspot-Mutationen

4 %

IIB

PIK3CA

Hotspot-Mutationen

30–40 %

IA

BRCA1/2

Keimbahnmutationen

4 %

IA

Somatische Mutationen

3 %

IIIA

NTRK

Fusionen

1 %

IC

ESR1

Mutationen (Resistenzmechanismus)

10 %

IIA

PTEN

Mutationen

7 %

IIA

AKT1E17K

Mutationen

5 %

IIB

NF1

Mutationen (Biomarker für Resistenz)

6 %

 

MDM2

Amplifikationen

~ 1 %

IIIA

ERBB3

Mutationen

2 %

IIIB

 

MSI-H

1 %

IC

Beim metastasierten kolorektalen Karzinom sind die meisten relevanten Alterationen Hotspot-Alterationen in KRAS, NRAS und BRAF; der MSI-Status ist mit IHC (als Surrogatparameter die MMR-Proteine MLH1, MSH2, MSH6, PMS2) bestimmbar, sodass auch hier die ESMO NGS-Panels nicht für den klinischen Alltag empfiehlt. Lohnend sei, dass durch ein NGS-Panel beim mCRC ERBB2-Amplifikationen und NTRK-Fusionen detektiert und der MSI-Status (4–5 % MSI-H) bestimmt werden könne, so die ESMO [5].

Beim metastasierten Prostatakarzinom steht derzeit der Nachweis von BRCA-Mutationen im Mittelpunkt, da diese Voraussetzung für den Einsatz von PARP-Inhibitoren sind. NGS-Panels können aber sinnvoll sein, so die ESMO. Getestet werden sollte dann auf PTEN-Verlust und Alterationen von an der HR beteiligten Genen. Außerdem sollte der MSI-Status bestimmt werden.

Auch beim Ovarialkarzinom und beim Cholangiokarzinom sieht die ESMO den Einsatz von NGS-Panels gerechtfertigt, ebenso beim CUP-Syndrom [5].

Tab. 5 Genomische Alterationen mit ESCAT LEVEL I/II oder III beim metastasierten Prostatakarzinom. Mod. nach [5]. 

Gen

Alteration

Prävalenz

ESCAT

BRCA1/2

Somatische Mutationen/Deletionen

9 %

IA

PTEN

Deletionen/Mutationen

40 %

IIA

ATM

Mutationen/Deletionen

5 %

IIA

PALB2

Mutationen

1 %

IIB

PIK3CA

Hotspot-Mutationen

3 %

IIIA

AKT1E17K

Mutationen

1 %

IIIA

 

MSI-H

1 %

IC

Datenanalyse und -interpretation

Wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß als bei WGS oder WES sind Molekularpatholog:innen und Onko-log:innen auch nach einer Panel-Sequenzierung möglicherweise mit umfangreichen molekularen Datensätzen konfrontiert. Diese müssen analysiert und interpretiert werden, um die genetischen Alterationen mit der größten Aussicht auf therapeutische Adressierbarkeit auszuwählen. Dafür sind beispielsweise bei Foundation Medicine zusammengenommen fast 300 (Bio)Informatiker:innen beschäftigt, von denen etwa 80 täglich die genetischen Befunde überprüfen und mit klinischen Studien, neuen Präparaten sowie Fachpublikationen korrelieren. Für die Interpretation von NGS-Datensätzen stehen bei anderen Anbietern Software-Lösungen zur Verfügung, um die relevanten genetischen Varianten zu identifizieren und zielgerichtete oder immunonkologische Therapien oder passende klinische Studien vorzuschlagen. Wichtig ist in diesem Kontext, den Brückenschlag zwischen genetischer Information und klinischer Relevanz herzustellen.

Fazit

Die zielgerichtete Sequenzierung bestimmter Schlüsselgene ist derzeit die effizienteste Methode für eine genomische Präzisionstherapie. Diverse MultiGen-Panels konzentrieren sich auf diese Onkogene und Treibermutationen und ermöglichen die Therapie adressierbarer Alterationen. Damit die molekulare Präzisionsmedizin die Behandlungsergebnisse der Patient:innen verbessert, müssen die genomischen Informationen mit den richtigen Instrumenten ausgewertet werden. Hier kommt der Bioinformatik eine wachsende Bedeutung zu.

Autor
Prof. Dr. med. Christopher Poremba
Pathologie München-Nord und TGMP Molekularpathologie Südbayern