Mammakarzinom: Überlebensvorteil mit CDK4/6-Inhibition bei prämenopausalen Frauen

ASCO-Kongress 2019, Chicago

Die Tumorentität Mammakarzinom zerfällt längst in eine ganze Reihe von biologisch teilweise sehr unterschiedliche Subgruppen, die auch ganz unterschiedlich therapiert werden. Zu nahezu allen häufigeren Formen – metastasiert versus früh, Hormonrezeptor-positiv, HER2-positiv, triple-negativ – gab es bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology im Juni in Chicago interessante neue Resultate.

Metastasierte Situation

Hormonrezeptor-positive Tumoren

Beim endokrin aktiven, d. h. beim Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom gab es in den letzten Jahren Fortschritte, insbesondere durch die Einführung von Inhibitoren der Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6: Drei solche Sub­stanzen sind mittlerweile zugelassen, und sie alle werden in Kombination mit endokrinen Therapien angewendet und haben zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens in einer ganz ähnlichen Größenordnung geführt.

CDK-Inhibition: Überlebensvorteil in der Prä-Menopause 

In der randomisierten Phase-III-Studie MONALEESA-7 war dieses Prinzip bei insgesamt 672 prämenopausalen Patientinnen untersucht worden, die eine endokrine Therapie mit Goserelin und entweder einem nicht-steroidalen Aromataseinhibitor oder Tamoxifen sowie zusätzlich randomisiert den CDK4/6-Inhibitor Ribociclib oder ein Placebo erhalten hatten. Bis auf eine eventuelle vorangegangene adjuvante Therapie waren die Patientinnen noch nicht wegen ihres fortgeschrittenen Tumors behandelt worden. 

Die erste Interimsanalyse hatte bereits einen erheblichen Vorteil für die Zugabe des CDK4/6-Inhibitors beim progressionsfreien Überleben gezeigt, das sich gegenüber der alleinigen endokrinen Therapie von median 13,0 auf 23,8 Monate verlängerte (Hazard Ratio 0,55; p < 0,0001; [1]). In der zweiten Interimsanalyse, die Sara Hurvitz, Los Angeles, in Chicago vorstellte [2] und die zeitgleich publiziert wurde [3], war nun auch ein Unterschied beim Gesamtüberleben nachweisbar: Nach 42 Monaten Nachbeobachtungszeit waren im Ribociclib-Arm noch 70,2%, im Placeboarm lediglich 46,0% der Patientinnen am Leben – eine Reduktion des Mortalitätsrisikos um 29% (HR 0,71; p = 0,00973; Abb. 1a). Dieser Vorteil war in der Subpopulation der 495 Patientinnen, die einen Aromataseinhibitor bekommen hatten, vergleichbar (HR 0,70; 95%-KI 0,50–0,98). Rund 70% der Patientinnen in beiden Armen haben bisher eine anti-neoplastische Folgetherapie erhalten; bei der Zeit von der Randomisierung bis zu Progression unter der Zweitlinientherapie oder Tod schnitt der Verumarm ebenfalls günstiger ab (HR 0,69; 95%-Konfidenzintervall 0,55–0,87; Abb. 1b). 

Dies ist die erste Studie, so Hurvitz, in der beim Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen fortgeschrittenen Mammakarzinom der prämenopausalen Patientin ein zielgerichtetes Medikament zusätzlich zur endokrinen Therapie das Überleben verlängern konnte.

Prämenopausale Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs erhalten in den ersten Therapielinien entgegen den Empfehlungen klinischer Leitlinien immer noch häufig eine Chemo- anstelle einer endokrinen Therapie – entweder wegen einer endokrinen Resistenz oder weil die behandelnden Ärzte bei diesen Patientinnen mit einer schlechteren Prognose rechnen. Dass die CDK4/6-Hemmung endokrine Resistenzen bei diesen Tumoren überwinden kann, wurde in den letzten Jahren mehrfach nachgewiesen; in der Prämenopause wird es neben der MONALEESA-7- in einer Reihe weiterer Studien getestet, darunter eine koreanische Phase-II-Studie:

Hier erhielten 184 prämenopausale Patientinnen randomisiert den CDK4/6-Inhibitor Palbociclib zusammen mit einem GnRH-Agonisten und Exemestan oder eine Chemotherapie mit Capecitabin [4]. Nach median 14 Monaten Follow-up, so Yeon Hee Park, Seoul, war die endokrine Therapie plus Palbociclib beim progressionsfreien Überleben mit median 19,0 versus 11,3 Monaten deutlich überlegen (HR 0,643; p = 0,0493) – bei deutlich mehr hämatologischen Nebenwirkungen (60,9% vs. 19,2%; p < 0,0001), aber weniger Diarrhöen (11% vs. 38%) und Hand-Fuß-Syndromen (1% vs. 76%) vom Grad ≥ 3 als im Chemotherapie-Arm.

Kein Erfolg für Checkpoint-Inhibition …

Neben der CDK4/6-Inhibition wird eine Reihe weiterer therapeutischer Optionen beim Hormonrezeptor-positiven fortgeschrittenen Mammakarzinom getestet: Immuncheckpoint-Inhibitoren haben sich in Monotherapie bisher als nicht sehr wirksam erwiesen, und in einer randomisierten Phase-II-Studie konnte laut Sara Tolaney, Boston, auch eine Kombination aus dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab und dem Spindelgift Eribulin gegenüber der Chemotherapie alleine keinen Vorteil beim progressionsfreien Überleben erzielen [5].

… aber für AKT-Inhibitor?

Beim Östrogenrezeptor-positiven Mammakarzinom ist häufig der PI3K/AKT-Signalweg aktiviert und für das Auftreten einer endokrinen Resistenz verantwortlich. In einer Phase-II-Studie erhielten deshalb 140 Patientinnen mit Östrogenrezeptor-positiven, HER2-negativen Tumoren, die nach einem Aromataseinhibitor progredient waren, Fulvestrant und dazu randomisiert entweder den selektiven, niedermolekularen und oral verfügbaren AKT-Inhibitor Capivasertib oder ein Placebo [6]. Die Patientinnen wurden unter anderem anhand des Vorliegens von 

PIK3CA-Mutationen und der PTEN-Expression stratifiziert, so Robert Hugh Jones, Cardiff; primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben, und hier zeigte sich der Capivasertib-Arm mit median 10,3 versus 4,8 Monaten deutlich und signifikant überlegen (HR 0,57; p = 0,0017). Beim Gesamtüberleben war mit 26,0 versus 20,0 Monaten ein Unterschied erkennbar, der sich nach etwa zwölf Monaten erstmals gezeigt hatte, aber noch keine Signifikanz erreicht hat, so Jones (HR 0,59; p = 0,071). Zusammen mit den PFS-Werten rechtfertigt er jedoch die Durchführung weiterer randomisierter Studien beim endokrin aktiven Mammakarzinom.

HER2-positive Tumoren

Neuer HER2-Antikörper mit modifizierter Bindung an Fc-Rezeptor

Zur Behandlung HER2-positiver Mammakarzinome wird im Rezidiv häufig abermals der HER2-Antikörper Trastuzumab eingesetzt, auch wenn man das nicht als wirklichen Standard bezeichnen kann. Mit Trastuzumab besetzte Tumorzellen werden von Immunzellen mit unterschiedlicher Affinität gebunden und phagozytiert: Da daran der aktivierende Fc-Rezeptor (CD16A) beteiligt ist, wird die Wirksamkeit dieser Therapie durch eine genetische Variabilität im CD16A-Gen beeinflusst. So besitzen etwa 85% aller Patientinnen ein Allel (158F) des CD16A-Gens, das mit einer niedrigeren Affinität des Rezeptors für den Antikörper und dementsprechend mit einer geringeren klinischen Aktivität bei dessen Einsatz assoziiert ist. Hier könnte der neue Antikörper Margetuximab Abhilfe schaffen: Er weist zwar ähnliche Bindungsaktivität an das HER2-Antigen und ähnliche anti-proliferative Effekte wie Trastuzumab auf, wurde aber im Vergleich zu diesem so modifiziert, dass seine Fc-Region eine erhöhte Affinität zu beiden Allelen des aktivierenden Fc-Rezeptors CD16A, hingegen eine geringere Affinität zu dem inhibitorischen Rezeptor CD32B zeigt. 

Nachdem Margetuximab sich in einer Phase-I-Studie als sicher erwiesen und ein erstes Wirksamkeitssignal gegeben hatte, wurde mit SOPHIA eine Phase-III-Studie mit 536 Patientinnen gestartet, die vorher bereits Pertuzumab und insgesamt bis zu drei Therapielinien im metastasierten Stadium ihres HER2-positiven Mammakarzinoms erhalten hatten [7]. Sie erhielten im Verhältnis 1 : 1 entweder Margetuximab oder Trastuzumab, jeweils in Kombination mit einer Chemotherapie nach Wahl des behandelnden Arztes (Capecitabin, Eribulin, Gemcitabin oder Vinorelbin). Als primäre Endpunkte wurden progressionsfreies und Gesamtüberleben definiert.

Zu letzterem gibt es noch keine Resultate, aber für das progressionsfreie Überleben konnte Hope Rugo, San Francisco, mit einer Verlängerung von median 4,9 auf 5,8 Monate eine signifikante Verbesserung durch den neuen Antikörper berichten (HR 0,76; p = 0,033). Bei den Patientinnen mit dem Low-affinity-158F-Allel des CD16A-Gens war der Effekt mit 6,9 versus 5,1 Monaten noch ausgeprägter (HR 0,68; p = 0,005). Auch die Gesamtansprechrate war unter Margetuximab mit 22% versus 16% höher, während es bei höhergradigen Nebenwirkungen keinen Unterschied gegenüber Trastuzumab gab.

Wirksamkeit von Pan-HER-TKIs

Der neue irreversible Pan-ErbB-Rezeptortyrosinkinase-Inhibitor Pyrotinib, für den es bereits positive Phase-I/II-Daten gab, wurde ebenfalls in einer Phase-III-Studie chinesischer Kollegen bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom getestet, die bereits Taxane und Trastuzumab erhalten hatten, [8, 9]: Insgesamt 279 Patientinnen bekamen Capecitabin (1.000 mg/m2 oral zweimal täglich für jeweils zwei Wochen) und dazu im Verhältnis 2 : 1 randomisiert entweder Pyrotinib (400 mg/d für jeweils drei Wochen) oder Placebo – mit einer Cross-over-Option bei Progression im Placeboarm. Beim primären Endpunkt progressionsfreies Überleben schnitt – bei unabhängiger Begutachtung – der Pyrotinib-Arm mit median 11,1 (95%-KI 9,66–16,53 Monate) versus 4,1 Monaten (95%-KI 2,79–4,17 Monate) deutlich und signifikant besser ab, so Zefei Jiang, Bejing (HR 0,18; p < 0,001; Tab. 1). Ebenso überlegen war der Tyrosinkinase-Inhibitor bei den Gesamtansprechraten mit 68,6% versus 16%. Die Verträglichkeit war gut, an Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 wurden vor allem Diarrhö (30,8% vs. 12,8%) und ein Hand-Fuß-Syndrom (15,7% vs. 5,3%) beobachtet.

Ein weiterer irreversibler Pan-HER-Inhibitor, Neratinib, wurde in der Phase-III-Studie NALA bei Patientinnen mit metastasiertem HER2-positivem Mammakarzinom nach mindestens zwei gegen HER2 gerichteten Therapien mit Capecitabin kombiniert und gegen Lapatinib plus Capecitabin getestet [10]. Beim primären Endpunkt des zentral beurteilten progressionsfreien Überlebens schnitt laut Cristina Saura, Barcelona, der neue Inhibitor signifikant besser ab (nach sechs Monaten 47,2% vs. 37,8%, nach zwölf Monaten 28,8% vs. 14,8%; HR 0,76; p = 0,006), beim Gesamtüberleben war mit 90,2% versus 87,5% nach sechs und 72,5% versus 66,7% nach zwölf Monaten eine Tendenz zugunsten von Neratinib erkennbar, die noch keine Signifikanz erreichte (HR 0,88; p = 0,2086). Ebenfalls nicht signifikant war auch die Ansprechrate verbessert (32,8% vs. 26,7%; p = 0,1201), signifikant hingegen die Clinical-Benefit-Rate (44,5% vs. 35,6%; p = 0,0328) und die Dauer des Ansprechens (HR 0,50; p = 0,0004). Ebenso war die kumulative Inzidenz behandlungsbedürftiger Hirnmetastasen signifikant reduziert (22,8% vs. 29,2%). An höhergradigen Nebenwirkungen war lediglich eine Diarrhö vom Grad 3 im Neratinib-Arm etwa doppelt so häufig wie im Kontrollarm (24,4% vs. 12,5%).

Triple-negatives Mammakarzinom

PD-L1-Inhibitor bei PD-L1-Expression mit Überlebensvorteil

Auch zur besonders schwierig zu behandelnden Entität des triple-negativen (d. h. HER2- und Hormonrezeptor-negativen) metastasierten Mammakarzinoms gab es in Chicago interessante Neuigkeiten: Peter Schmid, London, stellte die aktualisierten Überlebensdaten der Phase-III-Studie IMpassion130 zur Immun- und Chemotherapie des metastasierten triple-negativen Mammakarzinoms vor. In der primären Analyse war die Kombination aus dem PD-L1-Antikörper Atezolizumab und nab-Paclitaxel in der Erstlinientherapie der alleinigen Chemotherapie hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens überlegen – vor allem in der Kohorte von Patientinnen mit PD-L1-Expression im Tumor [11]. Beim ASCO-Kongress konnte Schmid nun berichten, dass der Checkpoint-Inhibitor in der zweiten Interimsanalyse beim Gesamtüberleben in der Intention-to-treat-Population numerisch (median 21,0 vs. 18,7 Monate; HR 0,86; p = 0,078) und in der Population mit PD-L1-Expression (auf mindestens 1% der Immunzellen im Tumorgewebe) auch signifikant überlegen war (median 25,0 vs. 18,0 Monate; HR 0,71; 95%-KI 0,54–0,93; Tab. 2; [12]). Die Verträglichkeit blieb auch in dieser zweiten Analyse gut [13], sodass die Kombination aus Atezolizumab und dem Albumin-gebundenen Taxan in der Erstlinientherapie des schwierig zu behandelnden triple-negativen Mammakarzinoms künftig sicherlich eine wichtige Rolle spielen wird.

Frühes Mammakarzinom

HER2-positive …

Das frühe Mammakarzinom ist eine Domäne der neoadjuvanten Therapie, mit der man versucht, den Tumor vor der Operation zu verkleinern oder sogar komplett zum Verschwinden zu bringen. Die klassische neoadjuvante Therapie beim HER2-positiven Mammakarzinom im frühen, operablen Stadium besteht aus sechs Zyklen einer dualen HER2-Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab sowie einer Chemotherapie au Docetaxel und Carboplatin. Diese wurden in der Phase-III-Studie KRISTINE bei der Hälfte der 444 Patientinnen als Kontrollregime eingesetzt, während im Verumarm Chemotherapie und Trastuzumab durch das Antikörper-Toxin-Konjugat Trastuzumab Emtansine (T-DM1) ersetzt wurden, das sich in der metastasierten Situation bereits fest etabliert hat. In beiden Armen wurde die jeweilige Therapie nach der Operation für zwölf Zyklen adjuvant fortgeführt (im Kontrollarm ohne die Chemotherapie); Patientinnen im Ve­rumarm, die nach der neoadjuvanten Phase keine pathologische Komplettremission erzielt hatten, wurde vor der Erhaltungstherapie eine adjuvante Standardchemotherapie empfohlen.

Beim primären Endpunkt – der Rate an pathologischen Komplettremissionen – war der T-DM1-Arm überlegen (56% vs. 44%; p = 0,0155; [14]), in der finalen Analyse, die Sara Hurvitz, Los Angeles, in Chicago präsentierte [15], wurden als sekundäre Endpunkte nach median 37 Monaten rein deskriptiv ereignisfreies Überleben, Überleben ohne invasive Erkrankung, Gesamtüberleben und Sicherheit analysiert. 

Beim ereignisfreien Überleben war der Arm mit der konventionellen Chemotherapie überlegen (5,9% vs. 13,9%), weil im T-DM1-Arm in der präoperativen Phase mehr Patientinnen einen lokoregionären Progress erlebten (6,7% vs. 0%; Hazard Ratio 2,61; 95%-Konfidenzintervall 1,36–4,98). Das erhöhte Risiko war mit einer geringeren bzw. heterogeneren HER2-Expression assoziiert. Unabhängig von der Art der neoadjuvanten Therapie war nach einer pathologischen Komplettremission das Risiko für eine invasive Erkrankung erheblich reduziert (HR 0,24; 95%-KI 0,09–0,60). Fünf Todesfälle im Kontroll- und sechs im Verumarm lassen noch keinen Unterschied beim Gesamtüberleben erkennen, was aber in einer Neoadjuvanz-Studie nach drei Jahren auch nicht zu erwarten ist. Die Therapie mit T-DM1 war besser verträglich mit einer Halbierung von Nebenwirkungen des Grads ≥ 3 gegenüber dem Kon­trollarm (31,8% vs. 67,7%), dafür war hier aber der Anteil von Therapieabbrüchen beinahe verdoppelt (20,2% vs. 11,0%). 

Dass das Risiko für das Auftreten invasiver Erkrankungen zwischen beiden Gruppen vergleichbar war, lässt vermuten, dass die systemische Chemotherapie für einen Teil der Patientinnen verzichtbar ist, aber das muss in weiteren Studien bestätigt werden, so Hurvitz.

In einer schwedischen Phase-II-Studie, die Jonas Bergh, Stockholm, vorstellte, wurden Patientinnen mit frühem HER2-positivem Mammakarzinom ebenfalls auf entweder die klassische neoadjuvante Therapie aus Docetaxel, Trastuzumab und Pertuzumab oder auf die Gabe von lediglich T-DM1 randomisiert [16]. Postoperativ erhielten sie für ein Jahr Epirubicin, Cyclophosphamid und Trastuzumab sowie bei positivem Rezeptorstatus (HR+) eine Hormontherapie. Primärer Endpunkt war die Rate an pathologischen Komplettremissionen, und dabei fiel das Ergebnis für beide Arme vergleichbar aus: Insgesamt erreichten 46,4% der Patientinnen im Kontroll- und 44,1% im T-DM1-Arm dieses Ziel; bei den HR+ Patientinnen waren es 35,9% versus 34,6%, bei den HR-negativen 66,7:% vs. 57,9% (p = 0,45). Deutliche Unterschiede gab es bei der Häufigkeit von Grad-3/4-Nebenwirkungen (68 Fälle im Kontroll-, 16 Fälle im T-DM1-Arm, davon 26 vs. drei Fälle von febriler Neutropenie). Auch die Lebensqualität war im T-DM1-Arm si­gnifikant besser, sodass das Immuntoxin insbesondere bei den HER2- und HR-positiven Patientinnen als ein möglicher neuer Therapiestandard in der Neoadjuvanz gelten kann, so die Autoren.

Nicht wirklich klar ist bislang, bei welchen Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs man auf die systemische Chemotherapie verzichten kann. Untersucht wurde das in einer Phase-II-Studie am Dana-Faber Cancer Institute in Boston, in die 164 Patientinnen mit zentraler Diagnose eines HER2-positiven Mammakarzinoms aufgenommen wurden. Die Pathologen, so Otto Metzger Filho, Boston, differenzierten hier aber genauer [17]: Eine intra-tumorale Heterogenität bezüglich HER2 wurde diagnostiziert, wenn mindestens eine von sechs Stanzen aus zwei verschiedenen Tumorstellen mehr als 5%, aber weniger als 50% positive Zellen (per Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) aufwies oder wenn eine Tumorlokalisation komplett negativ ausfiel.

Die Patientinnen erhielten präoperativ sechs Zyklen T-DM1 und Pertuzumab. Eine intra-tumorale HER2-Heterogenität wurde bei 16 von ihnen diagnostiziert (10%), und von diesen Patientinnen erreichte keine einzige eine pathologische Komplettremission. Dieser signifikante Unterschied zu den nicht heterogenen Tumoren bestätigte sich auch nach Stratifizierung anhand des Estrogenrezeptor-Status (p < 0,0001) und des immunhistochemisch ermittelten HER2-Status (2+ vs. 3+: p = 0,002). Sollten sich diese Ergebnisse in weiteren Untersuchungen bestätigen, so Metzger Filho, müsste man die HER2-Heterogenität als Stratifizierungskriterium bei der Entscheidung heranziehen, bei welchen Patientinnen man auf die Chemotherapie in der Neoadjuvanz verzichten kann.

… und HER2-negative Tumoren

Die German Breast Group untersuchte in ihrer randomisierten Phase-II-Studie GeparOLA, ob sich in der neoadjuvanten Chemotherapie aus wöchentlichem Paclitaxel und Carboplatin bei Patientinnen mit HER2-negativem Brustkrebs die Platin-Komponente durch den PARP-Inhibitor Olaparib ersetzen lässt; beide Regimes wurden bei 106 Patientinnen mit HER2-negativem Mammakarzinom, die außerdem eine homologe Rekombinationsdefizienz (HRD) aufwiesen, für zwölf Wochen gegeben, gefolgt von Epirubicin und Cyclophosphamid, so Peter Fasching, Erlangen [18]. Studienziel und primärer Endpunkt war der Nachweis einer Rate an pathologischen Komplettremissionen von mindesten 55% im Verumarm. Dieses Ziel wurde mit 55,1% (gegenüber 48,6%) im Kontrollarm gerade erreicht, aber das 90%-Konfidenzintervall (44,5–65,3%) gestattet es nicht, eine Rate von weniger als 55% mit Sicherheit auszuschließen. Eine Subgruppenanalyse (s. Tab. 3) könnte jedoch suggerieren, dass insbesondere Hormonrezeptor-positive und jüngere (unter 40-jährige) Patientinnen von der Therapie mit dem PARP-Inhibitor profitieren könnten – eine Hypothese, die in einer größeren Studie bestätigt werden müsste.

Josef Gulden